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Nachfolger gesucht

Am Ende ist es noch mal gutgegangen. Es wird weiter ein Modehaus in Eberbach geben. Der Weg dorthin war allerdings holprig, nicht zuletzt aufgrund von rechtlichen Vorgaben.
Wenn Dietrich Müller und seine Schwester Sigrid Seisler Ende Juli die Türen des Modehaus Müller schließen, werden Eberbacher und alle treuen Kunden, die teils bis aus der Pfalz anreisen, ab dem 1. September weiter Kleidung in der Bahnhofstraße 32 kaufen können. Mode Müller ist ein Traditionsunternehmen, für das der Urgroßvater 1879 mit einem Handel für Stoffdruckerei und Färberei den Grundstein legte. 

Dietrich Müller, langjähriger Geschäftsführer von Mode Müller
Ich will mich in meinem Alter nicht mehr mit der Last einer Vermietung befassen.
Dietrich Müller ist 71 Jahre alt, die Schwester 66, seine Kinder sowie die seiner Schwester sind längst eigene Wege gegangen, von denen wollte – und konnte – niemand das Geschäft weiterführen. “So kann es nicht weitergehen, wir mussten eine Entscheidung fällen”, blickt Dietrich Müller zurück. Und die Entscheidung hieß Sie geben das Geschäft auf. Die Immobilie soll verkauft werden. Doch dann meldet sich Ende 2022 ein Modeunternehmer, der bereits in derselben Straße einen Laden führt, mit dem Wunsch, das Modehaus Müller mit Namen, Konzept und Mitarbeiterinnen weiterführen zu wollen. Die Immobilie möchte er allerdings nur mieten.
Viele Wochen wird verhandelt, doch die Parteien können sich nicht auf einen für beide Seiten befriedigenden Mietpreis einigen. Gleichzeitig beherrschen die Debatten um das neue Gebäude-Energie-Gesetz die Medien. “Ich hatte zwar vor drei Jahren einen neuen Brenner bei der Ölheizung eingebaut, aber auf dem neuesten Stand ist die Heizungsanlage nicht, wenngleich gemäß letzter Feuerstättenschau ohne Mängel”, sagt der Senior-Chef. Wenn Müller dann noch das Bestandsgebäude energetisch sanieren müsse, koste das Hunderttausende. Er geht zu seiner Bank und fragt, ob er einen Kredit bekommen würde. Nur theoretisch. “Da hat man mich zwar nicht ausgelacht, aber angelacht.”
Müller teilt dem Interessenten also mit, dass er nur verkaufen wolle. Ein Sachverständiger besichtigt das Gebäude. “Doch dann haben sie kalte Füße bekommen, so ein Haus ist heutzutage ein Klotz am Bein, ich kann das verstehen”, sagt Dietrich Müller. Der Deal platzt, die Eberbacher sind schockiert. Wieder ein Geschäft weg, wieder ein Leerstand im Straßenbild.
Unerwartet folgt schließlich die Wende im Juni. Ein Modehändler, der in verschiedenen anderen Städten Geschäfte betreibt, kontaktiert die Müllers. Er könne sich vorstellen, die Immobilie zu kaufen. Das Angebot ist zwar nicht das, was sich die beiden vorgestellt haben. “Aber ich will mich in meinem Alter nicht mehr mit der Last einer Vermietung befassen”, erklärt Dietrich Müller. Ende Juni folgt der finale Handshake beim Notar. Damit enden mehr als 140 Jahre Familientradition. Für die 30 Mitarbeiterinnen und auch die Kunden aber gibt es Hoffnung. “Das hat uns sehr erleichtert”, freut sich Müller.


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