PH Heidelberg

Wir haben mit Dr. Nicole Flindt und Julika Ritter von der PH Heidelberg über Digitalisierung und die Änderung in der Bildung sowie dem Technologietransfer gesprochen.



 





Digitalisierung in der Bildung, wo ist Ihrer Ansicht nach der größte Handlungsbedarf?
Unsere Studierenden sind vielfach zukünftige Lehrkräfte, die ihre Schülerinnen und Schüler beim Erwerb von wichtigen Kompetenzen für den Umgang mit digitalen Technologien begleiten werden. Es ist somit von besonderer Bedeutung, dass die Studierenden ihrerseits kompetent im Umgang mit digitalen Bildungsmedien werden. Schülerinnen und Schüler wachsen ja gerade im digitalen Zeitalter auf. Daher ist es wichtig, bereits im Studium nicht nur eine allgemeine digitale Affinität zu entwickeln, sondern auch etwas über die Entwicklung von Lehr- und Lernszenarien im digitalen Zeitalter zu lernen und wie man diese im Schulalltag vielfältig einsetzen kann.
Ein großer Handlungsbedarf bei Digitalisierung in der Bildung fängt daher nicht erst in der Schule, sondern bereits in der Hochschule an und zwar nicht nur im Bereich der klassischen Medienbildung, sondern als zentraler Aspekt quer durch das ganze Curriculum. Deshalb haben wir den Bereich Digitalisierung als zentrale Aufgabe direkt im Rektorat verankert und dem Thema im aktuellen Struktur- und Entwicklungsplan entsprechenden Raum gegeben. Auch bei Berufungs- und Auswahlverfahren wird auf das Vorhandensein von Erfahrungen im Einsatz digitaler Technologien in der Lehre Wert gelegt.
Die Hochschule ist zudem Teil des Hochschulnetzwerks Digitalisierung des Landes Baden-Württemberg und war darüber hinaus beim Programm "Peer-to-Peer-Beratung für Hochschulen im digitalen Zeitalter" erfolgreich. Seit Juni 2019 hat die Hochschule als erste Pädagogische Hochschule des Landes eine "Strategie für eine bildungswissenschaftliche Hochschule in einer zunehmend durch Digitalisierung geprägten Welt" (kurz: Digitalisierungsstrategie) verabschiedet. Darin wird das Ziel verfolgt, den Umgang mit Digitalisierung im Kontext von Bildung zu erforschen, ihre Lehre entsprechend innovativ zu gestalten und ihre Expertise in die Gesellschaft zu transferieren. Wir sehen nach einer großen Basisarbeit der Hochschule im Bereich Digitalisierung zwei Bereiche als größte, noch offene Baustellen an: Zum einen steht die Ausweitung diese Strategie auch auf andere Teilbereiche der Hochschule (wie Forschung, Nachwuchsförderung, Transfer und Verwaltung) an. Und zum anderen brauchen wir dringend Investitionen in die technische und mediale Grundausstattung.
Wie muss die Lehre in Zukunft aussehen um Schüler auf die Herausforderung der Digitalisierung vorzubereiten?
Insbesondere in der Lehre handelt es sich um eine vielschichtige Situation: Digitalisierung wirkt hier sowohl auf die Inhalte der Lehre als auch auf deren hochschuldidaktische und methodische Gestaltung. Die Lehre der Zukunft wird, davon sind wir überzeugt, digitaler werden. Unsere Hochschule bietet Studierenden und Lehrenden schon jetzt ein Portfolio digitaler Angebote für den Einsatz in Lehre sowie in Forschung und Entwicklung an. Dies bezieht sich sowohl auf Geräte und Anwendungen (Hardware, Software, Präsentationsmedien, Server) als auch auf Unterstützungsangebote (Support, Schulung, Beratung). Auch forschungsbasierte Entwicklungsprojekte zu digitalen Lehr-/Lernumgebungen (z.B. Contententwicklung) und die Entwicklung und Umsetzung digital gestützter Lehre werden mit themenspezifischen Ausschreibungen der hochschulinternen Forschungs-und Lehrpreise gefördert.
Welche Gefahren für Lehrer und Schüler sehen Sie bei dem immer schnelleren technischen Fortschritt?
Lehrerinnen und Lehrer müssen sich immer wieder mit neuen Technologien auseinandersetzen, haben aber dafür aufgrund ihres hohen Lehrdeputats oftmals kaum Zeit. Die kann zu einem „digital divide“ führen, dh nicht alle können mit der rasanten technologischen Geschwindigkeit mithalten. Klassischerweise geht man heute eher davon aus, dass dies die Lehrerinnen und Lehrer-Seite mehr betrifft, aber auch unter den Schülern kann es zu dieser digitalen Trennung führen, wenn zB sich neuere Hard- und Software nicht alle leisten können.
Zudem kann aufgrund der immer schnelleren technischen Entwicklungen auch in der Schule Gefahr laufen, dass der Datenschutz auf der Strecke bleibt. Dies darf in Lehr-/Lernsituationen auf keinen Fall passieren.
Bildungsinnovation ist auch für Unternehmen wichtig, was gibt es neues aus der Forschung?
Der ökonomische, gesellschaftliche und kulturelle Wandel bringt zahlreiche Herausforderungen mit sich. Es sind neue Ideen, Methoden und Konzepte gefragt, aber auch Menschen, die mit diesen Herausforderungen umgehen können. Deshalb sind gerade bildungswissenschaftliche Innovationen von besonderer Bedeutung. Die Pädagogische Hochschule Heidelberg war im Rahmen eines Förderprogramms des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) mit dem Projekt TRANSFER TOGETHER erfolgreich und wird in einem Zeitraum von fünf Jahren mit einem Fördervolumen von über 5 Mio. € Bedarfe in regionalen Praxisfeldern ermitteln, Bildungsinnovationen an neue Anwendungsfelder adaptieren und Praxiserfahrungen zur Weiterentwicklung der Innovationen sichtbar machen.
Dabei sind wir mit starken (Forschungs- und Transfer-)Projekten bereits gestartet, die die Transferkultur in der Metropolregion Rhein-Neckar vorantreibt. Die bisherigen Projekte decken vier große Bildungsbereiche ab: Interkulturelle Bildung (mit den Teilprojekten Antiziganismusprävention, Lieder aus der Fremde, Flucht, Migration und Arbeit in der Metropolregion), Prävention & Gesundheitsförderung (mit den Teilprojekten Heidelberger Kompetenztraining (HKT), Leicht bewegt, Internetsuchtprävention), Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) (mit den Teilprojekten BNE-Zentrum, Climate Change Education und Outdoor Education) sowie MINT-Bildung.
Wie kann der Transfer von Wissen aus der Hochschule heraus am besten gelingen?
Zunächst einmal ist es wichtig, das Thema Transfer in einer Hochschule strukturell zu verankern. Denn nur wenn man sich offiziell darauf verständigt, dass Transfer einen wichtigen Stellenwert in der gemeinsamen Arbeit darstellen soll, können auch alle Akteure der Hochschule an einem Strang ziehen. Die Pädagogische Hochschule Heidelberg hat sich beispielsweise eine Transferstrategie gegeben, in der sie die Grundlage für gelingende Transferarbeit schafft. Weiterhin bedarf es einer Schnittstelle, die zum einen als zentrale Anlaufstelle für interessierte externe Kooperationspartner dient, als auch als Beratungs- und Begleitungsinstanz für die Akteure der Hochschule. Denn auf beiden Seiten bestehen oftmals Hürden, die für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zunächst abgebaut werden müssen. Eine Hochschule erscheint für Außenstehende undurchsichtig oder als in sich geschlossenes System. Hier einen Überblick zu gewinnen und die richtige Ansprechperson für ein Anliegen zu finden ist schwierig. Eine Schnittstelle wie das Transferzentrum der Pädagogischen Hochschule Heidelberg schafft einen erleichterten Zugang. Auf der anderen Seite ist für viele Forscherinnen und Forscher Transfer Neuland. Und auch wenn bereits langjährige Kooperationserfahrungen bestehen, so existieren oftmals dennoch Hürden, die erfolgreichen Transfer hemmen. So ist man beispielsweise erfahren in der Zusammenarbeit mit außerschulischen Bildungseinrichtungen oder Vereinen, nicht jedoch mit wirtschaftlich tätigen Unternehmen. Hier auf Unterstützung zurückgreifen zu können, eröffnet neue Wege und Ideen.
Weiterhin ist Sensibilisierung ein zentraler Aspekt für gelingenden Transfer. Sowohl für Transfer und seine gesellschaftliche Relevanz selbst, als auch für die Transferarbeit bzw. eine Transfer-Haltung. Denn der Kern von Transfer ist nicht die bloße Weitergabe von Wissen, sondern eine Zusammenarbeit verschiedener Akteure auf Augenhöhe (wir sprechen auch von bidirektionalem Transfer), die sich durch ihre unterschiedlichen Perspektiven und Herangehensweisen an eine Problem- oder Fragestellung gegenseitig bereichern und weiterentwickeln.
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