Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum eStandards

Wir haben mit Patrik Eisenhauer vom Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum eStandards über Digitalisierung und Nachhaltigkeit gesprochen.



 





Kurz gesagt, was macht das Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum eStandards?
Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum eStandards unterstützt bundesweit mittelständische Unternehmen bei der Entwicklung und Umsetzung von nachhaltigen und digitalen Geschäftsideen mit Hilfe von Standards für den elektronischen Geschäftsverkehr, kurz eStandards. eStandards kommen bei der Digitalisierung von Geschäftsprozessen zum Einsatz und sorgen für einen reibungslosen Datenaustausch im Unternehmen und zwischen Unternehmen. Das Kompetenzzentrum eStandards unterstützt Unternehmen direkt vor Ort mit Unternehmensbesuchen, in denen erste Fragestellungen geklärt werden oder der Digitalisierungsstand des Unternehmens analysiert wird. Daraus resultieren oft auch konkrete Umsetzungsprojekte. Zusätzlich bietet das Kompetenzzentrum umfangreiche Veranstaltungen an von Seminaren, Workshops, Exkursionen bis hin zu Fokusgruppen und Webinaren. Darüber hinaus bieten die Offenen Werkstätten in Köln, Hagen und Leipzig sowie die beiden Co-Working-Spaces Wuppertal und Sankt Augustin interessierten Besuchern Standards zum Anfassen und untermalen so den Nutzen von Standards. Neben den digitalen Werkstätten ist noch eine Mobile Offene Werkstatt deutschlandweit unterwegs, die Teilnehmer über den Nutzen offener, freier Schnittstellen in den Bereichen 3D-Scan, 3D-Druck und bei digitalen Assistenzsystemen mit Augmented- und Virtual-Reality-Anwendungen informiert. In allen Projekten versuchen wir Nachhaltigkeitsaspekte zu integrieren. Im Kompetenzzentrum eStandards ist das CSCP (Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production) dafür zuständig.
Wann sind digitale Geschäftsideen auch nachhaltig?
Allgemein würde ich sagen, dass digitale Geschäftsideen dann nachhaltig sind, wenn Arbeitnehmer gerecht behandelt werden (das heißt, dass man mindestens an die gesetzlichen Standards hält), Datensicherheit beachtet wird, Ressourcen geschont werden (zum Beispiel die Energie aus Erneuerbaren Quellen kommt und effizient genutzt wird) und die Idee an sich ökonomisch tragfähig ist unter den erstgenannten Bedingungen. Bei einem schon bestehenden Geschäftsmodell führt die Digitalisierung dann zu mehr Nachhaltigkeit, wenn durch die digitale Lösung weniger Ressourcen verbraucht werden als bei der „analogen“ Lösung, Menschen bei der Arbeit nicht ausgenutzt werden und mit den Daten verantwortungsvoll umgegangen wird. Letztendlich ist es vor allem wichtig, die eigenen Nachhaltigkeitswirkungen zu analysieren und diejenigen zu verbessern, die die höchste Wirkung haben (also eine sogenannte Wesentlichkeitsanalyse durchzuführen). Die wesentlichen Nachhaltigkeitseffekte sind bei Unternehmen höchst unterschiedlich (vor allem logischerweise in unterschiedlichen Branchen).
Welche Technologien sehen Sie in Zukunft als absolut bahnbrechend?
Ich sehe es erst einmal so, dass wir schon heute viele technische und digitale Möglichkeiten haben, die allerdings noch nicht den Weg in den Mainstream gefunden haben, bspw. was transparente Lieferketten anbelangt. Hier würde ich es als bahnbrechend ansehen, die vorhandenen Möglichkeiten erst einmal zu nutzen. Für die Zukunft hoffe ich vor allem auf neue nachhaltigere Mobilitätsformen, die nicht zu mehr Autoverkehr führen sowie bessere Mustererkennung in der Medizin. 
Innovation und Nachhaltigkeit wie kann man das verbinden und in Unternehmen etablieren?
Ich bin da radikal: Nur wenn eine Innovation auch zu mehr Nachhaltigkeit führt, sehe ich sie als richtige Innovation an. Um beides zu verbinden, gibt es viele Möglichkeiten. Am Anfang steht wie oben schon beschrieben die Analyse der eigenen Aktivitäten. Schnelle Möglichkeiten, um innovativ zu denken, sind der Einsatz von kreativen Methoden in der täglichen und strategischen Arbeit. Beispielsweise kann Design thinking unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten zu tollen Ergebnissen führen. Letztendlich sollte man sich bei allen Ideen fragen: Verbessern sie tatsächlich das Leben und führen sie zu mehr Nachhaltigkeit? Wenn man beides mit ja beantworten kann, ist man auf dem richtigen Weg.
Wie kann ein Unternehmen Digitalisierungspotential erkennen und nutzen?
Es gibt viele Analysetools, die frei verfügbar sind (beispielsweise kompetenzzentrum-kaiserslautern.digital/readiness-check/). Wir haben ein vierstufiges Modell für die Analyse der eigenen Digitalisierungsaktivitäten entwickelt:
  1. Geringfügige Geschäftsmodellverbesserung durch digitale Prozessoptimierung (zum Beispiel mehr Ressourceneffizienz)
  2. Wesentliche Geschäftsmodellveränderung durch digitale Technologie (zum Beispiel bessere Rückverfolgbarkeit)
  3. Anbieten von ergänzenden, digitalen Dienstleistungen (zum Beispiel stationärer Verkauf wird ergänzt durch Online-Verkauf)
  4. Entwicklung neuer, komplett digitaler Geschäftsmodelle neben dem Kerngeschäftsmodell (zum Beispiel Service anbieten statt Produkt)
In einer eigenen Befragung unseres Kompetenzzentrums von 169 Unternehmen hat sich gezeigt, dass die allermeisten Unternehmen entweder gar nichts machen oder auf Stufe 1 sind (beides zusammen waren ca. 60 Prozent der Unternehmen). Das heißt, es gibt noch viel Potential nach oben.
Was genau im eigenen Unternehmen passt, muss man natürlich individuell bestimmen – ein probates Mittel ist hier, die eigenen MitarbeiterInnen oder auch die KundInnen zu fragen, was sie sich an Verbesserungen wünschen oder auch erwarten. Die allermeisten Unternehmen können durch digitale Lösungen Transparenz in ihre Geschäftsprozesse bringen und ihre Prozesse effizienter gestalten – das ist der erste Schritt.
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