Hochschule Mannheim

Wir haben Prof. Dr. Michael Hauth von der Hochschule Mannheim über die Digitalisierung in der Logistik und im Einkauf interviewt.








Die Logistikbranche hat von der Digitalisierung außerordentlich profitiert, warum war der Wandel hier so stark wie in fast keiner anderen Branche?
In der Logistik-Branche gilt „Das Bessere ist der Feind des Guten“. Die Branche ist geprägt von schmalen Margen und hoher Flexibilität. Das führt zu einer großen Bereitschaft neue, digitale Konzepte anzuwenden. Das Gefälle zwischen den KMUs und den Großen in der Branche bleibt jedoch bemerkenswert. Der zunehmende Personalmangel zwingt die Unternehmen in Automatisierung und Digitalisierung zu investieren. Sei es beispielsweise in der Intralogistik die Mitarbeiter schneller produktiv einsetzen zu können oder Wegzeiten durch Fahrerlose Transportsysteme zu vermeiden. Im Speditionsgeschäft hilft die Fahrzeugüberwachung Leerfahrten zu reduzieren und flexibel auf die häufigen, stetig wachsenden Engpässe auf der Straße zu reagieren.
Welches sind die neuen Trends auf die sich die Logistiker in Zukunft einstellen müssen?
Das gesellschaftliche Umfeld fordert für die Zukunft die Verknappung des Verkehrsraums und die Erhöhung des regulatorischen Drucks (bürokratischer Aufwand für Nachweise von Fahr- und Arbeitszeiten) unter Beibehaltung der logistischen Services (tag-gleiche Belieferung und vollständige Warenverfügbarkeit). Die Knappheit an Fahrern und Personal für die Logistikzentren wird aufgrund des demografischen Wandels und des gesellschaftlichen Ansehens weiter steigen.
In der Technologieentwicklung wird die Automatisierung mit den digitalen Konzepten weiter vorangetrieben. Konzepte wie der Digitale Disponent, Fahrerlose Transportsystem mit Indoor-Lokalisierung /-navigation, automatisierte Kommissionierung und Exoskelette zur Unterstützung von Mitarbeitern werden einen breiteren Einsatz finden.
Wo sehen Sie noch Optimierungspotential in der Logistikbranche, was müsste angepackt werden?
Das Intralogistik-Netzwerk hat mit Experten und Hochschullehrern ein Trendradar für die Logistik erstellt, um die Zukunftsthemen aufzuzeigen. Eine wichtige Herausforderung ist die Vielzahl der entstehenden Daten für alle Beteiligten verständlich und damit nutzbar zu machen, so dass der Datenaustausch zwischen den Beteiligten im Sinne von plug-and-play möglich wird (Industrial Data Space). Die großen Player wie Google oder Amazon sind in diesem Feld bereits sehr aktiv.
Wie muss ein klein- und mittelständisches Unternehmen seinen Einkauf strukturieren um möglichst erfolgreich zu sein?
Die time-to-market reduziert sich für die Unternehmen weiter. Der Einkauf muss noch enger mit der Entwicklung und Produktion verzahnt werden. Die Einkaufsmarktforschung wird in der Zukunft wichtiger, um auf die richtigen Lieferanten und Produktionskonzepte zu reagieren. Die ersten Unternehmen fangen an, den Einkauf, die Forschung und die Arbeitsvorbereitung in agilen SCRUM-Teams zu organisieren. SCRUM-Teams haben das Ziel in definierten Abständen marktfähige Produkte zu liefern. Wichtig ist es dabei zu verstehen, dass SCRUM eine Organisationsform ist und keine Projektmanagement-Instrument ist. Die klassischen Einkaufziele Preis und Versorgungssicherheit nehmen in ihrer Bedeutung ab. Die schnelle Integration von Lieferanten in den Produktionsprozess muss durch den Einkauf sichergestellt werden.
Gibt es einen Einkäufer/in 4.0 und wenn ja wie sieht er ideal aus?
Das Konzept der Industrie 4.0 zielt auf die Steigerung der Produktivität des Unternehmens. Der Einkäufer/in 4.0 unterstützt dieses Ziel durch effizientere Einkaufsabwicklung, beispielsweise durch Digitalisierung. Neben den klassischen Kenntnissen im Engineering und der Betriebswirtschaftslehre werden Kenntnisse in der Digitalisierung zu nehmend wichtiger. Die neuen Anforderungen gehen von der Lieferantenanbindung bis zu Business Intelligence, um schneller, flexible auf Veränderungen reagieren zu können. Die Ausbildung des Wirtschaftsingenieurs als Grundlage für den technischen Einkäufer 4.0 muss verstärkt auf die digitalen Herausforderungen angepasst werden.
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