Unternehmensportrait – Ausgabe Juli 2023

das friedrich gmbH: Kochkunst trifft Inklusion

„Das friedrich“ mitten am Stadtplatz von Vohenstrauß in der Nordoberpfalz ist ein Ort des Zusammenkommens. Der Inklusionsbetrieb verbindet gehobene Kulinarik, Kultur und Regionalität. Seit knapp zwei Jahren ergänzt ein Hofladen mit unterschiedlichsten Spezialitäten aus der nahen Umgebung das Konzept.
Stilvoll und trotzdem gemütlich empfängt „Das friedrich“ seine Gäste. Das Ambiente ist in dezentem grün-grau gehalten, gespickt mit antiken Möbeln und Bildern von der Geschichte des Hauses, in dem das Restaurant vor vier Jahren seine Heimat gefunden hat. Das Herzstück bildet die ausladende, mit Wein- und Zigarrenkisten verkleidete Bar inklusive offenem Kochbereich. Dass hier reichlich Raum für amüsante Abende ist, lässt auch das schwarze Klavier am Übergang zur großen Außenterrasse erahnen. Mittendrin kümmert sich Restaurantfachfrau Anne Fichtner herzlich um die Gäste, die von Kaffee aus der Region über hausgemachte Kuchen, Burger und Salate bis hin zu butter- oder dry-aged Steaks wählen können. Vor einem halben Jahr habe sie ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen, erzählt sie strahlend.
Dass die 24-jährige übernommen wird, stand außer Frage, ergänzt Geschäftsführer Veit Reisberger. „Es gibt Gäste, die sich sogar explizit nach Anne erkundigen, wenn sie mal nicht im Restaurant ist.“ Im friedrich hat Reisberger seine Vision eines Inklusionsbetriebs zum Leben erweckt. Vier Menschen mit Beeinträchtigung – darunter Anne – sind dort fest angestellt.
Nach Arbeitsstationen auf der ganzen Welt wollte Reisberger einen Ort der Begegnung schaffen, an dem Kulinarik und Kultur verschiedenste Menschen miteinander vereinen. Dass dies in seiner Heimatstadt Vohenstrauß Realität wird, hätte sich der 59-jährige selbst nicht gedacht. „Das Gastro-Gen liegt bei uns in der Familie, also hatte ich mich für eine Ausbildung zum Hotelfachmann entschieden“, erzählt Reisberger. Mit 19 Jahren zog es ihn weg aus der Nordoberpfalz. Es folgte eine Karriere in Luxushotellerie und Spitzengastronomie – von München, Frankfurt, Berlin bis hin nach Südfrankreich und Bahrain. Nach mehr als 35 Jahren hatte der Vollblut-Gastronom genug von Großstädten. Seinen Urlaub hatte er ohnehin meist in der alten Heimat verbracht.

Zurück in die Heimat

Eines Tages habe er zum Vohenstraußer Bürgermeister Andreas Wutzlhofer – einem Jugendfreund und sehr umtriebig, was Leerstände in der Stadt angeht – gesagt, dass er gerne zurückkommen möchte, und erzählte ihm von der Idee eines Inklusionsbetriebs. „Kurze Zeit später war es beschlossene Sache, dass ich auf der freien Fläche des ehemaligen Modehauses Hölzl ein Restaurant eröffnen werde. Ich bin sprichwörtlich dazu gekommen, wie die Jungfrau zum Kinde“, schmunzelt Reisberger. Das Gebäude in der Friedrichstraße kannte er gut. „Nur 200 Meter von hier bin ich aufgewachsen, zwischen den Säulen im Eingangsbereich haben wir als Kinder oft gespielt.“

Beeinträchtigung – na und?

Das Thema Inklusion begleitet Reisberger schon lange. „Damals in München kam eine Mutter auf mich zu und fragte mich relativ resigniert, ob ihr behinderter Sohn bei uns im Restaurant arbeiten dürfte. Er war der vorbildlichste Mitarbeiter, den man sich vorstellen kann“, betont Reisberger. Dass Menschen mit Beeinträchtigung – vor allem in Zeiten des akuten Fachkräftemangels – am Arbeitsmarkt oftmals nicht die nötige Aufmerksamkeit bekommen, sei für ihn nicht nachvollziehbar. Inklusion müsse ein selbstverständliches Thema in der gesamten Gesellschaft werden – ohne Wenn und Aber.
„Menschen mit Beeinträchtigung haben ihre Stärken wie alle anderen auch. Ein Informatiker im Rollstuhl leistet fachlich das gleiche, nur dass eben im Alltag Einschränkungen da sind. Darauf sollte man sich als Arbeitgeber aber einstellen können.“ Im friedrich funktioniere die Zusammenarbeit optimal. Insgesamt sind sieben festangestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie acht Minijobber im Restaurant beschäftigt.
„Unsere Unterschiede machen uns aus – das schätzen auch die Gäste aus nah und fern. Jeder im Team macht das, was er am besten kann. Dadurch können wir einen gehobenen Service gewährleisten und gleichzeitig die Motivation und Unabhängigkeit unserer Mitarbeiter mit Beeinträchtigung fördern“, zeigt sich Reisberger sicher. Dazu gehöre auch eine faire, tarifliche Entlohnung. Wenig förderlich sei dagegen der hohe bürokratische Aufwand, der beim Thema Inklusion nicht Halt macht.

Regionalität auf ganzer Linie

Zum Thema Verantwortung gehört für Reisberger auch, wo möglich, auf regionale Produkte zu setzen. Beispielsweise wird in der Küche nur Qualitätsrindfleisch aus der Region verarbeitet. „Ich habe jeden Lieferanten selbst besucht“, betont er. „Unsere Burger-Buns sind vom Bäcker vor Ort, die Patties und Saucen sind selbstgemacht, sogar die Garnelen für unsere Gerichte beziehen wir aus der Umgebung.“ Was im friedrich selbstverständlich ist, gilt auch für das zweite Standbein rund 20 Meter schräg gegenüber der Straße. Seit 2021 betreibt Reisberger dort gemeinsam mit Lebensgefährtin Sandra Stengel-Rewitzer auf 170 Quadratmetern den Hofladen. „Schuld“ daran war wieder der Bürgermeister, der ihn auf den drohenden Leerstand aufmerksam machte. „Die ursprünglichen Pächter sind kurzfristig abgesprungen. Bei uns passte ein Hofladen ins Konzept und viele Partner kannte ich bereits vom Restaurant. Also haben wir das Geschäft spontan übernommen“, so Reisberger.
Das Sortiment zählt mittlerweile 800 Produkte von 46 regionalen Unternehmen: Besucher finden hier alles von Kunsthandwerk, Schokolade und Kaffee über Brot, Nudeln und Mehl bis hin zu Straußenfett oder Obstbränden, z.B. vom „Blauen Kriecherl“, einer Pflaumensorte, die im rauen Nordoberpfälzer Klima bestens gedeiht. Die Partner kommen in der Regel aus einem Umkreis von maximal 50 Kilometern um Vohenstrauß. Auch wenn Corona und der Preisanstieg durch den Ukraine-Krieg nicht spurlos am Geschäft vorbei gegangen sind, zählt der Hofladen mittlerweile eine treue Stammkundschaft, die für den täglichen Bedarf oder einfach nur zum Stöbern in den Laden kommen.

Da spielt die Musik

„Wir wollen unseren Gästen Orte bieten, an denen sie entschleunigen und zusammenfinden können. Kultur und Kunst gehören da einfach dazu“, sagt Reisberger mit Blick auf das mit Weinflaschen dekorierte Klavier im Restaurant. Grundsätzlich gilt: „Bei uns darf jeder spielen.“ So entstand auch die Idee der monatlich stattfindenden Konzertserie „Live im friedrich“. Kurz nach der Eröffnung stand der Verein Musikinitiative Vohenstrauß vor der Tür – und die Zusammenarbeit bringt bis heute namhafte Künstler wie Dave Goodman nach Vohenstrauß.
Wir wollen der Kleinkunst in der Region langfristig eine Bühne bieten.

Veit Reisberger

Zum 900-jährigen Jubiläum der Stadt im kommenden Jahr ist nun das erste Vohenstraußer Blues- und Folk-Festival geplant, bei dem Reisberger maßgeblich beteiligt ist. „Ich möchte in meiner Heimatstadt noch lange mitmischen, auch wenn ich mir natürlich auch über meine Nachfolge Gedanken mache.“ So halte er aktuell auch Ausschau nach einem Partner für das friedrich. Für die Zukunft wünscht er sich, dass die Menschen wieder mehr miteinander sprechen. „Corona war für uns alle nicht einfach und hat das Miteinander verändert – mit unserem offenen Konzept wollen wir dem etwas entgegensetzen und der Kleinkunst in der Region langfristig eine Bühne bieten.“
Autorin: Ramona Bayreuther