Die Zukunft des Prüfens
Mehr als 10.000 Zwischen-, Abschluss- und Umschulungsprüfungen in rund 160 Ausbildungsberufen hat die IHK im letzten Jahr durchgeführt. Hinzu kamen rund 10.000 Fortbildungsprüfungen sowie Prüfungen im Bereich Sach- und Fachkunde. Vieles davon funktioniert schon digital, einiges ist im Umbau und manches bleibt bewusst analog. Ein Blick in die Arbeit der IHK und deren Tochter, der IHK-Akademie in Ostbayern GmbH, verdeutlicht das anhand des Gesamtprozesses – von der Vorbereitung bis hin zur Ausstellung digitaler Zeugnisse.
Erfolgreich Karriere machen – das ist zwar auch heute noch nicht ganz auf Bestellung möglich, aber mit der richtigen Qualifizierungsstrategie sowie passgenauen Abschlüssen und Zertifikaten kalkulier- und machbar. Einen nicht unerheblichen Anteil daran haben digitale Möglichkeiten in der Bildung und im Prüfungswesen. Den ersten Aufschlag dazu lieferte in der IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim bereits 2019 die Prüfer-App. IHK-Prüfer können damit Prüfungsleistungen mobil und ortsunabhängig erfassen und übermitteln.
„Aktuell sind wir bundesweit sicherlich unter den Top 10 der IHKs, was digitale Prüfungsservices beim Kunden betrifft.“Dr. Matthias Segerer IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim
Generell ist die IHK in Regensburg innerhalb der IHK-Organisation in Sachen Digitalisierung ganz vorne mit dabei und fungierte nicht nur bei der Prüfer-App als Pilotkammer. „Aktuell sind wir bundesweit sicherlich unter den Top 10 der IHKs, was digitale Prüfungsservices beim Kunden betrifft“, zeigt sich Dr. Matthias Segerer, Leiter Digitalisierung & IT bei der IHK, sicher.
Was bringen digitale Prüfungen?
Warum digitale Abläufe nicht nur ein schmückendes Element, sondern elementar wichtig sind, erläutert Segerer, indem er auf mehrere Ziele verweist – allen voran die Möglichkeit, Unternehmen und Kunden 24/7-Services anbieten zu können. „Digitalisierung im Bereich Prüfung und auch an anderer Stelle bedeutet für unsere Kunden, dass sie uns jederzeit digital über standardisierte Services erreichen können“, erklärt Segerer. Im Fokus stehe ein stabiler Standardprozess, der die Expertise des Sachbearbeiters mit den Vorteilen eines strukturierten, digitalen Services vereint. Ziel sei eine End-to-End-Digitalisierung – vom Eingang und der Verarbeitung von Daten über die Prüfungsdurchführung und -korrektur bis hin zur rechtssicheren Zustellung von Nachweisen in digitaler Form.
„Hier haben wir bereits 70 bis 80 Prozent erreicht, da wir im Prüfungswesen die Anmeldung und interne Abwicklung komplett digitalisiert haben. Das gilt sowohl in der Ausbildung als auch in der Beruflichen Weiterbildung genauso wie bei Sach- und Fachkundeprüfungen“, berichtet Segerer. Der letzte Schritt – die Zustellung der Nachweise in digitaler Form ergänzend zur postalischen – sei gerade in Umsetzung. Besonders herausfordernd daran: Als Körperschaft des Öffentlichen Rechts ist die IHK an die Verwendung zentraler öffentlicher IT-Komponenten gebunden. Dort ist die fehlende Durchdringung der vom Bund und Land bereitgestellten Lösungsteile eine der größten Hürden. Erst fünf Prozent der Bevölkerung haben sich zum Beispiel für das „Nutzerkonto Bund“ registriert und können über diesen standardisierten Weg rechtssicher Dokumente erhalten. „Diese Themen werden wir aber alle zeitnah lösen“, sagt Segerer.
Mehr Zeit für persönlichen Kontakt
„Bei der Königsdisziplin im Prüfungswesen – der digitalen Durchführung und Korrektur – befinden wir uns als IHK-Organisation in einem agilen Prozess und sind in Regensburg schon Vorreiter bei der Umsetzung“, so Segerer. Im Sach- und Fachkundebereich würden bereits nahezu alle Prüfungen digital durchgeführt und die Ergebnisse automatisch ermittelt – genauso wie die Ausbildungseignungsprüfung. Im Ausbildungsbereich befinden sich ebenfalls bereits einzelne Berufe, wie die Prüfung zum Buchhändler, in der Testphase und wurden in ein digitales Format überführt. Die Herausforderungen sind aber nicht technischer, sondern eher organisatorischer Natur. „Müssen digitale Prüfungen zum Beispiel verpflichtend in den Räumen der IHK stattfinden oder sind nach einem sicheren Verfahren zuhause vor dem eigenen Laptop möglich?“ Das sei nur eine von vielen Fragen, gehöre aber zu den grundlegenden infrastrukturellen Veränderungen und Investitionen, die derzeit gemeinsam in der IHK-Organisation auf den Weg gebracht würden. Dennoch ist IT-Chef Segerer davon überzeugt, dass den Kunden im Laufe des Jahres 2026 alle verwaltungsbezogenen Services auch digital zur Verfügung stehen – anschließend auch in einem IHKPortal optimiert zusammengefasst sowie in einem einheitlichen Layout. „Was nicht bedeutet, dass wir nicht analog erreichbar sein wollen, ganz im Gegenteil: Es soll durch weniger Routinetätigkeiten mehr Zeit für den persönlichen Kontakt entstehen“, sagt Segerer.
Digitales Lernen als Voraussetzung
Damit eine Prüfung am Ende sinnvoll in digitaler Form durchgeführt werden kann, muss nicht nur die technische Infrastruktur stimmen, sondern auch das Lernen zuvor digital stattgefunden haben.
„Das Gros der Teilnehmenden schätzt die gebotene Flexibilität ungemein.“Robert Wiedemann IHK-Akademie in Ostbayern GmbH
Wie digitaler Unterricht bei der IHK aussieht, erklärt Robert Wiedemann, Leiter der IHK-Akademie in Ostbayern GmbH: „Vor der Pandemie gab es ausschließlich Präsenzkurse für die Prüfungsvorbereitung, das hat sich 2020 schlagartig geändert.“ Heute können Teilnehmende wählen, ob sie in der IHK physisch eine Veranstaltung besuchen möchten oder sich lieber digital einloggen – denn alle Kurse finden hybrid statt. „Meistens kommen zu Beginn eines Kurses alle hier ins Haus, was ich übrigens im Hinblick auf die Vernetzung auch für unabdingbar halte“, so Wiedemann. Im weiteren Verlauf habe es schon alles gegeben: einen einsamen Dozenten oder volles Haus – je nach Fach, Zeitspanne bis zur Prüfung oder Witterung. „Das Gros der Teilnehmenden schätzt die gebotene Flexibilität ungemein“, weiß Wiedemann. Und die Prüfung? Auch hier mache es der Mix, findet der Akademieleiter: „Ein digitaler Multiple Choice-Teil für die Basic- Punktzahl plus einen offenen Bereich, in dem ich auch mit der Hand schreiben kann, das würde ich aus der Bildungsperspektive heraus präferieren.“ Wenn die IHK die digitale Infrastruktur stelle, aber ein Teil auch handschriftlich erledigt werden könne, dann sei das das Fairste für alle.
Von Beginn an mitgestalten
Besonders weit fortgeschritten ist die Digitalisierung in den Bereichen Weiterbildung sowie Sach- und Fachkunde. IHK-Bereichsleiter Berufliche Weiterbildung Helmut Vogl erinnert sich noch an den Ablauf vor der Digitalisierung: Wer sich zu einer Aufstiegsfortbildung anmelden wollte, musste ein vierseitiges Papierformular ausfüllen und per Post einsenden. „Daraus ergaben sich oftmals Rückfragen“, sagt Vogl.
„Es ist enorm wichtig, als IHK die Dinge von Anfang an mitzugestalten.“Helmut Vogl IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim
Heute meldet man sich im Gegensatz dazu einfach auf der Website im Fortbildungs- Infocenter an, sucht sich einen passenden Termin für die Prüfung und lädt seine Unterlagen hoch, die sofort im System für die Zulassung zur Verfügung stehen. „Das ist ganz einfach auch der Anspruch der jungen Leute, die sich ganz selbstverständlich ein Uber per App bestellen und erwarten, dass sie selbst oder auch Dritte – beispielsweise Arbeitgeber oder Partner – ihre Prüfungen online verwalten können“, ist sich Vogl sicher und betont: „Es ist enorm wichtig, als IHK die Dinge von Anfang an mitzugestalten.“ Durch die Digitalisierung der Prüfung gewinnen alle Betroffenen nicht nur Zeit, sondern auch einen stets aktuellen Überblick über den Stand der Dokumente, Termine oder Fristen. „Prüfer haben außerdem durch die Prüfer- App die Möglichkeit, ihre Ergebnisse direkt ins System einzugeben. Das ist ein deutliches Sicherheitsplus gegenüber dem Postweg“, so Vogl. „Und last but not least können Prüferinnen und Prüfer auf diesem Weg auch schnell ihre Abrechnung einreichen und haben oftmals am nächsten Werktag bereits den Betrag auf dem Konto.“
Ergebnis sofort nach der Prüfung
Keine Frage der individuellen Entscheidung ist im Übrigen die Umstellung der Ausbilderprüfung ADA, die ab nächstes Jahr bundesweit ausschließlich digital durchgeführt wird. Die IHK in Regensburg hat bereits die Voraussetzungen dafür geschaffen und eine Pilotphase durchlaufen, „denn von unseren rund 2.000 ADA-Teilnehmerinnen und Teilnehmern pro Jahr müssen etwa zwei Drittel eine schriftliche Prüfung absolvieren. Dafür haben wir 50 PCs angeschafft und zudem bald einen eigenen neuen Server“, sagt Vogl. Es gilt nur noch, die Pilotphase in den Realbetrieb zu überführen. Das Resultat anschließend: Eine Sekunde nach der letzten Eingabe weiß jeder Teilnehmer sofort, ob er bestanden hat oder nicht.
„Für Sach- und Fachkundeprüfungen ist das digitale Format perfekt geeignet.“Martin Lemmer IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim
Mehr über die Details der digitalen ADA-Prüfung erzählt Martin Lemmer, Teamleiter des IHKZentrums für Sach- und Fachkundeprüfung Ostbayern: „Es ist eine absolute Win-Win-Situation entstanden, bei der keinerlei Korrekturzeit anfällt. Die Maschine braucht nur Millisekunden und der Prüfling weiß sofort über das Ergebnis Bescheid.“ Digital angeboten werden inzwischen auch acht weitere Prüfungen im Sach- und Fachkundebereich – „das sind alle, die es bereits bundesweit als Paket gibt. Wir sind eine von nur drei IHKs in Deutschland, die alle anbietet“, so Lemmer. In absehbarer Zeit werden weitere vier bis fünf folgen, wie etwa ab 2026 die Taxi-Prüfung. „Für Sachund Fachkundeprüfungen ist das digitale Format perfekt geeignet, weil wir unsere Prüfungen flexibel anbieten können und hauptsächlich Multiple-Choice-Fragen vorkommen.“ Die digitalen Prüfungen werden auch im Prüfungszentrum der IHK in Weiden angeboten. Dort wurde ebenfalls die erforderliche Infrastruktur aufgebaut, um lange Fahrzeiten für die Prüflinge zu vermeiden. „Digitale Sach-und Fachkundeprüfungen sowie den ADA-Schein werden wir auch in der Nord-Oberpfalz anbieten“, sagt Lemmer.
Alle Daten unmittelbar im System
Wie die IHK-Prüfungsapp und digitales Lernen in branchenspezifischen Systemen ineinandergreifen, zeigt das Beispiel der beschleunigten Grundqualifikation bei Berufskraftfahrern. Fahrlehrer Dominic Schönsteiner von der Fahrschule Drivers Point GmbH aus Regensburg kennt digitale Lerninhalte aus seiner Berufspraxis bereits seit 15 Jahren. Längst vorbei sind die Zeiten, in denen Fahrschülerinnen und -schüler auf Papierbögen Prüfungssimulationen durchgespielt haben.
„Heute sehe ich unmittelbar im System, was und wie lange der Fahrschüler gelernt hat.“Dominic Schönsteiner Drivers Point GmbH
Digitale Formate haben Einzug gehalten und treffen auf die gesetzliche Verpflichtung der Fahrlehrer, bei der normalen Fahrprüfung die sogenannte Prüfungsreife vorab zu klären und sicherzustellen. „Heute sehe ich unmittelbar im System, was und wie lange der Fahrschüler gelernt hat, das ist viel einfacher als früher“, erklärt er. Auch im Hinblick auf die Begleitung der IHK-Prüfung bei der beschleunigten Grundqualifikation bei Berufskraftfahrern bringt die Digitalisierung Vereinfachungen für die Fahrschule: „Eine Mitarbeiterin gibt nur noch ein einziges Mal die Stundenanzahl der Fahrschüler in eine Maske beim Kraftfahrbundesamt ein. Danach läuft über Schnittstellen die Weitermeldung an die IHK für die Prüfungszulassung automatisch“, erklärt Schönsteiner. Abgestempelte Zettel müssten die Prüflinge nicht mehr mitnehmen – allzu oft wurden sie vergessen. Und ihr Prüfungsergebnis erhalten sie in Sekunden. Außerdem passen digitale Prüfungsinhalte zu digitalen Ausbildungsinhalten – die eben schon seit anderthalb Jahrzehnten der verpflichtende Standard sind. Einen Wermutstropfen gebe es trotz allen Fortschritts dennoch: „Man hat als Dozent deutlich weniger Kontakt zu den IHK-Prüfern, die früher auch schon mal hier ins Haus kamen, das war eigentlich immer ein schöner Erfahrungsaustausch“, meint Schönsteiner.
Weiterbildung praxisnäher prüfen
Dass digitale Prüfungen auch in der Weiterbildung mehr sind als die Abbildung der analogen Aufgaben auf dem PC, betont IHK-Bereichsleiter Vogl. Es zeichne sich ab, dass sich auch die Art der Prüfung ändern werde: Teilnehmende werden ihre eigenen Geräte verwenden und die Möglichkeit zur Recherche bekommen, was deutlich praxisnäher ist als die bisherige Reproduktion gelernten Wissens. „Sinn der Sache ist nicht, nur das Medium zu wechseln – wir hätten schon lange Prüfungen am PC anbieten können – sondern es müssen sich auch die Inhalte ändern“, so Vogl. Deshalb werde es künftig handlungsorientierte Aufgabenstellungen geben. Daran arbeite die IHK-Organisation aktuell bereits.
Ausbildung im zweiten Schritt Bei der Ausbildung hat der Prozess der Digitalisierung im Gegensatz zur Weiterbildung und den Sach- und Fachkundeprüfungen eine ganz andere Dimension. Das liegt an den besonderen Rahmenbedingungen, die sich dem Einfluss der IHK-Organisation entziehen. Dazu zählt zunächst einmal die schiere Anzahl der unterschiedlichen Berufe – es sind 160 bis 180 – die die IHK in Regensburg prüft. Nicht alle eignen sich inhaltlich für eine digitale Prüfung. Daneben gibt es bundeseinheitliche, verbindliche Termine für alle Prüflinge, die durch die fixe Anzahl der Teilnehmenden schnell die Kapazitätsgrenzen einer wirtschaftlich sinnvollen, vorgehaltenen IT-Infrastruktur sprengen können. Es gilt daher auch, Prozessabläufe und Rahmenbedingungen neu zu denken. „Zudem haben wir Ausbildungsverordnungen, die von den jeweiligen Branchenspitzenverbänden entwickelt werden – und da steht derzeit von Digitalisierung meist nichts drin“, sagt Ralf Kohl, Bereichsleiter Berufliche Ausbildung bei der IHK. Fest stehe aber, dass Ausbildungsverordnungen so konzipiert seien, dass sie zehn bis 15 Jahre Bestand haben – „ein Riesentanker ist das, den wir da bewegen müssen.“
Vereinfachungen für Ausbildungsbetriebe
Verbesserungen durch Digitalisierung gibt es im Bereich der Ausbildung trotzdem schon, vor allem für die Ausbildungsbetriebe: Sie können heute bereits ihre Prüfungsanmeldung über eine digitale Plattform erledigen, oder Bescheinigungen, etwa nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz, hochladen. Projektanträge, zum Beispiel beim Fachinformatiker, können zukünftig ebenso online gestellt werden. „Im letzten Prüfungszyklus hatten wir eine Quote von 70 Prozent an Firmen, die das digitale Angebot bereits nutzen“, sagt Kohl. Die Plattform wird dabei kontinuierlich verbessert. Perspektivisch sollen Betriebe in einer Lösung namens ASTA, einem betrieblichen Ausbildungs-Infocenter, einen vollständigen Überblick über ihre Azubis nebst Prüfungsergebnissen bekommen und alle Ausbildungsangelegenheiten digital regeln können.
„Im letzten Prüfungszyklus hatten wir eine Quote von 70 Prozent an Firmen, die das digitale Angebot bereits nutzen.“Ralf Kohl IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim
Daneben haben einzelne Zwischenprüfungen bereits digital stattgefunden. Dazu zählen seit Ende 2023 Buchhändler sowie Kaufleute für Marketingkommunikation und Personaldienstleistungskaufleute. Dies sei ein erster Einstieg, eine Testphase, wie Kohl betont, technisch hätte es im zweiten Durchlauf bereits sehr gut funktioniert. Im Gegensatz zu den Unternehmen müsse man die Azubis selbst immer wieder neu abholen – ihr Nutzen liegt derzeit primär in der Anmeldung zur Prüfung. „Perspektivisch wollen wir für Azubis aber immer mehr zur Kommunikationsplattform werden, bei der sie zum Beispiel ihre AzubiCard finden können, mit der sie Rabatte bei regionalen Dienstleistern erhalten“, so Kohl. Im Hintergrund steht die Mission, Ausbildung modern zu gestalten und damit Image und Prestige der Ausbildung zu stärken. „Wichtig ist aber, dass die Azubis sich sofort anmelden, damit sie nicht ihre Login-Daten kurz vor knapp noch einfordern müssen“, sagt der Bereichsleiter Ausbildung.
Mit digitalen Lerninhalten punkten
Auch die Dozentinnen und Dozenten sind Teil dieses Veränderungsprozesses – und begegnen ihm teilweise beinahe euphorisch. „Digitale Möglichkeiten müssen besser ausgeschöpft werden“, ist sich etwa Michael Häfelein, Dozent und Trainer unter anderem bei der IHK-Akademie in Ostbayern GmbH, sicher. Noch arbeiten ihm zu viele seiner Meisterklassen- Teilnehmer auf Papier.
„Bei den Betriebswirten arbeiten 80 Prozent mit Tablets und ziehen das inzwischen dem Papierskript vor.“Michael Häfelein
Dabei wünscht er sich als Dozent die Möglichkeit, Videos und klickbare Links integrieren zu können. „Bei den Betriebswirten arbeiten 80 Prozent mit Tablets und ziehen das inzwischen dem Papierskript vor“, erzählt er aus seiner Praxis. Das erhöhe die Qualität spürbar, denn selbst ein QR-Code auf einen Papierskript führe nicht so schnell zum zusätzlichen Lerninhalt wie ein simpler Klick zum digitalen Lerninhalt. Dafür benötigt es jedoch selbst im analogen Unterrichtsraum während der Präsenzwoche die passende digitale Infrastruktur. „Ich freue mich über die neu angeschafften Whiteboards in der IHK, die mir erlauben, Videos in einer Lautstärke abzuspielen, die mit dem Beamer nicht möglich war“, so Häfelein. Ideal findet er es, wenn Unternehmen selbst digitale Lernplattformen für ihre Mitarbeitenden schaffen, die die Möglichkeit zur Prüfungsvorbereitung einschließen. „Es geht schlussendlich darum, dass sich die Leute insgesamt breiter aufstellen, das ist der bleibende Wert in der Arbeitswelt, den wir brauchen.“
Innovative Industriemeisterausbildung
Auch die Bayernwerk Akademie verfolgt seit ihrer Gründung Anfang 2024 als 100-prozentige Tochter der Bayernwerk AG ein klares Ziel: „Wir wollen Aus- und Weiterbildung praxisnah, zukunftsorientiert und flexibel gestalten“, betont Geschäftsführerin Sabrina Hanner. Gemeinsam mit der IHK-Akademie in Ostbayern GmbH entwickelte die Bayernwerk Akademie eine Industriemeisterausbildung, die bundesweit einzigartig ist: kompakt in nur neun Monaten und zu 100 Prozent hybrid umgesetzt.
„Wir wollen flexibles und modernes Lernen gezielt fördern.“Sabrina Hanner Bayernwerk Akademie
Dass dieses Modell funktioniert, zeigten die ersten 56 Absolventinnen und Absolventen der Weiterbildung. Über das Meisterprogramm hinaus entwickelt die Bayernwerk Akademie ihr Portfolio kontinuierlich weiter – von praxisnahen technischen Schulungen bis hin zu vielfältigen digitalen Lernangeboten, die beispielsweise über Podcasts vermittelt werden. Diese Angebote werden in einem eigenen Bereich der Akademie konzipiert, gestaltet und umgesetzt. „Wir wollen flexibles und modernes Lernen gezielt fördern. Denn für das Gelingen der Energiewende braucht es qualifizierte Menschen, die Lust auf innovative Wege und Lösungen haben“, zeigt sich Hanner sicher.
Interaktion bleibt essenziell
Beim Thema Prüfen sei künftig eine Kombination aus neuen und altbekannten Wegen wichtig, betont Justus Maier, Ausbilder und stellvertretendes Mitglied im Berufsbildungsausschuss der IHK sowie Director Software Development bei der Vector Informatik GmbH aus Regensburg. Die KI-Vision einer Prüfung im Jahr 2050 kann er sich durchaus mit einem Onlineprüfungsausschuss und Projekt-Hologrammen vorstellen. Im Hier und Jetzt lässt er sich als Prüfer gern „Dinge an der Tafel erläutern“, wie er berichtet.
„In Zukunft wird die mündliche Prüfung noch wichtiger werden.“Justus Maier Vector Informatik GmbH
Es müsse zwar niemand Software live entwickeln, wohl aber darlegen, wie er oder sie das machen würde. „In Zukunft wird die mündliche Prüfung noch wichtiger werden“, sagt er. „Denn Sie können erstens keinen Unterlagen mehr vertrauen. Und was ist zweitens eine Projektdokumentation von heute in 20 Jahren noch wert?“ Schon jetzt sei eine wirkliche Einschätzung, ob der Prüfling den Abschluss erreicht hat, nur mündlich möglich. „Dazu muss er nicht bei mir im Raum sitzen, aber ich brauche die Interaktion.“ Die Digitalisierung im schriftlichen Teil sei dagegen alternativlos. Heute freilich korrigiert Maier mit dem Kugelschreiber und ist froh, wenn angesichts der komplizierten Punkteberechnung Berufsschullehrkräfte dabei sind. Am Ende werden die händisch ermittelten Punktzahlen dann in die Maske eingeben. Bei der mündlichen Prüfung gehe es schon besser, Protokoll und Berichtsheft ließen sich hochladen, wobei Maier für die ersatzlose Abschaffung von Letzterem plädiert. Für sich selbst wünscht er sich künftig vor allem die Möglichkeit zu einer einfacheren und schnelleren Korrektur der schriftlichen Prüfungen.
Autorin: Alexandra Buba
