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Wirtschaftsfaktor Gesundheit
Über alle Branchen hinweg wies die Gesundheitswirtschaft in den letzten zehn Jahren das höchste Wachstum auf. In der Region Oberpfalz-Kelheim arbeiten dort rund 90.000 Menschen. Unternehmen aus dem Gesundheitswesen sind Innovationstreiber und stärken die Standortattraktivität, kämpfen jedoch mit Bürokratie und Fachkräftemangel.
Für Schlagzeilen sorgt das Gesundheitswesen in großer Zahl – allerdings zumeist in einem Kontext, der ihm den eigenen pathologischen Zustand diagnostiziert. Dabei ist die Gesundheitsbranche nicht nur eine der gesellschaftlich bedeutsamsten, sondern auch ein gewaltiger Wirtschaftsfaktor, der volumenmäßig beispielsweise die Automobilwirtschaft weit hinter sich lässt. Und vor allem: eine ganze Reihe von Erfolgsgeschichten produziert. Diese beginnen oftmals – wie könnte es anders sein – mit einer Krankheit oder einem gravierenden Mangel. So auch bei Sepp Maurer aus Neukirchen.
Wenn es etwas Neues im Bereich Messtechnik gibt, kaufen wir diese, versehen sie mit Rock ‘n’ Roll und wenden sie dann an.Sepp Maurer, Sportschule KINEMA
Er erlitt beim Motorcross Anfang der 2000er Jahre einen sehr komplizierten Oberschenkelhalsbruch, dem sich 32 Operationen anschlossen. Für den Hotelier-Erben und Betreiber eines bis dahin normalen Fitnessstudios bedeutete das erst einmal nicht nur eine längere Zwangspause. ‚Als die Amputation drohte, wollte ich mich damit nicht abfinden, habe die gesamte Welt bereist, um geeignete Therapien und Spezialisten zu finden“, erinnert sich Maurer, heute Inhaber der Sportschule Kinema in Neukirchen b. Hl. Blut. Der Plan glückt, Maurer wird gesund. Statt nun aber dort anzuknüpfen, wo er vor dem Unfall aufgehört hatte – mit einem Fitnessstudio im elterlichen Wellnesshotelbetrieb – baute er dieses 2009 zur Sportschule mit Leistungsdiagnostik und computerunterstützen Trainingsgeräten um. Im selben Jahr folgt eine Physiotherapiepraxis, drei Jahre später eine Höhenkammer, in der Sportler auf einer simulierten Höhe bis 6.500 Meter trainieren können.
Neueste Messtechnik
Seit eineinhalb Jahrzehnten ist die Sportschule Kinema mit der weltweit modernsten Messtechnik ausgestattet. ‚Wenn es etwas Neues im Bereich Messtechnik gibt, kaufen wir diese, versehen sie mit Rock ’n’ Roll und wenden sie dann an“, sagt Maurer. Die Patienten kommen aus ganz Europa, lassen sich in der Erstanamnese drei bis fünf Stunden untersuchen – von der Orthopädie und Kardiologie über Atemgasanalysen bis hin zu Laktat- und Blutwerten. Zu den 49 Mitarbeitenden zählen Ärztinnen und Ärzte, Trainer und Sportwissenschaftler. Da 60 Prozent der Behandelten aus einer Region kommen, die mehr als 100 Kilometer vom Kinema-Standort im Bayerischen Wald entfernt liegt, dient das familieneigene Traditionshotel inzwischen überwiegend als deren Quartier. 70 Prozent der Gäste besuchen das Hotel aufgrund einer Behandlung, 30 Prozent nutzen die Wellnessangebote. Die Küche ist im Übrigen auf die Bedürfnisse beider Gruppen eingestellt.
Gesundheitsthemen stärken Tourismus
Dass Gesundheitsthemen eine bedeutsame Rolle im Tourismus spielen, weiß auch Silke Auer, Tourismus-Expertin der IHK: ‚Das Gesundheitswesen spielt für das touristische Angebot in der Region eine bedeutende Rolle. Tourismus und der Gesundheitssektor können in vielen Bereichen voneinander profitieren und stärken sich gegenseitig – das zeigt beispielsweise der Bädertourismus im Bayerischen Wald“, sagt Auer. Der Boom im Bereich des Gesundheitstourismus wird auch an der aktuellen Entwicklung der Sportschule Kinema deutlich. ‚Während wir zuletzt einen befristeten Aufnahmestopp für drei Monate beschließen mussten, war das vor 20 Jahren ganz anders“, erinnert sich Maurer. Auch heute polarisiere seine Leistung noch immer, allerdings überzeuge sie mehr potenzielle Patientinnen und Patienten, als die Sportschule bedienen kann. ‚Deshalb werden wir in zwei Jahren nochmals erweitern“, kündigt er an. Obwohl Maurer beileibe keinen Kundenmangel zu beklagen braucht, plädiert er für eine Reform des Krankenversicherungssystems mit seiner Untergliederung in gesetzlich und privat Versicherte. ‚Wenn Du privat versichert bist und zu uns willst, liegen dir weniger Steine im Weg, das müsste sich für die andere Gruppe ändern“, sagt er.
„Das System gehört kuriert“
Reformbedarf im System findet auch Dr. Ulrike Striepling, Inhaberin der Westend Apotheke in Regensburg. Sie führt ihre Apotheke seit rund 25 Jahren mit einem gänzlich anderen Ansatz als die überwiegende Anzahl ihrer Kolleginnen und Kollegen. „Es ist doch so, wenn Sie heute zum Beispiel einen hohen Cholesterinwert haben, dann bekommen Sie ein bestimmtes Medikament verschrieben, danach vielleicht noch ein zweites oder drittes, um die Wirkung zu verbessern, anschließend ein viertes oder fünftes, um die Nebenwirkungen abzufedern“, sagt die Apothekerin. „Und das kann es ja wohl wirklich nicht sein. Das System gehört kuriert.“ Natürlich brauche man die Schulmedizin, findet Striepling, aber ihr Nutzen liege ganz überwiegend im akuten Bereich. „Für die Ursachenbehandlung der meisten chronischen Erkrankungen gibt es weder Zeit noch Aufmerksamkeit noch Geld im System“, beklagt sie.
Individuelle Analysen für Beratung
Die Westend Apotheke verfolgt stattdessen in der Beratung einen vollständig individualisierten Ansatz. Nach mehreren Analysen etwa von Haar, Antlitz, Urin und Hormonen des Patienten stehe meistens fest, wo ein Un-gleichgewicht im Körper liege, das für die Beschwerden ursächlich sei, so Striepling. „Bei uns bekommen nicht alle das Gleiche empfohlen, da dies dem Menschen nicht entspricht.“ Zwar dürften Apothekerinnen und Apotheker nicht therapieren, wohl aber beraten und damit eine sehr wichtige Aufgabe wahrnehmen. Die Mitarbeitenden seien fundiert ausgebildet, neben den pharmazeutischen Themen kennen sie sich dadurch zum Beispiel in der Mikro-nährstofftherapie hervorragend aus, so Striepling. Trotz des oftmals beschworenen „Apothekensterbens“ sieht sie hervorragende Zukunftsperspektiven für die Branche. „Wir müssen individuell und natürlich vorgehen“, so die Apothekerin. Für alles andere sei man schlichtweg viel zu gut ausgebildet. Eigentlich müssten alle Apotheken eigene Rezepturen herstellen – doch viele tun das längst nicht mehr. Etwas, das Striepling nicht verstehen kann angesichts der Klagen gegen die Online-Konkurrenz. Wichtig sei neben der hohen Fachkompetenz vor allem Ehrlichkeit. Mit Blick auf das gesamte Gesundheitssystem mahnt sie an, nach sinnvollen Kosteneinsparungen zu suchen, zu fragen, wer was leiste und danach die Budgets zu verteilen. Das sei derzeit nicht der Fall – stattdessen werde Gegnerschaft geschürt, zwischen Schulmedizin und Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern etwa. Nur von Rezepten könne ohnehin keine Apotheke mehr überleben, doch für ein bisschen Hilfsarbeit wie das Impfen, welches der Gesetzgeber zuletzt zubilligte, sehe sie sich und ihr Team als deutlich überqualifiziert an: „Das hat nichts mit unserer Kernkompetenz zu tun.“
Physiotherapieschulen auf dem Land
Dass Karrierewege manchmal aber auch über Umwege und Zufälle verlaufen können, zeigt Hubert Döpfer, Gründer und Leiter der Döpfer Schulen mit Stammsitz in Schwandorf. Der ehemalige verbeamtete Diplom-Handelslehrer fand auch bei einer Anstellung im Kultusministerium keine Aufgabe, die ihm spannend genug schien. Da seine erste Ehefrau eine Physiotherapiepraxis betrieb, kam er auf den Gedanken, eine eigene Physiotherapieschule zu gründen, die es bis dato im Raum Schwandorf nicht gab. Das war 1992. Inzwischen gehören zur Döpfer Gruppe nicht nur eine ganze Reihe von Physiotherapie-, Ergotherapie- und Logopädieschulen von Hamburg bis München, sondern auch eine Hochschule, eine private Grundschule, zahlreiche therapeutische Praxen, fünf Pfle-geschulen sowie eine Fortbildungsakademie.
Ohne ausländische Schülerinnen und Schüler müsste ich meine fünf Pflegeschulen alle schließen.Hubert Döpfer, Döpfer Schulen
Jüngste Säule der Unternehmensgruppe ist der Aufbau eines International Offices zur Rekrutierung von ausländischen Beschäftigten – nicht nur für die eigenen Praxen, sondern auch im Kundenauftrag. Insbesondere der Pflegenach-wuchs stammt fast ausschließlich aus dem Ausland. Döpfer akquiriert gezielt mit eigenen Mitarbeitenden in Casablanca, Teheran, Vietnam und Chengdu.
Attraktive Studiengänge
„Ohne ausländische Schülerinnen und Schüler müsste ich meine fünf Pflegeschulen alle schließen“, erklärt Döpfer mit Blick auf die nationale Fachkräftemisere. Während die Situation bei den Pflegekräften einfacher sei, da diese als Auszubildende in Pflegeeinrichtungen Gehalt bekommen, braucht es für ausländische Studierende attraktive, englischsprachige Studiengänge. Dies sei eine neue Herausforderung für die Zukunft. „Ebenso ist es eine riesige Herausforderung für unsere therapeutischen Praxen, ausländische Therapeuten zu finden und diese für den Arbeitsmarkt nachzuqualifizieren.“ Das Unternehmen ist mit Altenheimen und Krankenhäusern der Region vernetzt und bietet unter anderem einen dualen Masterstudiengang für das Bezirkskrankenhaus und die Barmherzigen Brüder an. Seine eigene Nachfolge hat Döpfer bereits geregelt. Seine beiden Kinder werden den Betrieb mit rund 1.000 Mitarbeitenden und 500 Honorarkräften in den kommenden Jahrzehnten weiterführen. Der jüngste Koalitionsvertrag findet indes Döp-fers Zustimmung mit Blick auf die Physiotherapeutenausbil-dung: Diese soll nach einer zwei Jahrzehnte andauernden Diskussion in Deutschland weiterhin klassisch ein Ausbildungsberuf bleiben und nicht als grundständiger Studiengang an die Hochschulen wandern. „Das war lange nicht berechenbar, und nicht zuletzt deshalb haben wir vor vielen Jahren bereits die eigene private Hochschule parallel aufgebaut“, so Döpfer.
Solo-Operateure unterstützen
Fehlende Fachkräfte spielen ebenfalls bei der Aktormed GmbH eine zentrale Rolle. Das Neutraublinger Unternehmen hat sich der Robotik in der Chirurgie verschrieben. Geschäftsführer Robert Geiger hat die Firma vor 20 Jahren gegründet und beschäftigt heute rund 30 Mitarbeitende, die sich um die Entwicklung von OP-Robotern kümmern. Konkret geht es um die minimalinvasive Chirurgie, bei der neben dem Operateur immer auch eine zweite Person am Patienten anwesend sein muss, die schlichtweg die Kamera hält. „Dabei gibt es ein riesiges Spektrum vom Medizinstudenten bis zur gestandenen Oberärztin“, erklärt Geiger. Deshalb habe die Gründungsidee auf die Erhöhung der Qualität gezielt – heute steht das Personalthema im Vordergrund. „Während wir in den ersten Jahren mit einem Vorteil gegenüber der manuellen Kameraführung – zum Beispiel der Vermeidung von Missverständnissen oder das stabilere Bild – argumentiert haben, ist es mittlerweile für unsere Kunden wesentlich, dass sie mit unserem System eine Person im OP einsparen können“, so Geiger. Dazu erhält der Operateur ein Endoskop, wahlweise mit Sprachsteuerung oder einem Joystick. Die Solo-Chirurgie wird so möglich.
In den Krankenhäusern gibt es keinen Geldtopf für neue TechnologienRobert Geiger, Aktormed GmbH
Die Entwicklungsarbeit teilt sich die Firma in Forschungsprojekten mit dem Klinikum der TU München und der OTH Regensburg. Den Praxiseinsatz erprobt Geiger auch im Krankenhaus St. Josef in Regensburg. Als Manufaktur montiert Aktormed im Wesentlichen Teile von Zulieferbetrieben, und hier findet es Geiger angenehm, auf regionale Nähe zu setzen. „Deshalb mussten wir 2020 bis 2022 nicht auf Container aus Asien warten“, erinnert er sich.
Personalprobleme im OP lösen
Wenn in den kommenden Jahren nun Tausende Chirurginnen und Chirurgen in Pension gehen, werde die Lösung noch um ein Vielfaches attraktiver werden. Der „SoloAssist“ werde die Lücke füllen können, ist sich Geiger sicher. Doch dazu bedürfe es zweierlei: Erstens müsse die deutsche Technologiefeindlichkeit – nicht nur, aber auch bei der Ärzteschaft – einer größeren Offenheit weichen. Zweitens müsse die Krankenhaus-Finanzierung reformiert werden. „In den Krankenhäusern gibt es keinen Geldtopf für neue Technologien“, so Geiger. Er wünscht sich einen Krankenhausinvestitionsfonds, der es den Kliniken nicht nur erlaube, Ersatz zu beschaffen, sondern auch, sich tech-nologischen Fortschritt zu leisten. „Wir brauchen kein Geld für schöne Eingangshallen – da ist sehr viel passiert in den vergangenen Jahren – sondern für echte Innovation“, meint Geiger. Momentan ist seine Firma sehr exportorientiert. 90 Prozent der insgesamt rund 700 ausgelieferten und in OP-Sälen eingesetzten Geräte stehen im Ausland. Doch dieser Prozentsatz könnte sich durchaus zugunsten des Inlands verändern, wenn politisch die richtigen Weichen gestellt würden – falls nicht, „bleiben die USA allen Wirrun-gen zum Trotz unser wichtigster Exportmarkt“.
Erfolgreiche, evidenzbasierte Forschung
Vielleicht ist es ein Spezifikum der Gesundheitsbran-che und speziell von innovativen Mittelständlern, auch aus eigentlich negativen Entwicklungen gestärkt hervorzuge-hen – jedenfalls legt das auch das Beispiel der Bionorica SE in Neumarkt nahe. „Contergan war Anfang der 1960er Jahre der Wakeup-Call für die gesamte Pharma-Branche“, erklärt Prof. Dr. Michael A. Popp, der das Unternehmen seit 1989 leitet. „Bis dahin hatte es keine Zulassungsverfahren im eigentlichen Sinn gegeben.“ Nach dem Skandal mussten die sich auf dem Markt befindlichen Alt-Präparate nachträglich zugelassen werden – ein Weg, den Bionorica bewusst nicht mitgegangen ist. „Wir wollten stattdessen aus strategischen Gründen in die Neuzulassung gehen, was zwar wesentlich schwieriger war, uns aber den Einstieg in die klinische Forschung gebracht hat“, erklärt Prof. Dr. Popp. Letztere ist für ihn bis heute das entscheidende Differenzierungsmerkmal zu anderen Herstellern, die Unternehmens-DNA, wie Popp sagt. „Wir haben es auf diesem Weg geschafft, im Gegensatz zu anderen Herstellern mit pflanzlichen Medikamenten vollends in der Schulmedizin anzukommen“, erklärt er. Daran konnte auch die Tatsache nichts ändern, dass das zentrale Medikament „Sinupret“ 2004 seine Erstattungs-fähigkeit für Erwachsene durch die gesetzlichen Krankenkassen verloren hat und Patienten seitdem selbst für die Kosten aufkommen müssen. „Damals haben wir dennoch weiterhin Ärzte besucht, unsere wissenschaftlichen Ergeb-nisse präsentiert und damit erreicht, dass sie unser Medikament auch ohne Erstattungsfähigkeit empfehlen – da die therapeutische Wirkung den finanziellen Mehr-aufwand für Patienten übertrifft“, so Prof. Dr. Popp.
Pipettierarbeiten im Labor am Michael Popp-Institut für pflanzliche Wirkstoffforschung in Innsbruck
Freiere Preisgestaltung als Vorteil
Heute sei man bei Bionorica froh darüber, dass das Medikament vor 20 Jahren aus der Erstattung hinausgeworfen worden sei, da das Unternehmen dadurch seine Preise freier gestalten könne. Dies ermöglicht es, die Kosten für Neuzulas- sungsstudien zu decken und Gewinne in weitere Forschung und Entwicklung zu reinvestieren – ein strategischer Vorteil für Unternehmen, die auf Innovation und wissenschaftliche Evidenz setzen. Allerdings, und das betont Popp, achte man sehr darauf, dass Angehörige aller Einkommensgruppen sich das Mittel auch leisten könnten. Neben dem Zugpferd „Sinupret“, das oft synonym für den größten europäischen Naturmedizinhersteller genannt wird, traten im Laufe der Jahrzehnte zahlreiche Weiterentwicklungen. Das kontinuierliche, starke Wachstum strahlt auch in die Region – Bionorica wirkt wie ein Dorf im Dorf, und tatsächlich sind die Verflechtungen mit anderen Branchen stark: Als Hersteller pflanzlicher Arzneimittel bauen die Neumarkter den größten Teil ihrer Rohstoffe auf riesigen Flächen an. In der Region, aber auch europaweit konnten dafür Landwirte gewonnen werden, die die Bewirtschaftung der Flächen übernehmen.
Migration als Wettbewerbsfaktor
Auch für die Fachkräfteentwicklung der Region ist Bionorica ein entscheidender Faktor. „Dadurch, dass wir stark selbst ausbilden, spüren wir den Fachkräftemangel nicht in demselben Maße wie vielleicht andere“, erklärt Popp. Das Unternehmen könne zudem auf zahlreiche Initiativbewerbungen zurückgreifen. Außerdem sei die Loyalität der Mitarbeitenden stärker ausgeprägt als in den großen Metropolen. „Ich bin stolz darauf, bereits 2015 Praktikumsplätze für geflüchtete Jugendliche bereitgestellt zu haben“, sagt Popp. „Einer der Praktikanten von damals hat später als bester seines Jahrgangs in ganz Bayern die Ausbildung zum Pharmakanten abge schlossen.“ In Zukunft sieht er die Migration als wichtige Stellschraube zur Lösung des Personalengpasses in Deutschland. Er plädiert dafür, „als Arbeitgeber Migranten zu unterstützen, die Leute an die Hand zu nehmen und zu integrieren“.
Plattenverdampfer mit Mitarbeiter
Internationalisierung als Vorteil
Noch einer der wenigen regionalen Arbeitgeber der Branche, die einen Weltmarkt bedienen, ist die MMM Münchener Medizin Mechanik GmbH. Das Oberpfälzische Werk der Firma aus München liegt in Stadlern im Landkreis Schwandorf, nahe der tschechischen Grenze. Aktuell sind dort 366 Mitarbeitende beschäftigt. Es ist damit der größte deutsche Standort der MMM, die ein Jahrzehnt nach der Firmengründung in München durch Johann Koller an seinem Geburtsort errichtet wurde.
Anders als in Deutschland entstehen überall auf der Welt neue KlinikenDr. Thomas Denner, MMM Münchener Medizin Mechanik GmbH
Heute stärkt Michael Koller, der Sohn des Gründers und Alleineigentümer der MMM, den Standort, an dem Sterilisationsgeräte für Kliniken und Krankenhäuser aus der ganzen Welt produziert werden, und verspricht, durch Investitionen die Arbeitsplätze zu erhalten. Aktuell laufen die Planungen zur Werkerweiterung um weitere 3.000 Quadratmeter Produktionsfläche, denn die Auftragsbücher sind voll. „Anders als in Deutschland entstehen überall auf der Welt neue Kliniken, insbesondere außerhalb Europas, mit einem Schwerpunkt in Asien, wo das Gesundheitswesen gerade erst entwickelt wird“, erklärt Dr. Thomas Denner, Geschäftsführer von MMM. Deshalb spüre seine Firma zwar den Konsolidierungsdruck der deutschen Gesundheitspolitik auf die Krankenhauslandschaft hierzulande, könne aber dank der frühen Internationalisierung in den 1980er Jahren auf einen hohen Anteil im Auslandsgeschäft bauen.
Fachkräfte über „Purpose“ gewinnen
Als weitere Maßnahme, um Wachstum zu generieren, wurde vor gut zehn Jahren neben der Sterilisation der OP-Gerätschaften auch eine Produktlinie für die Reinigung und Desinfektion kreiert. „Möglich ist das alles auch deshalb, weil Fachkräftegewinnung zwar ein steiniger, aber ein beschreit-barer Weg ist“, so Denner. „Denn wir bieten das, was viele heu-te suchen: Purpose.“ Diese besondere Form der Motivation mit einem Sinn in der eigenen Arbeit – in diesem Fall, Menschenleben zu retten – spreche heute in Kombination mit der internationalen Ausrichtung viele an und zöge Fachkräfte bis in die kleine Gemeinde am Oberpfälzer Wald. Die Belegschaft in Stadlern ist die jüngste aller MMM-Standorte – das Durchschnittsalter liegt bei 38 Jahren. Das bedeute aber nicht, dass auf dem Land alles eitel Sonnenschein sei: „Zwar ist die Lebensqualität hier in vielerlei Hinsicht super – aber wir brauchen dringend mehr öffentlichen Nahverkehr und Glasfaser-ausbau“, so Denner. Beides wünscht er sich von der Politik.
Bedeutender Wirtschaftsfaktor
Die Wege, die regionale Unternehmen der Gesund-heitswirtschaft bereits beschritten haben, um neue Fachkräfte zu gewinnen, zeigen die Wachstumskraft dieses Sektors und seinen Einfluss auf andere Branchen, weiß Michael Vogel, Referent Innovation bei der IHK. Die meisten Beschäftigten der Region – insgesamt rund 90.000 – sind in diesem Bereich tätig. „Bundesweit liegt der Wertschöpfungsanteil der Gesundheitsbranche an der Gesamtwirtschaft bei mehr als zwölf Prozent, der Beschäftigtenanteil sogar bei rund 17 Prozent“, sagt Vogel. Auch in Bayern mache die Branche mit Abstand den größten Anteil der Wirtschaft aus, danach folge der Einzelhandel. „Das Gesundheitswesen spielt massiv in andere Bereiche hinein. Dazu gehören zum einen die Beziehungen zu den Zulieferern und damit zur Industrie, zum anderen die Wertschöpfung, die eine Region attraktiv macht, zum Beispiel für künftige Fachkräfte“, erklärt Vogel. Auch im Gesundheitsbereich bestehe Optimierungspotenzial mit Blick auf die von der Bundespolitik definierten Rahmenbedingungen. Es sei jedoch offensichtlich, dass trotz Einschränkungen, knapper Kassen und fehlender Fachkräfte eine enorme Innovations-fähigkeit vorhanden sei. „Daher bin ich sehr zuversichtlich, was die Zukunft der Branche betrifft“, erklärt Vogel.
Autorin: Alexandra Buba
Autorin: Alexandra Buba
Stiftungen in der Region
Stiftungen spielen eine wichtige Rolle, um soziale Gerechtigkeit zu fördern und gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Unternehmen können sich durch Spenden oder Partnerschaften engagieren, um gemeinnützige Projekte im Gesundheitsbereich zu unterstützen und einen nachhaltigen Mehrwert für die Gemeinschaft zu schaffen. In unserer Region gibt es zahlreiche Stiftungen, beispielhaft dafür sind:
KUNO Stiftung Kinder-Universitätsklinik für Ostbayern
KUNO finanziert unter anderem die beiden Kinderkliniken in Regensburg und macht sich somit stark für eine ortsnahe medizinische Höchstversorgung von Kindern in ganz Ostbayern. Weitere Projekte wie Kindernotfallkurse oder die Finanzierung von Stellen in der Kinderonkologie laufen derzeit parallel (www.kuno-ostbayern.de).
VKKK Verein zur Förderung krebskranker und körperbehinderter Kinder Ostbayern e.V.
Der VKKK hat es sich zur Aufgabe gemacht, an Krebs erkrankte Kinder und Jugendliche sowie ihre Familien umfassend zu begleiten. Die Mitglieder des Vereins unterstützen in medizini¬scher, pflegerischer, sozialer, psychologischer und rechtlicher Hinsicht (www.vkk-ostbayern.de).
Stiftungen spielen eine wichtige Rolle, um soziale Gerechtigkeit zu fördern und gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Unternehmen können sich durch Spenden oder Partnerschaften engagieren, um gemeinnützige Projekte im Gesundheitsbereich zu unterstützen und einen nachhaltigen Mehrwert für die Gemeinschaft zu schaffen. In unserer Region gibt es zahlreiche Stiftungen, beispielhaft dafür sind:
KUNO Stiftung Kinder-Universitätsklinik für Ostbayern
KUNO finanziert unter anderem die beiden Kinderkliniken in Regensburg und macht sich somit stark für eine ortsnahe medizinische Höchstversorgung von Kindern in ganz Ostbayern. Weitere Projekte wie Kindernotfallkurse oder die Finanzierung von Stellen in der Kinderonkologie laufen derzeit parallel (www.kuno-ostbayern.de).
VKKK Verein zur Förderung krebskranker und körperbehinderter Kinder Ostbayern e.V.
Der VKKK hat es sich zur Aufgabe gemacht, an Krebs erkrankte Kinder und Jugendliche sowie ihre Familien umfassend zu begleiten. Die Mitglieder des Vereins unterstützen in medizini¬scher, pflegerischer, sozialer, psychologischer und rechtlicher Hinsicht (www.vkk-ostbayern.de).