Region - Ausgabe November 2023

Glas-Kunst

Ein besonderer Kunstschatz befindet sich seit 2021 in der ehemaligen Dompfarrkirche St. Ulrich, direkt neben dem Regensburger Dom gelegen. Markus Lüpertz, einer der renommiertesten deutschen Künstler der Gegenwart, schuf dort acht großflächige Glasfenster – mithilfe verschiedenster Unternehmen aus der Region.
Von der Idee bis zur Realisierung des Projekts waren die Begeisterung, das Know-how und der Einsatz vieler Akteure entscheidend – aus der regionalen Wirtschaft insbesondere die Regensburger Galerie Art Affair OHG und die Glashütte Lamberts GmbH in Waldsassen. Der Kontakt zwischen Künstler Prof. Markus Lüpertz und Galerist Karl-Friedrich Krause ergab sich 2018, als Lüpertz Bühne und Kostüm für die Oper „Una cosa rara“ am Stadttheater Regensburg gestaltete.
Daraus entstanden etliche Ausstellungen und Ideen, wie auch die Neugestaltung der Kirchenfenster für St. Ulrich. Krause trug die Idee weiter und fand im Bistum Regensburg und der regionalen Unternehmerschaft schnell Unterstützung.  „Das Besondere an den Glasfenstern von Markus Lüpertz ist, dass diese im Gegensatz zu anderen Kirchenfenstern zeitgenössischer Künstler immer in der Figuration sowie in einer expressiven Bildsprache bleiben – also die Kunst im Einklang mit der Architektur bleibt“, sagt Krause.
Die Ulrichskirche gehöre zu den ältesten Bauwerken der Gotik in Deutschland, bei der das Licht- und Farbspiel der Buntglasscheiben als zentrales Gestaltungselement diene.  Der Maler und Bildhauer Lüpertz schuf „moderne Fensterbilder im Geist der Gotik, seine Entwürfe wurden als Bleiglasfenster in jahrhundertealter Handwerkskunst umgesetzt“, erläutert Krause.

Millimeterarbeit

Viele Hände arbeiteten monatelang daran, die Idee „Malen mit Licht“ zum Leben zu erwecken – mit Blick auf das Grundmaterial vor allem die Glashütte Lamberts GmbH in Waldsassen. Die Schnittstelle zwischen Material und Künstler bildete schließlich die ausführende Glasveredelungsfirma Derix Glasstudios GmbH & Co. KG aus dem hessischen Taunusstein. Der Entwurf des Künstlers wurde dort zuerst auf die richtigen Maße gebracht und anschließend die Farben der einzelnen Schablonen für die Bleiglasfenster festgelegt und ausgewählt. „Hunderte von Einzelscheiben, in diesem Fall Überfanggläser – Glas mit mindestens einer weiteren feinen Farbschicht – wurden dafür benötigt und dann in Waldsassen mundgeblasen“, sagt Christian Baierl, Geschäftsführer bei Lamberts.
Künstler Lüpertz kontrollierte jeden Schritt und ergänzte oder optimierte die Glasmalerei. „Wichtig für uns ist, dass der Künstler immer den gewünschten Farbton, die gewünschte Oberfläche oder auch die genaue Dicke des Farbüberfanges erhält. Erst dadurch entsteht auch durch die Herstellung die Brillanz der Farben und die Seele des Glases“, betont Rainer Schmitt, Geschäftsführender Gesellschafter bei Lamberts und den Derix Glasstudios. Um die pastellige Anmutung des Glases zu erhalten sowie Konturen, Licht und Schatten der Glasmalerei herauszuarbeiten, wurden die Gläser in mehreren Stufen mit Säure behandelt und erst nach wiederholten Kontrollen final in Blei gefasst.
Fünf Wochen dauerten die millimetergenauen Montagearbeiten in St. Ulrich. „Dass international bekannte Künstler wie Prof. Lüpertz die traditionelle Glasmalerei und die Möglichkeiten durch mundgeblasenes Flachglas schätzen und diese auch mit seinem Kunststil erfüllen, ist für uns Ansporn, das traditionelle Handwerk zu bewahren und gemeinsam weiterzuentwickeln“, sagt Schmitt.
Die neuen Glasfenster sind die ersten Exponate des Museums St. Ulrich, das als Teil des Museumsquartiers des Bistums Regensburg am Dom ab 2026 wieder dauerhaft für die Öffentlichkeit zugänglich sein soll. Die bedeutsame Kirche, die seit 1810 Eigentum des Freistaates Bayern ist, wird aktuell umfassend saniert.
Autorin: Ramona Bayreuther