Vom Bankschalter zum Familienbetrieb
Wenn Rohre verstopfen oder Kanäle überlaufen, ist die Hammerer Kanalservice GmbH aus Wackersdorf zur Stelle. Seit fast sechs Jahrzehnten sorgt das Familienunternehmen für freie Leitungen. Seit ein paar Jahren führt Pia Saller die Firma gemeinsam mit ihren Eltern. Auch wenn ihre Karriere zunächst in eine andere Richtung ging, bringt sie heute frischen Wind in den Familienbetrieb.
Als Jugendliche konnte Pia Saller sich nicht vorstellen, eines Tages in den elterlichen Betrieb einzusteigen. Nach dem Schulabschluss begann sie eine Lehre zur Bankkauffrau, arbeitete danach in der Bankfiliale. Doch schon nach wenigen Jahren merkte sie, dass dieser Beruf nicht zu ihr passt. „Damals war ich ziemlich ratlos – es war nie geplant, dass ich einmal ins Familienunternehmen einsteige“, erinnert sich Saller. „Doch meine Eltern gaben mir eine Chance.“ Zunächst übernahm sie Aufgaben in der Buchhaltung. Dabei blieb es nicht: „Das war schon ein großer Sprung. Mein Vater hat mir alles beigebracht, mich überallhin mitgenommen und mir die Baustellen gezeigt.“ Zusätzlich absolvierte Saller Fortbildungen – etwa zur Kanalsanierungsberaterin. Heute leitet Saller gemeinsam mit ihren Eltern Meike und Christian Hammerer das Unternehmen. Dabei verantwortet sie insbesondere die Sanierungsabteilung sowie Personal- und Ausbildungsthemen.

Vor fast 60 Jahren gründeten Gunda und Josef Hammerer die Hammerer Kanalservice GmbH in Schwandorf. Heute ist der Sitz des Unternehmens in Wackersdorf. Rund 50 Mitarbeitende sind inzwischen für den Betrieb tätig. Trotz des Wachstums ist der familiäre Zusammenhalt geblieben – und wird auch in der nächsten Generation gelebt: „Mittlerweile treffen wir alle Entscheidungen zu dritt. Wir sitzen beim Abendessen zusammen und besprechen wichtige Themen“, erzählt Saller.
Für mich als Führungskraft ist es wichtig, fachlich auf Augenhöhe zu sein.Pia Saller
Auch neue Ideen bringt Pia Saller in den Betrieb ein – etwa eine Ausbildungsoffensive: „Bevor ich in den Betrieb kam, gab es pro Jahr meist nur eine Auszubildende oder einen Auszubildenden. Heute bilden wir sechs junge Menschen gleichzeitig aus.“ Die Bandbreite der Ausbildungsberufe reicht von Büromanagement über Kfz-Mechatronik bis zu Umwelttechnologie.
Der Fachkräftemangel ist auch für Hammerer Kanalservice eine Herausforderung. Erfahrene Servicetechnikerinnen und -techniker im Kanalservice sind rar, meist bewerben sich Quereinsteiger. Umso wichtiger sei es, selbst auszubilden. Doch um Jugendliche zu gewinnen, müsse man mit Vorurteilen aufräumen, sagt Saller: „Viele denken, dass alle im Kanalservice stinken.“ Dabei habe sich der Beruf stark verändert.
Heute kommen moderne Technik und Spezialequipment zum Einsatz: „Bei uns krabbelt niemand mehr durch den Kanal. Die Inspektionen laufen über Kameras und werden von unseren Fahrzeugen aus gesteuert.“
Technik zum Anfassen
Um das Interesse der Jugendlichen zu wecken, ist Saller regelmäßig auf Ausbildungsmessen und in Schulen in der Region unterwegs. Dort können sich Interessierte nicht nur die Fahrzeuge ansehen, sondern mit einer VR-Brille auch virtuell die Baustellen begehen. „Solche Erlebnisse hinterlassen einen bleibenden Eindruck. Sie bringen viel mehr, als nur über den Beruf zu erzählen“, ist Saller überzeugt. Praktika gehören ebenfalls zum Nachwuchskonzept. Über die sozialen Medien können die Jugendlichen außerdem den Berufsalltag verfolgen. Auszubildende bei Hammerer Kanalservice erstellen eigene Inhalte für Instagram und Tik-Tok und geben dort authentische Einblicke.
Frauen für die Branche begeistern
„Das Schöne an unserem Beruf ist, dass man am Ende des Tages sieht, was man geschafft hat“, sagt Saller. Solche Erfolgsmomente begeistern auch immer mehr junge Frauen. Derzeit bildet Hammerer zwei weibliche Auszubildende aus. Auch auf den Ausbildungsmessen sei die Nachfrage groß. „Viele Schülerinnen interessieren sich für unsere Berufe und wissen, dass man mit einer Ausbildung Karriere machen kann.“ Gezielt Frauen im Recruiting und beim Ausbildungsmarketing anzusprechen, sei jedoch nicht geplant. „Wir sind offen für alle – ob im Büro oder auf der Baustelle. Wichtig ist, dass die Menschen zu uns passen.“ Im Familienbetrieb spielt Persönlichkeit eine zentrale Rolle. Auch neue Ideen und Vorschläge aus dem Team seien immer willkommen. „Unsere Leute sind täglich draußen bei den Kundinnen und Kunden und arbeiten direkt mit der Technik – da ist Zuhören entscheidend.“ Diese Haltung habe sie von ihren Eltern übernommen. „Wenn jemand ein Problem hat, höre ich zu und versuche, eine Lösung zu finden“, ergänzt Saller.
Mitarbeitende langfristig zu halten und neue zu gewinnen – das ist eines der Ziele bei Hammerer Kanalservice. Deshalb zog die Firma vor rund zwei Jahren an den neuen Standort nach Wackersdorf. Der Neubau bietet Platz für die gesamte Belegschaft, die Fahrzeugflotte und das Equipment. Von dort aus aus blicken die Mitarbeitenden auf eine blühende Wiese. Dort könnten künftig noch weitere Gebäude entstehen. Doch es geht nicht nur um Größe: Hammerer will sich auch fachlich weiterentwickeln und neue Bereich erschließen. Das Recycling von Rohstoffen spielt in der Branche eine immer größere Rolle. Bereits heute betreibt das Unternehmen eine Sandwaschanlage. Dort wird Sand aus den Rohren gereinigt und wiederverwertet. „Momentan waschen wir nur den Sand, den unsere Fahrzeuge mitbringen“, erklärt Saller. In Zukunft soll auch Sand aus externen Quellen, etwa Kläranlagen, recycelt werden. Das Genehmigungsverfahren dafür läuft bereits.
Die technische Entwicklung im Betrieb fasziniert Pia Saller – und treibt auch ihre persönliche Weiterbildung an: Derzeit besucht sie berufsbegleitend die Meisterschule und möchte ihren Abschluss zur Meisterin für Rohr-, Kanal- und Industrieservice im kommenden Jahr machen. „Für mich als Führungskraft ist es wichtig, fachlich auf Augenhöhe zu sein. Ich muss verstehen, was mein Team tagtäglich leistet und welche Vorschriften dabei gelten.“ Mit diesem Wissen will sie nicht nur fachlich überzeugen, sondern den Familienbetrieb auch zukunftssicher aufstellen: „An Aufträgen mangelt es nicht – der Kanal läuft immer. Und wir wollen beim technischen Fortschritt mithalten.“
Autorin: Iris Jilke