Region - Ausgabe Juli 2023

Wege zum Spitzenabschluss

Vier junge Menschen aus der Oberpfalz haben ihre berufliche Ausbildung als Bundesbeste abgeschlossen. Dazu gehören Marina Duscher, Verfahrensmechanikerin in der Steine- und Erdenindustrie bei den Amberger Kaolinwerken und Fabian Zeidler, Industriemechaniker bei der Hamm AG.
Mit Anfang 30 nach einigen Jahren im Berufsleben noch einmal eine neue Ausbildung machen: Marina Duscher hat diesen Neustart gewagt. Weil sie ihren Beruf immer schlechter mit ihrem Familienleben vereinbaren konnte, hat sie sich neu orientiert – von der Köchin zur Verfahrensmechanikerin in der Steine- und Erdenindustrie. Zweifel hatte sie vor diesem Schritt nicht. „Ich habe mir den Beruf vorher natürlich genau angeschaut und schon erwartet, dass mir das gut gefallen wird“, erzählt Duscher. „Außerdem hatte ich ja eine abgeschlossene Ausbildung, ich hatte also kein Risiko und nichts zu verlieren.“ Im Gegenteil: Sie hat ihre Ausbildung mit großem Engagement und bundesweiten Bestnoten abgeschlossen – und ihr Betrieb hat eine engagierte Mitarbeiterin gewonnen.
„Bei Marina hat man vom ersten Ausbildungstag an gemerkt, dass sie mit einem anderen Zug an die Aufgaben rangeht als die meisten Azubis“, erinnert sich ihr Ausbilder Tobias Hubmann. „Sie wollte gefordert und gefördert werden. Als Ausbilder freut mich das natürlich besonders.“ Rund 20 junge Menschen werden aktuell bei den Amberger Kaolinwerken in Hirschau beispielsweise als Industriemechaniker oder Technischer Produktdesigner ausgebildet. Der Beruf der Verfahrensmechanikerin ist noch neu im Unternehmen. Marina Duscher war die erste Auszubildende, die ihn erlernt hat.

Mitverantwortlich für Qualität

Als Verfahrensmechanikerin in der Steine- und Erdenindustrie hat die 37-Jährige vielfältige Aufgaben: Sie prüft Anlagen, nimmt Proben, reinigt, wartet und repariert Maschinen und optimiert die Produktionsprozesse. „Man weiß zu Schichtbeginn nie, was der Tag bringt. Das macht die Arbeit sehr abwechslungsreich und interessant“, erzählt Duscher. Schon während der Ausbildung fand sie es beeindruckend zu sehen, wie die einzelnen Anlagen gesteuert werden. Heute ist sie selbst für die komplexeste Anlage im Produktionsprozess zuständig: die sogenannte Zyklonanlage. Mit dieser wird das feine Kaolin, aus dem anschließend beispielsweise Porzellan hergestellt werden kann, von anderen Materialien wie Quarz und Feldspat getrennt.
Seit der Gründung im Jahr 1901 haben sich die Amberger Kaolinwerke zu einem der bedeutendsten Rohstoffproduzenten in Europa entwickelt. Das Unternehmen ist Spezialist für Industriematerialien wie Kaolin, Feldspat und Quarz. Die Rohstoffe werden anschließend zum Beispiel in der Keramik-, Glas-, Papier-, Kunststoff-, Gießerei oder Gummiindustrie eingesetzt. „Besonders gefällt mir an meinem Beruf, dass ich für die Produktqualität mitverantwortlich bin. Indem ich dafür sorge, dass die Anlagen ordnungsgemäß laufen und indem ich sie immer wieder optimiere, kann ich meinen Teil dazu beitragen, dass unsere Kunden mit den Produkten voll zufrieden sind“, betont Duscher. „Außerdem kann ich selbstständig arbeiten und habe trotzdem ein tolles Team, in dem jeder jedem hilft. Da merke ich täglich, dass die Entscheidung für eine zweite Ausbildung für mich der richtige Weg war. Mir macht das Arbeiten hier einfach sehr viel Spaß!“
Auch Fabian Zeidler, Industriemechaniker bei der Hamm AG, ist der Bundesbeste seines Fachs. Die Begeisterung für Technik wurde ihm in die Wiege gelegt. „Meine ganze Familie kommt aus dem technischen Bereich. Der Drang zum Schrauben und zu Technik war bei mir schon immer da“, erzählt der 21-Jährige. Mit 15 bastelte er zuhause am eigenen Moped, ein Jahr später in der Ausbildung zum Industriemechaniker schraubte er dann schon an den großen, leuchtend-orangefarbenen Maschinen der Hamm AG in Tirschenreuth. Heute bereist er die ganze Welt, um die verschiedenen Walzen-Typen zu reparieren und einzuweisen: Seit Abschluss seiner Ausbildung war er beruflich bereits in Norwegen, an der Elfenbeinküste und sogar für mehrere Wochen in Australien unterwegs.
„Mein Beruf ist für mich nicht nur technisch sehr interessant, sondern es ist auch spannend zu reisen. Die Kombination aus herausfordernden Aufgaben und Orte zu sehen, an die man privat vielleicht nicht gekommen wäre, gefällt mir sehr gut“, betont Zeidler, der seit dem Abschluss seiner Ausbildung als Servicetechniker arbeitet. „Außerdem mag ich, dass man sich in der Serviceabteilung häufig in Dinge hineindenken und sie hinterfragen muss. Das passt gut zu mir.“

Dinge anders denken

Dass der Beruf für Zeidler eine Berufung ist, war seinem Ausbilder Josef Dill sehr schnell klar. „Er war als Azubi nicht nur sehr motiviert, er hat auch intelligente Fragen gestellt und Aufgaben und Prozesse kritisch hinterfragt, um sie zu optimieren“, erinnert sich Dill. Er ist seit über 20 Jahren als Ausbilder tätig und betreut mit seinen Kollegen bei der Hamm AG etwa 50 Azubis. „Als Ausbilder merkt man schnell, wer Dinge anders denkt. Fabian hat regelmäßig Erklärungen eingefordert, wollte immer mehr wissen und lernen. Er ist sehr gewissenhaft, das zeichnet ihn aus.“ Sein großes Engagement habe man auch daran sehen können, dass er parallel zur Ausbildung das Modell „Berufsschule Plus“ absolviert habe. Das heißt: Er hat neben seiner Ausbildung innerhalb von drei Jahren auch noch das Fachabitur gemacht. „Viele, die das versucht haben, haben nach einigen Monaten aufgegeben. Um das durchzuziehen, muss man hart zu sich selber sein“, sagt Dill.
Man muss seine Leidenschaft im Job entdecken.

Industriemechaniker Fabian Zeidler

Für Zeidler liegt das Geheimnis darin, einen Beruf zu erlernen, für den man sich ernsthaft interessiert. „Man muss seine Leidenschaft im Job entdecken. In der Ausbildung habe ich die Erfahrung gemacht: Wenn man sich für das interessiert, was man macht, dann lernt man nicht, weil man es muss, sondern weil man Lust daran hat, immer mehr Wissen zu bekommen.“ Natürlich sei es auch ihm nicht immer leicht gefallen, sich neben der Ausbildung noch für die Schule zu motivieren. Aber heute kann er stolz zurückblicken. Denn er hat nicht nur seine Ausbildung und sein Fachabitur mit Bestnoten abgeschlossen. Zusätzlich wurde er mit dem „Praktikus 2022“ ausgezeichnet. Diese Auszeichnung der Scheubeck- Jansen Stiftung wird jedes Jahr an einen – besonders im praktischen Prüfungsteil – herausragenden Auszubildenden in den Metall- und Elektroberufen verliehen.
Ob Weiterbildung oder Studium: Mit einem so guten Abschluss stehen viele Türen offen. Für Fabian Zeidler ist das aber noch Zukunftsmusik. „Ich möchte jetzt erst einmal weitere praktische Erfahrung sammeln. Ich bin zum Beispiel gespannt auf die eWalzen-Technik, die bald kommen wird“, erzählt der 21-Jährige. „Und ich freue mich auf viele interessante Aufgaben als Servicetechniker. Gerade bin ich mit meinem Beruf einfach vollstens zufrieden.“

Autorin: Antonia Küpferling