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Gewerbeausübung durch Minderjährige

Auch Minderjährige können unter bestimmten Voraussetzungen ein Gewerbe ausüben.
Stand: Januar 2023
Als beschränkt geschäftsfähig im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) gelten natürliche Personen, die das siebte Lebensjahr, aber noch nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben. Diese Personengruppe wird in diesem Merkblatt als „minderjährig“ bezeichnet. In der Regel sind Minderjährigen nur so genannte Taschengeldgeschäfte erlaubt. Wollen Minderjährige ein Gewerbe betreiben, also eine erkennbar planmäßige, auf Dauer angelegte und selbstständige auf Gewinnerzielung ausgerichtete oder jedenfalls wirtschaftliche Tätigkeit am Markt durchführen, ist dies nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Im BGB gibt es zwei wesentliche Voraussetzungen für den Betrieb eines Gewerbes durch Minderjährige. Rechtsgrundlage ist § 112 Abs. 1 BGB. Danach benötigt ein Minderjähriger zur Ausübung eines selbstständigen Gewerbes die Zustimmung des/der gesetzlichen Vertreter/s, in der Regel der Eltern, sowie die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.

Zustimmung des/der gesetzlichen Vertreter/s

Die Zustimmung des/der gesetzlichen Vertreter/s ist eine einseitige und formfrei an den Jugendlichen zu richtende Willenserklärung. Es reicht also der Satz der Eltern: „Das darfst du machen“ oder ein Kopfnicken.
Die Zustimmung ist grundsätzlich vor der Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit zu erteilen. Die einmal erteilte Zustimmung kann von den gesetzlichen Vertretern nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zurückgenommen werden, § 112 Abs. 2 BGB.

Genehmigung des Vormundschaftsgerichts

Zusätzlich bedarf es nach § 112 Abs. 1 Satz 1 BGB auch noch der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, durch welche die oben genannte Zustimmung erst wirksam wird.
Diese Genehmigung erteilt das Vormundschaftsgericht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Erteilung der Genehmigung setzt im Wesentlichen voraus, dass der Jugendliche die für den Betrieb eines Unternehmens erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt. Hintergrund ist unter anderem, dass der Minderjährige davor geschützt werden soll, unbedarft Verpflichtungen einzugehen, die ihm erheblichen finanziellen Schaden bereiten können.
Nähere Auskünfte hierzu erteilt der Rechtspfleger des zuständigen Vormundschaftsgerichts.
Anders als bei § 113 BGB (Eintritt des Minderjährigen in ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis), kann das Vormundschaftsgericht die Zustimmung des/der gesetzlichen Vertreter/s nicht ersetzen, sondern beide müssen kumulativ vorliegen.

Folgen der Zustimmung bzw. der Genehmigung

Durch diese Genehmigung hat der Jugendliche für Geschäfte, die sein Gewerbe betreffen, die „unbeschränkte Geschäftsfähigkeit“ erlangt. Damit darf er alle Verträge abschließen, die dieses von ihm betriebene Gewerbe mit sich bringt, also z. B. Abschluss eines Mietvertrags über Geschäftsräume, Kauf von Betriebseinrichtungen, Abschluss von Kauf- und Werkverträgen sowie von Arbeits- bzw. Dienstverträgen. Die Abgrenzung, ob die Geschäfte von § 112 BGB erfasst sind, hat anhand des konkreten Geschäftsbetriebs und der Verkehrsauffassung zu erfolgen.
Pauschal davon ausgenommen sind gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BGB Rechtsgeschäfte, zu denen auch die gesetzlichen Vertreter der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedürfen, z. B. die Aufnahme eines Kredits oder die Erteilung von Prokura, §§ 1643 Abs. 1, 1822 BGB.
§ 112 BGB erfasst auch die Tätigkeit des Minderjährigen als selbstständiger Handelsvertreter im Sinne des § 84 Abs. 1 Handelsgesetzbuches (HGB). Will der Minderjährige ein weiteres Gewerbe errichten, ist dies allerdings von der erteilten Genehmigung in der Regel nicht umfasst, sondern es bedarf einer erneuten Genehmigung.
Auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) kann von mehreren Minderjährigen gegründet werden, wenn diese jeweils über eine entsprechende Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter und der Genehmigung des jeweiligen Vormundschaftsgerichts verfügen. Die Zustimmung/Genehmigung berechtigt allerdings nicht, Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) zu sein (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 1 GmbH-Gesetz). Hierfür ist in jedem Fall eine unbeschränkt geschäftsfähige Person erforderlich.
Der Minderjährige ist für die Einhaltung aller Gesetze und Vorschriften sowie Abgabenpflichten in vollem Umfang selbst verantwortlich. Dies bedeutet, er kann und muss die Handlungen hinsichtlich Gewerbeanmeldung, Steuererklärung und Mitgliedschaft in der IHK selbst vornehmen.
Eine weitere Folge der Zustimmung der gesetzlichen Vertreter und der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung ist, dass sich der erwerbstätige Minderjährige bei Eintritt der Volljährigkeit nicht auf die Haftungsbeschränkung des § 1629a Abs. 1 BGB berufen kann. Er haftet also unbeschränkt, das heißt die Haftung beschränkt sich nicht nur auf das bei Eintritt in die Volljährigkeit vorhandene Vermögen des Kindes. War der Minderjährige aufgrund der besonderen Umstände durch die Gewährung der unbeschränkten Geschäftsfähigkeit einem Volljährigen gleichgestellt, so muss er sich auch wie ein solcher behandeln lassen und für die so begründeten schuldrechtlichen Verbindlichkeiten voll haften.
Die Ermächtigung in den Fällen des § 112 BGB hat auch zur Folge, dass der Minderjährige für den genannten Kreis von Geschäften prozessfähig wird, d. h. er kann im eigenen Namen klagen und verklagt werden, § 52 Abs. 1 Zivilprozessordnung.

Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.