Interpretationshilfe zum LkSG

Menschenrechtliche Verbote

Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (LkSG) enthält menschenrechtliche Verbote, gegen die zu verstoßen Unternehmen und ihre Zulieferer vermeiden sollen. Während einige Verbote klar formuliert sind, ist die Formulierung anderer Verbote weniger eindeutig und lässt Interpretationsspielraum offen. Die vorliegende Interpretationshilfe konkretisiert diese unklaren Rechtsbegriffe und dient als Grundlage der Abstimmung relevanter Akteure. 
Hinweis: Dieses Merkblatt dient als erste Orientierungshilfe und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt in Zusammenarbeit mit einer Kanzlei erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden. Die Veröffentlichung von Merkblättern ist ein Service der bayerischen IHKs und kann eine Rechtsberatung im Einzelfall nicht ersetzen. Stand: 12. Dezember 2023

Das Verbot der Beschäftigung eines Kindes unter dem Alter, mit dem die Schulpflicht endet (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 LkSG)

Worum geht’s?

Unternehmen dürfen nur Kinder beschäftigen, die ihre Schulpflicht erfüllt haben und mindestens 15 Jahre alt sind. Kinder ab 13 Jahren dürfen für leichte Arbeiten beschäftigt werden, solange diese nicht in Konflikt mit ihrer Schul- oder Berufsbildung stehen.
Rechtliche Grundlage
  • ILO-Übereinkommen Nr. 138 über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung
  • ILO-Übereinkommen Nr. 182 über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit
  • Kinderrechtskonvention, Art. 6.2, 24.1, 27.1, 28, 31.1 und 32
Mindestmaß
Das LkSG definiert das Mindestalter für die Aufnahme einer Beschäftigung in Übereinstimmung mit ILO-Übereinkommen Nr. 138 wie folgt:
  • Das Mindestalter für die Aufnahme einer Arbeit darf nicht unter dem Alter, in dem die Schulpflicht endet, und auf keinen Fall unter 15 Jahren liegen. 
  • Staaten, deren Wirtschaft und schulische Einrichtungen ungenügend entwickelt sind, können anfangs als Übergangsmaßnahme ein Mindestalter von 14 Jahren angeben.
  • Jugendliche ab 14 Jahren in allgemein- oder berufsbildenden Schulen sowie Fachschulen und anderen Ausbildungsanstalten dürfen Arbeiten ausführen, die einen integrierten Bestandteil eines Bildungs- oder Ausbildungslehrgangs bilden und von zuständiger Stelle vorgeschrieben sind.
  • Kinder ab einem Alter von 13 Jahren (bzw. ab 12 Jahren als Übergangsmaßnahme) können leichte Arbeit verrichten, sofern diese nicht mit ihrer Schul- oder Berufsausbildung in Konflikt steht und für ihre Gesundheit oder Entwicklung nicht schädlich ist.
  • Eine Herabsetzung des Mindestalters zum Zwecke der Teilnahme an künstlerischen Veranstaltungen ist in einem zeitlich begrenzten Umfang möglich.
  • Staaten, deren Wirtschaft und Verwaltungseinrichtungen ungenügend entwickelt sind, können anfangs Wirtschaftszweige oder Betriebsarten von der genannten Altersregelung ausschließen. Nicht ausgeschlossen werden dürfen Industrien zur Gewinnung von Rohstoffen; verarbeitende Industrien; Baugewerbe und öffentliche Arbeiten; Elektrizität, Gas und Wasser; sanitäre Dienste; Verkehrswesen, Lagerung und Nachrichtenübermittlung; Plantagen und andere vorwiegend zu Erwerbszwecken erzeugende landwirtschaftliche Betriebe, mit Ausnahme von Familien- oder Kleinbetrieben, deren Erzeugnisse für den örtlichen Verbrauch bestimmt sind und die nicht regelmäßig Lohnarbeiter beschäftigen. 
Begründung des Mindestmaßes
Das Mindestalter für Beschäftigung soll die volle körperliche und geistige Entwicklung der Jugendlichen sichern. Es orientiert sich an den Kinderrechten gemäß der Kinderrechtskonvention, insbesondere dem Recht auf Gesundheit und einen angemessenen Lebensstandard, dem Recht auf Entwicklung, dem Recht auf Bildung, dem Recht auf Schutz vor wirtschaftlicher Ausbeutung sowie auf dem Recht auf Ruhe, Freizeit und kulturelles Leben. Die Beschäftigung eines Kindes darf diese Rechte nicht verletzen.

Das LkSG legt im Einklang mit internationalem Recht einen besonderen Fokus auf das Einhalten der Schulpflicht. Dies ist sowohl für das Individuum als auch für die Gesellschaft, in der das Kind lebt, von zentraler Bedeutung, damit die Beschäftigung im Kindesalter mit dem Ziel unmittelbar zur Armutsminderung beizutragen nicht die Ausbildung des Kindes behindert, die zu wesentlich besseren Verdienstmöglichkeiten im erwachsenen Alter und höheren Beiträgen zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Landes führen könnte. Entsprechend sollte nicht nur die Vollzeitschulpflicht, sondern auch die Berufsschulpflicht berücksichtigt werden.

Leichte Arbeit, die nicht in Konflikt mit der Ausbildung des Kindes oder einem seiner weiteren Rechte steht, ist jedoch für Kinder ab 13 Jahre zulässig. Sie ist für viele Kinder unerlässlich zur Erreichung eines angemessenen Lebensstands und kann einen positiven Einfluss auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen haben.

Relevant ist somit neben dem Beschäftigungsalter auch die Form der Arbeit und der zeitliche Umfang. Kinder ab 13 Jahren dürfen leichte Arbeit verrichten, solange sie dadurch nicht an der Ausübung ihrer Schulpflicht gehindert werden. Kinder zwischen 15 und 18 Jahren dürfen darüber hinaus beschäftigt werden, solange auch sie dadurch nicht an der Ausübung ihrer Schulpflicht gehindert werden, die schlimmsten Formen der Kinderarbeit ausgeschlossen sind und die Art der Arbeit und die Verhältnisse, unter denen sie verrichtet wird, nicht für das Leben, die Gesundheit oder die Sittlichkeit der Jugendlichen gefährlich ist. Die schlimmsten Formen der Kinderarbeit sind im LkSG § 2.2 klar und in wortgetreuer Übereinstimmung mit ILO-Übereinkommen Nr. 182 über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit definiert. 
Hinweise zum Monitoring
Zur Erfüllung des LkSG reicht somit die Respektierung des Mindestalters für die Zulassung zur Beschäftigung nach nationalem Recht nicht aus. Entscheidend sind auch die im ILO-Übereinkommen Nr. 138 festgelegten Altersgrenzen, Art und Umfang der Arbeit und die im jeweiligen Land geltende Schulpflicht.
Literatur
  • Bürger/Müller (2022): Verbot der Beschäftigung eines Kindes unter dem Alter, mit dem die Schulpflicht endet. In: Depping/Walden (2022): LkSG Kommentar. C.H.Beck, S. 104-106.
  • UN Global Compact/Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte: Praxislotse Wirtschaft und Menschenrechte. Kernthemen. Kinderarbeit. Link: https://bhr-navigator.unglobalcompact.org/issues/kinderarbeit/?lang=de
Datenbank
  • Liste der Staaten, die ILO 138 ratifiziert haben mit Angabe des im nationalen Recht verankerten Mindestalters: https://www.ilo.org/dyn/normlex/en/f?p=NORMLEXPUB:11300:0::NO::P11300_INSTRUMENT_ID:312283
  • Schulpflicht in Jahren für alle Länder: https://data.worldbank.org/indicator/SE.COM.DURS

Das Verbot der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 LkSG)

Worum geht’s? 

Kinder unter 18 Jahren sollen keine Arbeit verrichten, die ihrer Gesundheit, Sicherheit oder Sittlichkeit schadet. Sklaverei, Kinderhandel, Kinderprostitution und Kinderpornographie sowie das Einbeziehen von Kindern in unerlaubte Tätigkeiten, insbesondere Drogengewinnung und -handel sind verboten.
Rechtliche Grundlage
  • ILO-Übereinkommen Nr. 182 über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit, Art. 2 definiert „Kind“ als Person unter 18 Jahren.
  • ILO-Übereinkommen Nr. 182 über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit, Art. 3 definiert „die schlimmsten Formen der Kinderarbeit“.
  • ILO Empfehlung 190 betreffend das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit von 1999 konkretisiert gefährliche Arbeiten.
  • Genfer Übereinkommen über die Sklaverei (Art. 1 Nr. 1) und das Zusatzübereinkommen über die Abschaffung der Sklaverei, des Sklavenhandels und sklavereiähnlicher Einrichtungen und Praktiken definieren Sklaverei.
  • Kinderrechtskonvention, Art. 6.2, 27.1 und 32 beinhalten das Recht auf Gesundheit und einen angemessenen Lebensstandard und das Recht auf Schutz vor wirtschaftlicher Ausbeutung, welches das Recht einschließt, vor Arbeit geschützt zu werden, die gefährlich ist oder der körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen oder sozialen Entwicklung des Kindes schaden könnte. 
Mindestmaß
Das Verbot der schlimmsten Formen der Kinderarbeit umfasst sowohl relativ klar definierte Formen als auch allgemein gehaltenere Formen. Relativ eindeutig sind:
  • Das Verbot der Sklaverei und aller sklavereiähnlichen Praktiken,
  • Das Verbot des Heranziehens, Vermittelns oder Anbietens eines Kindes zur Prostitution, zur Herstellung von Pornographie oder zu pornographischen Darbietungen sowie
  • Das Verbot des Heranziehens, Vermittelns oder Anbietens eines Kindes zu unerlaubten Tätigkeiten, insbesondere zur Gewinnung von und zum Handel mit Drogen. 
Für die Mehrheit von Unternehmen ist jedoch das letzte Verbot am relevantesten, das wesentlich allgemeiner formuliert ist: 
  • Das Verbot von Arbeit, die ihrer Natur nach oder aufgrund der Umstände, unter denen sie verrichtet wird, voraussichtlich für die Gesundheit, die Sicherheit oder die Sittlichkeit von Kindern schädlich ist.
Die ILO hat diesen letzten Punkt (der unter Artikel 3d des Übereinkommens 182 genannten Arten von Arbeit) in ihrer Empfehlung betreffend das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (ILO Empfehlung 190 von 1999) wie folgt konkretisiert:
  • Arbeit, die Kinder einem körperlichen, psychologischen oder sexuellen Missbrauch aussetzt;
  • Arbeit unter Tage, unter Wasser, in gefährlichen Höhen oder in engen Räumen;
  • Arbeit mit gefährlichen Maschinen, Ausrüstungen und Werkzeugen oder Arbeit, die mit der manuellen Handhabung oder dem manuellen Transport von schweren Lasten verbunden ist;
  • Arbeit in einer ungesunden Umgebung, die Kinder beispielsweise gefährlichen Stoffen, Agenzien oder Verfahren oder gesundheitsschädlichen Temperaturen, Lärmpegeln oder Vibrationen aussetzen kann; 
  • Arbeit unter besonderes schwierigen Bedingungen, beispielsweise Arbeit während langer Zeit oder während der Nacht oder Arbeit, bei der das Kind ungerechtfertigterweise gezwungen ist, in den Betriebsräumen des Arbeitgebers zu bleiben. 
Der Ausschluss solcher Arbeiten sollte dementsprechend als Mindestmaß verstanden werden. 
Begründung des Mindestmaßes 
Obwohl alle 187 ILO-Mitgliedsstaaten das ILO-Übereinkommen 182 zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit ratifiziert haben, haben Anfang 2020 weltweit laut UNICEF fast 10% aller Kinder gearbeitet. Jedes zweite davon hat gefährliche Arbeiten verrichtet, worunter die oben aufgelisteten Arbeiten zählen. Da folglich Staaten dies aktuell zwar nicht wünschen aber auch nicht effektiv verhindern können, sollten auch Unternehmen eine entsprechende Verantwortung übernehmen.  
Hinweise zum Monitoring und zur Abschaffung von Kinderarbeit
Während die schlimmsten Formen der Kinderarbeit zum Wohl der Kinder abzuschaffen sind, sollte dies nicht bedeuten, dass diese Jungen und Mädchen gar keine Arbeit verrichten dürfen. Häufig sind Kinder oder ihre Familien von den geringen Einkünften der Kinder abhängig und eine Entlassung des Kindes könnte leicht dazu führen, dass es bei einem anderen Arbeitgeber eine ähnliche Arbeit oder noch schlechtere Arbeit annehmen müsste. Hilfreicher kann es hier sein, Kinder weiter zu beschäftigen und sie ihrem Alter angemessene Arbeiten bei angemessenem Lohn verrichten zu lassen.
Literatur
UN Global Compact/Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte: Praxislotse Wirtschaft und Menschenrechte. Kernthemen. Kinderarbeit. Link: https://bhr-navigator.unglobalcompact.org/issues/kinderarbeit/?lang=de

Das Verbot der Beschäftigung von Personen in Zwangsarbeit (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 LkSG)

Worum geht’s?

 Unternehmen dürfen niemanden durch die Androhung von Strafe zu unfreiwillig geleisteter Arbeit oder Diensten zwingen. Dies schließt das bewusste Schaffen und Ausnutzen von Abhängigkeitsverhältnissen ein.
Rechtliche Grundlage
  • UN-Zivilpakt, Art. 8 (3) a nach dem niemand gezwungen werden darf, Zwangs- oder Pflichtarbeiten zu verrichten. Art 8 (3) b und c beinhalten Ausnahmen (Bürgerpflichten, Militärdienst, Dienstleistungen im Falle von Notständen und Katastrophen oder bei Freiheitsentzug etc.).
  • ILO-Übereinkommen 29 über Zwangs- und Pflichtarbeit mit einer Definition von Zwangsarbeit und Ausnahmeregelungen ähnlich denen in UN-Zivilpakt Art. 8 (3) b und c.
  • ILO-Protokoll zum ILO-Übereinkommen 29
  • ILO-Übereinkommen 105 über die Abschaffung der Zwangsarbeit
Mindestmaß
Unternehmen dürfen von niemanden unter Androhung von Strafe unfreiwillig geleistete Arbeit oder Dienste verlangen. Dies schließt das bewusste Schaffen und Ausnutzen von Abhängigkeitsverhältnissen ein.
Unfreiwilligkeit besteht immer dann, wenn keine freie Einwilligung nach vorheriger Aufklärung vorliegt. Diese muss während des gesamten Arbeitsverhältnisses vorliegen und der Beschäftigte muss die Möglichkeit haben, die Einwilligung jederzeit zu widerrufen.

Zwangsarbeit liegt dann vor, wenn diese Unfreiwilligkeit durch die Androhung von Strafe geschaffen wird, wobei die Form der Drohung oder des Zwanges genauso wie die Arten der Strafen im weiten Sinne zu verstehen sind.
Häufig wird für diesen Tatbestand auch der Begriff der Modernen Sklaverei (engl. Modern Slavery) verwendet. 
Folgende Handlungen sind auf jeden Fall auszuschließen und dürfen auch nicht als Strafe angedroht werden:
  • Inhaftierung
  • Einschränkung der Bewegungsfreiheit
  • Anwendung von körperlicher, psychischer oder sexueller Gewalt
  • Zurückhaltung von Ausweispapieren
  • Einbehaltung von Lohn
  • Täuschung über die wahre Beschäftigung, Lohnzahlungen, Arbeits- und Lebensbedingungen
  • Übermäßige Überstunden und Versagen von Ruhetagen
Des Weiteren untersagt sind:
  • Schuldknechtschaft
  • Missbräuchliche Arbeits- und Lebensbedingungen
  • Einschüchterungen und Drohungen
Begründung des Mindestmaßes
Beim Verbot der Beschäftigung von Personen in Zwangsarbeit geht es um den Schutz zentraler, in UN-Zivilpakt und UN-Sozialpakt definierter Menschenrechte der Beschäftigten, wie z.B. das Recht auf Leben, das Recht auf Gesundheit, das Recht auf angemessenen Lebensstandard, Recht auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen, Recht auf Achtung der Privatsphäre, Recht auf Freizügigkeit.
Hinweise zum Monitoring
Folgende Indikatoren der ILO, die zum überwiegenden Teil auch in der Gesetzesbegründung enthalten sind, können helfen, Zwangsarbeitssituationen zu identifizieren:
  • Missbrauch der Schutzbedürftigkeit
  • Täuschung
  • Einschränkung der Bewegungsfreiheit
  • Isolation
  • Körperliche und sexuelle Gewalt
  • Einschüchterung und Drohungen
  • Zurückhaltung von Ausweispapieren
  • Einbehaltung von Lohn
  • Schuldknechtschaft
  • Missbräuchliche Arbeits- und Lebensbedingungen (inkl. unzumutbare vom Arbeitgeber gestellte Unterkünfte)
  • Übermäßige Überstunden
Literatur
Bürger/Müller (2022): Verbot der Beschäftigung von Personen in Zwangsarbeit. In: Depping/Walden (2022): LkSG Kommentar. C.H.Beck, S. 109-110.
UN Global Compact/Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte: Praxislotse Wirtschaft und Menschenrechte. Kernthemen. Zwangsarbeit. Link: https://bhr-navigator.unglobalcompact.org/issues/zwangsarbeit/?lang=de
Datenbank
Walk Free: Global Slavery Index (GSI). Link: https://www.walkfree.org/global-slavery-index/map/
Der GSI liefert nationale Schätzungen zur modernen Sklaverei für 160 Länder.

Das Verbot aller Formen der Sklaverei (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 LkSG)

Worum geht’s?

Unternehmen dürfen niemanden beherrschen, unterdrücken, erniedrigen, wirtschaftlich oder sexuell ausbeuten.
Rechtliche Grundlage
  • UN-Zivilpakt, Art. 8 (1) und (2): Verbot der Sklaverei und der Leibeigenschaft
  • Genfer Übereinkommen über die Sklaverei sowie das Zusatzabkommen über die Abschaffung der Sklaverei, des Sklavenhandels und sklavenähnlicher Einrichtungen und Praktiken
Mindestmaß
Unternehmen haben folgende Handlungen zu unterlassen:
  • Sklaverei und sklavenähnliche Praktiken
  • Leibeigenschaft
  • Herrschaftsausübung und Unterdrückung im Umfeld der Arbeitsstätte
  • Erniedrigung und Demütigung
  • Sexuelle Ausbeutung
  • Extreme wirtschaftliche Ausbeutung
Begründung des Mindestmaßes
Als ein ganz grundlegendes Menschenrecht darf niemand in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.
 
Sklaverei ist laut Genfer Übereinkommens über die Sklaverei (Art. 1 Nr. 1) der Zustand oder die Stellung einer Person, an der die mit dem Eigentumsrecht verbundenen Befugnisse oder einzelne davon ausgeübt werden. Über den Unterworfenen kann somit nach Belieben und mit Willkür verfügt werden.

Die Leibeigenschaft ist die persönliche Verfügung über eine Person, bei der im Unterschied zur Sklaverei, die dienende Person nicht als Eigentum angesehen wird, aber gleichwohl in einem vergleichbaren Umfang Aufgaben und Tätigkeiten zu erledigen sind sowie eine weitreichende Verpflichtung zur Absolvierung dieser besteht. 

In Abgrenzung zur unter Verbot 3 behandelten Zwangsarbeit stehen bei Sklaverei und Leibeigenschaft die persönliche Unfreiheit im Vordergrund. Die unter Verbot 4 beispielhaft angeführte extreme wirtschaftliche und sexuelle Ausbeutung kann sowohl unter Zuständen der Sklaverei und Leibeigenschaft sowie im Zuge von Zwangsarbeit stattfinden. Hier überschneiden sich die Verbote 3 und 4. Hierunter fällt auch die „Moderne Sklaverei“ (engl. Modern Slavery), worunter man die illegale Ausbeutung von Menschen zu kommerziellen oder persönlichen Zwecken versteht. Der überwiegende Anteil dieser unzumutbaren Ausbeutung findet in Form von Zwangsarbeit statt.
Hinweise zum Monitoring
In Abgrenzung zum Verbot der Beschäftigung von Personen in Zwangsarbeit sollten Unternehmen im Zusammenhang mit dem Verbot aller Formen der Sklaverei vorrangig folgende Aspekte monitoren:
  • Persönliche Verfügung über Personen
  • Herrschaftsausübung
  • Unterdrückung
  • Sexuelle Ausbeutung
  • Erniedrigung und Demütigung
Literatur
Bürger/Müller (2022): Verbot aller Formen der Sklaverei. In: Depping/Walden (2022): LkSG Kommentar. C.H.Beck, S. 111.
Datenbank
Walk Free: Global Slavery Index (GSI). Link: https://www.walkfree.org/global-slavery-index/map/
Der GSI liefert nationale Schätzungen zur modernen Sklaverei für 160 Länder.

Das Verbot der Missachtung des Arbeitsschutzes (§ 2 Abs. 2 Nr. 5 LkSG)

Worum geht’s? 

Unternehmen müssen das Risiko von arbeitsbedingten Unfällen und Gesundheitsgefahren vermeiden bzw. verringern, die Leib und Leben der Beschäftigten gefährden können.
Rechtliche Grundlage
  • UN-Zivilpakt, Art. 6, Abs. 1 wonach niemand willkürlich seines Lebens beraubt werden darf. 
  • UN-Sozialpakt, Art. 7 umfasst das Recht eines jeden auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen, durch die u.a. sichere und gesunde Arbeitsbedingungen (Art. 7 b) sowie Arbeitspausen, Freizeit und angemessene Begrenzung der Arbeitszeit, regelmäßiger bezahlter Urlaub sowie Vergütung gesetzlicher Feiertage (Art. 7 d) gewährleistet werden.
  • UN-Sozialpakt, Art. 12 umfasst das Recht eines jeden auf das für ihn erreichbare Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit. Art. 12 (2) b hebt die Verpflichtung der Staaten hinsichtlich der Verbesserung aller Aspekte der Umwelt- und Arbeitshygiene hervor. 
ILO-Übereinkommen zu Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz:
  • ILO-Übereinkommen 155 über Arbeitsschutz und Arbeitsumwelt
  • ILO-Übereinkommen 187 über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz
  • ILO-Empfehlung 164 betreffend Arbeitsschutz und Arbeitsumwelt
ILO-Übereinkommen zu Arbeitszeit und Ruhepausen: 
  • ILO-Übereinkommen 1 und 30 über die Begrenzung der Arbeitszeit. Beide Übereinkommen begrenzen die wöchentliche Arbeitszeit auf 48 Stunden und enthalten Bestimmungen über Ruhetage und Überstunden.
  • ILO-Übereinkommen 47 über die Verkürzung der Arbeitszeit auf vierzig Stunden wöchentlich / ILO-Empfehlung 116 betreffend die Verkürzung der Arbeitszeit (bei Aufrechterhaltung des Lebensstandards)
  • ILO-Übereinkommen 14 und 106 über den wöchentlichen Ruhetag
  • ILO-Übereinkommen 132 über den bezahlten Jahresurlaub
  • ILO-Übereinkommen 171 über Nachtarbeit
  • ILO-Übereinkommen 175 über die Teilzeitarbeit
Mindestmaß
Einhaltung des nationalen Rechts sowie idealerweise bei fehlender oder unzureichender Gesetzgebung Orientierung an internationalen Standards. Hierzu zählen die ILO-Normen, Branchenstandards, Standards gemäß Nachhaltigkeitszertifizierungen etc.
Begründung des Mindestmaßes
Die gesetzliche Verpflichtung besteht nur hinsichtlich der Anwendung des nationalen Rechts.
In vielen Ländern sind jedoch nicht alle im LkSG hervorgehobenen Aspekte des Arbeitsschutzes gesetzlich geregelt oder sind nicht ausreichend, um das Gesetzesziel – die Gefahr von Unfällen bei der Arbeit oder arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu vermeiden bzw. zu verringern – zu erfüllen. Um den Gesetzeszweck zu erfüllen und auch um Reputationsschäden zu vermeiden, sollten international anerkannte Standards angewandt werden.
Hinweise zum Monitoring
Unternehmen sollten hinsichtlich der vier im LkSG genannten Aspekte des Arbeitsschutzes
  • Sicherheitsstandards bei der Bereitstellung und der Instandhaltung der Arbeitsstätte, des Arbeitsplatzes und der Arbeitsmittel,
  • Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Einwirkungen durch chemische, physikalische oder biologische Stoffe,
  • Maßnahmen zur Verhinderung übermäßiger körperlicher und geistiger Ermüdung, insbesondere durch eine ungeeignete Arbeitsorganisation in Bezug auf Arbeitszeiten und Ruhpausen,
  • Ausbildung und Unterweisung von Beschäftigten im Arbeitsschutz
die folgende beiden Aspekte monitoren:
  • Entsprechen die im Unternehmen angewandten Standards dem nationalen Recht?
  • Gewährleisten die im Unternehmen angewandten Standards die Vermeidung bzw. nach dem Stand der Technik mögliche Verringerung der Gefahr von Unfällen bei der Arbeit oder arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren?
Literatur
  • Bürger/Müller (2022): Verbot der Missachtung des Arbeitsschutzes. In: Depping/Walden (2022): LkSG Kommentar. C.H.Beck, S. 112-114.
  • UN Global Compact/Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte: Praxislotse Wirtschaft und Menschenrechte. Kernthemen. Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Link: https://bhr-navigator.unglobalcompact.org/issues/sicherheit-und-gesundheit-am-arbeitsplatz/?lang=de
  • UN Global Compact/Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte: Praxislotse Wirtschaft und Menschenrechte. Kernthemen. Faire Arbeitszeiten. Link: https://bhr-navigator.unglobalcompact.org/issues/faire-arbeitszeiten/?lang=de

Das Verbot der Missachtung der Koalitionsfreiheit (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 LkSG)

Worum geht’s? 

Unternehmen dürfen nicht verhindern, dass sich ihre Arbeitnehmer zu Gewerkschaften zusammenschließen oder diesen beitreten. Sie dürfen Arbeitnehmer, die eine Gewerkschaft gegründet haben, ihr beigetreten oder Mitglied sind, nicht deshalb benachteiligen. Und sie dürfen Gewerkschaften nicht daran hindern, sich gemäß dem Recht des Beschäftigungsortes zu betätigen.
Rechtliche Grundlage
  • UN-Zivilpakt, Art. 22 Abs. 1 gewährt die Vereinigungsfreiheit und das Recht, Gewerkschaften zu bilden
  • UN-Sozialpakt, Art. 8 verpflichtet die Vertragsstaaten, das Recht auf Bildung und Betätigung von Gewerkschaften zu gewährleisten. Das Streikrecht wird explizit erwähnt, jedoch dahingehend eingeschränkt „soweit es in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Rechtsordnung ausgeübt wird“
  • ILO-Übereinkommen 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes
  • ILO-Übereinkommen 98 über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen 
Mindestmaß
Bei diesem Verbot geht es um zwei Aspekte:
  1. Compliance: Unternehmen müssen das nationale Recht auf Koalitionsfreiheit respektieren und dürfen keine eigenständigen diesbezüglichen Beschränkungen erlassen.
  2. Respektieren internationaler Menschenrechte: Unternehmen müssen auch über das nationale Recht hinaus das Recht auf Bildung und Betätigung von Gewerkschaften gemäß internationalem Recht respektieren - solange sie selbst dafür keine Repressalien fürchten müssen. Unternehmen sind nicht dafür verantwortlich, in einem Land bestehende rechtliche Beschränkungen abzuschaffen. Sie dürfen sich jedoch diesbezüglichen Initiativen nicht entgegenstellen.
In diesem Sinne dürfen Unternehmen:
  • nicht verhindern, dass sich ihre Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu Gewerkschaften oder ähnlichen Zusammenschlüssen zusammenschließen oder diesen beitreten. 
  • Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die eine Gewerkschaft oder ähnliche Zusammenschlüsse gegründet haben, ihr beigetreten oder Mitglied sind, nicht deshalb benachteiligen. 
  • Gewerkschaften oder ähnliche Zusammenschlüsse nicht daran hindern, sich frei – so wie maximal nach dem Recht des Beschäftigungsortes möglich  – zu betätigen. 
Begründung des Mindestmaßes
Zahlreiche Staaten gewährleisten kein Recht auf Bildung und Betätigung von Gewerkschaften, Recht auf Kollektivverhandlungen und/oder Streikrecht etc. In solchen Staaten wird von Unternehmen weder gefordert, diese Rechte im nationalen Recht zu verankern, noch sich aus diesen Ländern zurückzuziehen.
Unternehmen sind für ihren Handlungsraum verantwortlich. Entsprechend müssen sie zum einen das bestehende nationale Recht respektieren und dürfen zum anderen, sich aus internationalem Recht herleitende Rechte nicht beschränken, solange der nationale Rechtsrahmen ihnen nicht vorschreibt, dies zu tun. Unternehmen dürfen somit keine Arbeitnehmerzusammenschlüsse, Kollektivverhandlungen oder Streiks etc. von sich aus unterbinden oder die daran mitwirkenden Personen diskriminieren – solange sie nicht nach nationalem Recht dazu angewiesen sind.
Hinweise zum Monitoring
Für das Monitoring ist nicht nur entscheidend, welche mit der Koalitionsfreiheit in Verbindung stehenden Rechte im jeweiligen Land erlaubt und welche verboten sind, sondern auch welche Rolle Unternehmen hinsichtlich der Überwachung des Einhaltens der Verbote zukommt. 

Vor diesem Hintergrund ist zu monitoren, ob Unternehmen:
  • ihre Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen daran behindern, sich frei zu Gewerkschaften oder ähnlichen Zusammenschlüssen zusammenzuschließen oder diesen beizutreten,
  • die Gründung, den Beitritt oder die Mitgliedschaft zu einer Gewerkschaft oder einem ähnlichen Zusammenschluss de facto als Grund für ungerechtfertigte Diskriminierungen oder Vergeltungsmaßnahmen nutzen,
  • Gewerkschaften oder ähnliche Zusammenschlüsse daran hindern, sich frei - so wie maximal nach örtlichem Recht möglich - zu betätigen.
Literatur
  • Bürger/Müller (2022): Verbot der Missachtung der Koalitionsfreiheit. In: Depping/Walden (2022): LkSG Kommentar. C.H.Beck, S. 114-117.
  • UN Global Compact/Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte: Praxislotse Wirtschaft und Menschenrechte. Kernthemen. Vereinigungsfreiheit. Link: https://bhr-navigator.unglobalcompact.org/issues/vereinigungsfreiheit/?lang=de
Datenbank
Internationale Gewerkschaftsbund (IGB): Globaler Rechtsindex. Link: https://www.globalrightsindex.org/de
Der Globale Rechtsindex des IGB bewertet jährlich 149 Länder auf einer Skala von 1-5+ anhand ihrer jeweiligen Einhaltung der Arbeitnehmerrechte (u.a. Recht auf Bildung von und Beitritt zu Gewerkschaften, Tarifverhandlungsrecht, Streikrecht, Sanktionen gegen Beschäftigte). Rechtsverletzungen werden jedes Jahr von April bis März dokumentiert.

Das Verbot der Ungleichbehandlung in Beschäftigung (§ 2 Abs. 2 Nr. 7 LkSG)

Worum geht’s? 

Unternehmen müssen allen männlichen und weiblichen Bewerbern, Angestellten und ehemaligen Mitarbeitern mit gleicher Qualifikation unabhängig von ihrem jeweiligen Status dieselben Rechte für gleichwertige Arbeit gewährleisten.
Rechtliche Grundlage
  • UN-Zivilpakt, Art. 26 (Recht auf Gleichberechtigung/Nicht-Diskriminierung)
  • UN-Sozialpakt, Art. 7 in Kombination mit Art. 2 (2) und 3: 
  • Art. 7 umfasst das Recht auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen (angemessener Lohn, gleiches Entgelt für gleiche Arbeit, ein Arbeitsentgelt, welches allen Arbeitnehmern und -nehmerinnen einen angemessenen Lebensunterhalt sichert, sichere und gesunde Arbeitsbedingungen, Arbeitspausen, angemessene Begrenzung der Arbeitszeit, bezahlter Urlaub, Vergütung gesetzlicher Arbeitstage)
  • Art. 2 (2) stellt klar, dass die im UN-Sozialpakt genannten Rechte ohne Diskriminierung hinsichtlich der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten sind.
  • Art. 3 betont die Gleichberechtigung von Mann und Frau.
  • General Comment Nr. 20
  • ILO-Übereinkommen Nr. 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf
  • ILO-Übereinkommen Nr. 100 über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit
  • UN-Rassendiskriminierungskonvention, Art. 5 (e(i))
  • UN-Frauenrechtskonvention, Art. 11
  • UN-Wanderarbeiterkonvention, Art. 25
  • UN-Behindertenkonvention, Art. 27
  • ILO-Übereinkommen 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern, Art. 20
  • Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker, Art. 17 (1. und 3.)
Mindestmaß
Unternehmen müssen allen Bewerbern, Angestellten und ehemaligen Mitarbeitern dieselben Rechte für gleichwertige Arbeit gewährleisten. Keine Person darf aufgrund von nationaler oder ethischer Abstammung, sozialer Herkunft, Gesundheitsstatus, Behinderung, sexueller Orientierung, Alter, Geschlecht, politischer Meinung, Religion oder Weltanschauung diskriminiert werden. UN-Zivilpakt und UN-Sozialpakt gehen noch über diese Aufzählung hinaus, indem sie zusätzlich „sonstigen Status“ einschließen. 

Diskriminierung ist in allen mit der Beschäftigung verbundenen Aspekte auszuschließen. Hierzu zählen (in Anlehnung an die Frauenrechtskonvention Art. 11):
  • Diskriminierungsfreie Anwerbung von Beschäftigten über unterschiedlichste soziale Netzwerke
  • Anwendung derselben Auswahlkriterien bei der Einstellung
  • Gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit, einschließlich sonstiger Leistungen
  • Gleiche Arbeitsbedingungen und gleicher Arbeitsschutz (Schutz der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz)
  • Gleiches Recht auf bezahlten Urlaub
  • Anwendung derselben Kriterien bei der Arbeitsqualität
  • Gleicher Zugang zu beruflicher Fortbildung und Weiterbildung
  • Gleiche berufliche Aufstiegsmöglichkeiten
  • Gleiche Arbeitsplatzsicherheit (z.B. kein Verlust des Arbeitsplatzes durch Eheschließung, Schwangerschaft oder Mutterschaft)
Begründung des Mindestmaßes
Gemäß ILO liegt Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf vor, wenn eine Person aufgrund von Merkmalen, die nicht mit ihren Kompetenzen oder den Anforderungen der Arbeitsstelle zusammenhängen, weniger günstig behandelt wird als andere.
Diskriminierung findet nicht nur beim Entgelt statt. Diskriminierung ist weit verbreitet bei zusätzlichen Leistungen, Fortbildungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen. Auch werden bei unterschiedlichen Personengruppen häufig unterschiedliche Bewertungskriterien angewandt. Dies geschieht oft unbewusst, ist teilweise kulturell verankert und hat häufig mit ungleicher Wertschätzung und Vorurteilen zu tun. 
Hinweise zum Monitoring
Häufig wird behauptet, dass bestimmte Personengruppen nicht über die für die Arbeitsstelle benötigten Kompetenzen verfügen oder bestimmte Anforderungen nicht erfüllen. Dieses Argument sollte grundsätzlich gründlich hinterfragt werden, da es häufig auf Vorurteilen beruht, für die es keine wissenschaftlich belegten Erkenntnisse gibt.  Das Monitoring darf nicht auf Teilaspekte reduziert werden. Es geht nicht nur um die Gleichbehandlung von Männern und Frauen. Und es geht auch nicht nur um die Höhe des Entgelts, auch wenn dieser Aspekt im LkSG besonders hervorgehoben wird. 
Literatur
  • UN Global Compact/Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte: Praxislotse Wirtschaft und Menschenrechte. Kernthemen. Diskriminierung. Link: https://bhr-navigator.unglobalcompact.org/issues/diskriminierung/?lang=de
  • UN Global Compact/Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte: Praxislotse Wirtschaft und Menschenrechte. Kernthemen. Gleichstellung der Geschlechter. Link: https://bhr-navigator.unglobalcompact.org/issues/gleichstellung-der-geschlechter/?lang=de
  • UN Global Compact/Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte: Praxislotse Wirtschaft und Menschenrechte. Kernthemen. Wanderarbeitende. Link: https://bhr-navigator.unglobalcompact.org/issues/wanderarbeitende/?lang=de
  • UN Global Compact/Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte: Praxislotse Wirtschaft und Menschenrechte. Kernthemen. Indigene Völker. Link: https://bhr-navigator.unglobalcompact.org/issues/indigene-voelker/?lang=de

Das Verbot des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns (§ 2 Abs. 2 Nr. 8 LkSG)

Worum geht’s? 

Dies ist unklar. Nach internationalen Standards müsste es darum gehen, dass Unternehmen einen existenzsichernden Lohn zahlen. 
Rechtliche Grundlage
  • UN-Sozialpakt, Art. 7 (Recht auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen einschließlich angemessenem Lohn, gleichem Entgelt für gleiche Arbeit, einem Arbeitsentgelt, welches allen Arbeitnehmern einen angemessenen Lebensunterhalt sichert, bezahltem Urlaub und Vergütung gesetzlicher Feiertage) und 11 (Recht auf angemessenen Lebensstandard)
  • General Comment Nr. 23
Mindestmaß
Das LkSG definiert das Mindestmaß eines angemessenen Lohns als den nach anwendbarem Recht festgelegten Mindestlohn.
Diese Regelung ist kritisch zu sehen, da Mindestlöhne nicht unbedingt die Anforderungen eines angemessenen Lohns erfüllen. Als angemessener Lohn wird basierend auf dem UN-Sozialpakt ein Lohn verstanden, der dem Lohnempfänger und seiner Familie einen angemessenen Lebensstandard sichert. Zu einem angemessenen Lebensstandard gehören Nahrung, Wasser, Unterkunft, Bildung, medizinische Versorgung, Transport, Bekleidung und andere Grundbedürfnisse, einschließlich Vorkehrungen für unerwartete Ereignisse. Mindestlöhne erfüllen dieses Kriterium nicht unbedingt.
Der EU-Richtlinienentwurf ist eindeutiger und weitreichender. Er enthält das Verbot der Einbehaltung eines angemessenen existenzsichernden Lohns gemäß Art. 7 des Sozialpaktes ohne Verweis auf einen Mindestlohn.
Begründung des Mindestmaß
Die Definition des angemessenen Lohns zielt darauf ab, die Armut trotz Erwerbstätigkeit zu verhindern. Dies ist durch die Einhaltung des Mindestlohns in vielen Ländern nicht gewährleistet. Selbst die EU hat deshalb 2017 von ihren Mitgliedstaaten angemessene Mindestlöhne gefordert, die einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen sollen. Das Verständnis, dass ein angemessener Lohn, den eigenen Unterhalt decken soll, spiegelt sich auch in der neuerdings häufig verwendeten Formulierung des existenzsichernden Lohns (engl. adequate living wage) wider, wie es auch im EU-Richtlinienentwurf verwendet wird.
Hinweise zum Monitoring
Ein Kriterium, ob ein Mindestlohn einen angemessenen Lohn darstellt, wäre dessen Kaufkraft und die Höhe der Lebenshaltungskosten.
Literatur
  • European Commission (2022): Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on Corporate Sustainability Due Diligence and amending Directive (EU) 2019/1937
  • Wehrmann (2022): Recht auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen. In: Depping/Walden (2022): LkSG Kommentar. C.H.Beck, S. 73-75.
  • Bürger/Müller (2022): Verbot des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns. In: Depping/Walden (2022): LkSG Kommentar. C.H.Beck, S. 119-121.
  • UN Global Compact/Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte: Praxislotse Wirtschaft und Menschenrechte. Kernthemen. Existenzsichernde Löhne. Link: https://bhr-navigator.unglobalcompact.org/issues/existenzsichernde-loehne/?lang=de
Datenbank
Lebenshaltungskosten pro Land (absolut): https://livingcost.org/
Lebenshaltungskosten (komparativ und absolut), Übersicht über verschiedene Indizes: https://worldpopulationreview.com/country-rankings/cost-of-living-by-country

Das Verbot der Herbeiführung einer schädlichen Bodenveränderung, Gewässerverunreinigung, Luftverunreinigung, schädlichen Lärmemission oder eines übermäßigen Wasserverbrauchs (§ 2 Abs. 2 Nr. 9 LkSG)

Worum geht’s? 

Vom Unternehmen ausgehende negative Umweltauswirkungen dürfen Leben, Gesundheit, Nahrung und Trinkwasser nicht gefährden.
Rechtliche Grundlage
  • UN-Zivilpakt, Art. 6 (Recht auf Leben)
  • UN-Sozialpakt, Art. 11 und 12 (Recht auf angemessenen Lebensstandard, Recht auf angemessene Nahrung, Recht auf Wasser, Recht auf erreichbares Höchstmaß an Gesundheit)
Mindestmaß
Unabhängig von nationalen Gesetzgebungen und damit verbundenen Mindestanforderungen zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen, Gewässer- und Luftverunreinigungen, Lärmemissionen und übermäßigem Wasserverbrauch verlangt das LkSG die genannten negativen Umweltauswirkungen auf ein solches Maß zu reduzieren, dass die genannten Folgen nicht eintreten. Dies bedeutet, dass gegebenenfalls höhere Standards als die nationalen Mindeststandards eingehalten werden müssen. Anhaltspunkt sind die Auswirkungen der Umweltverunreinigungen auf Personen und die landwirtschaftliche Produktion, nicht ein vorgegebenes Maß an maximal erlaubter Umweltverunreinigung. Dabei sind auch die vielfältigen Verknüpfungen des Ökosystems zu berücksichtigen, wodurch auch schädliche Verunreinigungen von natürlichen Ressourcen in vermeintlich abgelegenen nicht besiedelten Gebieten zu Menschenrechtsverletzungen andernorts führen können. 
Im Zusammenhang mit diesem Verbot ist die Berücksichtigung abstrakter Risiken besonders relevant. So besteht beispielsweise in Gebieten, in denen regelmäßig Wasserknappheit herrscht oder in denen die Böden besonders leicht von Desertifikation betroffen sind, eine grundsätzliche Gefahr gegen das Verbot zu verstoßen. 
Begründung des Mindestmaßes
In vielen Ländern ist die Umweltgesetzgebung nicht ausreichend, um Menschen vor den direkten und indirekten gesundheitlichen Folgen von Umweltverunreinigungen zu schützen. Häufig verhandeln Unternehmen auch Ausnahmeregelungen oder bekommen sie von Regierungen angeboten, die auf diese Weise ein Unternehmen für eine Ansiedlung gewinnen wollen.
Hinweise zum Monitoring
Die Einhaltung der nationalen Umweltstandards ist nicht zwangsläufig ausreichend (s.o.). Die im Gesetz genannten möglichen Umweltauswirkungen sollten im Rahmen von Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) bzw. Umweltwirkungsanalysen (engl. Environmental (and Social) Impact Assessment, EIA/ESIA) erfasst und fortlaufend gemonitort werden. In die Erarbeitung dieser UVP, EIA bzw. ESIA sowie in das fortlaufende Umweltmonitoring sollte die lokale Bevölkerung einbezogen werden, um rechtzeitig auf eventuelle negative Umweltwirkungen, die ihre Lebensgrundlage bedrohen könnten, hinweisen zu können. In diesem Zusammenhang ist auch ein funktionierender für Externe zugänglicher Beschwerdemechanismus von hoher Relevanz. 
Literatur
Wehrmann (2022): Verbot der Herbeiführung einer schädlichen Bodenveränderung, Gewässerverunreinigung, Luftverunreinigung, schädlichen Lärmemission oder eines übermäßigen Wasserverbrauchs. In: Depping/Walden (2022): LkSG Kommentar. C.H.Beck, S. 121-123.

Das Verbot der widerrechtlichen Zwangsräumung und das Verbot des widerrechtlichen Entzugs von Land, Wäldern und Gewässern  (§ 2 Abs. 2 Nr. 10 LkSG)

Worum geht’s? 
Unternehmerische Investitionen in Land, Wälder und Gewässer dürfen nicht dazu führen, dass den dort lebenden Menschen die Lebensgrundlage entzogen wird.
Rechtliche Grundlage
  • UN-Sozialpakt, Art. 11, Abs. 1 Satz 1 (Recht auf angemessenen Lebensstandard)
  • UN-Zivilpakt, Art. 17, Abs. 1 (Recht auf Achtung der Privatsphäre)
  • General Comment Nr. 7
  • General Comment Nr. 26
  • Freiwillige Leitlinien für die verantwortungsvolle Verwaltung von Boden- und Landnutzungsrechten, Fischgründen und Wäldern des Welternährungskomitees
Mindestmaß
Hier muss zwischen zwei Verboten unterschieden werden, von denen das erste nachvollziehbar und in Übereinstimmung mit internationalem Recht formuliert ist, das zweite jedoch bei wörtlicher Auslegung hinter den Anforderungen des jeweils gültigen nationalen Rechts zurückbleiben würde.

Verbot 1: Verbot der widerrechtlichen Zwangsräumung 
Das im LkSG formulierte Verbot der widerrechtlichen Zwangsräumung bedeutet, dass eine Zwangsräumung nur zulässig ist, wenn sie auf einer rechtlichen Grundlage basiert. Der internationale Mindeststandard entsprechend General Comment Nr. 7 zum UN-Sozialpakt erweitert die Definition dahingehend, dass bei der Zwangsräumung keine Paktrechte verletzt werden dürfen. Da der Sozialpakt als Referenz des LkSG gilt, sollte das Verbot 1 wie folgt ausgelegt werden:
Zwangsräumungen sind nur zulässig, wenn sie auf einer rechtlichen Grundlage basieren und keine Paktrechte verletzt werden. 

Verbot 2: Verbot des widerrechtlichen Entzugs von Land, Wäldern und Gewässern 
Bei wörtlichem Verständnis würde das Mindestmaß zur Einhaltung dieses Verbots noch hinter der rechtlichen Verpflichtung nach nationalem Recht zurückbleiben, da das Verbot widerrechtlicher Enteignung von Land, Wäldern und Gewässern auf solche Flächen reduziert wird, deren Nutzung die Lebensgrundlage einer Person sichert. Widerrechtliche Enteignungen sind jedoch per se immer verboten – unabhängig von der Art der Nutzung des Landes, der Wälder oder Gewässer. Da sich Verbot 2 explizit auf Land, Wälder und Gewässer bezieht, kann davon ausgegangen werden, dass im Sinne der Politikkohärenz hier Bezug genommen wird auf die Freiwilligen Leitlinien für die verantwortungsvolle Verwaltung von Boden- und Landnutzungsrechten, Fischgründen und Wäldern des Welternährungskomitees, zu deren Umsetzung sich die Bundesregierung verpflichtet hat. In diesen Freiwilligen Leitlinien ist die Pflicht der Staaten verankert, legitime Eigentums-, Besitz- und Nutzungsrechte an Land, Wäldern und Fischgründen zu respektieren, zu schützen und zu ermöglichen und die Verantwortung von Unternehmen, diese Rechte zu respektieren. General Comment Nr. 26 zum Sozialpakt greift diese Pflicht der Staaten auf, indem diese aufgefordert werden, sicherzustellen, dass Investoren, die im Ausland in landwirtschaftliche Flächen investieren, Einzelpersonen oder Gemeinschaften nicht den Zugang zu Land oder damit verbundenen Ressourcen zu verwehren, von denen sie für ihren Lebensunterhalt abhängen. Den Unternehmen soll eine entsprechende Sorgfaltspflicht auferlegt werden. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass es sich bei Verbot 2 um das Verbot des Entzugs legitimer Rechte an Land, Wäldern und Gewässern handelt, deren Nutzung die Lebensgrundlage einer Person sichert. Dies entspricht General Comment Nr. 26 und bleibt leicht hinter den Freiwilligen Leitlinien zurück, in denen keine Einschränkung auf die Nutzung zur Sicherung der Lebensgrundlage erfolgt. Der Mindeststandard ist somit wie folgt: Beim Erwerb, der Bebauung oder anderweitigen Nutzung von Land, Wäldern und Gewässern sind alle legitimen Nutzungsrechte zu respektieren, die der Sicherung der Lebensgrundlage einer Person dienen. 
Begründung des Mindestmaßes
Aufgrund des Rechtspluralismus in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern gelten dort häufig vom Staat definierte formale Rechte und in der Gesellschaft verankerte traditionelle Rechte parallel. Entsprechend kommt es zu Konflikten, wenn Unternehmen nur die formalen Rechte erwerben, nicht jedoch die auf derselben Fläche geltenden traditionellen und anderen legitimen Rechte berücksichtigen. Vor dem Erwerb, der Bebauung oder anderweitigen Nutzung von Land, Wäldern und Gewässern ist somit sicherzustellen, dass alle legitimen Rechte berücksichtigt wurden und alle Träger dieser Rechte ihre Einwilligung gegeben und diese Rechte freiwillig veräußert haben. Sehr viele Staaten erkennen diese legitimen Rechte inzwischen formal an. Es fehlt jedoch noch an der Registrierung und an formalen schriftlichen Nachweisen. Grundbuch und Kataster beschränken sich häufig auf wenige innerstädtische Bereiche und umfassen selten Flächen im ländlichen Raum. Zudem haben viele Staaten Flächen als Staatsland deklariert, an denen die lokal ansässige Bevölkerung traditionelle Rechte hat, die häufig älter sind als der Nationalstaat. Bei Kauf und Pacht von Staatsland ist somit besondere Aufmerksamkeit nötig. Unternehmen haben hier die Verantwortung zu prüfen, ob neben dem Staat weitere Individuen oder Gruppen legitime Eigentums-, Besitz- oder Nutzungsrechte an diesen Flächen (Land, Wälder, Gewässer) haben und diese zu respektieren.
Hinweise zum Monitoring
Es sind nicht nur die formalrechtlichen, registrierten Rechte an Land, Wäldern und Gewässern zu berücksichtigen, sondern auch nicht schriftlich dokumentierte traditionelle und andere individuelle und kollektive legitime Eigentums-, Besitz- und Nutzungsrechte. Entsprechend sind auch im Zusammenhang mit diesem Verbot ein frühzeitiger Austausch mit der lokal ansässigen Bevölkerung sowie ein funktionierender für Externe zugänglicher Beschwerdemechanismus von hoher Relevanz. 
Literatur
  • Wehrmann (2022): Verbot der widerrechtlichen Zwangsräumung und das Verbot des widerrechtlichen Entzugs von Land, von Wäldern und Gewässern. In: Depping/Walden (2022): LkSG Kommentar. C.H.Beck, S. 123-126.
Datenbank
  • Informationen zur spezifischen Landrechte-Situation in nahezu allen Entwicklungs- und Schwellenländern: https://landportal.org/book/countries

Das Verbot der Beauftragung oder Nutzung Menschenrechte verletzender Sicherheitskräfte (§ 2 Abs. 2 Nr. 11 LkSG)

Worum geht’s? 

Unternehmen haben zu verhindern, dass in ihrem Auftrag handelnde Sicherheitskräfte Leib oder Leben verletzen, Folter oder grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung anwenden oder die Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit beeinträchtigen.
Rechtliche Grundlage
  • EU-Konfliktmineralienverordnung 
  • UN-Zivilpakt, Art. 6, 7 und 22 (Recht auf Leben, Folterverbot, Recht auf Vereinigungsfreiheit)
  • UN-Sozialpakt, Art. 12 (Recht auf Gesundheit)
Der Gesetzestext (sowie auch seine Begründung) zeigt starke Parallelen zur EU-Konfliktmineralienverordnung von 2017. Mit dem entsprechenden Durchführungsgesetz von 2020 wurde die EU-Konfliktmineralienverordnung in das deutsche Recht umgesetzt. Zwar beschränkt das LkSG im Gegensatz zur weiterreichenden EU-Konfliktmineralienverordnung die Verantwortung des Unternehmens auf die von ihm beauftragten und genutzten Sicherheitskräfte, dafür bezieht es diesen Aspekt aber auf alle Unternehmen und ihre Lieferketten unabhängig von der Branche und deckt damit eine Großzahl von Fällen ab, die nicht unter die EU-Konfliktmineralienverordnung fallen. 
Die durch dieses Verbot zu schützenden Menschenrechte sind im UN-Zivilpakt und UN-Sozialpakt verankert.
Mindestmaß
Aus dem Verbot ergeben sich folgende Verpflichtungen für Unternehmen (vgl. BT-Drs. 19/28649, S. 39:
  1. Unternehmen müssen öffentliche und private Sicherheitskräfte, die sie beauftragen oder nutzen möchten, vor der Beauftragung dahingehend überprüfen, ob Menschenrechtsverletzungen durch diese Einheiten dokumentiert oder anderseits bekannt sind.
  2. Unternehmen müssen bei der Vertragsgestaltung mit Sicherheitskräften darauf achten, dass diese sich an den geltenden Rechtsrahmen halten und den Schutz der genannten Menschenrechte gewährleisten.
  3. Unternehmen müssen bei der Beauftragung eigener Sicherheitskräfte dafür Sorge tragen, dass diese angemessen unterwiesen werden.
  4. Unternehmen müssen kontrollieren, dass die von ihnen beauftragten oder genutzten Sicherheitskräfte das Verbot von Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung einhalten, weder Leib noch Leben verletzen und die Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit nicht beeinträchtigen. 
Begründung des Mindestmaßes
Diese Kontrolle seitens eines Unternehmens ist deshalb notwendig, da Tätigkeiten in einem Gebiet, das von einem bewaffneten Konflikt betroffen ist, mit dem Risiko einhergehen, dass Unternehmen Menschenrechtsverletzungen oder Verstöße gegen das Humanitäre Völkerrecht anderer Akteure fördern. Arbeiten Unternehmen zum Schutz ihres Betriebes mit privaten oder öffentlichen Sicherheitskräften zusammen, müssen sie gewährleisten, dass diese bei dem Einsatz für das Unternehmen Menschenrechte achten.
Hinweise zum Monitoring
Unternehmen müssen sowohl monitoren, ob die von ihnen beauftragten oder genutzten Sicherheitskräfte Menschenrechte verletzen, als auch, ob sie selbst ausreichend dazu beitragen, dies zu verhindern.
Literatur
  • BT-Drs. 19/28649, S. 38f.
  • OECD (2019): OECD-Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten für Minerale aus Konflikt- und Hochrisikogebieten. Dritte Ausgabe. 
  • Voluntary Principles on Security and Human Rights (2000 von einer Multi-Stakeholder-Initiative entwickelte Prinzipien, auf die in der EU-Konfliktmineralienverordnung Bezug genommen wird)
  • Wehrmann (2022): Verbot der Beauftragung oder Nutzung von Sicherheitskräften. In: Depping/Walden (2022): LkSG Kommentar. C.H.Beck, S. 126-128.
Datenbank
  • Datenbank mit den Befehlshabern und den Kommandostrukturen, Standorten und Einsatzgebieten von Polizei, Militär und anderen Zweigen der staatlich kontrollierten Sicherheitskräfte in aller Welt und ihrer möglichen Verbindungen zu mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen:  https://securityforcemonitor.org/

Das Verbot eines über die Nummern 1 bis 11 hinausgehenden Tuns oder pflichtwidrigen Unterlassens, das eine ILO Kernarbeitsnorm oder ein in UN-Zivil- oder UN-Sozialpakt genanntes Menschenrecht offensichtlich rechtswidrig in besonders schwerwiegender Weise verletzt [Auffangtatbestand] (§ 2 Abs. 2 Nr. 12 LkSG)

Worum geht’s? 

Unternehmen haben eine Verantwortung, ALLE Menschenrechte zu achten, die sich aus der Internationalen Menschenrechtscharta und den ILO-Kernarbeitsnormen ergeben.
Rechtliche Grundlage
  • UN-Zivilpakt
  • UN-Sozialpakt
  • ILO-Kernarbeitsnormen (siehe Übereinkommen 1-9 in der Anlage zum LkSG)
  • UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, Prinzip 12
Mindestmaß
Vermeidung einer offensichtlichen schwerwiegenden Verletzung der ILO-Kernarbeitsnormen oder eines der folgenden Menschenrechte:
  • Recht auf Selbstbestimmung
  • Recht auf Gleichberechtigung/Nicht-Diskriminierung
  • Recht auf Leben
  • Verbot der Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe
  • Verbot der Sklaverei, Leibeigenschaft und Zwangsarbeit
  • Recht auf Freiheit und Sicherheit
  • Recht auf Freizügigkeit
  • Recht auf Gleichheit vor Gericht und faires Gerichtsverfahren
  • Recht auf Achtung der Privatsphäre
  • Recht auf Gedanken, Gewissens- und Religionsfreiheit
  • Recht auf unbehinderte Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung
  • Verbot der Kriegspropaganda und Aufstachelung
  • Recht auf friedliches Versammeln
  • Recht auf Vereinigungsfreiheit
  • Recht auf Schutz der Familie, auf Ehe und Gleichstellung von Ehegatten,
  • Rechte von Kindern
  • Recht auf Beteiligung an öffentlichen Angelegenheiten
  • Rechte von Minderheiten
  • Recht auf Arbeit, Recht auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen
  • Recht auf Bildung Betätigung
  • Recht auf soziale Sicherheit
  • Recht auf Schutz von Familien, Müttern und Kindern/Jugendlichen
  • Recht auf angemessenen Lebensstandard
  • Recht auf ein erreichbares Höchstmaß an Gesundheit
  • Recht auf Bildung
  • Recht auf Teilhabe am kulturellen Leben
Ein großer Teil der Arbeits- und Menschenrechte wird umfassend von einem der elf konkreten Verbote (LkSG § 2 Abs. 2 Nr. 1-11) erfasst wie das Verbot der Sklaverei, Zwangs- und Kinderarbeit. Andere Arbeits- und Menschenrechte, insbesondere aus den Pakten, sind hingegen nur teilweise in den elf Verboten enthalten. In dem Fall beziehen sich die Verbote entweder nur auf einen Teil der in einer Rechtsposition enthaltenen Aspekte oder diese Aspekte werden nur in einem bestimmten Zusammenhang geschützt, z.B. nur im Falle der Zwangsräumung oder nur wenn eine Umweltverschmutzung zu Grunde liegt. Andere geschützte Rechtspositionen werden von keinem der elf Verbote erfasst, wie das Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben, auf Teilhabe an den Errungenschaften des wissenschaftlichen Fortschritts sowie auf Schutz der geistigen und materiellen Interessen (Urheberrechte). Somit umfasst die Auffangklausel ein breites aber dennoch erfassbares Spektrum an potentiellen menschenrechtlichen Risiken, die in das Risikomanagement zu integrieren sind.
Begründung des Mindestmaß
Die Auffangklausel trägt der Tatsache Rechnung, dass unternehmerisches Handeln Auswirkungen auf das gesamte Spektrum der international anerkannten Menschenrechte haben kann. Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, mit denen 2011 die Verantwortung von Unternehmen, Menschenrechte zu respektieren international etabliert wurde, definieren als Mindestmaß die Menschenrechte, die in der Universalen Erklärung der Menschenrechte, den Menschenrechtspakten und den acht ILO-Kernarbeitsnormen enthalten sind. Bis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte sind dies die internationalen Übereinkommen, auf die sich das LkSG bezieht. Die oben aufgelisteten Menschenrechte sind in den internationalen Übereinkommen enthalten, auf die das LkSG Bezug nimmt. Weitere nur in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte enthaltene Menschenrechte wurden außer Acht gelassen. 
Hinweise zum Monitoring
Da es in der Auffangklausel um offensichtliche unmittelbare Menschenrechtsverstöße geht, kann das Monitoring entsprechend einfach gehalten werden. Es kann somit Teil des allgemeinen Wirkungsmonitorings sein.
Literatur
  • Wehrmann (2022): Menschenrechte und ihre Relevanz für Unternehmen. In: Depping/Walden (2022): LkSG Kommentar. C.H.Beck, S. 51-59.
  • Wehrmann (2022): Die Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen. In: Depping/Walden (2022): LkSG Kommentar. C.H.Beck, S. 59-81.
  • Wehrmann (2022): Verbot zum Schutz weiterer geschützter Rechtspositionen („Auffangklausel“). In: Depping/Walden (2022): LkSG Kommentar. C.H.Beck, S. 128-133.

Glossar

UN-Behindertenkonvention 
UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung
UN-Frauenrechtskonvention
UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau
UN-Rassendiskriminierungskonvention
UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung
UN-Sozialpakt
Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
UN-Wanderarbeiterkonvention
Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen
UN-Zivilpakt
Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte