Einschränkungen beim Export

Exportkontrolle

Das deutsche Exportkontrollsystem baut auf die Eigenverantwortung jedes Unternehmens. Unternehmen entscheiden selbstverantwortlich, Verträge zu schließen, Waren, Software und Technologie zu exportieren, Dienstleistungen im Ausland zu erbringen und Know-how auszutauschen etc. Bei seinen Entscheidungen muss ein Unternehmen auch die Beschränkungen und Genehmigungspflichten im Außenwirtschaftsverkehr beachten.

1. Allgemeines

Exportkontrolle bedeutet vor allem, dass die Lieferung von Waren, Technologie oder Software (man bezeichnet diese drei als „Güter“) in andere Länder genehmigungspflichtig sein kann. Dies betrifft allerdings nicht jede Güterlieferung. Neben etwaigen Genehmigungspflichten kann in besonderen Fällen eine Güterlieferung auch verboten sein, z. B. wenn sie in ein Land erfolgen soll, gegen das ein Embargo verhängt ist.
Haben Sie einen Vertrag mit einem Empfänger in einem Drittland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union abgeschlossen, der Sie zur Lieferung von Gütern verpflichtet? Ja? – Dann können Sie verpflichtet sein, die ggf. erforderliche Genehmigung für die Lieferung zu beantragen. Ob aber überhaupt eine Genehmigungspflicht besteht, hängt insbesondere davon ab,
  • was Sie liefern wollen,
  • in welches Land Sie liefern wollen,
  • an wen Sie liefern wollen,
  • für welche Zwecke die Güter verwendet werden sollen.
Falls Ihre eigenverantwortliche Prüfung zu dem Ergebnis führt, dass das konkrete Exportvorhaben genehmigungspflichtig ist, muss grundsätzlich ein formgebundener Antrag auf Erteilung einer Ausfuhr-/Verbringungsgenehmigung beim BAFA gestellt werden.
Die interaktive Sanktions-Übersichtskarte („ EU Sanctions Map“) der Europäischen Kommission verschafft Ihnen einen ersten Überblick, ob Ihr Handelspartner oder das Lieferland mit Sanktionen belegt ist.

2. Ausfuhrliste und Anhänge Dual-Use-Verordnung

Die Exportkontrolle unterscheidet hier zwischen Rüstungsgütern und Gütern mit doppeltem Verwendungszweck (Dual-Use-Güter), die sowohl militärisch als auch zivil eingesetzt werden können. Die in den Güterlisten (hinterlegt auf der Homepage des BAFA) genannten technischen Parameter sind ausschlaggebend für die Genehmigungspflicht.

Ausfuhrliste

In der Ausfuhrliste sind nur die nach deutschem Recht genehmigungspflichtigen Güter enthalten. Dies sind Rüstungsgüter (Teil I A der Ausfuhrliste) und nationale Güter mit doppeltem Verwendungszweck (Teil I B der Ausfuhrliste). Letztere umfassen 20 Positionen, deren Ausfuhrlistennummer hat eine 900er-Kennung.

Anhang I und lV der EU-Dual-Use-Verordnung

Die überwiegende Mehrheit der Dual-Use-Güter wird in der gesamten EU einheitlich kontrolliert. Basis hierfür ist die EU-Dual-Use-Verordnung (Verordnung (EU) 2021/821), Anhang I (gelistete Dual-Use-Güter). Der Anhang I der EU-Dual-Use-VO legt für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine einheitliche Güterliste fest, die diejenigen Güter mit doppeltem Verwendungszweck („Dual-Use-Güter“) erfasst, für die bei Ausfuhren aus dem Unionsgebiet eine Genehmigungspflicht besteht.
Bei den in Anhang IV der Dual-Use-Verordnung gelisteten Gütern handelt es sich um eine Teilmenge aus Anhang I. Diese Güter gelten als besonders sensitiv. Für sie ist nicht nur bei Ausfuhr in ein Land außerhalb der EU eine Ausfuhrgenehmigung, sondern auch bei Verbringung innerhalb der EU eine Verbringungsgenehmigung einzuholen.
Die EU-Kommission hat am 10. Januar 2024 neue Leitlinien für die Kontrolle von Ausfuhren mit doppeltem Verwendungszweck veröffentlicht.Ziel ist es, die Transparenz durch einen verstärkten Informationsaustausch über die Genehmigungsentscheidungen der Mitgliedstaaten im Bereich der Ausfuhrkontrolle zu erhöhen. Die Leitlinien wurden mit den Sachverständigen der Mitgliedstaaten vereinbart und legen das Verfahren für die Erhebung von Genehmigungsdaten durch die Europäische Kommission und die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Einzelnen fest.
Aktualisierung der Listen 2023:
  1. Die neue Delegierten Verordnung 2023/66 der EU vom 21. Oktober 2022 ist seit 12. Januar 2023 in Kraft und fasst die Verordnung (EU) Nr. 2021/821 des Europäische Parlaments und des Rates über eine Unionsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Vermittlung, der technischen Unterstützung, der Durchfuhr und der Verbringung von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck neu.
  2. Die EU-Kommission hat mit der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2023/996 vom 23. Februar 2023 den Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 2021/821 des Europäische Parlaments und des Rates über eine Unionsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Vermittlung, der technischen Unterstützung der Durchfuhr und der Verbringung von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck neu gefasst. Diese Delegierte Verordnung ist am 26. Mai 2023 in Kraft getreten.
  3. Am 15.09.2023 hat die EU-Kommission die Dual Use Exportkontrollliste erneut aktualisiert. Die Aktualisierung betrifft vor allem die Steuerungsparameter von Fertigungsanlagen, von Hochleistungsrechnern und von Lasern, die Aufnahme von Antriebsmotoren für Unterwasserfahrzeuge und von Technologie für die Entwicklung von Gasturbinentriebwerken für Flugzeuge sowie die Anpassung von technischen Definitionen, Hinweisen und Beschreibungen und redaktionelle Änderungen. Eine Übersicht über anstehende Veränderungen, die in Kraft treten sofern Rat und Parlament in den nächsten 2 Monaten keine Einsprüche erheben, steht zu Informationszwecken und ggf. Vorbereitung zur Verfügung.
Bitte prüfen Sie bei jeder Änderung, ob Sie Ihre Stammdaten anpassen müssen, oder wiederholte Lieferungen neu zu bewerten sind.

Arbeiten mit dem Umschlüsselungsverzeichnis

Ein nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Interpretation der Listen stellt das Umschlüsselungsverzeichnis des BAFA dar. Ausgehend von der Warennummer führt das Verzeichnis zu den einschlägigen Positionen der Dual-use-Güterliste und der Ausfuhrliste hin. Entscheidend ist die Prüfung der im erläuternden Text bei der jeweiligen Ausfuhrlistennummer genannten technischen Parameter.
Die Anwendung des Umschlüsselungsverzeichnisses ersetzt die eigenverantwortliche Prüfung der Gütereinstufung durch den Exporteur nicht, da sie nicht rechtsverbindlich ist, kann aber den Umgang mit der Verordnung der Europäischen Union für Dual-Use-Güter und der Ausfuhrliste erleichtern. Eine verwendungsbezogene bzw. empfängerbezogene Genehmigungspflicht ist damit noch nicht geprüft.
Nach langem Warten wurde das Umschlüsselungsverzeichnis im Juni 2023 endlich aktualisiert und berücksichtigt den Stand des Anhang I der EU-Dual-Use-VO durch die Verordnung (EU) 2023/996 vom 23. Februar 2023, den Stand der Ausfuhrliste durch die Neunzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung vom 21. Dezember 2022 (BAnz AT 23.12.2022 V1) sowie den Kapiteln des Warenverzeichnisses zur Außenhandelsstatistik für 2023.

3. Embargos

Die EU hat gegen eine Reihe von Ländern aus politischen Gründen Sanktionen verhängt. Das bekannteste Beispiel dürfte das Ausfuhrverbot für Rüstungsgüter in bestimmte Staaten sein (sog. Waffenembargo).
Embargos können sich in Ihren Beschränkungen auf bestimmte Wirtschaftsbereiche eines Landes erstrecken, Sie können aber auch einzelne politische Gruppierungen oder Personen betreffen. Besteht ein Embargo wird der Ausfuhrvorgang genehmigungspflichtig oder sogar verboten.
Grundsätzliche Infos bietet das Merkblatt Außenwirtschaftsverkehr mit Embargoländern.

Personenbezogene Embargos

Für die empfängerbezogene Prüfung können Sie folgende Hilfsmittel nutzen:
  • Die Finanzsanktionsliste (FiSaLis) erlaubt die manuelle Prüfung von Personen, Firmen und Organisationen.
  • Die Datenbank Konsolidierte Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, gegen die finanzielle Sanktionen der EU verhängt wurden, führt alle Personen, Firmen und Organisationen auf, die seitens der EU sanktioniert sind (CFSP Liste)
  • Kostenpflichtige Software mit Schnittstellen zum eigenen Kundenstamm zur Prüfung, ob der Handelspartner gelistet ist.
Bitte beachten Sie: Warenlieferungen oder Zahlungen an gelistete Personen sind verboten.
Sie stellen einen Verstoß gegen das Außenwirtschaftsrecht dar, der empfindlich bestraft werden kann.

Die Frage wer geprüft werden muss bzw. wer nicht sorgt in vielen Unternehmen für Unklarheiten. Behalten Sie dazu folgenden Grundsatz im Hinterkopf: Zu prüfen sind alle Geschäftspartner, denen Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Die Geschäftspartner sind dabei grundsätzlich die Vertragspartner, folglich sind es grundsätzlich Unternehmensnamen, die gegen die Sanktionslisten geprüft werden.
Weitere Infos stellt auch das BAFA unter Embargos – Weitere Maßnahmen oder der Zoll unter Liste der Personen und Organisationen bereit.
Eine Prüfung gegen die relevanten Sanktionslisten sollte so früh wie möglich erfolgen, allerspätestens vor Abgabe oder Annahme eines verbindlichen Angebots zum Vertragsschluss.
Sonderfall: Die SDN-Liste ist das amerikanische Pendant zur CFSP-Liste der EU, auch für Unternehmen mit Sitz außerhalb der USA empfiehlt es sich beim Sanktionslistenscreening die amerikanischen Sanktionslisten zu beachten.

Länderbezogene Embargos

Die Länder-Embargos beschränken sich in vielen Fällen nicht nur auf Waffen und Rüstungsgüter, sondern können auch bestimmte Wirtschaftsbereiche betreffen. Länderbezogene Embargomaßnahmen werden aus außen- oder sicherheitspolitischen Gründen erlassen und ordnen restriktive Maßnahmen - die insbesondere Ausfuhrgeschäfte in das betreffende Land beschränken - an.  Sie müssen daher die einzelnen Bestimmungen sorgfältig überprüfen. Vielfach liegen eigene Güterlisten mit verbotenen oder genehmigungspflichtigen Gütern vor. 
Das BAFA stellt stets auch eine Übersicht über die Länderbezogenen Embargos zur Verfügung, alternativ können Sie sich über die bestehenden Länder-Embargos auch beim Zoll informieren.
Im Wesentlichen können Embargomaßnahmen in drei Kategorien unterteilt werden:
  • Waffenembargo - Untersagt die Ausfuhr von Rüstungsgütern in das betreffende Land, ergibt sich in der Regel aus den §§ 74 ff. Außenwirtschaftsverordnung
  • Teilembargo - Bestimmte Verbote und Beschränkungen im Handelsverkehr mit dem jeweiligen Land, geregelt durch EU-Verordnungen
  • Totalembargo - Untersagt jeglichen Wirtschaftsverkehr mit dem betreffenden Land (derzeit nicht existent), geregelt durch EU-Verordnungen
Bitte beachten Sie: Mit dem 12. Sanktionspaket des Russland-Embargos werden mit der Einführung der No-Russia-Klausel ALLE Unternehmen die mit Dual-Use Gütern oder in den Anhängen gelisteten Waren handeln, in die Pflicht genommen – auch wenn sie selbst gar kein Russland Geschäft haben. Die No-Russia-Klausel gilt für Lieferungen weltweit. Nähere Infos dazu finden Sie in unserem Info-Artikel 12. Sanktionspaket der EU gegen Russland.

Sonderfall: US-Sanktionen

Auch für Unternehmen mit Sitz außerhalb der USA empfiehlt es sich beim Sanktionslistenscreening die amerikanischen Sanktionslisten zu beachten. Die SDN-Liste ist das US-Pendant zur CFSP-Liste der EU. Vom US-Sanktionsrecht zu unterscheiden ist das EAR-US-Exportkontrollrecht. Das US-Exportkontrollrecht ist extraterritorial ausgestaltet und muss weltweit beim Handel mit US-Produkten, die den US Export Administration Regulations (EAR) unterliegen, beachtet werden. Die Sanktionslisten Denied Persons List (DPL), Entity List (EL), Unverified List (UVL) und Military End User List sind dabei einzubeziehen. Genauere Infos gibt unser Artikel US-Re-Exportkontrolle.

4. Technologie-/Softwaretransfer

Für die Frage, ob Technologie in den Güterlisten erfasst ist und damit der Exportkontrolle unterliegt, kommt es darauf an, was genau unter Technologie im Sinne der Exportkontrolle zu verstehen ist. Anhang I der EG-Dual-Use-Verordnung definiert Technologie als spezifisches technisches Wissen, das für die Entwicklung, Herstellung oder Verwendung eines Produkts nötig und unverzichtbar ist. Einschränkungen und Ausnahmen sind dort in der Allgemeinen Technologie-Anmerkung beschrieben.
Die Weitergabe gelisteter Technologie kann in Form eines Exports erfolgen oder auch indem ein Mitarbeiter eines Unternehmens eine Form der technischen Unterstützung erbringt.
Achtung, ist z.B. eine Maschine gelistet, bezieht sich dies automatisch auch auf die Software oder Steuerungstechnologie für diese Maschine.
Dabei ist es unerheblich ob die Software auf einem Datenträger geliefert wird oder über eine Cloud zur Verfügung gestellt wird.

5. Innerbetriebliches Exportkontrollsystem (ICP)

Da die rechtlichen Vorgaben zur Exportkontrolle komplex sind und sich häufig ändern, ist es unerlässlich, die betriebliche Exportkontrolle zu systematisieren. De Zahl der Embargos und der Genehmigungspflichten im Export nehmen eher zu und sind nicht statisch.
Der interaktive Beratungsablauf zur EU-Exportkontrolle der Stuttgarter IHK Exportakademie hilft Ihnen bei der Prüfung, ob die von Ihnen geplante Ausfuhr exportkontrollrechtlichen Beschränkungen unterliegt, also ob sie genehmigungspflichtig oder gar verboten ist. Anhand der Kernfragen der Exportkontrolle prüfen Sie Ihr Vorhaben. Erklärtexte und Verlinkungen zu weitergehenden Informationen helfen Ihnen, die Fragen zu beantworten.
Die Anforderungen an ein funktionierendes Innerbetriebliches Exportkontrollsystem (ICP) sind folgende:
  • Personalauswahlpflicht (kompetentes, geschultes Personal, Ausfuhrverantwortlichen und Exportkontrollbeauftragten benennen)
  • Weiterbildungspflicht (regelmäßige Schulungen, Sicherstellung der Qualifizierungen)
  • Organisationspflicht (Arbeits- und Verfahrensanweisung, Einbindung der anderen Abteilungen, Güterlistenkontrolle, Sanktionslistenprüfung, Stammdatendatenpflege, regelmäßige Überprüfung des ICP)
  • Überwachungspflicht (Gewährleistung, dass ICP-Abläufe eingehalten werden, Kontrollstrukturen einrichten, Dokumentation von Prüfschritten und Aufbewahrung der Unterlagen
Das ICP sollte mindestens einmal jährlich auditiert und bei Bedarf angepasst werden. Ergeben sich unterjährig Änderungen in den Rechtsvorschriften oder den Prozessen müssen diese Änderungen eingearbeitet werden. Alle entscheidungsrelevanten Erkenntnisse müssen so dokumentiert werden, dass sie im Falle von Audits oder Außenwirtschaftsprüfungen unkompliziert zugänglich gemacht werden können. Ausfuhrrelevante Unterlagen aus allen Phasen des Geschäfts müssen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben der Dual-Use-VO bzw. der AWV aufbewahrt werden.
Ein betriebliches Exportkontrollsystem ist aber nur dann gut, wenn es verständlich ist und in der täglichen Arbeit gelebt werden kann. 
Eine Arbeits- und Organisationsanweisung, die den Bereich „Exportkontrolle“ abdeckt sowie detaillierte Anweisungen zur Einhaltung der exportkontrollrechtlichen Vorgaben sollten das Herzstück des ICP bilden. Sie sollten einfach und nachvollziehbar formuliert sein und allen Mitarbeitern zur Verfügung stehen.
Die EU-Kommission hat eine anschauliche Empfehlung zu internen Compliance Programmen veröffentlicht.