Positionspapier beschlossen

Weltoffenheit leben

Potsdam, 11. April 2024 – Infolge der im Januar 2024 veröffentlichten Correctiv-Recherche über ein Treffen aus dem November 2023 in Potsdam, bei dem unter anderem das Thema „Remigration“ diskutiert wurde, kam es in ganz Deutschland zu Protesten und Demonstrationen gegen Hass und Ausgrenzung.
Die drei Brandenburger Industrie- und Handelskammern beteiligten sich als Erstunterzeichner beim Aufruf „Brandenburg zeigt Haltung“. Nun hat die Vollversammlung der IHK Potsdam in ihrer ersten Sitzung des Jahres zusätzlich mit einer eigenen Positionierung Stellung für Weltoffenheit und Toleranz sowie gegen Ausgrenzung und Hass bezogen. In dem vom IHK-Präsidium erarbeiteten Papier, das der Potsdamer Unternehmer und IHK-Präsidialmitglied Christoph Miethke vorstellte, heißt es: Nicht zuletzt aufgrund des demografischen Wandels - welcher in Brandenburg besonders ausgeprägt ist - wird Deutschland in den kommenden Jahren ein Zuwanderungsland bleiben, um sein Wohlstandsniveau zu halten und zu steigern.
Potsdams IHK-Präsidentin Ina Hänsel sagt: „Brandenburgs Wirtschaft befindet sich in herausfordernden Zeiten. Nach tiefen Einschnitten durch die Corona-Pandemie sorgen nun insbesondere gestiegene Preise infolge der Energiekrise für Schwierigkeiten. Es kommt zu Nachfragerückgängen und auch der Arbeits- und Fachkräftemangel sowie zahlreiche bürokratische Hürden belasten die Unternehmen. Sowohl bei Konsumenten als auch bei Unternehmen herrscht eine große Verunsicherung, die durch verzögerte Entscheidungen und unklare Kommunikation noch verstärkt wird. Das machen sich einzelne Gruppen zu nutze. Dabei kommt es auch zu rassistischen, antisemitischen und menschenverachtenden Äußerungen, die der Brandenburger Wirtschaft schaden. Stattdessen braucht es einen verbesserten Dialog zwischen Politik und Wirtschaft, um die Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen.“
Deshalb fordere die Wirtschaft eine noch stärkere Einbeziehung in politische Entscheidungsprozesse, den regelmäßigen Dialog der politischen Spitze, die Schaffung international konkurrenzfähiger wirtschaftspolitischer Rahmenbedingungen, stärkeres Vertrauen der Politik in die Unternehmen, um Bürokratieabbau durch Kontrollabbau zu erreichen sowie eine stabile und verlässliche Politik als Grundlage für wirtschaftliches Handeln zur Vermeidung von Unsicherheit und für bessere Planbarkeit für die Unternehmen und die Menschen in unserem Land.

Positionspapier

Präambel

Brandenburgs Wirtschaft befindet sich in herausfordernden Zeiten. Nach tiefen Einschnitten durch die Corona-Pandemie sorgen nun insbesondere gestiegene Preise infolge der Energiekrise für Schwierigkeiten. Die regelmäßigen IHK-Konjunkturumfragen belegen dies eindrücklich. Es kommt zu Nachfragerückgängen und auch der Arbeits- und Fachkräftemangel sowie zahlreiche bürokratische Hürden belasten die Unternehmen. Sowohl bei Konsumenten als auch bei Unternehmen herrscht eine große Verunsicherung, die durch verzögerte Entscheidungen und unklare Kommunikation noch verstärkt wird. Das machen sich einzelne Gruppen zu nutze. Dabei kommt es auch zu rassistischen, antisemitischen und menschenverachtenden Äußerungen, die der Brandenburger Wirtschaft schaden. Stattdessen braucht es einen verbesserten Dialog zwischen Politik und Wirtschaft, um die Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen. Zur Untersetzung dieser Positionen wurde durch das Präsidium der IHK Potsdam dieses Positionspapier erarbeitet.

Toleranz und Weltoffenheit als Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg

Als ehrbare Kaufleute übernehmen wir Verantwortung für die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Deutschland und damit in Brandenburg. Dafür stehen wir sowohl in unseren Unternehmen als auch in der Gesellschaft ein. Schon heute wird unser Arbeitsmarkt an vielen Stellen durch Personal mit Migrationshintergrund gestützt. Nicht zuletzt aufgrund des demografischen Wandels - welcher in Brandenburg besonders ausgeprägt ist - wird Deutschland in den kommenden Jahren ein Zuwanderungsland bleiben, um sein Wohlstandsniveau zu halten und zu steigern. Eine gute Integration zugewanderter Fach- und Arbeitskräfte kann nur gelingen, wenn in Unternehmen und Gesellschaft Weltoffenheit und Toleranz gelebt werden. 
Die Wirtschaft fordert deshalb:
1.    Eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Rassismus, Antisemitismus, Ausgrenzung und Hass.
2.    Die Förderung einer weltoffenen und toleranten Gesellschaft, welche ein friedliches und respektvolles Miteinander unterstützt.
3.    Eine verbesserte Unterstützung jener Menschen, die sich in den brandenburgischen Arbeitsmarkt integrieren wollen.
4.    Eine verbesserte Unterstützung der Unternehmen bei der gezielten Aufnahme ausländischer Arbeits- und Fachkräfte und den damit verbundenen Herausforderungen.
5.    Die konsequente Beschleunigung der Prozesse der Fachkräftegewinnung aus dem Ausland durch die Politik unter Mitarbeit der Wirtschaft.

Miteinander an guten Lösungen arbeiten

Die Herausforderungen für die regionale Wirtschaft sind zahlreich. Ein Bemühen seitens der Politik zur Suche nach Lösungen ist nicht abzustreiten, allerdings werden diese zu oft durch parteipolitischen Schlagabtausch überlagert. Zudem erfolgt zu selten eine substanzielle Einbeziehung der Wirtschaft in die Entscheidungsfindung, sodass politische Entscheidungen oft in der Umsetzung an den praktischen Bedarfen der Unternehmen vorbei gehen. Dem dadurch entstehenden, zunehmenden Politikverdruss muss über eine verstärkte Zusammenarbeit von Wirtschaft und Politik begegnet werden. Demokratie, Diskussion und Dialog sollten Hand in Hand gehen, um attraktive Möglichkeiten für Wirtschaftswachstum zu schaffen und die notwenige Transformation der Wirtschaft zu bewältigen.
Die Wirtschaft fordert deshalb:
1.    Eine stärkere Einbeziehung der Wirtschaft in transparente politische Entscheidungsprozesse.
2.    Die Verstetigung von Dialogen der politischen Spitzenebene mit der Wirtschaft zur Erörterung der branchenübergreifenden Herausforderungen.
3.    Die Schaffung international konkurrenzfähiger wirtschaftspolitischer Rahmenbedingungen.
4.    Stärkeres Vertrauen der Politik in die Unternehmen, um Bürokratieabbau durch Kontrollabbau zu erreichen.
5.    Eine stabile und verlässliche Politik als Grundlage für wirtschaftliches Handeln zur Vermeidung von Unsicherheit und für bessere Planbarkeit.