April 2024

An der Schnittstelle zur Politik

Ihr Lebensmittelmarkt ist ein Familienunternehmen mit 50 Mitarbeitern. Katrin Schneider brennt für ihren Markt, den sie Stück für Stück zum „Wohlfühl-Ort“ ausgebaut hat. Mit eigener Bäckerei und Fleischerei, einem Café, einem Mittagessenangebot, einem Büchertausch-Regal und mit der einzigen Postfiliale in der Blütenstadt. 2005 bot sich Katrin Schneider die Möglichkeit, den Markt zu übernehmen. Nachdem sie mit ihrem Mann Werder (Havel) besichtigt hatte, war sie sofort begeistert. Ihr gefiel die kleinstädtische Struktur und auch die Möglichkeit, sich sozial und wirtschaftspolitisch vor Ort einzubringen. Sie war langjährige Vorsitzende des Werderaner Gewerbevereins und Prüferin bei der IHK für Kaufleute im Einzelhandel. Seit 2022 gehört sie der Vollversammlung der IHK Potsdam an und ist Mitglied im Ausschuss für Existenzgründung und Unternehmensnachfolge, weil ihr dieses Thema besonders am Herzen liegt. Dort drängt sie darauf, dass die IHK sich für weniger Bürokratie einsetzt. FORUM/BB
FORUM – Das Brandenburger Wirtschaftsmagazin fragte nach:
FORUM: Frau Schneider, was kann denn die IHK zur Entbürokratisierung beitragen?
Ich habe im Januar in Potsdam an der Wirtschaftskonferenz der IHKs zur Fachkräftesicherung teilgenommen. Dietmar Woidke konnte sich aus erster Hand bei Unternehmern informieren, wo der Schuh drückt. Bei den vielen aktuellen Fragen ist die Bürokratie ein Problem, das alle Branchen betrifft. Als Interessenvertretung der Wirtschaft kommt die IHK an die Politiker heran, das müssen wir bei jeder Gelegenheit nutzen.
Forum: Wie erleben Sie selbst die Fachkräfte-Situation?
Vor etwa 10 Jahren haben wir bis zu zehn junge Leute im Markt ausgebildet. Heute sind wir froh, wenn wir jedes Jahr einen Auszubildenden im Markt beschäftigen können. Der Handel ist eine Chance für Quereinsteiger. Aber diese Leute müssen Lust haben, arbeiten zu gehen. Dafür muss die Politik Anreize schaffen. Bevor wir Arbeitskräfte aus dem Ausland holen, sollten wir die eigenen Potenziale erschließen. Wir werben um Azubis, stellen unseren Markt zum Beispiel beim Werderaner Wirtschaftstag vor. Wir bilden gerade zwei Studienabbrecher aus, die dadurch eine neue Perspektive haben. Sie sind gut in der Schule und können bei EDEKA Karriere machen
Forum: Was sind die aktuellen Themen in Ihrem Fachausschuss?
Brandenburg wählt im September, darum haben wir einen Brief an die Landtagskandidaten vorbereitet. Wir laden sie zum Gespräch ein und hoffen darauf, dass sich unsere Themen auch in den Parteiprogrammen widerspiegeln. Ich finde es zum Beispiel kontraproduktiv, dass es Gründungsförderungen nur gibt, wenn jemand vorher arbeitslos war. Die Besten sollen gründen, und die sind im Job. Für mich ist es ein besonderes Anliegen Frauen zu unterstützen. Frauen kommen bei Gründungen zu selten zum Zuge, weil sie sich selbst zu wenig zutrauen. 
Forum: Ist denn das Unternehmersein für junge Leute noch erstrebenswert?
Es macht Spaß, etwas selbst gestalten zu können. Ich lebe das und versuche, es weiterzugeben. Wir müssen die duale Berufsausbildung stärken und die Selbstständigkeit attraktiver machen, sonst werden viele Betriebe ohne Nachfolge bleiben. Im Handwerk, der Gastronomie und im Handel ist das heute schon zu sehen. Ich bin jetzt 61 Jahre alt und habe Glück, dass meine Nachfolge ab 2026 geregelt ist. Ich habe große Lust, danach noch etwas Anderes zu machen, ob Arbeit oder Ehrenamt ist dabei offen.