18.04.23

Argentinien krempelt das Import- und Devisenkontrollsystem um

Im Oktober 2022 führte Argentinien ein neues Import- und Devisenkontrollsystem ein. Seit dessen Implementierung kommt es zu erheblichen Verzögerungen im Außenhandel. Die Institutionen, Unternehmen, Banken und Logistikzentren kämpfen mit der komplexen Bürokratie, die dazu dienen soll, die weiter schwindenden Devisenreserven des Landes zu schützen.

Einführung des neuen Systems für Regulierung und Kontrolle des Außenhandels (SIRA)

Mitte Oktober 2022 führte Argentinien mit der Verordnung Nr. 5271/22 der Steuerbehörde AFIP und des Handelssekretariats, sowie den Verordnungen „A“ 7622 und 7629 der Zentralbank BCRA, ein neues System für die Regulierung und Kontrolle des Außenhandels ein. Dies betrifft insbesondere das Monitoring der Importe und des Zugangs zum Devisenmarkt für deren Bezahlung. Das Sistema de Importaciones de la República Argentina, kurz „SIRA", ersetzte das bis dahin gültige Integrierte Einfuhrüberwachungssystem ("SIMI"). Die neuen Regelungen umfassen auch die Einfuhr und Bezahlung von Dienstleistungen aus dem Ausland (SIRASE).
Hintergrund der strikten Kontrollen ist der Versuch die knappen Devisenreserven des Landes zu schützen. Diese sind seit Jahren niedrig und können aufgrund gleichbleibender bzw. rückgängiger Exporte nicht nachhaltig aufgefüllt werden. Aktuell verursacht beispielsweise die lange Dürre Ernteausfälle bei Argentiniens wichtigsten Exportgütern aus dem Agrarbereich. 
In der Folge der massiven und plötzlichen Umstrukturierung des Einfuhrkontrollsystems kam und kommt es weiterhin zu Turbulenzen, da viele Funktionen der virtuellen Antragsplattform erst nach und nach eingerichtet wurden. Auch widersprachen sich die Verordnungen teilweise oder waren ungenau formuliert. Es musste nachgebessert werden, was zu Verunsicherung bei den Importeuren führte. Seitens des Handelssekretariats erfolgt die Bearbeitung der SIRA-Anträge langsam und viele Importlizenzen warten weiter auf eine Genehmigung.
Die Hauptsorge der Importeure, von denen die große Mehrheit Zulieferer des nationalen Produktionssektors ist, gilt deshalb vorrangig den Verzögerungen bei der Genehmigung der Importlizenzen sowie die Tatsache, dass SIRAs, die nach 90 Tagen nicht genehmigt sind, aus dem System gelöscht werden. Der gesamte Prozess muss in diesen Fällen von vorne begonnen werden. Nach knapp 5 Monaten haben viele Unternehmen ihre Vorräte aufgebraucht, neue Importe kommen nur zögerlich an, so dass Produktionsstopps drohen oder Verträge mit Kunden nicht erfüllt werden können.

Stockende Lieferketten

Auch die Lage in den Terminals und Zolllagern ist dramatisch. Waren, die bereits in den Lagern eingetroffen sind, aber noch keine Importgenehmigung haben, müssen dort verbleiben, manchmal über Wochen oder gar Monate. So sind die Lager überfüllt und die Importeure stöhnen über die horrenden Zusatzkosten. Weiterhin gerät die lokale Produktion aus dem Takt und es stockt in den Lieferketten. Am stärksten betroffen sind lokale Hersteller, die auf importierte Vorleistungen, Ersatzteile und Rohstoffe angewiesen sind.
Eine weitere Schwierigkeit ist die Tatsache, dass die Unternehmen keine direkten Ansprechpartner im Handelssekretariat haben. Beschwerden konnten zunächst lediglich über eine entsprechende digitale Funktion eingereicht werden und blieben in der Regel unbeantwortet. Fragen zu abgelehnten Importlizenzen, bei Verzögerungen und auch zur Berechnung der Quoten, die den Unternehmen für die Durchführung von Auslandszahlungen zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Verfügung stehen, blieben ungeklärt.
Nach und nach werden weitere Beschwerdekanäle über die Branchenkammern sowie auch über die AHK Argentinien eingerichtet, über welche die Mitglieder gezielter Beschwerden zu kritischen nicht genehmigten SIRAs einreichen können. Es besteht Hoffnung, dass diesen Anträgen Vorrang bei der Bearbeitung eingeräumt wird. Voraussetzung ist, dass die Dringlichkeit der reklamierten Importe begründet wird, z.B. dass es sich um Material für die lokale Produktion handelt und ein Betriebsstopp droht, wenn diese Produkte nicht eingeführt werden können. Wie auch in den vergangenen Jahren sollen die Unternehmen Prognosen für die geplanten Ein- und Ausfuhren in diesem Jahr vorlegen. Auch diese sollen bei der Genehmigung der Importlizenzen berücksichtigt werden.

Internationale Zahlungen

Das Thema der internationalen Zahlungen stand vor diesem Hintergrund etwas weniger im Fokus, obwohl auch die Vergabe von langfristigen Zahlungszielen für die eingeführten Waren weiterhin zu beobachten ist. In der neuen Regelung ist vorgesehen, dass bis auf einige spezielle Ausnahmen (u.a. Produkte der Pharmaindustrie und Medizintechnik, Kohlenwasserstoffe, Investitionsgüter und Materialien für öffentliche Infrastrukturprojekte) im System von den beteiligten Institutionen Zahlungsziele ab Ankunft der Waren vorgegeben werden, die sich nach der Größe der Importunternehmen richten sollen, und 60, 90 oder bis zu 180 Tage betragen. In der Praxis war zu beobachten, dass 180 Tage selten unterschritten wurden. Andererseits gab es aber auch Fälle in denen Zahlungsziele bei der Genehmigung der SIRA von 180 auf 30 Tage nach der Wareneinfuhr reduziert wurden.
Für Zahlungen per Vorkasse erhält jedes Unternehmen eine Freigrenze von 50.000 USD pro Kalenderjahr, die eingesetzt werden können, wenn der Import genehmigt wurde und die entsprechende Option bei der Beantragung angegeben wurde. Für Waren, die unter die oben genannten Ausnahmeregelungen fallen, können weiterhin schneller Zahlungen geleistet werden. Jedoch kommt es auch hier in der Praxis oft zu Unstimmigkeiten und Verzögerungen.
Haben Sie Fragen zu den aktuellen Veränderungen im Import- und Devisenkontrollsystem? Zögern Sie nicht uns direkt anzusprechen.
Kontakt: Christina Keim / ckeim@ahkargentina.com.ar