05.01.2024

Steuern und Abgaben beim grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr (B2B)

Die zunehmende Internationalisierung des Wirtschaftsverkehrs bringt es mit sich, dass immer häufiger Dienstleistungen nicht nur im Inland, sondern grenzüberschreitend erbracht werden. Dies gilt für Beratungs- und Gutachterleistungen ebenso wie beispielsweise für Montagen oder Reparaturen.
Werden Dienstleistungen über die Grenze erbracht, stellt sich immer auch die Frage, was steuer- und abgabenrechtlich zu beachten ist. Insbesondere ist zu klären, wie die korrekte umsatzsteuerliche Behandlung der grenzüberschreitenden Leistungen aussieht. Hierbei spielt vor allem eine Rolle,
  • in welchem Land die erbrachte Leistung umsatzsteuerlich erfasst wird
  • und wie als Folge dessen die jeweilige Rechnungsstellung auszusehen hat.
Die Regelungen hierzu sind im Einzelnen äußerst kompliziert und unterscheiden sich je nach Art der ausgeführten Dienstleistung. Außerdem ist für die zutreffende umsatzsteuerliche Behandlung häufig auch die Kenntnis der nationalen Rechtsvorschriften des Landes erforderlich, in dem der Leistungsempfänger seinen Betrieb hat beziehungsweise die Leistung erbracht wird. Im Zweifelsfall sollte daher immer fachkundiger Rat eingeholt werden.
Die folgenden Ausführungen geben einen Überblick über die Grundzüge der umsatzsteuerlichen Behandlung von Dienstleistungen, die an unternehmerische Leistungsempfänger erbracht werden.

1. Grundsatz

Grundsatz der umsatzsteuerlichen Regelungen über grenzüberschreitende Dienstleistungen ist, dass diese der Umsatzbesteuerung des Landes unterfallen, in dem der leistende Unternehmer sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 2 UStG). So ist zum Beispiel der Leistungsort bei einem Vermieter von Fahrzeugen dort, wo er seinen Betrieb hat, egal wo die Fahrzeuge von den Mietern benutzt werden. Diese an sich einfache Grundregel ist allerdings durch eine Vielzahl von Ausnahmeregelungen weitgehend ausgehöhlt.
Bevor der angeführte Grundsatz angewendet wird, ist daher immer zwingend zu prüfen, ob nicht eine der zahlreichen Ausnahmen greift. Hierbei sind nach der Art der konkret erbrachten Dienstleistung folgende Fälle zu unterscheiden:

2. "Katalogleistungen" mit Leistungsort im Ausland

Die folgenden so genannten Katalogleistungen (§ 3 a Abs. 4 UStG) sind abweichend von der angeführten Grundregel immer dort steuerbar, wo der Empfänger der Leistung sein Unternehmen betreibt:
  • Leistungen zur Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Warenzeichenrechten und ähnlichen Rechten sowie der Verzicht auf Ausübung eines dieser Rechte
  • Werbeleistungen sowie Leistungen, die der Öffentlichkeitsarbeit dienen (Werbungsmittler, Werbeagenturen);
  • rechtliche, wirtschaftliche, wissenschaftliche und technische und ähnliche Beratungsleistungen;
  • Datenverarbeitungsleistungen;
  • Kreditgewährungen und -verwaltungen;
  • Personalgestellung;
  • Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben
  • Vermietungs- und Leasinggeschäfte mit beweglichen körperlichen Gegenständen, ausgenommen Beförderungsmittel;
  • Gewährung des Zugangs zu Erdgas- und Elektrizitätsnetzen und die Fernleitung; die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen
  • Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation;
  • Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen
  • auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen, hierzu gehört z.B. auch die Überlassung von Software auf elektronischem Weg

2.1. Umsatzsteuerliche Behandlung im Ausland

Europäische Union: Für die umsatzsteuerliche Behandlung im Ausland gilt, dass in allen Mitgliedstaaten der EU beim Bezug von Katalogleistungen die sogenannte reverse-charge-Regelung angewendet wird. Danach berechnet der Rechnungsempfänger auf der Grundlage des anzuwendenden Steuersatzes seines Landes die Steuer selbst, deklariert den Betrag gegenüber seinem Finanzamt und zieht ihn unter den allgemeinen Voraussetzungen als Vorsteuer ab. Der Ausweis ausländischer Umsatzsteuer beziehungsweise die umsatzsteuerliche Registrierung des deutschen Dienstleisters im Ausland ist daher nicht erforderlich.
Drittland: Eine vom Verfahren her der reverse-charge-Regelung ähnliche Praxis wird auch von verschiedenen Drittländern angewandt. Der Umsatz des deutschen Unternehmers wird dann nicht erfasst, wenn er nach dem Umsatzsteuerrecht der Staaten kein Steuergegenstand ist (zum Beispiel in den USA) oder ein vergleichbares Besteuerungssystem überhaupt nicht besteht (zum Beispiel in den Vereinigten Emiraten). Im Übrigen gilt, dass nur ein Blick ins jeweilige nationale Recht Sicherheit über die Behandlung der jeweiligen Leistung im Drittland geben kann. Hilfe sowie eine möglicherweise notwendige Fiskalvertretung im Empfängerland bieten die Deutschen Auslandshandelskammern in zahlreichen Ländern weltweit an.

2.2. Rechnungsstellung

Konsequenz der Steuerbarkeit dieser Leistungen am Ort des Leistungsempfängers ist, dass der in Deutschland ansässige Unternehmer diese an Auftraggeber im Ausland ohne deutsche Umsatzsteuer abzurechnen hat, soweit diese die Leistungen für ihr Unternehmen beziehen. Für die Rechnungsstellung selbst gelten die jeweils ausländischen Rechnungsvorschriften. In der EU sind diese weitgehend harmonisiert und daher mit den deutschen Regelungen vergleichbar.
Da die meisten Staaten dies vorsehen, empfiehlt es sich zusätzlich stets auf die unter 2.1. beschriebene Verlagerung der Steuerschuld auf den Rechnungsempfänger hinzuweisen, zum Beispiel durch einen Hinweis auf der Rechnung "Steuerschuld verlagert" bzw. "VAT reversed" (Hinweise in verschiedenen Sprachen hier Fremdsprachlicher Hinweis auf Rechnungen für Dienstleistungen in der EU).

3. Leistungen, die sich auf ein im Ausland gelegenes Grundstück beziehen

Leistungen, die sich auf ein Grundstück beziehen, werden dort umsatzsteuerlich erfasst, wo das Grundstück liegt (§ 3 a Abs. 3 Nr. 1 UStG). Die Leistungen, die hierunter fallen sind vielfältig. Hierzu zählen zum Beispiel Vermietungsleistungen, die Begutachtung von Grundstücken, das Erstellen von Bauplänen sowie Maklertätigkeiten. Ebenso fallen hierunter aber auch grundstücksrelevante Bau- und Montageleistungen sowie die Leistungen deutscher Messebauer im Ausland. Die genaue Abgrenzung muss im Einzelfall sorgfältig vorgenommen werden. Hierfür ist fachkundiger Rat unerlässlich. Eine erste Anlaufstelle kann die zuständige Industrie- und Handelskammer sein.
Rechnungsstellung
Grundstücksleistungen sind ausnahmslos ohne deutsche Umsatzsteuer abzurechnen. Eine andere Verfahrensweise, selbst wenn derartige Umsätze an im Inland ansässige Unternehmer abgerechnet werden, schließt den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers auch in Deutschland aus. Für diese Umsätze muss generell die ausländische Umsatzsteuer des Landes, in dem das Grundstück liegt, in Rechnung gestellt werden, die vom leistenden deutschen Unternehmer auch geschuldet wird. Voraussetzung hierfür ist die vorherige steuerliche Registrierung des deutschen Unternehmers im Ausland beziehungsweise die Bestellung eines Fiskalvertreters im entsprechenden Land. Vereinzelt sehen Staaten auch hier eine Vereinfachung entsprechend der Steuerschuldverlagerung oder in ähnlicher Weise vor. Dies bedarf der genauen Prüfung im Einzelfall im nationalen Steuerrecht des Belegenheitsorts.
Beachtet der deutsche Unternehmer gegebenenfalls seine Registrierungspflicht nicht, verwirkt er in dem jeweiligen Land sein Recht auf Abzug der ihm dort entstandenen Vorsteuern. Für die weiteren Einzelheiten sollte die Auskunft der zuständigen ausländischen Steuerbehörde eingeholt werden. Ferner steht die zuständige Industrie- und Handelskammer als Ansprechpartnerin zur Verfügung.

4. Organisation und Durchführung von Kongressen und Seminaren im Ausland

Leistungen im Zusammenhang mit der Organisation und Durchführung von Kongressen, Seminaren oder ähnlichen Veranstaltungen im Ausland unterliegen der Umsatzbesteuerung am jeweiligen Tätigkeitsort. Das gilt auch dann, wenn diese Leistungen an inländische Auftraggeber erbracht werden. Die Rechnung hat dementsprechend ohne deutsche Umsatzsteuer zu erfolgen. Auch für diese Umsätze muss grundsätzlich die ausländische Umsatzsteuer des Landes, in dem die Veranstaltung stattfindet, in Rechnung gestellt werden. Voraussetzung hierfür ist wiederum die vorherige steuerliche Registrierung im Ausland beziehungsweise die Bestellung eines Fiskalvertreters im entsprechenden Land. Für die weiteren Einzelheiten, insbesondere ob eine nationale Vereinfachungsregelung die Registrierung entbehrlich macht, sollte die Auskunft der zuständigen ausländischen Steuerbehörde eingeholt werden. Die Deutschen Auslandshandelskammern vor Ort beraten Sie gern.

5. Reparaturen vor Ort beim Kunden

Werden Reparaturen an beweglichen Gegenständen im Ausland vorgenommen, unterfallen diese Leistungen regelmäßig der Umsatzbesteuerung am Ort der Tätigkeit. Wartet also ein deutscher Unternehmer die von ihm nach Frankreich gelieferte Maschine (außerhalb der vereinbarten Garantiefrist) und rechnet diese Leistung entgeltlich ab, unterliegt der Umsatz dem französischen Umsatzsteuerrecht. Deutsche Umsatzsteuer ist in diesen Fällen nicht auszuweisen.
Für die umsatzsteuerliche Behandlung im jeweiligen Ausland gilt auch hier, das dies nur durch einen Blick ins ausländische Steuerrecht zu klären ist. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob eine gesetzliche oder praktische Vereinfachungsreglung die Registrierung entbehrlich macht. Auch hier sollte daher für die weiteren Einzelheiten die Auskunft der zuständigen ausländischen Steuerbehörde eingeholt werden. Die Deutschen Auslandshandelskammern vor Ort beraten Sie gern.

6. Selbstständige Dienstleistungen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Warenbewegungen

Typische Dienstleistungsarten, die sich auf eine Warenbewegung beziehen, sind die Leistungen der Handelsvertreter (Vermittlung einer Lieferung), der Güterspediteure (Ausführung des Transports) und der Lohnveredler (Ausführung von Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen des ausländischen Auftraggebers).
Diesen Dienstleistungen ist von der Bestimmung des Leistungsortes her eigen, dass sich dieser bei einer Warenbewegung zwischen zwei Mitgliedstaaten der EU nach dem Registrierungsland des Auftraggebers richtet, wenn dieser seine entsprechende Umsatzsteueridentifikationsnummer verwendet. Insofern kann aus Sicht des deutschen Dienstleisters die Abrechnung dieser Leistungen gegenüber Auftaggebern aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet grundsätzlich ohne deutsche Umsatzsteuer erfolgen.
Eine Veranlagung zur Umsatzsteuer im Ausland seitens des deutschen Unternehmers ist dadurch ausgeschlossen, dass alle EU-Mitgliedstaaten einheitlich festgelegt haben, dass der Leistungsempfänger (Rechnungsempfänger) Schuldner der Umsatzsteuer wird.
Beispiel 1:
Der belgische Unternehmer B beauftragt den deutschen Spediteur DE, die von B bei dessen Lieferanten in Deutschland bestellte Ware abzuholen und von Deutschland nach Belgien zu transportieren. B verwendet gegenüber DE seine belgische Umsatzsteueridentifikationsnummer.
Lösung: Aufgrund der Verwendung der belgischen Umsatzsteueridentifikationsnummer durch B verlagert sich der Ort der Beförderungsleistung des DE von Deutschland nach Belgien. DE rechnet seine Beförderungsleistung ohne (deutsche) Umsatzsteuer ab. Aufgrund der Anwendung des "reverse-charge-Verfahrens" (vgl. oben Punkt 2.1. und 2.2.) verlagert sich die Steuerschuld auf B. DE treffen keine umsatzsteuerlichen (Registrierungs)pflichten in Belgien.

Beispiel 2:
Der deutsche Unternehmer DE beauftragt den belgischen Spediteur B, die von DE bei dessen Lieferanten in Belgien bestellte Ware abzuholen und von Belgien nach Deutschland zu transportieren. DE verwendet gegenüber B seine deutsche Umsatzsteueridentifikationsnummer.
Lösung: Aufgrund der Verwendung der deutschen Umsatzsteueridentifikationsnummer durch DE verlagert sich der Ort der Beförderungsleistung des B von Belgien nach Deutschland. B rechnet seine Beförderungsleistung ohne (belgische) Umsatzsteuer ab.
Für DE weiter zu beachten ist, dass sich die Steuerschuld für den Bezug der Beförderungsleistung aufgrund der Regelung des § 13b UStG von B auf DE verlagert. Dies heißt, dass DE den Leistungsbezug im Rahmen seiner Umsatzsteuervoranmeldung anzumelden hat und bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen wieder als Vorsteuer geltend machen kann.

7. Rechnungsstellung

Für die Rechnungsstellung der unter Punkt 6 beschriebenen Leistungen gelten Besonderheiten. In diesen Fällen sind zusätzlich zu den allgemeinen Rechnungsangaben folgende Punkte anzugeben:
  • Umsatzsteueridentifikationsnummer des Leistenden
  • Umsatzsteueridentifikationsnummer des Leistungsempfängers im EU-Ausland.
Im Übrigen gelten die Ausführungen unter Punkt 2.2. entsprechend.
Hinweis: Bei der Erbringung von Leistungen eines Handelsvertreters, Spediteurs oder Lohnveredlers im Zusammenhang mit der Ausfuhr von Gegenständen ins Drittland, gestaltet sich die Rechtslage komplizierter. Diese Umsätze sind zwar im Inland steuerbar, können aber nach speziellen Regelungen steuerbefreit sein. Hier empfiehlt es sich, fachkundigen Rat einzuholen. Die Deutschen Auslandshandelskammern vor Ort beraten Sie gern. Sonderregelungen gelten auch für die Leistungen der Reiseveranstalter. Auch hier ist es empfehlenswert, sich vor der jeweiligen Abrechnung an eine fachkundige Stelle zu wenden.