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Patent-Statistik Ostwürttemberg

Patentintensität bleibt weit über Landes- und Bundesdurchschnitt doch Schere zwischen großen und kleineren Unternehmen geht weiter auf

 
Die Zahl der Patentanmeldungen wird in der Volkswirtschaft als Indikator für die Innovationskraft der Industrie angesehen. Mit einer Patentintensität von 3,54 Patenten pro 1.000 Erwerbstätige im Jahr 2015 liegt Ostwürttemberg weit über dem Durchschnittswert Baden-Württembergs mit 2,34 Patenten sowie Deutschlands mit 1,10 Patenten pro 1.000 Erwerbstätige.
Natürlich müssen aber auch diese Werte kritisch hinterfragt werden. Insgesamt sind Tendenzen und Entwicklungen wichtiger als die absoluten Zahlen. Gerade im Hinblick auf die Innovationsaktivitäten von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ist ein Blick hinter die Kulissen einer für die Region prestigeträchtigen Patentstatistik sinnvoll.
Top-Anmelder in der Region
Die Patent – und Gebrauchsmusteranmeldungen werden, wie sich bereits in den letzten Jahren gezeigt hat, stets von den Großunternehmen wie der Carl Zeiss Gruppe, dem Voith Konzern, der C. & E. Fein GmbH, der Paul Hartmann AG sowie der ehemals ZF-Lenksysteme GmbH und heute der Robert Bosch Automotive Steering GmbH dominiert. Durch die Übernahme der ZF Lenksysteme GmbH im Jahr 2014, steigen bei der Robert Bosch Automotive Steering GmbH die Patent- und Gebrauchsmusteranmeldungen stetig an.
Knapp 90 Prozent der Patent- und Gebrauchsmusteranmeldungen stammen im Betrachtungszeitraum von großen Unternehmen. Andere große Unternehmen aus Ostwürttemberg weisen in dem Beobachtungszeitraum eine steigende Patent– und Gebrauchsmusteranmeldezahl auf, liegen aber mit rund elf Prozent noch immer deutlich unter der der absoluten Top-Anmelder.
Die Patent– und Gebrauchsmusteranmeldungen der klein-  und mittelständischen Unternehmen (KMU) sowie der freien Erfinder sinken in den letzten Jahren tendenziell. Hohe Kosten einer Patentanmeldung sowie Kosten für die Aufrechterhaltung und Durchsetzung sind Gründe hierfür. Oft wird daher auf kostengünstigere Schutzmechanismen ausgewichen wie bspw. Gebrauchsmuster oder Geheimhaltungsvereinbarungen. Diese werden meist aus finanziellen und weniger aus strategischen Entscheidungsgründen von KMU eingesetzt.
Anmeldestrategie
KMU sind in internationalen Geschäften fast genauso stark aktiv wie große Unternehmen. Daher wäre zu erwarten, dass sie auch genauso aktiv dabei sind, internationale Schutzrechte anzumelden. Es zeigt sich jedoch, dass KMU nur wenig internationale Patentanmeldungen tätigen. Die Ressourcen und Kapazitäten für Patentmanagement sind bei KMU oft begrenzt. Daher haben sie also beim geistigen Eigentum oft nicht die längerfristige Vorausschau und die Strategie in der internationalen Patentanmeldung wie ein Großunternehmen.
Großunternehmen hingegen haben größtenteils auf die Zunahme der weltweiten Patentaktivität reagiert, strategisch stärker operiert und verstärkt recherchiert, um den weltweiten Wettbewerb besser beobachten zu können.
 
Technologische Schwerpunkte
Die Entwicklung der Patent- und Gebrauchsmusteranmeldungen lässt sich anhand der Patentklassifikationen in einzelne Technologiefelder einteilen, welchen eine besondere Bedeutung zukommt. In der Region Ostwürttemberg werden die meisten Patent- und Gebrauchsmusteranmeldungen also in den Sektionen Optik, Maschinenelemente oder –einheiten, Mess- und Regelungstechnik sowie Fahrzeuge angemeldet.
 
Region im Bundestrend
Auf Basis der Patentanmeldungen wird das technologische Profil der Top-Anmelder bestimmt. Die vielzitierte hohe Patentintensität der Region fußt – ebenso wie auch auf der Bundesebene – auf der ausgeprägten Patentneigung dieser Unternehmen. Insgesamt stammen im Betrachtungszeitraum durchschnittlich etwa 16 Prozent aller Patentanmeldungen in der Region von kleinen und mittelgroßen Unternehmen.
 
Handlungsempfehlungen
Für Unternehmen: Um für den globalen Wettbewerb stärker gerüstet zu sein, sollten Unternehmen aber vor allem KMU, sich stärker mit der Thematik gewerblicher Schutzrechte auseinandersetzen. Ein Blick in Patentdatenbanken kann helfen, sich gegen Patentverletzungen zu schützen und Kosten zu sparen. Hierfür bietet die IHK Ostwürttemberg sowie das Informationszentrum Patente Rechercheseminare für Einsteiger und Fortgeschrittene an.  Die kostenlosen Beratungen sowie Hilfestellungen der IHK sollten von Unternehmen in Anspruch genommen werden. Innovationsberater helfen ebenso bei der Suche nach geeigneten Förderprogrammen für die Anmeldung bzw. Realisierung eines Schutzrechtes.
 
Für die Politik: Mit der Patentanmeldung gehen nicht unerhebliche Kosten einher, welche KMU auch abschrecken eigene Schutzrechte anzumelden. Deshalb brauchen gerade kleine und mittlere Unternehmen mehr Unterstützung bei der Sicherung von Erfindungen. Hier kann die Politik helfen, die Förderbedingungen bestehender Förderprogramme weiter zu verbessern. So können beispielsweise die Innovationsgutscheine des Landes Baden-Württemberg erweitert werden. Auch bei dem Förderprogramm WIPANO besteht Optimierungsbedarf. WIPANO unterstützt Patentanmeldungen von KMU, jedoch nur alle fünf Jahre einmal eine Anmeldung.