Das neue Kleinschifferzeugnis

Mit dem Inkrafttreten der neuen Binnenschiffspersonalverordnung (BinSchPersV) zum 18. Januar 2022 wurden die Nutzungsmöglichkeiten von Sportbootführerscheinen zu gewerblichen Zwecken umfassend neu geregelt und durch das neue sogenannte Kleinschifferzeugnis ergänzt. Dank gemeinsamer Bemühungen der Interessenverbände und IHKs erfolgt der verpflichtende Erwerb erst ab Januar 2027 zu deutlich abgeschwächten Bedingungen: 
  • Verlängerung der Übergangsfrist bis 2027, der Tausch eines Sportführerscheins in ein Kleinschifferzeugnis kann bis zum 17. Januar 2027 erfolgen
  • Streichung des Stichtags über den Nachweis einer gewerblich ausgeübten Tätigkeit, jeder, der einen Sportführerschein vorweist, egal, zu welcher Zeit die gewerbliche Tätigkeit aufgenommen wurde, kann diesen bis zum 17. Januar 2027 nutzen
  • für den Erwerb des Kleinschifferzeugnisses nach dem 17. Januar 2027 muss eine gewerbliche Tätigkeit zum Zeitpunkt des Antrags nachweisen und eine theoretische Prüfung ablegen, der Tauglichkeitsnachweis entfällt
  • die Tauglichkeitsuntersuchung zum Erwerb des Kleinschifferzeugnisses ab dem 17. Januar 2027 (ab Vollendung des 60. Lebensjahres alle fünf Jahre und ab Vollendung des 70. Lebensjahres alle zwei Jahre) kann zusätzlich zu von der Berufsgenossenschaft zugelassenen Ärzten und Ärztinnen auch von Fachärzten und Fachärztinnen für Arbeitsmedizin oder mit einer Zusatz-Weiterbildung Betriebsmedizin durchgeführt werden
  • ein Sprechfunkzeugnis für den Erwerb des Kleinschifferzeugnisses ist keine Voraussetzung mehr
Quelle: GDWS

Wer ist vom Kleinschifferzeugnis betroffen?

  • Gewerblich, beruflich oder dienstlich genutzte Fahrzeuge mit einer Länge von weniger als 20 Metern dürfen nur noch mit einem Kleinschifferzeugnis geführt werden
    • im Rahmen einer haupt- und nebenberuflichen Tätigkeit
    • bei Vorliegen einer Gewerbeanmeldung
    • bei finanziellen Interesse.
  • Damit sind u.a. Sportbootschulen, Wasserbau- und Vermessungsbetriebe, Werften, Bootshändler (Vorführfahrt), Charterbetriebe (Einweisungsfahrt) und Wassersport-Redakteure betroffen.
  • die Nutzung von Sportbooten mit einem Sportbootführerschein zu Sport- und Erholungszwecken bleibt davon unberührt

Was müssen Betroffene tun?

Bis zum 17. Januar 2027 kann für den Sportführerschein das Kleinschifferzeugnis ohne eine vorherige Prüfung ausgestellt werden.
Danach ist das Ablegen einer theoretischen Prüfung zum Erwerb des Kleinschifferzeugnisses erforderlich. Sofern das 60. Lebensjahr vollendet wurde (und dann alle fünf Jahre und ab Vollendung des 70. Lebensjahres alle zwei Jahre) ist eine Tauglichkeitsuntersuchung bei einem von der Berufsgenossenschaft zugelassenen Arzt und Ärztin, bei einem Facharzt und Fachärztin der Arbeitsmedizin oder mit der Zusatz-Weiterbildung Betriebsmedizin erforderlich.
Hier finden Sie den Antrag auf Umtausch in ein Kleinschifferzeugnis.

Die Antragsunterlagen:
- Identitätsnachweis (Personalausweis/Reisepass)
- Sportbootführerschein Binnen und/oder See
- Erklärung, dass Sie den Sportbootführerschein schon vor dem 18. Januar 2022 gewerblich genutzt haben. (Es genügt eine formlose Erklärung z.B. des Arbeitgebers.)
- Passbild (in digitaler Form im Dateiformat JPG und 413 x 532 Pixeln, maximale Größe 5 MB)

Der Antrag ist postalisch an die Dienstsitze der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt in Aurich, Bonn, Kiel, Magdeburg oder Würzburg sowie per Email möglich.
Fahrgastschiffe, Fahrgastboote, Sportfahrzeuge, die nach § 34 der Binnenuntersuchungsverordnung zur Beförderung von Fahrgästen eingesetzt werden, Schub- und Schleppboote, schwimmende Geräte sowie Fähren sind von der Regelung ausgenommen (siehe dazu § 130 Absatz 2 BinSchPerV)
Allerdings werden die Regelungen zum Kleinschifferzeugnis gerade durch das Bundesverkehrsministerium einer gründlichen Überprüfung unterzogen. Daher wird empfohlen, die Ergebnisse dieser Überarbeitung abzuwarten und vorerst keinen Antrag auf ein Kleinschifferzeugnis zu stellen, um Kosten zu vermeiden.
Quelle: GDWS

Das Kleinschifferzeugnis als Bürokratielast und Hemmnis der Branche

Die Branchenverbände sehen das neue Kleinschifferzeugnis als weitere Belastung für die Branche und drängen auf Verbesserungen bzw.  Abschaffung der neuen Regeln.
Mit der Änderung rheinschifffahrtsrechtlicher Vorschriften und weiterer Vorschriften des Binnenschifffahrtsrechts und insbesondere des § 130 BinSchPersV ist das Kleinschifferzeugnis für die gesamte gewerbliche Schifffahrt erforderlich geworden. Hierzu haben die Bundesverbände für Wassersport am 29. Dezember 2022 die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten (Frist 4 Wochen während der Messevorbereitung für die boot Düsseldorf). Noch währen der Messe boot Düsseldorf fanden erste Gespräche mit Mitarbeitenden des Bundesverkehrsministeriums für Infrastruktur und Digitalisierung (BMVD) statt.
Mitte Februar 2023 folgte auf Drängen der beteiligten Verbände ein Gespräch mit dem Referat WS25 des BMVD. Die Regelung kann nicht außer Kraft gesetzt werden, es konnten einige wenige Erleichterung geschaffen werden, die am 1.4.2023 in Kraft treten werden:
  • Verlängerung der Übergangsfrist um ein Jahr bis zum 17. Januar 2027
  • Wegfall der Stichtagregelung, damit ist unabhängig vom Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit der Sportführerschein für die gewerbliche, berufliche oder dienstliche Nutzung weiterhin gültig.
  • Bei Umschreibung des Sportführerscheins in ein Kleinschifferzeugnis wird auf den Nachweis der Tauglichkeit für Antragsteller ab 60 Jahren verzichtet.
  • Tauglichkeitsprüfungen müssen nicht mehr zwangsläufig durch einen Arzt von der BG Verkehr durchgeführt werden, eine Untersuchung durch Arbeitsmediziner genügt.
  • Ein Sprechfunkzeugnis wird für den Erwerb des Kleinschifferzeugnisses nicht mehr verlangt.
Eine Stellungnahme aller Bundesverbände des Wassersports, regionaler und lokaler Tourismusorganisation, der LAG IHK Mecklenburg-Vorpommern, der LAG IHK Berlin-Brandenburg sowie des DIHK wurde an das zuständige Referat gesandt. Hier werden die vorgenommen Änderungen zwar befürwortet, die Verordnung aber weiterhin grundsätzlich abgelehnt.       

Zur Stellungnahme der Schifffahrtsverbände                          
Zu Informationen und Stellungnahmen des Bundesverbandes Wassersportwirtschaft

Folgen des § 130 BinSchPersV:
  1. Verursacht deutlich steigende Personalkosten in den Unternehmen.
  2. Führt zu einem nationalen und internationalen Wettbewerbsnachteil.
  3. Verschärft den Fachkräftemangel einer ganzen Branche im ländlichen Bereich (insbesondere in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern).
  4. Diskriminiert womöglich sogar durch die angeordnete BG-Untersuchung Menschen.
  5. Konterkariert den Wunsch nach einer Harmonisierung der Führerscheine auf EU-Ebene.
  6. Bläht den Verorndnungsdschungel unnötig weiter auf und macht ihn noch undurchsichtiger.
  7. Schränkt womöglich auch noch die Berufsfreiheit von einzelnen Personen ein.
  8. Bringt die ohnehin stark belastete GDWS an ihre Grenzen bzw. darüber hinaus. (Wir rechnen mit einer mittleren 5-stelligen Zahl von betroffenen Personen)
Mit Zeichnung der “Erste Verordnung zur Änderung rheinschifffahrtsrechtlicher Vorschriften und weiterer Vorschriften des Binnenschifffahrtsrechts” vom Bundesverkehrsminister am 1.4.2023 und Veröffentlichung am 13.4.2023 ist ein Teilerfolg mit der Aussetzung der Verordnung bis 2027 erreicht worden. Wir setzen uns weiterhin für die Abschaffung der Regelung ein.