Grenzkontrollen gefährden Zusammenarbeit
IHK Ostbrandenburg, Viadrina und Westliche IHK Gorzów warnen vor langfristigen Schäden durch anhaltende Grenzkontrollen und fordern schnelle Entlastungsmaßnahmen.
Drei Partner: Andrzej Cegielnik, Vizepräsident der Westlichen IHK Gorzów, Yvonne Kehlenbrink, Vizepräsidentin der IHK Ostbrandenburg, und Prof. Dr. Eduard Mühle, Präsident der Europa-Universität Viadrina, auf der Dachterrasse des Collegium Polonicum in Słubice (v.l.n.r.).
Frankfurt (Oder) / Słubice, 29.11.2025 - Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft berichten, dass die Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze die Mobilität von Arbeitskräften und Forschenden hemmen, Lieferketten unterbrechen und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit sowie Bildung massiv erschweren. Damit beeinträchtigen die vor zwei Jahren von der deutschen Regierung eingeführten Grenzkontrollen sowie die ab Sommer 2025 getroffenen Maßnahmen der polnischen Regierung den Alltag in der Grenzregion Deutschland-Polen zunehmend. Diese Entwicklung betrifft besonders die Gebiete Ostbrandenburg und Westpolen. Das ist ein Fazit der Konferenz „Nachbarschaft als Wirtschaftsmotor“, zu der am 27. November im Collegium Polonicum in Słubice deutsche und polnische Akteure zusammenkamen.
„Dauerhafte Grenzkontrollen bedrohen die Erfolge, die wir in den letzten 30 Jahren in der grenzüberschreitenden Kooperation aufgebaut haben. Wir brauchen eine Exit-Strategie“, warnt Yvonne Kehlenbrink, Vizepräsidentin der IHK Ostbrandenburg. „Unkalkulierbare Arbeitswege, gestörte Produktions- und Lieferketten führen zu spürbaren Nachteilen für Unternehmen und Gesellschaft auf beiden Seiten der Grenze. Unsere Region braucht eine dauerhafte, enge Vernetzung über die Oder hinweg.“
„Die Viadrina versteht sich als eine grenzüberschreitende Europa-Universität, die einen deutsch-polnischen Campus in Frankfurt (Oder) und Słubice unterhält. Die aktuellen stationären Grenzkontrollen beeinträchtigen unsere alltägliche Arbeit und schaden mit ihrer weitreichenden medialen Wahrnehmung unserem Selbstverständnis und Ruf als offene, internationale Universität“, unterstreicht Prof. Dr. Eduard Mühle, Präsident der Europa-Universität Viadrina.
„Die wirtschaftliche Zusammenarbeit im deutsch-polnischen Grenzraum hat für polnische Unternehmen strategische Bedeutung. Gerade hier, an der Schnittstelle zweier Märkte, entwickeln sich tausende Betriebe, die von der Nähe zu Partnern, gemeinsamen Investitionen und dem freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Arbeitskräften profitieren. Dank des Wegfalls von Grenzkontrollen und der Integration der Verkehrsinfrastruktur ist die Grenzregion zu einem Raum intensiven Handels, dynamischer Logistikentwicklung und wachsender Beschäftigung geworden“, erklärt Andrzej Cegielnik, Vizepräsident der Westlichen IHK Gorzów. „Der wichtigste Wunsch polnischer Unternehmer ist heute die Sicherstellung eines reibungslosen Grenzverkehrs sowie weitere Investitionen in die Infrastruktur, die beide Länder verbindet – insbesondere in neue Brücken, Straßen- und Bahnverbindungen. Nur so lässt sich die Wettbewerbsfähigkeit der Region erhalten und gemeinsam eine starke, integrierte europäische Wirtschaft aufbauen.“
Wirtschaft und Wissenschaft fordern daher von den Regierungen beider Länder, kurzfristig Maßnahmen zu ergreifen, um die Belastungen zu mindern. Dazu zählen die Einrichtung von jeweils zwei Kontrollspuren beziehungsweise einer Fast-Lane auf den Autobahnen sowie gemeinsame, stichprobenartige Kontrollen der Bundespolizei und des polnischen Grenzschutzes. Langfristig mahnen die deutsch-polnischen Akteure eine gesamteuropäische Lösung der Migrationspolitik und die Wiederherstellung der vollständigen Freizügigkeit innerhalb der EU an.
Grenzkontrollen widersprechen der europäischen Idee eines freien Marktes und beeinträchtigen den Nutzen des Schengen-Abkommens erheblich.
„Wir dürfen nicht zulassen, dass ungelöste migrationspolitische Fragen auf dem Rücken der Grenzregionen ausgetragen werden“, so Yvonne Kehlenbrink abschließend.
Die Konferenz „Nachbarschaft als Wirtschaftsmotor“ wurde von der IHK Ostbrandenburg im Rahmen des Ostbrandenburger Bündnisses „Pro Wirtschaft“ gemeinsam mit der Europa-Universität Viadrina und der Westlichen Industrie- und Handelskammer Gorzów (ZIPH) in Kooperation mit der Europäischen Hochschulallianz ERUA organisiert.
