STANDPUNKT

Mutig loslegen!

STANDPUNKT. Das ist die FORUM-Serie, in der Menschen zu Wort kommen, die auf dem wirtschaftspolitischen Parkett unterwegs sind und damit die regionalen Unternehmen unterstützen. Ob in Verbänden oder Vereinen, im Ehrenamt oder hauptamtlich, in Verwaltungen oder Interessenvertretungen – im Mittelpunkt steht die Wirtschaft in der Hauptstadtregion, in Brandenburg und Berlin. Heute kommt zu Wort: Ute Bonde, Geschäftsführerin des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB).
Die Corona-Starre lässt nach, die Mobilität im Berlin-Brandenburger Öffentlichen Nahverkehr hat wieder Fahrt aufgenommen. Noch haben wir die Fahrgastzahlen der Vor-Pandemie-Zeit nicht erreicht, wir sind aber auf dem Weg. Und doch kommen auf uns weitere Herausforderungen zu: Marode Infrastruktur, Modernisierungsstau, Kapazitätsengpässe und Personalmangel belasten die Entwicklung der Region. Hinzu kommen die für Deutschland typische Überregulierung der Planungs- Genehmigungsverfahren sowie Kostensteigerungen, knapper werdende finanzielle Mittel, ideologiegetriebene politische Entscheidungen und eine zunehmend desillusionierte Bevölkerung. Die Anforderungen an die Verkehrswende werden größer, wir müssen ihnen noch entschiedener, mutiger und kreativer entgegentreten.
Gemeinsam kreativ sein und vorangehen
Es geht darum, die Situation als Chance zu verstehen: Chance für Innovation und Aufbruch. Ob in der Politik, Wirtschaft, Industrie, im Gesundheits- oder Verkehrsbereich, überall sind neue Wege möglich und nötig. Wir müssen nicht immer argumentieren, wieso etwas nicht geht. Sondern Lösungen finden, wie es doch geht. Gerade im Öffentlichen Nahverkehr liegen große Potenziale, die bisher nicht ausgeschöpft werden. Hier können wir viel erreichen, ausbauen, modernisieren, für Sicherheit und Sauberkaut sorgen. Wie? Indem wir gemeinsam vorangehen, um unsere und insbesondere die Zukunft unserer Kinder zu sichern. Mein Appell lautet: Verkehrswende gelingt nur gemeinsam!
Jetzt in die Zukunft investieren
So groß die Aufbruchsstimmung auch ist, besorgt mich derzeit der zunehmende Fachkräftemangel. Schon jetzt fehlen uns überall Menschen, die anpacken, die Busse und Bahnen lenken, die planen und bauen, die programmieren und Serviceleistungen anbieten. Wir müssen mehr Zeit, Kraft und Geld in Ausbildung, Qualifizierung und Integration stecken und dafür sorgen, dass die Menschen in ihren Jobs zufrieden und motiviert bleiben: Wertschätzung, Unterstützung und flexibles Arbeiten sind hier Kernelemente.
Auch der Öffentliche Nahverkehr braucht mehr Investitionen. Die Qualität könnte besser sein und muss besser werden. Wir stoßen an unsere Grenzen. Da klemmt es nicht nur beim Personal, sondern vor allem beim Zustand der Infrastruktur. Dem Investitionsstau der letzten Jahrzehnte muss jetzt ohne Wenn und Aber eine Bauoffensive folgen. Zudem brauchen wir mehr emissionsfreie Fahrzeuge und flächendeckende, zuverlässige Mobilitätsangebote. Das Deutschlandticket ist eine sehr gute Einladung in den umweltfreundlichen ÖPNV. Das reicht aber nicht. Wir müssen unsere (Fahr-)Gäste auch gut bedienen. Das kann jedoch nur funktionieren, wenn wir investieren.
Anpacken und loslegen
Ich wünsche mir, dass wir die Verkehrswende pragmatisch angehen und ins Tun kommen: Wir leben in einer starken Region, die wir mit einem starken Mobilitätsangebot weiter nach vorne bringen müssen. Wirtschaftswachstum und Standortvorteile erreichen wir dann, wenn Hauptstadt und Umland, Speckgürtel und Wochenendziele gut erreichbar sind – und das besonders mit den Öffentlichen. Das tut dem Klima gut, der Flächenaufteilung und dem Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger. Lieber in der pünktlichen Bahn in Ruhe lesen oder Podcast hören als genervt im Stau stehen.
Es geht auch um visionäres Denken und mutiges Handeln. Na klar gehören dazu autonom fahrende Busse und Bahnen, Wasser- und Flugtaxis oder auch eine Magnetschwebebahn im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg! Sie haben ihren Platz, dort wo es sinnvoll ist. Umweltfreundlich, attraktiv und wenn machbar, dann setzen wir um! Wir dürfen uns nicht von anderen Metropolen abhängen lassen. Wir sind verantwortlich, nehmen unsere Zukunft selbst in die Hand und können gestalten. Dazu brauchen wir Mut und Entschlossenheit bei allen Beteiligten. In der Politik, in der Wirtschaft und Industrie und letztlich bei den Bürgerinnen und Bürgern in Berlin und Brandenburg, um Vorzeigeregion zu werden! Gehen wir’s an!

Zur Person:
Ute Bonde ist seit dem 1. Mai 2023 Geschäftsführerin des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB). Die ausgewiesene ÖPNV-Expertin bekleidete davor verschiedene Führungspositionen bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG). Dort war sie als Leiterin der Projektgesellschaft der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) für den Bau der U-Bahnlinie 5 verantwortlich und leitete den Rechtsbereich der BVG. Die Juristin stammt aus dem Rheinland und hat in Bonn studiert.
Der VBB gehört zu den größten Verkehrsverbünden in Europa. Mehr als vier Millionen Menschen nutzen täglich die Busse und Bahnen der rund 36 im VBB organisierten Verkehrsunternehmen.

Silke Hartwig
Leiterin
Fachbereich Ausbildung