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Vom Juristen zum Bauunternehmer
Das Interview findet auf der Baustelle statt, inmitten von Baggern, Containern, Staub und Schotter. Der Geschäftsführer, Dr. Markus Häfele, ist pünktlich, sagt aber zuerst: „Warten Sie bitte einen Moment, ich möchte erst meine Leute begrüßen.“ Dann stapft er durch den Sand zu Baggerfahrer René Engel und seinem Polier Thorsten Stein, begrüßt sie mit Handschlag, redet mit Ihnen. Die Transportfahrzeuge einer Fremdfirma, die den Aushub abtransportieren sollen, lassen gerade auf sich warten. Der normale Alltag auf einer Baustelle …
Ich habe schon viel in meinem Leben gemacht und mir zugetraut, das Unternehmen auch ohne konkrete Baukenntnisse zu führen. Ich lerne schnell und habe gute Fachkräfte, auf die ich zurückgreifen kann.Dr. Markus Häfele, Geschäftsführer BTW GmbH Tiefbau Unternehmung
Die BTW GmbH Tiefbau Unternehmung mit Sitz in Wandlitz ist zurzeit mit beteiligt am Bau zweier neuer Supermärkte – Aldi und Edeka – in Neuenhagen bei Berlin. Das Unternehmen ist zuständig für die gesamten Tiefbauarbeiten, Bodenaushub, die Verlegung von Rohren, den Bau von Schächten, das Anlegen von Parkplätzen. Markus Häfele trägt zu seiner Hose das aparte schwarze Poloshirt mit dem markanten roten Schriftzug des Firmennamens BTW. Das Unternehmen gehört seit Ende 2020 ihm. Er trat damit die Nachfolge einer bereits bestehenden Firma an, kaufte sie von seinem Vorgänger.
Das Besondere daran ist, dass Häfele überhaupt nicht aus der Baubranche kommt: Er ist studierter Jurist, könnte jetzt vielleicht in einem schicken Büro in seiner Heimatstadt Frankfurt/Main sitzen und mit Paragraphen hantieren. Doch das wollte er nicht. Nach seinem 2. Staatsexamen absolvierte er seinen Master of Business Administration.
„Dabei wurde in mir das Interesse am Unternehmertum geweckt“, bekennt der heute 42-Jährige. Er habe etwas „Handfestes“ machen wollen. Denn ein Unternehmen zu führen, sei etwas Ganzheitliches, man müsse komplex arbeiten, Kalkulation, Vertrieb, Marketing, Personalwesen, Investition und anderes mehr griffen ineinander.
Hier entsteht ein Parkplatz für einen Supermarkt in Neuenhagen: Nico Tobeck, Giuseppe Ottaviano und Jens Scheidemann (v.l.) legen ein maßgeschneidertes Wasserrückhaltebecken an.
Inspiriert worden sei er auch von seinem Freund Peter, der ihm riet, sich ganz aktiv um Unternehmensnachfolge zu kümmern. Markus Häfele hatte auch schon etwas im Auge, da er als Jäger in Brandenburg unterwegs ist und dabei auf ein Unternehmen stieß, das Waldwege baute. Von einem Branchenkenner, den er in Lugano getroffen hat, bekam er einen weiteren Tipp: Die BTW GmbH suchte einen Nachfolger. Häfele schaute sich die Zahlen an und erwarb – nicht ohne Komplikationen - das Unternehmen mit damals 14 Mitarbeitern. Dankend blickt Häfele auf die Unterstützung der KfW, die ihn neben seiner Hausbank, bei der Finanzierung des Ankaufs unterstützt hat. Zwar sei das ihr politischer Auftrag, aber dennoch nicht selbstverständlich.
Fachkräfte im Rücken
Dass der neue Eigentümer Jurist ist und nicht Bauingenieur störte ihn selbst am wenigsten, in der Belegschaft spielte er mit offenen Karten. „Ich habe schon so viel in meinem Leben gemacht und mir zugetraut, das Unternehmen auch ohne konkrete Baukenntnisse zu führen. Ich lerne schnell und habe gute Fachkräfte, auf die ich zurückgreifen kann.“
Er nennt den Polier Steffen Kurkowski und den weiteren Geschäftsführer Mike Müller. Den technisch Versierten mit „Stallgeruch“ hat er zum 2. Geschäftsführer gemacht. Als geschäftsführender Gesellschafter kümmere er sich vor allem um die Marktbetreuung, die Akquise von Aufträgen, den Vertrieb, Kalkulation und um das Personal.
„Ich schaffe die Arbeit ran. Das mache ich ganz aktiv, in dem ich den Markt genau beobachte und ganz gezielt auf Kunden zugehe“, erzählt der Chef und verweist zugleich auf die guten Absprachen und die saubere Rollenverteilung zwischen ihm und dem zweiten Geschäftsführer. Dass sich dieses Konzept ausgezahlt hat, zeigen nicht zuletzt die Verdopplung der Mitarbeiter und die Steigerung des Umsatzes. Das Unternehmen soll nicht nur wachsen, es soll auch moderner werden, was sich nicht ausschließt, sondern bedingt. Häfele setzt auf Digitalisierung.
Nicht nur neue Mitarbeiter wirbt er über Instagram – hier zählt er schon 1300 Follower – sondern auch über die Digitalisierung auf dem Bau „Wir haben unsere Bagger mit 3-D-Steuerung ausgestattet und nutzen Roverstäbe auf den Baustellen. Der Baggerfahrer sieht auf seinem Display seinen digitalen Bauplan dreidimensional. Über einen Sensor an der Schaufel kann er genau steuern, wie hoch beispielsweise die Schotterschicht sein muss, wo genau die Rohrleitung hin muss.“
Ich schaffe die Arbeit ran. Das mache ich ganz aktiv, indem ich den Markt ganz genau beobachte und ganz gezielt auf Kunden zugehe.Dr. Markus Häfele, Geschäftsführer BTW GmbH Tiefbau Unternehmung
Das Herumlaufen mit der Zeichnung, das ständige Messen und Setzen von Pflöcken entfällt. „Man nennt das auch „pflockloses Bauen“, erklärt Markus Häfele. Auch beim Thema Digitalisierung setzt Häfele auf die Unterstützung durch die ILB – Investitionsband des Landes Brandenburg -, die ihn im Rahmen des Förderprogramms „Big Digital“ großzügig bei der Anschaffung von modernen Arbeitsgeräten gefördert hat.
Maschinist René Engel (l.) und Polier Thorsten Stein besprechen auf einer Baustelle für zwei Supermärkte in Neuenhagen die Dinge, die aktuell anliegen.
Digitale Baustelle
Er ist davon überzeugt, dass der Weg zur digitalen Baustelle systematisch Einzug halten wird. Das Bauen werde effizienter, die Kommunikation schneller, präziser. „Jede Planänderung, und die kommt relativ oft vor, kann per Knopfdruck an den Polier vor Ort weitergegeben werden.“ Building Information Modeling ist das Zauberwort, dass alle am Bau Beteiligten miteinander vernetzen wird – von der Planung über den Bau bis hin zur Bewirtschaftung. Dabei werden alle relevanten Bauwerksdaten digital modelliert, kombiniert und erfasst und als Bauwerk visuell dargestellt. „Damit wird das Bauen auch für die jüngere Generation wieder attraktiver und bietet echte Chancen und Herausforderungen“, wirbt Markus Häfele um Nachwuchs.
Wir haben unsere Bagger mit 3-D-Steuerung ausgestattet und nutzen Roverstäbe auf den Baustellen. Der Baggerfahrer sieht auf seinem Display seinen digitalen Bauplan dreidimensional.Dr. Markus Häfele, Geschäftsführer BTW GmbH Tiefbau Unternehmung
Eine Ausbildung bietet sein Unternehmen zwar noch nicht an, aber es ist vorgesehen. Noch wird im Arbeitsmarkt „gefischt“. BTW bietet unter anderem ein Firmenfahrzeug für jeden Mitarbeiter, gutes Arbeitsklima (das Sommer-Firmen-Fest fand im Garten einer Mitarbeiterin statt) und moderne, körperschonende Arbeitsmittel, wie die Pflasterzange mit Vakuum.
Die Auftragslage stimmt den Geschäftsführer optimistisch, auch wenn die Kosten nicht nur beim Diesel enorm gestiegen sind. „Ich möchte das Unternehmen immer breiter aufstellen und eine Marke draus machen“, das ist Markus Häfeles Ziel. Die Türen stünden auf für Unternehmen, die auf der Suche nach einem Nachfolger sind. Auch sein Büro, jetzt noch in Wandlitz, will er erweitern und sucht einen Platz im Brandenburger Speckgürtel.
FORUM/Ruth Buder
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Dr. Axel Strasser
Projektmitarbeiter Nachfolge
Regionalcenter Oderland