Geschäfte weltweit

Lieferketten neu denken

Die Corona-Pandemie hat in den vergangenen zwei Jahren die Verwundbarkeit der internationalen Lieferketten deutlich gezeigt. Kurzfristige Werksschließungen in Fernost und mangelnde Transportmöglichkeiten haben das oftmals über Jahre aufgebaute „Just-in-time“-Prinzip vieler Unternehmen auf eine harte Probe gestellt. Nachdem zu Beginn der Pandemie die Transportkapazitäten mangels Aufträgen reduziert wurden, steigt die Nachfrage nach Transporten aus Asien und Übersee wieder an.
Da Schiffe und Seecontainer rar geworden sind, kennen die Frachtraten derzeit nur einen Weg: nach oben. Von einer Entspannung der Lage kann in absehbarer Zeit keine Rede sein. Lieferketten mussten und müssen neu ausgerichtet werden um zukünftige Störungen zu vermeiden und um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Anstatt aus Fernost oder Amerika könnten passende Produkte aus der EU importiert werden. Lieferverzögerungen und hohe Transportkosten könnten damit entschärft werden. Für bestimmte Rohstoffe allerdings gibt es nur wenige Hersteller weltweit, so dass ein Wechsel des Lieferanten oder eine Beendigung der Geschäftsbeziehung nicht ohne Weiteres möglich ist. Um Risiken in der Lieferkette zu minimieren und sie resilient zu gestalten, müssen Unternehmen ihre Lieferketten gemeinsam mit Zulieferern genauestens überprüfen und, wo nötig, neu ausrichten. Nur so können Betriebe langfristig wettbewerbsfähig bleiben. Durchgehend sichere Lieferketten werden zwar nicht überall möglich sein, krisenfestere dagegen schon.

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz tritt 2023 in Kraft

Unternehmen sind derzeit gut beraten, mit ihren Lieferanten und, sofern möglich, auch mit deren Vorlieferanten Einkaufsmärkte und Bezugsquellen zu diskutieren und das unabhängig von den aktuellen Lieferschwierigkeiten. Zum 1. Januar 2023 tritt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (kurz Lieferkettengesetz) in Kraft. Es wurde am 11. Juni 2021 verabschiedet und soll der Verbesserung der internationalen Menschenrechtslage dienen.
Ab 2023 müssen Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern (ab 1.1.24 auch Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern) in Deutschland innerhalb ihrer Lieferketten die Einhaltung Menschenrechte sicherstellen. Dies betrifft vornehmlich den eigenen Geschäftsbereich inklusive der unmittelbaren Zulieferer. Mittelbare Zulieferer werden einbezogen, sobald das jeweilige Unternehmen Kenntnis von Menschenrechtsverletzungen bei diesen erhält. Betroffene Unternehmen müssen im Rahmen des Gesetzes ihre menschenrechtlichen Risiken analysieren, Präventions- und Abhilfemaßnahmen ergreifen, Beschwerdemöglichkeiten einrichten und über ihre Aktivitäten gegenüber dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) als zuständige Überwachungsstelle Bericht erstatten.
Auch wenn das Lieferkettengesetz vorerst nur Großunternehmen betrifft, sollten sich auch kleine und mittlere Unternehmen, die als direkte oder indirekte Zulieferer für Großunternehmen tätig sind, bereits jetzt damit auseinandersetzen und ihre Lieferketten überprüfen. Die EU plant ebenfalls eine EU-Lieferkettengesetz, wie dieses gestaltet und wann es veröffentlicht wird, ist derzeit noch nicht bekannt. Die IHK setzt sich über ihre Dachorganisation, die DIHK, für eine möglichst wirtschaftsfreundliche Ausgestaltung des Gesetzes ein und informiert regelmäßig den aktuellen Planungsstand. Darüber hinaus wird in diesem Jahr ein Netzwerk „nachhaltige Lieferketten“ gegründet um Unternehmen eine Plattform zum direkten und unkomplizierten Austausch zu diesem Thema zu ermöglichen.

Auswirkungen des Russland-Ukraine-Krieges

Unter Druck geraten die Lieferketten erneut durch die deutlichen Auswirkungen des Russland-Ukraine-Krieges. Nicht nur die erlassenen Sanktionen und Gegensanktionen oder die Abkoppelung Russlands von SWIFT hinterlassen schon jetzt Spuren. Auch die ukrainischen Fahrer und Arbeiter, die jetzt in die Heimat zurückkehren, fehlen bei Speditionen und in der Industrie. Auslandsstandorte in Polen, Belarus, Russland und der Ukraine werden schon jetzt geschlossen. Auch der Jade-Weser-Port hat seine Verbindungen nach Russland gekappt. In der Folge bleiben Container im Terminal stehen. Wie weit die Energiepreise noch steigen und der Euro an Wert verlieren wird ist nicht absehbar.

Weitere Meldungen

Damit sind für EU-Importeure der 3 TG (Zinn, Tantal, Wolfram und Gold) seit dem 1. Januar 2021 umfassende Sorgfalts- bzw. Prüfpflichten entlang der Lieferkette verbindlich und ein entsprechendes Risikomanagement muss implementiert werden. Eine Überprüfung durch ein 3rd-Party-Audit ist verpflichtend. Die Verordnung soll dabei helfen, den Handel mit diesen Mineralien einzudämmen, die mitunter in Konflikt- oder Hochrisikogebieten zur Finanzierung bewaffneter Konflikte beitragen oder in Zwangsarbeit abgebaut werden. Die EU-Verordnung orientiert sich dabei an den Due-Diligence-Richtlinien der OECD. Die EU-Kommission hat das Online-Portal “Due Diligence Ready“ eröffnet, um insbesondere KMU bei der Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten zu unterstützen. Konfliktmineralien werden in alltäglichen Erzeugnissen wie Handys, Autos und Schmuck verwendet. Ob mit deren Kauf Gewalt, Menschenrechtsverletzungen usw. im Ausland finanziert werden, ist für den Verbraucher kaum feststellbar.
Mit dem European Green Deal will die EU bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität erreichen. Die Wirtschaft muss ihre CO²-Emissionen nachhaltig reduzieren. Das Mittel zum Zweck soll ab 2026 die CO²-Grenzausgleichsabgabe (CBAM) in Form von CO²-Zertifikaten werden. Bereits ab 2023 soll durch vorhergehende Meldepflichten verhindert werden, dass EU-Produkte durch CO²-intensivere, günstigere Importe ersetzt werden. Betroffen sind zunächst Aluminium, Düngemittel, Eisen und Stahl, Strom und Zement aus allen Drittländern. Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein bleiben ausgenommen. Laut EU-Kommission soll der jetzige Entwurf mit dem Recht der Welthandelsorganisation (WTO) vereinbar sein. Ob Handelskonflikte damit vermieden werden können, bleibt abzuwarten. Die IHK setzt sich über die DIHK für eine möglichst wirtschaftsfreundliche Ausgestaltung ein um Wettbewerbsnachteile vor allem in energieintensiven Branchen zu verhindern.
Am 1. Juli 2021 wurde die Zollfreigrenze von 22 Euro abgeschafft. Dadurch soll der Mehrwertsteuer-Betrug eingedämmt und Amazon, Ebay & Co. steuerlich nicht mehr bevorzugt werden. Online-Händler können die 19 % Steuern für Deutschland jetzt bei Rechnungswerten bis 150 Euro an der Kasse vom Kunden einziehen und über Import One Stop Shops an das Finanzamt im Zielland abführen. Im Wege der Digitalisierung des Mehraufwands im Paket-Abfertigungsverfahrens nahm der Zoll am 15.01.2022 das neue IT-System Atlas-Impost in Betrieb. Firmen und Privatpersonen, die nicht mit ATLAS arbei-ten, sollen im Laufe des Jahres 2022 die Möglichkeit zur Nutzung der neuen IPK (Internetanmeldung für Post- und Kuriersendungen mit einem Warenwert von bis zu 150 Euro) über das BuG (Bürger- und Geschäftskundenportal) erhalten.