Ausbildung und Weiterbildung

Ausbildungsmarkt: Die Lücke ist groß

Im Oldenburger Land haben die Unternehmen im vergangenen Jahr 3938 neue Ausbildungsverträge in rund 130 Ausbildungsberufen abgeschlossen. Das sind 40 Verträge oder 1 Prozent mehr als im Vorjahr. Bei den gewerblich-technischen Berufen hat die IHK ein Minus von 2 Prozent, bei den kaufmännischen ein Plus von 2,6 Prozent registriert. Regional schwanken die Ergebnisse zwischen minus 9,8 (Wesermarsch) und plus 7,7 Prozent (Friesland). Trotz großer Anstrengungen der Ausbildungsbetriebe und der IHK konnte damit die Lücke von 327 neuen Ausbildungsverträgen gegenüber der Zeit vor der Pandemie, also 2019, nicht geschlossen werden.
Eine Umfrage der IHK Niedersachsen (IHKN) bei Unternehmen hat Anfang Februar ergeben, dass der Ausbildungsmarkt 2022 angespannt bleiben wird. Die größte Herausforderung ist es, geeignete Bewerberinnen und Bewerber zu finden. Rund ein Fünftel der Unternehmen kann die angebotenen Ausbildungsplätze nicht besetzen!
Wir alle, die Ausbildungsbetriebe und IHK, müssen angesichts dieser Situation viel mehr als bisher die Vorteile der dualen Ausbildung zu Sprache bringen. Wir müssen versuchen, mehr Schulabgängerinnen und -abgänger für einen Karrierestart als Auszubildende oder Auszubildender gewinnen.

Praktika unverzichtbar

Bei der Vielzahl an unterschiedlichen Bildungsangeboten in Betrieben oder an Hochschulen verlieren viele Schülerinnen und Schüler den Überblick. Unsicherheit greift um sich, und manche mögen sich deshalb gar nicht auf einen späteren Beruf festlegen. Hinzu kommt die Pandemie als „Turbo“, die dazu geführt hat, dass Praktika nur eingeschränkt stattfanden. Die Berufsorientierung durch die Schulen wie in Unternehmen hat gelitten. Viele Betriebe konnten die jungen Menschen nicht mehr erreichen, und Ausbildungsstellen blieben unbesetzt.
Ausbilderinnen und Ausbilder jedoch, die gut und vor Ort mit allgemeinbildenden Schulen zusammenarbeiten und auch jetzt Praktika anbieten, berichten in der Folge über ausreichende Bewerberzahlen.

Vielfältige Werbung gefragt

Die IHK empfiehlt bei der Rekrutierung von Auszubildenden eine vielfältige Ansprache der jungen Menschen. Neben Praktikumsangeboten, einem Stand auf Ausbildungsmessen oder Stellenanzeigen in der Zeitung gilt es für Ausbildungsunternehmen, die Möglichkeiten von Social-Media-Kanälen zu nutzen. Insbesondere die persönliche Ansprache von Interessierten durch die eigenen Azubis, dort wie auch auf Messen, ist geeignet, für eine Ausbildung im eigenen Unternehmen zu begeistern. Dabei können Unternehmen auf die Unterstützung durch ihre IHK setzen: Wir bauen die digitale Berufsorientierung aus und liefern Lösungen mit unserem Projekt BODIG („Digitale Angebote zur beruflichen Orientierung im Nordwesten Niedersachsens“).

Fach- und Arbeitskräfte: Lage teils dramatisch

Der Rückgang an Fach- und Arbeitskräften ist in aller Munde und ist jetzt schon teils dramatisch. Er wird sich zuspitzen: Regional werden allein in den nächsten fünf Jahren zwischen 7,2 bis knapp 10 Prozent der Babyboomer in den Ruhestand gehen. Deren Arbeitsplätze müssen adäquat nachbesetzt werden. Deshalb sind kreative Ideen und individuelle Karrierewege gefragt. Wir müssen schwachen, aber auch leistungsbereiten Schulabgängerinnen und Schulabgängern, Studienzweiflern sowie Migrantinnen und Migranten Chancen auf einen Einstieg in den Beruf und spätere Aufstiegschancen bieten.
So kann eine Möglichkeit für praktisch begabte junge Menschen eine Ausbildung in einem zweijährigen Ausbildungsberuf im Lagerbereich, in Handel oder Produktion sein. Und für die Leistungsstarken ist ein Studium nicht immer der beste Weg.
Qualifikationsmodelle, die eine duale Ausbildung mit anschließender Fortbildung verknüpfen, können für viele eine attraktive Alternative sein. Doch nach der Qualifizierung müssen auch adäquate Führungspositionen in Aussicht sein. Bei Stellenausschreibungen und späteren Einstellungen sollte auf eine Vergleichbarkeit zwischen Studium und der Höheren Berufsbildung geachtet werden. Vielleicht schaffen wir es so, den Trend zur Akademisierung zu brechen.

Weitere Meldungen

Schon die Betriebe brachten ihre Auszubildenden unter den erschwerten Corona-Bedingungen bis zur Prüfung. Dann folgten die Prüfungen im Aus- und Fortbildungsbereich bei der IHK: Unter ständig wechselnden Bedingungen, ausgelöst durch die Pandemie, galt es, fast 9000 Zwischen- und Abschlussprüfungen zu organisieren. 4786 junge Fachkräfte haben dabei die Ausbildung erfolgreich und sicher abgeschlossen. Das Ergebnis geht insbesondere auf das professionelle Corona-Management aller Beteiligten sowie das große Engagement der Unternehmen und Berufsschulen bei der Prüfungsvorbereitung zurück.
Im Bereich der Höheren Berufsbildung haben wir 2021 als IHK so viele Prüfungen abgenommen wie selten zuvor. Dafür gibt es zwei Gründe: Einige Weiterbildungsteilnehmerinnen und -teilnehmer hatten ihre Prüfung vor dem Hintergrund der Pandemie um ein Jahr verschoben; zudem wird in wirtschaftlich unsicheren Zeiten mehr Weiterbildung absolviert.
Bis in den Sommer 2021 dominierten Webinare und Online-Unterricht. Auch wenn die Zahl offenen wie auch der firmeninternen Seminare wegen Corona rückläufig waren, konnten wir dieses durch eine starke Nachfrage bei unseren Lehrgängen kompensieren. Neu: Mit der DIHK-Bildungs-gGmbH bieten wir unseren Kunden nun ambitionierte Lehrgänge zur künstlichen Intelligenz, Nachhaltigkeit und dem digitalen Veränderungsmanagement an.