Sachverständige

Richtlinien für Versteigerer

Richtlinie der IHK zur Durchführung der öffentlichen Bestellung und Vereidigung von Versteigerern gem. § 34b Abs. 5 GewO vom 10. Januar 2014
Zur Konkretisierung der gesetzlichen Anforderungen an die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Versteigerern gem. § 34b Abs. 5 GewO erlässt die Oldenburgische Industrie- und Handelskammer (IHK) folgende Richtlinie:

§ 1 Bestellungsgrundlage

Die IHK bestellt natürliche Personen gemäß § 34b Abs. 5 GewO i. V. m. Anlage 1, Ziffer 1.3 der Nds. ZuständigkeitsVO auf Antrag öffentlich als Versteigerer, die ihre besondere Sachkunde nachgewiesen haben, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen. Die Bestellung berechtigt allgemein zur Durchführung öffentlicher Versteigerungen soweit der Bestellungsantrag nicht auf bestimmte Arten von Versteigerungen beschränkt wird. Eine beschränkte öffentliche Bestellung ist möglich, wenn in dem angestrebten Bereich bundesweit ein Bedarf an öffentlichen Versteigerungsleistungen besteht.

§ 2 Öffentliche Bestellung

(1) Die öffentliche Bestellung ist keine Berufszulassung, sondern die Zuerkennung einer besonderen Qualifikation, die der Aussage des Versteigerers einen erhöhten Wert verleiht. Der öffentlich bestellte Versteigerer kann bundesweit tätig werden. Er darf im Gegensatz zum nicht öffentlich bestellten Versteigerer auch öffentliche Versteigerungen durchführen. Die nach § 34b Abs. 5 GewO öffentlich bestellten und vereidigten Versteigerer sind im Rahmen der jeweiligen Bestellung u. a. befugt, die in den verschiedenen Gesetzen vorgesehenen öffentlichen Versteigerungen von beweglichen Sachen und Wertpapieren oder deren freihändigen Verkauf durchzuführen. Insbesondere handelt es sich dabei um den Pfandverkauf (§§ 1228 ff. BGB, 368, 397, 441, 464, 475 b, 623 HGB und den Verkauf beweglicher Sachen nach den Vorschriften über den Pfandverkauf (§§ 731, 753,1003, 2022, 2042 BGB, 371 HGB) sowie um den Verkauf beweglicher Sachen aufgrund besonderer gesetzlicher Ermächtigungen (§§ 383, 489, 966, 979,1219 BGB, 373, 376, 379, 388, 391, 419, 471 HGB).
(2) Die öffentliche Bestellung kann mit Auflagen verbunden werden. Auflagen können auch nachträglich erteilt werden.
(3) Die öffentliche Bestellung erfolgt durch Aushändigung der Bestellungsurkunde.
(4) Über die öffentliche Bestellung und Vereidigung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die der Versteigerer zu unterschreiben hat.
(5) Die öffentliche Bestellung und Vereidigung ist in geeigneter Weise öffentlich  bekanntzumachen.

§ 3 Bestellungsvoraussetzungen

(1) Nur natürliche Personen können öffentlich bestellt und vereidigt werden. Der Antrag einer juristischen Person (z. B. GmbH) ist zurückzuweisen. Voraussetzung für die öffentliche Bestellung des Antragstellers ist, dass
a) ein abstrakter Bedarf an der beantragten Versteigerungsleistung besteht (diese Voraussetzung ist lediglich für bestimmte Arten von Versteigerungen relevant - bei der allgemeinen  Versteigerung liegt das abstrakte Bedürfnis stets vor);
b) er eine Niederlassung als Versteigerer im Geltungsbereich des Grundgesetzes unterhält;
c) er eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Versteigerung gem. § 34b Abs. 1 GewO besitzt;
d) er über ausreichende Lebens- und Berufserfahrung verfügt;
e) keine Bedenken gegen seine Eignung bestehen;
f) er erheblich über dem Durchschnitt liegende Fachkenntnisse nachweist; dies erfordert
den Nachweis, dass der Antragsteller
  • über eine mehrjährige Berufserfahrung als Versteigerer verfügt, mithin über mehrere Jahre hinweg jährlich mehrere Versteigerungen durchgeführt hat;
  • über Kenntnisse der für seine Tätigkeit einschlägigen Rechtsvorschriften verfügt;
  • und über überdurchschnittliche Grundkenntnisse über Eigenschaften, Qualität und Preise der zu versteigernden Gegenstände verfügt;
g) die persönliche Zuverlässigkeit besitzt und in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen
lebt;
h) er die Gewähr für Gewissenhaftigkeit, Weisungsfreiheit und Unparteilichkeit bietet.
(2) Ein Versteigerer, der in einem Arbeits- oder Dienstverhältnis steht, kann nur öffentlich
bestellt werden, wenn er nachweist, dass
a) sein Anstellungsvertrag den Erfordernissen des Abs. 1 Buchst. h) nicht entgegensteht, und dass er seine Versteigerertätigkeit persönlich ausüben kann;
b) er bei seiner Versteigerertätigkeit im Einzelfall keinen fachlichen Weisungen unterliegt und seine Leistungen von ihm selbst erstellt kennzeichnen kann;
c) ihn sein Arbeitgeber im erforderlichen Umfang für die Versteigerertätigkeit freistellt.

§ 4 Zuständigkeit und Verfahren

(1) Die IHK ist zuständig, wenn die Niederlassung des Versteigerers, die den Mittelpunkt seiner Versteigerertätigkeit im Geltungsbereich des Grundgesetzes bildet, im Kammerbezirk liegt. Die Zuständigkeit der IHK endet, wenn der Versteigerer die Niederlassung nach Satz 1 nicht mehr im Kammerbezirk unterhält.
(2) Über die öffentliche Bestellung entscheidet die IHK nach Anhörung der dafür u. U. bestehenden Ausschüsse und Gremien. Zur Überprüfung der gesetzlichen Voraussetzungen kann sie Referenzen einholen, Stellungnahmen fachkundiger Dritter abfragen, die Einschaltung eines Fachgremiums veranlassen und weitere Erkenntnisquellen nutzen.

§ 4 a Zuständigkeit und Verfahren für Anträge nach § 34b Abs. 5 Satz 4 GewO

Abweichend von § 4 Abs. 1 besteht für den Antrag eines Sachverständigen aus einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, der noch keine Niederlassung im Geltungsbereich des Grundgesetzes unterhält, die Zuständigkeit der Oldenburgischen IHK bereits dann, wenn der Versteigerer beabsichtigt, die Niederlassung im Bezirk der IHK zu begründen. Im Übrigen gelten die Regelungen des § 34b Abs. 5 Satz 4 i. V. m. § 36a Abs. Satz 3 und 4 GewO.

§ 5 Vereidigung

(1) Der Versteigerer wird in der Weise vereidigt, dass der Präsident oder ein Beauftragter der IHK  an ihn die Worte richtet: "Sie schwören, dass Sie die Aufgaben eines öffentlich bestellten und  vereidigten Versteigerers gewissenhaft, weisungsfrei und unparteiisch erfüllen werden", und der Versteigerer hierauf die Worte spricht: "Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe". Der Versteigerer soll bei der Eidesleistung die rechte Hand erheben.
(2) Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden.
(3) Gibt der Versteigerer an, dass er aus Glaubens- oder Gewissensgründen keinen Eid leisten wolle, so hat er eine Bekräftigung abzugeben. Diese Bekräftigung steht dem Eid gleich; hierauf ist der Versteigerer hinzuweisen. Die Bekräftigung wird in der Weise abgegeben, dass der Präsident oder ein Beauftragter der IHK die Worte vorspricht: "Sie bekräftigen im Bewusstsein ihrer Verantwortung, dass Sie die Aufgaben eines öffentlich bestellten und vereidigten Versteigerers gewissenhaft, weisungsfrei und unparteiisch erfüllenwerden" und der Versteigerer hierauf die  Worte spricht: "Ich bekräftige es".
(4) Im Falle einer erneuten Bestellung oder Änderung der Versteigerungsart genügt statt der Eidesleistung oder Bekräftigung die Bezugnahme auf den früher geleisteten Eid oder die früher geleistete Bekräftigung.
(5) Die Vereidigung durch die IHK ist eine allgemeine Vereidigung im Sinne von § 79 Abs. 3 Strafprozessordnung, § 410 Abs. 2 Zivilprozessordnung.

§ 6 Aushändigung von Bestellungsurkunde, Rundstempel, Ausweis, VerstVO und Richtlinien

(1) Die IHK händigt dem Versteigerer bei der öffentlichen Bestellung und Vereidigung die Bestellungsurkunde, den Rundstempel, den Ausweis, sowie eine Ausfertigung der  Versteigererverordnung und dieser Richtlinien aus. Ausweis, Bestellungsurkunde und  Rundstempel bleiben Eigentum der IHK.
(2) Über die öffentliche Bestellung und Vereidigung und die Aushändigung der in Abs. 1  genannten Gegenstände ist eine Niederschrift zu fertigen, die auch vom Versteigerer zu   unterschreiben ist.

§ 7 Bekanntmachung und Speicherung

Die IHK macht die öffentliche Bestellung und Vereidigung des Versteigerers in ihrem  Mitteilungsorgan „Oldenburgische Wirtschaft“ bekannt. Name, Adresse, Kommunikationsmittel und Versteigerungsart können durch die IHK oder einen von ihr beauftragten Dritten gespeichert
und in Listen oder auf sonstigen Datenträgern veröffentlicht und auf Anfrage jedermann zur Verfügung gestellt werden. Eine Bekanntmachung im Internet kann erfolgen, wenn der  Versteigerer zugestimmt hat.

§ 8 Gewissenhafte, weisungsfreie und unparteiische Aufgabenerfüllung

Die IHK weist den Versteigerer darauf hin, dass er
(1) seine Aufträge mit der Sorgfalt eines ordentlichen Versteigerers zu erledigen hat. Die
tatsächlichen Grundlagen seiner fachlichen Beurteilungen sind sorgfältig zu ermitteln und
die Ergebnisse nachvollziehbar zu begründen (Gewissenhaftigkeit);
(2) keine Verpflichtungen eingehen darf, die geeignet sind, seine tatsächlichen Feststellungen
und Beurteilungen zu verfälschen (Weisungsfreiheit);
(3) bei der Erbringung seiner Leistung stets darauf zu achten hat, dass er sich nicht der Besorgnis
der Befangenheit aussetzt und bei der Ausübung seiner Tätigkeit strikte Neutralität
wahrt (Unparteilichkeit);
(4) sich oder einem Dritten nicht für seine Versteigerertätigkeit außer dem im Versteigerungsauftrag zu bezeichnenden Entgelt weitere Vorteile versprechen oder gewähren lassen darf.

§ 9 Bezeichnung als „öffentlich bestellter und vereidigter Versteigerer“

Die IHK weist den Versteigerer darauf hin, dass
(1) es ihm, soweit er nicht als öffentlich bestellter Versteigerer tätig wird, untersagt ist, die Bezeichnung „Von der IHK öffentlich bestellter und vereidigter Versteigerer“ zu führen und die Bestellungsurkunde, den Rundstempel und den Ausweis zu verwenden
(2) er keine zusätzlichen Bezeichnung führen darf, die geeignet sind, über die bestellende Stelle oder seine weitere fachliche Qualifikation zu täuschen.

§ 10 Fortbildungen und Erfahrungsaustausch

Der Versteigerer soll das Vorhandensein der unter § 3 f dieser Richtlinie genannten  Voraussetzungen für die Dauer seiner öffentlichen Bestellung durch Teilnahme an geeigneten Fortbildungsveranstaltungen und Pflege von Erfahrungsaustausch kontinuierlich sicherstellen.

§ 11 Werbung

Der Versteigerer ist darüber aufzuklären, dass seine Werbung seiner besonderen Stellung gerecht werden und seiner Verantwortung als öffentlich bestellter und vereidigter Versteigerer entsprechen soll.

§ 12 Anzeigepflichten

Die IHK hat darauf hinzuweisen, dass der Versteigerer ihr unverzüglich eine Änderung folgender
Tatsachen anzeigen soll:
a) die Änderung seiner nach § 4 Abs. 1 S. 1 die örtliche Zuständigkeit begründenden Niederlassung und die Änderung seines Wohnsitzes;
b) die Errichtung und tatsächliche Inbetriebnahme oder Schließung einer Niederlassung;
c) die Änderung seiner oder die Aufnahme einer weiteren beruflichen oder gewerblichen
Tätigkeit, insbesondere den Eintritt in ein Arbeits- oder Dienstverhältnis;
d) die voraussichtlich länger als drei Monate dauernde Verhinderung an oder Einschränkung
bei der Ausübung seiner Tätigkeit als Versteigerer, insbesondere auch aufgrund einer  Beeinträchtigung seiner körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit;
e) den Verlust der Bestellungsurkunde oder des Ausweises;
f) die Leistung der Eidesstattlichen Versicherung gemäß § 807 Zivilprozessordnung und den Erlass eines Haftbefehls zur Erzwingung der Eidesstattlichen Versicherung gemäß § 901  Zivilprozessordnung;
g) die Stellung des Antrages auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über sein Vermögen oder das Vermögen einer Gesellschaft, deren Vorstand, Geschäftsführer oder Gesellschafter er ist, die Eröffnung eines solchen Verfahrens und die Abweisung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse;
h) den Erlass eines Haft- oder Unterbringungsbefehls, die Erhebung der öffentlichen Klage und den Ausgang des Verfahrens in Strafverfahren, wenn der Tatvorwurf auf eine Verletzung von Pflichten schließen lässt, die bei der Ausübung der Versteigerertätigkeit zu beachten sind, oder er in anderer Weise geeignet ist, Zweifel an der persönlichen Eignung oder besonderen Sachkunde des Versteigerers hervorzurufen;
i) die Gründung von Zusammenschlüssen oder den Eintritt in einen solchen Zusammenschluss.

§ 13 Erlöschen der öffentlichen Bestellung

(1) Die öffentliche Bestellung erlischt, wenn
a) der Versteigerer gegenüber der IHK erklärt, dass er nicht mehr als öffentlich bestellter und vereidigter Versteigerer tätig sein will;
b) wenn die Erlaubnis zur Ausübung des Versteigerergewerbes gem. § 34b Abs. 1 GewO
zurückgenommen oder widerrufen wird oder anderweitig erlischt;
c) die IHK die öffentliche Bestellung zurücknimmt oder widerruft;
d) bei Tod des Versteigerers.
(2) Die IHK macht das Erlöschen der Bestellung in ihrem Mitteilungsorgan „Oldenburgische Wirtschaft“ bekannt.

§ 14 Rücknahme; Widerruf

Rücknahme und Widerruf der öffentlichen Bestellung richten sich nach den gesetzlichen Bestimmungen.

§ 15 Rückgabepflicht von Bestellungsurkunde, Rundstempel und Ausweis

Nach Erlöschen der öffentlichen Bestellung hat der Versteigerer Bestellungsurkunde, Rundstempel und Ausweis zurückzugeben.