Umsatzsteuer

Klarstellung für Reihengeschäfte

Seit 1. Januar 2020 sind sogenannte Reihengeschäfte erstmals im EU-Mehrwertsteuerrecht geregelt. Auch wenn das EU-Recht in weiten Teilen der bis dahin in Deutschland geltenden Auffassung der Finanzverfassung entspricht, sahen sich Unternehmen Zweifeln gegenüber, ob die bisherigen Regelungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) 1:1 auf die neue Rechtslage anzuwenden sind. Das BMF hat nun mit Schreiben vom 25. April 2023 die entsprechenden Passagen angepasst.

Was ist ein Reihengeschäft?

Als Reihengeschäft bezeichnet man die Konstellation, wenn mindestens drei Personen bzw. Unternehmen über dieselbe Ware ein Geschäft abschließen, bei der aber die Versendung der Ware nur von einem der Beteiligten verantwortet und durchgeführt wird. Die Ware wird direkt vom Lieferanten an den Endabnehmer geliefert. Besondere Bedeutung kommt dem Reihengeschäft bei der umsatzsteuerlichen Bewertung im Rahmen des grenzüberschreitenden Handels zu, unabhängig ob das Geschäft innerhalb oder außerhalb der EU abgewickelt wird. In der Praxis steht dabei regelmäßig im Fokus, ob eine innergemeinschaftliche Lieferung oder eine Ausfuhrlieferung vorliegt und die Rechnung an den Geschäftspartner oder Kunden mit oder ohne Mehrwertsteuer ausgewiesen werden kann.

Bestimmung der bewegten Lieferung 

Wesentlich für die Bestimmung der bewegten Lieferung im Reihengeschäft ist, durch wen der Transport erfolgt, beziehungsweise wer ihn veranlasst hat (so genannte Transportverantwortlichkeit). Auf EU-Ebene ist diese nicht immer leicht zu bestimmen, wenn sie nicht mit eigenen Transportmitteln erfolgt. Die deutsche Finanzverwaltung stellt dafür primär auf die Auftragserteilung ab. Weist der Unternehmer nach, dass der Transport auf Rechnung eines anderen Unternehmers erfolgt ist und dieser tatsächlich die Gefahr des zufälligen Untergangs des Gegenstandes während des Transports getragen hat, ist auch eine abweichende Zuordnung möglich (vgl. Abschnitt 3.14 Abs. 7 UStAE).

Lieferung durch einen Zwischenhändler 

Beim Transport durch den Zwischenhändler (= ein in der Kette stehender Abnehmer, der zugleich Lieferer ist) ist die Warenbewegung grundsätzlich der Lieferung an ihn zuzuordnen. Er hat jedoch die Möglichkeit, diese Fiktion zu widerlegen (Abs. 9 UStAE). 

Verwenden der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

Die Ausübung des Wahlrechts ist bei innergemeinschaftlichen Reihengeschäften an die Verwendung seiner USt-IdNr. geknüpft. Verwendet der Zwischenhändler eine ihm vom Abgangsmitgliedstaat der Ware erteilte USt-IdNr., wird die Warenbewegung seiner Lieferung an seinen Kunden zugeordnet. Die Verwendung muss bis zum Beginn der Beförderung erfolgen; spätere Änderungen sind aus Sicht der Finanzverwaltung nicht mehr zu berücksichtigen (Abs. 10 UStAE).
Die Finanzverwaltung hält daran fest, dass das Verwenden ein aktives Tun des Leistenden erfordert. Die verwendete USt-IdNr. soll im jeweiligen Auftragsdokument festgehalten werden. Bei mündlicher Verwendung müssen die USt-IdNr. sowie der Zeitpunkt dokumentiert werden. Auch eine einmalige ausdrückliche Verwendung für alle zukünftigen Leistungen ist möglich. Ausnahmsweise ist auch ein konkludentes Verwenden möglich, wenn alle Parteien die Beurteilung einheitlich getroffen haben und sie ihre jeweiligen Dokumentations- und Erklärungspflichten vollständig erfüllt haben.

Zuordnung in Drittlandsfällen

In Ausfuhrfällen kann der Zwischenhändler durch Verwendung seiner USt-IdNr bzw. Steuernummer des Abgangsmitgliedstaates die Warenbewegung auf seine eigene Lieferung an seinen Kunden verlagern. In Fällen der Einfuhr kann die Lieferung des Zwischenhändlers zur bewegten Lieferung werden, wenn die Ware in seinem Namen oder i.R.d. indirekten Stellvertretung für seine Rechnung zum freien Verkehr eingeführt wird.

Keine Anwendung auf fiktive Lieferketten

Ergänzt wird Abschnitt 3.14 Abs. 20 UStAE, der klarstellt, dass die Absätze zu Reihengeschäften nicht auf Lieferketten unter Einbeziehung von elektronischen Schnittstellen als sogenannter fiktiver Lieferer anzuwenden sind.

Anwendungsregelung

Die neue Auslegung gilt in allen offenen Fällen. Hinsichtlich der Zuweisung der Transportverantwortlichkeit enthält das Schreiben eine Nichtbeanstandungsregelung. Für Umsätze, die bis zur Veröffentlichung dieses Schreibens ausgeführt wurden, wird es demnach nicht beanstandet, wenn diese von den Beteiligten übereinstimmend abweichend von Abschnitt 3.14 Absätze 7 bis 11 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses bestimmt wurde.