Zugehörigkeit

Abgrenzung zwischen Industrie und Handwerk

Das IHK-Gesetz besagt, dass alle Gewerbetreibenden, die nicht Mitglieder der Handwerkskammer (HWK) sind, IHK-zugehörig sind. Dieses Ausschlussprinzip macht reine Industrie- und Handelsbetriebe grundsätzlich zu Mitgliedern einer IHK. Bei Dienstleistern muss man schon genauer hinsehen. Die Dachorganisationen DIHK (Deutsche Industrie- und Handelskammer) und ZDH (Zentralverband des Deutschen Handwerks) tauschen sich regelmäßig über Zuordnungen aus, insbesondere wenn sich Tätigkeitsfelder verändern oder neue entstehen.

Handwerk

Die Handwerksordnung (HwO) unterscheidet zwischen den zulassungspflichtigen Handwerken (Anlage A) und den zulassungsfreien Handwerken (Anlage B Abschnitt 1). Daneben gibt es die handwerksähnlichen Gewerbe (Anlage B Abschnitt 2).

Anlage A

Der Begriff "Handwerk" ist zwar gesetzlich nicht definiert. Ein Anhaltspunkt ergibt sich jedoch aus § 1 Abs. 2 HwO in Verbindung mit der Anlage A. Sie enthält ein Verzeichnis derjenigen 41 Gewerbe, die als zulassungspflichtiges Handwerk betrieben werden können. Aus dieser Positivliste ergibt sich jedoch kein Indiz für die handwerksmäßige Betriebsweise der dort aufgeführten Gewerbe. Die Anlage A besagt lediglich, dass ein Handwerksbetrieb im Sinne der HwO nur ein Betrieb sein kann, der eine in der Positivliste genannte Gewerbeart ausübt. Die aufgeführten Gewerbe können also, müssen aber nicht handwerksmäßig betrieben werden. "Handwerksmäßig" wird eine Tätigkeit nur dann ausgeübt, wenn keine industrielle Betriebsweise vorliegt.
Nur ein Inhaber, der eine entsprechende Meisterqualifikation oder einen gleichwertigen Abschluss nachweisen kann, darf ein Anlage-A-Handwerk selbständig ausüben. Falls der Inhaber diese Qualifikation nicht hat, kann er einen entsprechend qualifizierten Betriebsleiter beschäftigen.

Anlage B

Abschnitt 1

Für die zulassungsfreien Handwerke der Anlage B Abschnitt 1 gilt, dass keine Qualifikation zur Ausübung nachgewiesen werden muss. Allerdings gibt es dort weiterhin die Möglichkeit, eine Meisterprüfung freiwillig abzulegen.

Abschnitt 2

In Anlage B Abschnitt 2 sind Gewerbe verzeichnet, die handwerksähnlich betrieben werden können. Es handelt sich um 57 Gewerbe, für die keine besondere Befähigung zu ihrer Ausübung erforderlich ist. Allerdings soll auch für Gewerbe der Anlage B Abschnitt 2 zunehmend die Möglichkeit fakultativer Meisterprüfungen geschaffen werden. Der Betrieb eines handwerksähnlichen Gewerbes wird in ein spezielles Verzeichnis bei der Handwerkskammer eingetragen.
Einen umfassenden Überblick zum Thema Abgrenzung finden Sie im Leitfaden der Industrie- und Handelskammern (IHK) und Handwerkskammern (HWK) (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 3012 KB). Dieser enthält auch eine alphabetische Liste von Tätigkeiten und ihre Zuordnung.

Rückvermeisterung: 12 Gewerke wieder zulassungspflichtig

Mit der Novelle der Handwerksordnung (HwO) im Jahr 2004 wurden zahlreiche Berufe „meisterfrei“. Sie konnten als sogenannte zulassungsfreie Handwerke ohne meisterliche Qualifikation ‎selbstständig ausgeübt werden.
Nach einer Änderung der HWO (Inkraftreten:14. Februar 2020) heißt es nun „Rolle rückwärts!“  Diese Berufe werden zukünftig wieder der Meisterpflicht unterworfen:
  • Fliesen-, Platten- und Mosaikleger
  • Betonstein- und Terrazzohersteller
  • Estrichleger
  • Behälter- und Apparatebauer
  • Parkettleger
  • Rollladen- und Sonnenschutztechniker
  • Drechsler und Holzspielzeugmacher
  • Böttcher
  • Raumausstatter
  • Glasveredler
  • Orgel- und Harmoniumbauer
  • Schilder- und Lichtreklamehersteller

Welche IHK-Betriebe sind betroffen?

Von dieser Gesetzesänderung können auch Betriebe betroffen sein, die bislang ausschließlich IHK-zugehörig sind. Es handelt es sich dabei vor allem um die Betriebe, die bislang eine der oben aufgeführten Tätigkeiten neben ihrer Handels- oder Dienstleistungstätigkeit in untergeordneter Weise in ihrem IHK-Betrieb ausführen.
Bestandsschutz, aber…
Der für die „Rückvermeisterung“ vorgelegte Gesetzentwurf sieht für diese Unternehmen vor, dass sie auch weiterhin ihre handwerklichen Tätigkeiten im Nebenbetrieb ausüben können und dürfen.
Allerdings müssen sie innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes einen Antrag auf Eintragung in die Handwerksrolle stellen.
Betroffene Unternehmen müssen für die Eintragung in die Handwerksrolle lediglich nachweisen, dass sie bereits vor In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung handwerkliche Tätigkeiten ausgeführt haben, nicht aber, dass eine meisterliche Qualifikation vorliegt. Es gibt hier also Bestandsschutz für die bestehenden Unternehmen: sie sollen keine zusätzlichen Anforderungen erfüllen müssen außer der Eintragung in die Handwerksrolle. Der Nachweis kann z. B. durch die Gewerbeanmeldung oder durch entsprechende Rechnungen erfolgen.
Hiervon ausgenommen sind Unternehmen, bei denen die handwerkliche Tätigkeit im Rahmen eines unerheblichen handwerklichen Nebenbetriebs (Mischbetriebe) ausgeübt ausgeübt wird. Ihre IHK berät Sie gerne hierzu.
Achtung: Ende des Bestandsschutzes
Ändert sich später die personelle Zusammensetzung der Unternehmensleitung, muss innerhalb von sechs Monaten die notwendige handwerkliche Qualifikation, also grundsätzlich das Vorhandensein eines Meisters, nachgewiesen werden und ein entsprechender Eintrag in die Handwerksrolle erfolgen.
Was ist zu tun?
IHK-Unternehmen, die ihren Umsatzschwerpunkt im Handel oder in der Erbringung von Dienstleistungen haben und daneben handwerkliche Leistungen aus den oben genannten Berufen erbringen, die in einem wirtschaftlich-technischen Zusammenhang zur nichthandwerklichen Tätigkeit stehen, sollten ihre IHK kontaktieren und das weitere Vorgehen besprechen. Natürlich stehen auch die Handwerkskammern für Auskünfte zur Verfügung.

Abgrenzung zur Industrie

Das Vorliegen einer handwerksmäßigen oder nichthandwerksmäßigen Betriebsform kann nur nach dem Gesamtbild des jeweiligen Betriebes auf Grund des aktuellen Entwicklungsstandes und der jeweiligen Branchenüblichkeit beurteilt werden. Die Prüfung ist anhand von einigen durch die Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien vorzunehmen, zum Beispiel:
  • Technische Betriebsausstattung
  • Arbeitsteilung/Spezialisierung
  • Fachliche Qualifikation der Mitarbeiter
  • Anforderungen an Betriebsinhaber/Überschaubarkeit des Betriebes
  • Betriebsgröße
Wichtig ist, dass meist keines dieser Merkmale allein ausreicht. Umgekehrt müssen nicht sämtliche Merkmale für das Abgrenzungsergebnis erfüllt sein. Dabei reicht es nicht aus, ausgeübte Tätigkeiten verbal als "nichthandwerklich" oder "industrielle Fertigung" zu bezeichnen, um die Handwerksrollenpflicht zu vermeiden, sondern es kommt darauf an, dass industrielle Fertigungsansätze auch tatsächlich gegeben sind.

Eintragung in die Handwerksrolle

In die Handwerksrolle (§§ 7, 8 HwO) wird grundsätzlich nur eingetragen, wer in dem zu betreibenden Handwerk die Meisterprüfung bestanden hat. Ausreichend ist nunmehr, dass auch ein Betriebsleiter die meisterlichen Voraussetzungen erfüllt. Insofern ist das Inhaberprinzip aufgehoben.
So genannte Altgesellen können nach einer sechsjährigen einschlägigen Berufsausübung, davon insgesamt vier Jahre in leitender Stellung, die Ausübungsberechtigung erhalten. Dann sind sie in die Handwerksrolle einzutragen.
Ausnahmsweise können auch andere Prüfungen anerkannt werden, wenn diese "gleichwertig" sind (z. B. Abschlussprüfungen an einer deutschen Hochschule oder Diplom eines anderen EU-Mitgliedstaats).
Industriemeister mit einer Prüfung nach § 46 Abs. 2 Berufsbildungsgesetz sind dann direkt in die Handwerksrolle einzutragen, wenn ihr Abschluss mit dem des Handwerksmeisters gleichwertig ist. Diese Feststellung trifft die jeweilige Handwerkskammer.
In anderen Fällen kann nach § 8 HwO die Eintragung in die Handwerksrolle auch über eine Ausnahmebewilligung erfolgen, die von der höheren Verwaltungsbehörde (nach Anhörung der Handwerkskammer) erteilt wird. Voraussetzung hierfür sind der Nachweis entsprechender Kenntnisse und Fertigkeiten sowie das Vorliegen eines Ausnahmefalles. Dieser setzt voraus, dass die Ablegung der Meisterprüfung eine "unzumutbare Belastung" bedeuten würde.