Exportkontrolle

Embargos, Dual-Use, Ausfuhrverbote

Rüstungsgüter und Dual-Use-Waren: Seit 1. September 2023 sind neue Allgemeine Genehmigungen (AGG) in Kraft und bestehende wurden inhaltlich angepasst. Damit sollen Genehmigungsverfahren für Lieferungen an ausgewählte EU- und NATO-Partner sowie enge Partnerländer beschleunigt werden. Außerdem wird die Laufzeit eines Nullbescheids, d.h. die Feststellung, dass ein Ausfuhrvorhaben keiner Genehmigungspflicht unterliegt, auf zwei Jahre verlängert werden. Dies gilt auch für Auskünfte zur Güterliste und die Erklärung des Ausfuhrverantwortlichen. Einzelheiten unter www.bafa.de.

Welchen Sinn haben Exportkontrollen?

Der Außenhandel ist frei – von diesem Grundsatz geht die EU aus. Sie hat jedoch das Recht diese Freiheit in bestimmten Fällen durch Verbote oder Genehmigungsvorbehalte einzuschränken.
Exportkontrollen sollen
  • die Sicherheitsinteressen der einzelnen Staaten schützen,
  • das friedliche Zusammenleben der einzelnen Staaten sichern und
  • die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland schützen.
Somit unterliegen viele Güter einer Genehmigungspflicht. Andere Güter dürfen gar nicht exportiert werden oder bestimmte Personen oder Länder dürfen nicht beliefert werden (Embargo). Solche Güter sind in Listen erfasst, in denen festgelegt ist, ob sie ausgeführt werden dürfen oder nicht. Aufgeführt ist hierin auch, welche Genehmigungsverfahren nötig sind und welche Auflagen für die Güter, die exportiert werden dürfen, bestehen.

Wer ist in Deutschland für die Exportkontrolle zuständig?

Das Bundesamt für Wirtschaft und Exportkontrolle (BAFA).

Wann bestehen Verbote?

Verbote ergeben sich aus bestehenden Embargos oder Sanktionen gegen Länder, Waren oder Personen.
I. Länderbezogene Verbote
  • Totalembargos: Diese enthalten umfassende Verbote im Außenwirtschaftsverkehr, die lediglich durch bestimmte Ausnahmen abgemildert werden können. Ein länderbezogenes Totalembargo besteht seitens der EU zurzeit nicht.
  • Teilembargos: Diese enthalten Beschränkungen und Verbote, die sich nur auf bestimmte Wirtschaftbereiche beziehen und nur bestimmte Handlungen und Rechtsgeschäfte verbieten bzw. beschränken. Teilembargos bestehen zurzeit gegenüber einigen Ländern. Das BAFA gibt Auskunft zu den aktuellen Embargo-Ländern.
II. Warenbezogene Verbote
Waffenembargos: Diese enthalten ausdrückliche Beschränkungen beziehungsweise Verbote für die Lieferung von Waffen, Munition und sonstigen Rüstungsmaterialien. Waffenembargos bestehen zurzeit gegenüber einer gewissen Anzahl von Ländern. Diese finden Sie auf den Seiten der BAFA.
III. Personenbezogene Verbote - Bekämpfung des Terrorismus
Alle in entsprechenden Listen erfassten Personen, Gruppen oder Organisationen dürfen weder direkt noch indirekt finanzielle Vermögenswerte oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugute kommen. Diese Verbote beziehen sich auf alle an der Lieferung beteiligten Personen. Es reicht somit nicht aus, lediglich zu prüfen, ob der Endempfänger einer Lieferung gelistet ist. Ihr Zulieferer, der Spediteur etc. sind ebenso zu prüfen. Diese sog. "Sanktionslistenprüfung" kann mit Datenbanken des Bundes oder der EU unkompliziert durchgeführt werden.

Übersicht länderbezogener Embargos

Die Übersicht über die länderbezogenen Embargos fasst tabellarisch die wesentlichen Inhalte der bestehenden Embargomaßnahmen zusammen. Eingefügt sind jeweils die Rechtsgrundlagen als Fundstelle für die Embargos.
Alternativ bietet die EU eine Sanctions-Map an, in der die EU-Sanktionen visualisiert werden.

Wann bestehen Genehmigungspflichten?

Genehmigungspflichten bestehen für bestimmte Länder und für bestimmte Güter. Der Begriff "Güter" umfasst Waren, Technologie und Datenverarbeitungsprogramme. Eine technische Unterstützung meint jede technische Dienstleistung, wie Reparatur, Wartung Entwicklung, aber auch Weitergabe praktischer Fähigkeiten zum Beispiel durch Beratung und Ausbildung.
Eine Genehmigungspflicht kann sich somit durch die Art der Ware oder durch die Art der Verwendung der Ware ergeben.
Eine Genehmigungspflicht für Güter besteht, wenn die für den Export bestimmten Güter von der nationalen Ausfuhrliste (Teil I) oder der EG-Dual-Use-Verordnung Anhang I (Güter mit doppelten Verwendungszweck) erfasst sind.
Ein kritischer Verwendungszweck kann bestehen, wenn der Ausführer Kenntnis davon hat, dass die Güter für eine militärische Endverwendung bestimmt ist oder in eine Embargoland weiter transportiert werden soll.

Welche Formen der Genehmigung gibt es?

Man unterscheidet zwischen
1.  Die allgemeinen Ausfuhrgenehmigungen der Gemeinschaft Nr. EU 001 bis EU 008 sind als Anhang II der Verordnung (EU) 2021/821 (EU-Dual-Use-VO) bekannt gemacht. (Das BAFA veröffentlicht die konsolidierten Textfassungen)
2.  Allgemeine Genehmigungen des BAFA erlauben grundsätzlich die Ausfuhr bestimmter Güter in bestimmte Länder. Um eine Allgemeine Genehmigung zu nutzen, muss sich der Unternehmer bei der BAFA selbst registrieren und die Nutzung der Allgemeinen Genehmigung melden. Die Registrierung und notwendige Meldungen sind elektronisch mit dem vom BAFA angebotenen ELAN-K2-Ausfuhr-System durchzuführen.
Sämtliche Genehmigungen können mit Nebenbestimmungen versehen werden, wie zum Beispiel Befristungen, Bedingungen, Auflagen.

Auswirkung des Russland/Ukraine-Krieges:

Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen mit Russland
BAFA erlässt AGG Nr. 31 
Nach Art. 5 k Abs. 1 VO (EU) 833/2014 ist es grundsätzlich verboten, bestimmte öffentliche Aufträge oder Konzessionen in Bezug auf Russland zu vergeben (Zuschlagsverbot) oder geschlossene Verträge weiterhin zu erfüllen (Vertragserfüllungsverbot). Gemäß Art. 5 Abs. 2 VO (EU) 833/2014 kann das BAFA Genehmigungen für bestimmte Zuschläge und Vertragserfüllungen erteilen. Damit nicht in allen Fällen eine Einzelgenehmigung erteilt werden muss, hat das BAFA die AGG Nr. 31 geschaffen. Diese gestattet Zuschläge und Vergaben, die sich beziehen auf:
  • den Betrieb ziviler nuklearer Kapazitäten, ihre Instandhaltung, ihre Stilllegung, die Entsorgung ihrer radioaktiven Abfälle, ihre Versorgung mit und die Wiederaufbereitung von Brennelementen und die Weiterführung der Planung, des Baus und die Abnahmetests für die Indienststellung ziviler Atomanlagen und ihre Sicherheit sowie die Lieferung von Ausgangsstoffen zur Herstellung medizinischer Radioisotope und ähnlicher medizinischer Anwendungen, kritischer Technologien zur radiologischen Umweltüberwachung sowie für die zivile nukleare Zusammenarbeit, insbesondere im Bereich Forschung und Entwicklung,
  • die zwischenstaatliche Zusammenarbeit bei Raumfahrtprogrammen,
  • die Bereitstellung bestimmter unbedingt notwendiger Güter oder Dienstleistungen,
  • die Tätigkeit der diplomatischen und konsularischen Vertretungen der Europäischen Union und deren Mitgliedstaaten in Russland, einschließlich Delegationen, Botschaften und Missionen, oder internationaler Organisationen in Russland, die nach dem Völkerrecht Immunität genießen,
  • den Kauf, die Einfuhr oder die Beförderung von Erdgas und Erdöl, einschließlich raffinierter Erdölerzeugnisse, sowie von Titan, Aluminium, Kupfer, Nickel, Palladium und Eisenerz aus oder durch Russland in die EU,
  • den Kauf, die Einfuhr oder die Beförderung von Kohle und anderen festen fossilen Brennstoffen, die in Anhang XXII der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 aufgeführt sind, bis 10.08.2022.
Die Ausschlüsse, Beschränkungen und Formalien der AGG Nr. 31 sind mit denen anderer Allgemeiner Genehmigungen vergleichbar.
Weitere Informationen direkt auf der BAFA-Website 

Wie lange dauert das Genehmigungsverfahren?

Die Dauer des Genehmigungsverfahrens beim BAFA variiert im Normalfall zwischen zwei Wochen für nicht so sensitive Länder, über einen Monat für andere Länder bis hin zu über einem Monat für kritische Länder. Voraussetzung für ein schnelles Verfahren sind die vollständigen Antragsunterlagen. Die Embargos gegen Russland/Weißrussland erzeugen eine Antragswelle, die derzeit lange Wartezeiten mit sich bringt.

Nachweismöglichkeiten über Genehmigungsfreiheit

Null-Bescheid
Ergibt sich bei der Prüfung eines Antrags auf Erteilung einer Ausfuhr-/Verbringungsgenehmigung, dass für das Vorhaben kein Genehmigungstatbestand greift, erteilt das BAFA einen so genannten „Null”-Bescheid. Der Bescheid trifft eine rechtsverbindliche Aussage über die Genehmigungsfreiheit.
Auskunft zur Güterliste (AzG)
Mit der Auskunft zur Güterliste (früher: Negativbescheinigung) kann auf Verlangen der Zollstelle der Nachweis geführt werden, dass bestimmte Güter nicht von der Ausfuhrliste erfasst werden. Die AzG trifft aber keine grundsätzliche Aussage über die Genehmigungsfreiheit der Ausfuhr.
Sonstige Anfrage
Die sonstige Anfrage ist eine Alternative zum Nullbescheid, hat aber keine Rechtsverbindlichkeit. Sie kann für die betriebsinterne Exportkontrolle sinnvoll sein oder wenn Vertragspartner eine BAFA-Stellungnahme zum Ausfuhrverfahren erwarten.

EG-Dual-Use-Verordnung

Sie definiert Güter mit doppeltem Verwendungszweck und regelt deren Genehmigung zum Export. Waren zur doppelten Verwendung sind typischerweise Artikel, die sowohl zivile als auch militärische Anwendungsmöglichkeiten haben. Beispielsweise kann eine Chemikalie entweder als Dünger oder als Sprengstoff verwendet werden. Aber auch Pumpen oder Ventile können z.B. darunter fallen. 
Die erneuerte Verordnung VO (EU) 821(2021) modernisiert die geltenden Regeln zur Kontrolle der Ausfuhr, der Handels- und Vermittlungstätigkeit, der technischen Unterstützung, der Durchfuhr und der Verbringung von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck.
Dual-Use und ATLAS-Ausfuhr: Neue Codierungen
Der ATLAS-Info 224/21 vom 28. September 2021 sind folgende Neuerungen zu entnehmen:
Ab dem 1. Oktober 2021 werden in ATLAS-Ausfuhr die Unterlagencodierungen für Genehmigungen nach der EU-Dual-Use-Verordnung umgestellt. Bisher wurden alle Genehmigungen mit der Codierung X002 angemeldet und durch einen zusätzlichen Qualifikator unterschieden. Die Qualifikatoren bleiben unverändert erhalten, die X002 wird ersetzt durch:
  • X060 für Einzelgenehmigungen
  • X070 für Sammelausfuhrgenehmigungen
  • X061 – X068 für Allgemeine Genehmigungen der EU
  • X071 für nationale Allgemeine Genehmigungen
  • neu: X072 für Durchfuhrgenehmigungen nach Art. 7
Nationale Maßnahmen
die neue EU-Dual-Use-VO sieht vor, dass die Mitgliedstaaten bestimmte Maßnahmen auf nationaler Ebene ergreifen dürfen. Die aktuellen Maßnahmen wurden nun im Informationsvermerk 2022/C 66/04 veröffentlicht. Dazu gehören unter anderen eine Genehmigungspflicht für nicht-gelistete Dual-Use-Güter, die Ausweitung der Vermittlungskontrolle und innergemeinschaftliche Verbringung. Der Informationsvermerk enthält die entsprechenden Details zu jedem EU-Mitgliedstaat. (Quelle: Amtsblatt der EU)
Deutschland hat dabei für sich entschieden, dass
  1. nach Artikel 9 Absatz 1 aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder aufgrund von Menschenrechtserwägungen, einschließlich der Verhinderung von Terroranschlägen, zusätzliche Kontrollen für nicht gelistete Güter durchgeführt werden dürfen.
  2. eine Genehmigungspflicht nach Artikel 11 Abs. 5 der VO für die EU-interne Verbringung von Gütern, die nicht in Anhang IV der Verordnung aufgeführt sind (Anhang IV umfasst die Güter, die vom freien Warenverkehr im Binnenmarkt ausgenommen sind), vorgeschrieben ist.
  3. sechs nationale allgemeine Ausfuhrgenehmigungen (Nr. 12 – 17) gem. Artikel 12 Absatz 6 angewendet werden.

EG-Dual-Use-VO | Was müssen Unternehmer beachten?

  1. Unternehmen müssen sich mit den neuen Auflagen auseinandersetzen und ihre innerbetrieblichen Exportkontrollprozesse ggf. anpassen. Dabei kann Anhang IV der Verordnung helfen, der in tabellarischer Form die Artikel der alten und der neuen Verordnung gegenüberstellt.
  2. Da es erstmals eine Definition des Internal Compliance Programme (ICP) gibt und dieses als Voraussetzung für die Nutzung der AGG Nr. EU007 gilt, sollten Unternehmen, die noch nicht über ein ICP verfügen, eines installieren. Die Bedeutung des ICP nimmt zu.

US-Reexportkontrolle

Die US-Behörden beanspruchen weltweite Zuständigkeit der Kontrolle von Lieferung von US-Gütern. Die Bestimmungen beziehen sich auf jegliche Exportaktivitäten mit den USA aber auch auf  Warenverkehre von US-Gütern, die zwischen anderen Ländern (nicht USA) stattfinden. Auch hier ergibt sich die Genehmigungspflicht aus Art, Zielort, Empfänger und Verwendung der Güter. Genehmigungsbehörde ist das Bureau of Industry and Security (BIS) in Washington.