Fachartikel zur neuen Verordnung (EU) 2023/1115

Entwaldungsfreie Lieferketten

Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten in Kraft – viele Branchen betroffen.
Die Verordnung (EU) 2023/1115 über entwaldungsfreie Lieferketten trat am 29. Juni 2023 in Kraft. Zwar folgt sie auf die EU-Holzhandelsverordnung, ihr Anwendungsbereich wurde allerdings umfassend über den Rohstoff Holz hinaus ausgedehnt.

Verschiebung um 1 Jahr bewilligt | Neue Umsetzungsfristen

Unternehmen haben ein weiteres Jahr Zeit, um die Entwaldungsverordnung umzusetzen. Die Unterhändler des EU-Parlaments und des Rates erzielten eine vorläufige politische Einigung über die Verschiebung der Anwendung der Verordnung.
  • Große Unternehmen müssen nun ab dem 30. Dezember 2025,
  • Kleinst- und Kleinunternehmen ab dem 30. Juni 2026 (bis zu einer Bilanzsumme von 20 Millionen, einem Nettoumsatzerlös von bis 40 Millionen Euro und sowie bis zu 250 Arbeitnehmer
der Verordnung nachkommen.
Wie können sich Marktbeteiligte vorbereiten? Sie müssen sich im EU-Informationssystem registrieren und ihre Sorgfaltserklärungen abgeben. Das EU-Informationssystem ist hier zugänglich. Die Sorgfaltserklärungen werden dann mit einer Referenznummer versehen. Diese Nummer begleitet das Produkt entlang der gesamten Lieferkette. Die zuständigen Behörden der EU-Mitgliedsstaaten haben ebenfalls Zugriff auf die abgegebenen Erklärungen. Informationen zum IT-Tool wie Benutzeranweisungen und Antragsformulare für Schulungssitzungen sindhierzu finden.
Hilfsangebote gibt es außerdem bei den IHKs und beim Helpdesk für Wirtschaft und Menschenrechte: Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte | Agentur für Wirtschaft & Entwicklung. Des Weiteren hat die EU-Kommission zur Unterstützung einLeitliniendokumentund FAQsveröffentlicht.

Info des Zolls - Eintragungen in der Zollanmeldung

1. Wurde im IT-System nach Art. 33 EUDR die Sorgfaltserklärung eingegeben und eine Sorgfaltserklärungsnummer generiert, dann gilt:
  • in Zollanmeldungen zur Überlassung zum zollrechtlichen freien Verkehr oder der Ausfuhr ist für EUDR-pflichtige Ware eine Unterlagencodierung einzutragen
  • im Feld der Unterlagenart ist für die erfolgte Abgabe einer Sorgfaltserklärung z.B. die Codierung C716 einzutragen
  • im Feld der Unterlagennummer ist die Sorgfaltserklärungsnummer einzutragen
2. Wurde keine Sorgfaltserklärung abgegeben, weil eine Ausnahme vorliegt, so ist eine Negativcodierung (Y-Codierung) in der Zollanmeldung anzugeben:
  • Die Liste der möglichen Y-Codierungen für EUDR-pflichtige Waren kann auf der Seite des BLE oder über den Elektronischen Zolltarif (EZT) eingesehen werden
  • Das Vorliegen einer Ausnahme muss bei Zollbediensteten auf Nachfrage glaubhaft dargelegt werden
  • Wie dies nachzuweisen ist, ist im Einzelfall mit den Zollbediensteten und ggf. nach Rücksprache mit der BLE zu entscheiden.
3. EUDR und Zollverfahren: Die Zollbehörden wirken bei Umsetzung der EUDR lediglich mit. Fragen zur Auslegung der EUDR können nicht durch die Zollbehörde beantwortet werden.
  • Folgen Sie den Informationen zur EUDR auf Zoll.de
  • Konkrete Fragen die EUDR und den Zoll betreffend, stellen Sie per E-Mail an DVB1.gzd@zoll.bund.de

Anwendungsbereich

Die Verordnung (VO) ist auf bestimmte Rohstoffe oder Erzeugnisse anwendbar, die in Verkehr gebracht, ausgeführt oder bereit gestellt werden. Sie umfasst die Rohstoffe Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk, Soja und Holz, sowie die in Anhang I der Verordnung mittels KN-Codes gelisteten Erzeugnisse.

Erlaubnis in drei Stufen

Das Inverkehrbringen, Bereitstellen oder Ausführen der relevanten Ware ist daran geknüpft, dass diese entwaldungsfrei ist, nach den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt wurde und dass die Unternehmen eine Sorgfaltserklärung bei der zuständigen Behörde – der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) oder u.U. auch den zuständigen Zollbehörden vorlegen.
Der Begriff Entwaldungsfreiheit wird durch die Verordnung definiert. So liegt eine Entwaldung auch vor, wenn ein Wald durch Naturkatastrophen zerstört und danach landwirtschaftlich genutzt wird.
Die einzuhaltenden Rechtsvorschriften sind nicht rein forstbezogen, da auch die vorherige Zustimmung betroffener indigener Völker, Arbeitnehmerrechte, Menschenrechte sowie allgemein Steuer-, Korruptionsbekämpfungs-, Handels- und Zollvorschriften betroffen sind.
Der Inhalt der vorzulegende Sorgfaltserklärung wird in Anhang II der VO beschrieben. Darin muss neben den Angaben von umfassenden Geolokalisierungsdaten bestätigt werden, dass alle Sorgfaltspflichten gemäß der VO eingehalten wurden.

Sorgfaltspflichten

Die Sorgfaltspflichten ähneln jenen aus der Holzhandelsverordnung sowie denen des LkSG – u.a. eine Risikoanalyse und -minderung. Im Kern muss die Verlässlichkeit der Informationen zur Entwaldungsfreiheit und Rechtskonformität sichergestellt werden. Dies umfasst auch eine detaillierte Geolokalisierung jedes einzelnen Rohstoffes – sei es jede einzelne Sojabohne. Gerade für Schüttgut sollte auf bekannte Nämlichkeitssicherungen, z.B. versiegelte Container, zurückgegriffen werden, um eine Vermischung mit nicht-rechtskonformen Rohstoffen und Erzeugnissen zu vermeiden.
Wird kein vernachlässigbares Risiko der fehlenden Konformität festgestellt, sind Maßnahmen zur Risikominimierung zu ergreifen. Zentral sind dabei die geforderten umfassenden Compliance Strukturen.
Für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) gelten Ausnahmen. Sie dürfen die relevanten Erzeugnisse nur dann auf dem Markt bereitstellen, wenn sie im Besitz bestimmter Informationen sind.

Rechtsfolgen bei Verstößen

Neben Bußgeldern in einer Höhe von bis zu 4% des Jahresumsatzes, z. Zt. auch höher, besteht bei Verstößen gegen die VO ein Reputationsrisiko für die Unternehmen.
Unternehmen, gegen die Sanktionen verhängt werden, sollen auf der Internetseite der EU-Kommission veröffentlicht werden. Dabei können auch begründete Bedenken von Dritten behördliche Verfahren auslösen.
Des Weiteren drohen die Beschlagnahme und Aussetzung des Inverkehrbringens, Korrekturmaßnahmen, wie Produktrückrufe oder die abfallgerechte Entsorgung, sowie die Einziehung der relevanten Erzeugnisse und der Ausschluss von der öffentlichen Finanzierung oder von Ausschreibungen von bis zu 12 Monaten.

Fazit

Die neue Verordnung ist nicht lediglich eine Abänderung der Holzhandelsverordnung, sondern bringt weitgehende Erweiterungen hinsichtlich der erfassten Rohstoffe und Erzeugnisse. Der Verordnung verlangt den Unternehmen eine umfassende Lieferkettentransparenz und Informationsbeschaffung ab. Angesichts der massiven Konsequenzen für Unternehmen und des sehr knappen Zeitrahmens, sollte man sich mit der Export-Lieferketten-Compliance zeitnah auseinandersetzen.