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Rekordgewinn für Westfalen-Gruppe
Mehr als 100 Millionen Euro EBIT: Westfalen-Gruppe erzielt höchsten Gewinn der 100-jährigen Unternehmensgeschichte.
Klarer Kurs Richtung Zukunft: „Westfalen zeigt, dass grüne Transformation auch wirtschaftlich erfolgreich sein kann“, erklärt Vorstandsvorsitzender Dr. Thomas Perkmann anlässlich der Bilanz für das Geschäftsjahr 2024. Mit einem EBIT von 103,5 Millionen Euro hat das Unternehmen einen neuen Rekord aufgestellt und erstmals in der über 100-jährigen Unternehmensgeschichte die 100-Millionen-Marke überschritten. Das Ergebnis wurde durch einen Einmaleffekt aus dem Verkauf eines ehemaligen Werkgeländes positiv beeinflusst. Trotz dieser guten Voraussetzung blieben die Investitionen aufgrund anhaltender politischer Unsicherheiten hinter den Planungen zurück.

Schon heute erwirtschaftet das Familienunternehmen knapp 50 Prozent seines Ergebnisses in potenziell emissionsarmen Bereichen. Seit 2019 wurden die eigenen CO₂-Emissionen (Scopes 1 & 2) um 67 Prozent gesenkt; das ursprüngliche Klimaziel für 2030 ist damit bereits erreicht. „Wir streben nun an, unsere eigenen CO₂-Emissionen bis 2030 auf Netto-Null zu senken.“
Kerngeschäft überzeugt
Das Kerngeschäft mit Industriegasen blieb trotz schwacher Konjunktur und volatiler Energiepreise stabil und liefert weiterhin den größten Wertzuwachs. „Angesichts der fluktuierenden Energiepreise und einer stagnierenden Wirtschaft, die insbesondere unsere Hauptkundengruppe der kleinen und mittelständischen Unternehmen trifft, ist das ein großer Erfolg“, so Perkmann. Rund 40 000 Gewerbekunden werden allein im Gase-Bereich beliefert. Ein neues Abfüllwerk im Norden Deutschlands sowie ein weiteres an der französischen Atlantikküste haben die Aktivitäten in diesem Segment zuletzt deutlich gestärkt.
Auch im zweiten großen Geschäftsbereich der Unternehmensgruppe, dem Tankstellengeschäft, zeigt sich eine robuste Entwicklung. Der Umsatz an den rund 260 Tankstellen blieb auf hohem Niveau. Gleichzeitig treibt das Unternehmen mit einem der größten konzernunabhängigen Tankstellennetze den Ausbau alternativer Antriebsenergien voran. „Unsere Ladeinfrastruktur umfasst mittlerweile rund 100 Schnellladepunkte – allein im vergangenen Jahr haben wir 32 neue Ladepunkte geschaffen. Zudem haben wir 2024 an ausgewählten Stationen HVO eingeführt und bauen dieses Angebot kontinuierlich weiter aus“, so Perkmann. „Wir hätten gerne mehr Schnelllademöglichkeiten errichtet, wurden jedoch durch regulatorische Rahmenbedingungen und das teils zögerliche Verhalten einzelner Netzbetreiber ausgebremst.“
Westfalen setzt auf Wärmepumpen
Parallel zu den E-Ladesäulen gewinnt auch die strombasierte Wärme im Heizungsmarkt an Bedeutung. Die gestiegene Nachfrage nach Wärmepumpen sowie mehrere erfolgreich umgesetzte Großprojekte unterstreichen diesen Trend. Perkmann: „Ohne die Verunsicherung durch das neue Gebäudeenergiegesetz wäre das Wärmepumpengeschäft noch besser gelaufen. Wir hoffen, dass bei allem Veränderungswillen der Politik nun Stabilität eintritt, damit sich der Markt in Ruhe entwickeln kann. Aus unserer Sicht ist und bleibt die Wärmepumpe die effizienteste Lösung für klimafreundliches Heizen im Gebäudebereich.“ Um das Geschäft mit strombasierter Wärme auch bei Gewerbeimmobilien auszubauen, hat sich Westfalen kürzlich an der Fernwärme- und Kesseltechnik GmbH (FKT) in Oberhausen beteiligt. Im bewährten Propan-Geschäft blieb der Absatz trotz milder Temperaturen stabil.
Positive Impulse kommen auch aus dem jüngsten Geschäftsfeld Respiratory Homecare, das Menschen mit Atemwegserkrankungen versorgt.
Wasserstoff: Hoffnungsträger mit Anlauf
Deutlich langsamer verläuft die Entwicklung im Wasserstoffbereich – ein Markt mit großem Potenzial, dem jedoch weiterhin klare politische Impulse fehlen. Vor diesem Hintergrund hat die Westfalen-Gruppe ihre Wasserstoffstrategie überarbeitet und die Ziele an die Realität angepasst. Während sich viele Wettbewerber zurückziehen, bleibt Westfalen jedoch von der Technologie überzeugt.
„Wir halten bewusst an Wasserstoff als Schlüsseltechnologie der Energiewende fest“, betont Perkmann. „Der Markt wird wohl jedoch erst nach 2030 richtig in Schwung kommen. Bis dahin nutzen wir die Zeit gezielt, um uns technologisch, infrastrukturell und strategisch gut aufzustellen.“ Neben eigenen Elektrolyseuren und dem Ausbau der H2-Trailer-Flotte sollen insbesondere strategische Partnerschaften den künftigen Erfolg sichern. Insgesamt sieht sich das Unternehmen gut vorbereitet, eine führende Rolle bei der Versorgung mittelständischer Kunden einzunehmen, wenn der Markthochlauf beginnt.
Politik gefordert
Trotz des Rekordergebnisses bleibt das Unternehmen angesichts der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zurückhaltend. Perkmann: „Wir freuen uns über den Gewinn und einen stabilen Umsatz von über 2,1 Milliarden Euro. Zur Wahrheit gehört aber auch: Aufgrund politischer Unsicherheit haben wir weniger investiert als geplant.“ Um zukunftsfähige Projekte gerade im Kernmarkt Deutschland anzustoßen, brauche es verlässliche Rahmenbedingungen. „Die sind uns in den vergangenen Jahren verloren gegangen.“
Der im Koalitionsvertrag angekündigte „Investitions-Booster“ der Bundesregierung sei ein Schritt in die richtige Richtung, genüge aber nicht, so Perkmann: „Wir sind bereit, uns deutlich stärker in Deutschland zu engagieren und zu investieren – wenn die Voraussetzungen stimmen.
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Redaktion Wirtschaftsspiegel