Vier Bundesbeste für Berlin

Vier Top-Auszubildende aus dem IHK-Bezirk Nord Westfalen haben es geschafft: Sie gehören zu den 211 besten Azubis aus ganz Deutschland. Am 8. Dezember werden sie in Berlin ausgezeichnet.
Rund 250.000 Auszubildende haben sich den Winter- und Sommerprüfungen gestellt. Zu den bundesweiten Jahrgangsbesten gehört Lana Brinkgerd aus Legden, die den Beruf der Mediengestalterin bei Schnell Media in Vreden erlernt hat. Michael Wegner aus Rheine wurde bei ATRIOS, ebenfalls in Rheine, zum Vermessungstechniker ausgebildet. Und während Britta Lauts für ihre Ausbildung als Textillaborantin bei Autoneum Germany von Wangerland an der Nordsee nach Bocholt zog, hatte Elisa Marie Vospohl in Dorsten einen kurzen Weg zur Arbeit: Sie wurde in der Reiseagentur ihrer Eltern zur Tourismuskauffrau ausgebildet.
DIHK-Präsident Peter Adrian wird den Spitzen-Azubis im Berliner ECC Estrel Congress Center Urkunden und Trophäen überreichen. Bundesbildungs- und Familienministerin Karin Prien hält die Festrede. Einerseits werden die großartigen Leistungen gewürdigt, andererseits stellt der Festakt den Stellenwert der betrieblichen Ausbildung und die Bandbreite der IHK-Berufe heraus.

Auch als Person gewachsen

„Warum nicht studieren? Wofür hast du dann dein Abi gemacht?“ Diese Fragen hat Lana Brinkgerd aus Legden oft gehört, als sie ihre Ausbildung zur Mediengestalterin Digital und Print bei Schnell Media in Vreden startete. Bei der Bestenehrung für den Kreis Borken in Ahaus hielt sie die Absolventenrede und lieferte dort die Antwort: „Ich hatte Lust darauf, auch mal weg vom Lernen zu kommen, mit meinen Arbeitskollegen im Team Lösungen zu finden, Projekte zu erarbeiten und neue Dinge zu erschaffen.“
Ein Studium ist für sie ohnehin nicht der einzige Weg zu einer beruflichen Karriere. „Nach der Ausbildung gibt es unendlich viele Weiterbildungsmöglichkeiten, so viele Türen stehen offen“, betont sie. Nach ihrem Top-Abschluss ist sie bei Schnell Media geblieben. „Ich arbeite im Vertrieb, schreibe Angebote, betreue Projekte“. Damit umfassen ihre Aufgaben genau das, was ihr auch während der Ausbildung am meisten Spaß machte – der Umgang mit den Kundinnen und Kunden.
Das fiel ihr am Anfang gar nicht leicht. Je mehr Fachwissen sie sich angeeignet habe, umso mehr habe sie Hemmschwellen abgebaut, umso leichter sei es geworden, mit Kundinnen und Kunden zu sprechen und mit ihnen gemeinsam Lösungen zu finden, erzählt sie. In ihrer Rede vor den Absolventinnen und Absolventen in Ahaus brachte sie es auf den Punkt: „Ich bin auch als Person gewachsen, habe gelernt, dass man sich stetig weiterentwickelt und die Herausforderungen von vor einem Jahr heute fast wie Kleinigkeiten wirken können.“

Praxiserfahrung im Labor sammeln

Für ihre Ausbildung hat es Britta Lauts von der Nordseeküste ins Westmünsterland verschlagen. Bei der Internetrecherche nach einem Betrieb für ein Duales Studium fand sie Autoneum Germany in Bocholt. Nur zu studieren, kam für sie nicht in Frage. „Die Praxiserfahrung im Labor ist wichtig, sie hilft auch im Studium weiter“, betont die frisch gebackene Textillaborantin, Schwerpunkt Textilchemie, die aus Wangerland bei Jever stammt.
Ihr Tipp für künftige Azubis: Vor dem Ausbildungsstart ein Praktikum absolvieren und aufs Bauchgefühl hören. „Bei Autoneum fühlte ich mich direkt wohl“, erzählt sie. In Bocholt werden Akustik- und Wärmekomponenten für Fahrzeuge produziert. Im Labor prüft Lauts, ob die Materialien die Vorgaben erfüllen. Bei der Qualitätskontrolle werden Abrieb und Zugfestigkeit untersucht oder die Beständigkeit unter Einfluss von UV-Licht, nennt sie Beispiele. „Es geht vor allem um die Lebensdauer.“ Chemie interessierte sie schon in der Schule. Die Ausbildung fand sie sehr abwechslungsreich, weil sie in weiteren Praktika über den Automotivebereich hinaus neue Einsatzfelder und Werkstoffe kennenlernte.
Die Ausbildung ist mit einer glatten „Eins“ geschafft, das Duale Studium läuft noch zwei Jahre. Währenddessen arbeitet sie weiter bei Autoneum. „Ich kann mir vorstellen, auch danach in der Branche zu bleiben“, sagt sie. Auf den Bachelor würde sie gern noch einen Masterabschluss draufsatteln. Die Laborpraxis ist ihr weiterhin wichtig, verzichten müsste sie darauf nicht: „Ein Studium ist auch berufsbegleitend möglich.“

Lieber draußen als im Hörsaal

Michael Wegner aus Rheine studierte drei Semester Wirtschaftsingenieurswesen. Und merkte: „Das ist nicht meins.“ Er wollte lieber draußen sein, anpacken. Der Beruf des Vermessungstechnikers ist perfekt für ihn, bei ATRIOS Net Solution fand er schnell einen Ausbildungsplatz. Eine gute Entscheidung, wie seine Einladung zur Bundesbestenehrung zeigt.
Michael Wegner
Drei Semester im Hörsaal reichten Michael Wegner. Ihn zog es nach draußen, an die frische Luft. Bei ATRIOS Net Solution in Rheine schaffte er es zum bundesweit besten Vermessungstechnik-Azubi. © Gerharz/IHK Nord Westfalen
Stadtwerke, Energieversorger und Netzbetreiber lassen sich von dem Geodienstleister aus Rheine zum Beispiel Strom-, Gas- und Wassernetze dokumentieren. Die Daten, die Vermessungstechniker wie Wegner sammeln, füttern die Software von ATRIOS mit den Informationen, die beispielsweise für die Instandhaltung der Leitungen oder das Störfallmanagement benötigt werden. Die auf den Baustellen aufgenommenen Messdaten bearbeitet er anschließend im Büro. Im Außen- und Innendienst übernahm er rasch Verantwortung, in den Prüfungsphasen ging es allerdings ruhiger zu – da gewährte das Unternehmen seinen Auszubildenden Lernzeit.
Unschätzbar wertvoll aus Sicht von Wegner: „Die vielen Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen, die sich fachlich auskennen.“ Deshalb rät er allen Azubis, die Möglichkeiten in Betrieb und Berufsschule zu nutzen, „viele Fragen zu stellen und sich zu vernetzen“. Aktuell dokumentiert er unter anderem die Netze der Stadtwerke Greven. „Ich bleibe bei ATRIOS“, betont er. Die Rückkehr in den Hörsaal ist nach der hervorragenden Ausbildungsleistung aber nicht ausgeschlossen: „Vielleicht hänge ich noch ein Studium dran.“

Der Vater als Chef

Eine ungewöhnliche Konstellation mit potenziellem Stressfaktor ergab sich bei Elisa Marie Vospohl aus Dorsten. Ihr Ausbilder war gleichzeitig ihr Vater. Kein Problem, im Gegenteil: „Ich konnte schon im Bewerbungsgespräch meinem Chef sagen, was ich gerne anders machen möchte“, lacht sie. Direkt handelte sie eine höhere Ausbildungsvergütung und Freiraum bei den Aufgaben aus. Davon profitieren nun auch die anderen Azubis, drei sind aktuell in den beiden Filialen der Reiseagentur Vospohl beschäftigt.
Elisa Marie Vospohl
Ausbildung bei den Eltern? Wie gut das funktionieren kann, beweist Elisa Marie Vospohl, die als Auszubildende in der Dorstener Reiseagentur Vospohl Bestnoten abräumte und die es nun in die ganz weite Welt zieht. © Gerding/Blende 79
„Mir wurde viel zugetraut.“ Als angehende Tourismuskauffrau gestaltete sie die Social Media-Auftritte und beriet Kundinnen und Kunden. „Portugal kann ich gut verkaufen“, schwärmt sie von Land und Leuten dort. Von Südeuropa bis Skandinavien hat sie privat viele Länder besucht, als Auszubildende kamen Inforeisen nach Griechenland und in die Türkei dazu. „Azubis in unserer Branche müssen raus in die Welt“, sagt sie. Von reinem Büroalltag hält sie nicht so viel, von „drei, vier Jahren Theorie, ohne eigenes Geld zu verdienen,“ auch nicht – weshalb sie sich gegen ein Studium entschied.
Dabei ging es nicht gut los. „Kaufmännische Steuerung und Kontrolle lag mir nicht, da bin ich mit einer Fünf gestartet.“ Am Ende schaffte sie dann doch die glatte „Eins“. Druck von den Eltern habe es nicht gegeben, „den Druck mache ich mir selbst“, gibt sie zu. Nach der auf zwei Jahre verkürzten Ausbildung zieht es sie in die ganz weite Welt hinaus. „Seit Oktober bin ich Flugbegleiterin bei der Lufthansa.“ An der Bundesbestenehrung in Berlin kann sie nicht teilnehmen. „Dann bin ich in China.“
Internet-Tipp:
Die Bundesbestenehrung in Berlin wird von der DIHK live übertragen.