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Sternenhimmel fürs Wohnzimmer

Basteln und lernen: Der AstroMedia Verlag aus Waltrop macht mit eigenen Entwicklungen Astronomie und physikalische Phänomene für alle erlebbar. | Text: Britta Zurstraßen
Es begann mit einer kuppelförmigen Sternenkarte aus Pappe. Beim heutigen AstroMedia-Gesellschafter Klaus Hünig, Anfang der achtziger Jahre noch als Lehrer tätig, stand Himmelskunde auf dem Lehrplan. Da die üblichen Sternenkarten weder ihn noch seine Schüler überzeugten, bastelte er einen eigenen, gebogenen Sternenhimmel, den er mit Hilfe eines Sternenatlasses Schritt für Schritt bemalte. Die Idee für einen Bausatz einer verzerrungsarmen Himmelskarte war geboren und damit die Grundlage für den späteren AstroMedia Verlag. Es folgten eine erste Sonnenuhr und viele weitere Kartonbausätze des kreativen Entwicklers Hünig. Schon früh lief der Direktvertrieb an Hobbyastronomen und Schulen, die Unterrichtsmaterial brauchten, über einen ersten Onlineshop.

Ein Geschenk des Himmels

Ein spektakuläres Himmelsereignis war dann Ende der neunziger Jahre der Auslöser für den wirtschaftlichen Durchbruch von AstroMedia. Der heutige Geschäftsführer Jürgen Lehmann kam ins Spiel, damals Vertriebsleiter einer Druckerei. „Im Vorfeld der totalen Sonnenfinsternis 1999 über Deutschland entdeckte ich eine von Klaus Hünig entwickelte Sonnensichtbrille, rief ihn an und wir verabredeten die Zusammenarbeit“, berichtet Lehmann. 17 Millionen Brillen verkauften Hünig und mehrere Lizenznehmer. Das katapultierte den kleinen Verlag in eine ganz neue Gewichtsklasse. Der Unternehmensgründer brauchte Unterstützung, kooperierte zunächst mit einem weiteren Verlag und schloss sich schließlich 2018 mit seinem langjährigen Geschäftsfreund und Hobbyastronomen Jürgen Lehmann als AstroMedia GmbH zusammen.
Jürgen Lehmann
Das Kopernikus-Planetarium, das Geschäftsführer Jürgen Lehmann präsentiert, ist der Topseller bei den Bastelsets und Modellen von AstroMedia. © Morsey/IHK Nord Westfalen
„Wir haben dieses „Senioren-Start-up“ auf einem soliden Fundament gegründet und bauen es weiter als verlässliches Unternehmen auf“, erklärt Lehmann. In seinem neunköpfigen Team in Waltrop kümmern sich neben Hilfen beim Warenwirtschaftsbetrieb kreative Köpfe um den attraktiven Onlineshop und die Ausgestaltung der Produkte. Lehmann lenkt als Geschäftsführer Einkauf, Marketing und Vertrieb, Hünig ist der naturwissenschaftlich-kreative Ideengeber für die Eigenentwicklungen.
Und das sind nicht wenige: „Wir bieten Unterrichtsmaterialien zum Ausschneiden, Instrumente zur wissenschaftlichen Beobachtung sowie aufwendige Kartonbausätze für Hobbyastronomen und Physikinteressierte“, zählt Lehmann auf. Die patentierte Monduhr ist ganz aktuell unter den Modellen, ein kleines Uhrwerk bildet genau die aktuelle Mondphase ab. Eine Sonnenstand-Uhr als Pendant ist jetzt in Planung. „Wir wollen Wissen vermitteln“, betont Lehmann die Philosophie des Unternehmens. Die Modelle sind wissenschaftlich korrekt geplant und voll funktionsfähig. „Wenn ich zum Beispiel unsere Dampfmaschine baue, dann weiß ich, wie so etwas funktioniert“, sagt er.

Lange Liste mit neuen Ideen

Die Anleitungen für die Kartonmodelle schreibt Klaus Hünig, eine Spezialistin baut die Prototypen und redigiert die Bauanleitung. Wenn alles steht, macht die Grafikerin das Design, beschreibt Lehmann den Prozess. 280 Artikel gibt es im Shop, weit über 1000 Einzelteile sind am Lager „Eine Wimshurst-Maschine besteht zum Beispiel aus 74 Teilen – jedes davon muss sorgfältig vom Kunden zusammengebaut werden“, erläutert er. Zwischen 5000 bis 6000 Pakete gehen jährlich heraus, vom Kleinpaket bis zur Palette.
„Wir sind in einer großartigen Situation“, sagt Lehmann. „Es gibt eigentlich keine Mitbewerber, da wir eine gute Händlerstruktur haben, die auch stationär beliefert.“ Manufactum, zufällig ein Nachbar, sei ein wichtiger Kunde. Einen deutlichen Zuwachs habe es 2024 bei den Schulen gegeben, da laufe viel über Mund-zu-Mund-Werbung und über spezielle Printmedien für Lehrer. Einzelkunden seien zumeist interessierte Hobbywissenschaftler. Alle tragen zum Umsatz von über 600 000 Euro im Jahr bei. „Man muss natürlich dabeibleiben“, weiß der Geschäftsführer: Mit bebilderten Anleitungen auch für die Händler im Ausland und Erklärungen in einfacher Sprache, mit Social-Media -Marketing und seit einiger Zeit auch über den eigenen Youtube-Kanal „Klaus erklärt“, in dem der Ideengeber Modelle erläutert. Die Neuentwicklungen werden vorerst nicht ausgehen. „124 Modellideen sind noch auf unserer Liste“, so Lehmann. An guten umsetzbaren Produkten mangelt es nicht, eher sei es schwierig, auf Dauer jemanden zu finden, der diese in Karton umsetzen kann. Doch es schlummert bereits Potenzial im treuen Kundenstamm.