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IHK hilft mit Willkommenslotsen
Gute Azubis gesucht? Immer mehr Unternehmen finden motivierte Auszubildende auch in Ländern außerhalb Europas und nutzen dafür Vermittlungsagenturen – gerade im Bereich Hotel und Gastronomie. Die IHK gibt Tipps, worauf Betriebe achten sollten. | Text: Britta Zurstraßen
Das Seehotel Krautkrämer Münster lebt durch das Engagement seiner gut ausgebildeten Fachkräfte im Gastronomie- und Hotelleriebereich. Jedoch: „Es bewerben sich immer weniger junge Menschen aus Deutschland auf Ausbildungsstellen oder feste Stellen in unseren Berufen“, sagt Marcus Gottschlich, General Manager des Hotels. Die Arbeitszeiten in Hotel und Gastronomie seien offenbar heute wenig populär. „Seit Corona sind die Bewerbungen nochmals zurückgegangen“, berichtet der Hoteldirektor.
Daher ist Gottschlich den Weg gegangen, bei der Suche nach Auszubildenden die Fühler auch ins außereuropäische Ausland auszustrecken. Von den 56 festen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Hotel am Hiltruper See, eines von vier Häusern der Best Western Heimatquartier-Gruppe, sind 80 Prozent nicht deutscher Herkunft. Ähnlich ist es bei den Auszubildenden. Unter den zehn Nachwuchsfachkräften, die dort zu Köchen, Hotelfachleuten, Hotelkaufleuten oder Fachkräften für Gastronomie ausgebildet werden, sind sechs aus Vietnam, zwei aus Deutschland sowie je eine junge Frau aus der Mongolei und aus Georgien.
Hotelmanager Marcus Gottschlich (2.v.r.) freut sich, dass drei seiner Auszubildenden aus der Mongolei und Vietnam kurz vor dem Abschluss stehen. Anke Leufgen (l.) von der IHK gibt jetzt hilfreiche Tipps zur Übernahme der jungen Nachwuchsfachkräfte.
Vertrauen zur Agentur
Der direkte Kontakt einer Kollegin aus der Best Western-Gruppe zu einer Vermittlungsagentur ebnete Gottschlich die ersten Schritte, motivierten Nachwuchs außerhalb Europas zu finden. „Der persönliche Kontakt über meine Kollegin war hier natürlich sehr hilfreich“, sagt Gottschlich. „Es ist wichtig, mit einer vertrauenswürdigen Agentur zusammenzuarbeiten, denn es muss ja einiges beachtet und erledigt werden, bevor die Nachwuchskräfte hier in Deutschland ihre Karriere starten können“, betont er. Er war froh, dass die Agentur einen Rundum-Service anbietet: „Sie kümmert sich um die Auswahl geeigneter Bewerberinnen und Bewerber, prüft die Voraussetzungen für die Ausbildung und die ausreichenden Sprachkenntnisse und erledigt die Formalitäten beim Auswärtigen Amt, bei der Botschaft im Herkunftsland und bei der Agentur für Arbeit“, zählt er auf.
IHK-Willkommenslotsen unterstützen
Über die Ausbildungsberater der IHK ist er dann auf die Unterstützung der IHK-Willkommenslotsen aufmerksam geworden. „Wir können Unternehmen helfen, Auszubildende aus so genannten Drittstaaten einzustellen und zu integrieren“, sagt Anke Leufgen, eine der drei Willkommenslotsinnen und -lotsen bei der IHK Nord Westfalen, die vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert werden (siehe Foto oben, zwischen Tim Lukas und Dr. André Böing). Ganz wichtig seien gute Deutschkenntnisse – zum Ausbildungsstart möglichst auf B2-Niveau, damit die Azubis dem Berufsschulunterricht folgen können, weiß sie aus Erfahrung. „Auszubildende, die über das Fachkräfteeinwanderungsgesetz nach Deutschland kommen, können – wie andere Azubis auch – Fördermöglichkeiten und weitergehende Sprachkurse nutzen“, sagt Leufgen. „Das sollten die Betriebe und die ausländischen Azubis in Anspruch nehmen, denn sonst kann es schwierig werden bei der Abschlussprüfung“, betont sie.
Sprache ist wichtiger Schlüssel
Azubis aus der Mongolei und Vietnam machen ihre Ausbildung im Hotel Krautkrämer.
Das weiß auch Marcus Gottschlich und fördert seine Azubis dementsprechend. „Arbeitssprache bei uns hier im Hotel ist untereinander sowieso nur Deutsch“, erklärt er. „Eine gute Agentur kümmert sich neben den Formalitäten auch um den Spracherwerb, der für das entsprechende Visum notwendig ist“, so Gottschlich. Diese Empfehlung findet sich auch in einer neuen Checkliste zur Auswahl von Vermittlungsagenturen. Die Checkliste und weitere Informationen zur Arbeitsmarktintegration von Nachwuchskräften aus dem außereuropäischen Ausland und Geflüchteten werden vom „Netzwerk Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ kostenlos angeboten. Das Netzwerk ist eine von der DIHK und dem Bundeswirtschaftsministerium gegründete Initiative.
- Die wichtigsten Pflichten für Betriebe
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Krankenversicherung ab Tag eins der Einreise
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Visum prüfen, Kopie in Personalakte
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Azubi muss Wohnsitz innerhalb zwei Wochen anmelden
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Azubi muss Visum in Aufenthaltstitel umwandeln
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Änderung der Ausbildung, Ausbildungsabbruch oder Übernahme nach Ausbildungsabschluss: Abstimmung mit Ausländerbehörde notwendig
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Unternehmen sollten sich auch einen eigenen Eindruck von den Deutschkenntnissen der Bewerberinnen und Bewerber verschaffen. „Wir führen unsere Vorstellungsgespräche online über Teams und können mit entsprechenden Fragen feststellen, ob die Sprachkenntnisse wirklich ausreichen“, erklärt Gottschlich. Das ist bei den drei Auszubildenden, die jetzt im Sommer ihre Abschlussprüfung machen, sicher der Fall. Enkhtsetseg Bumtsend aus der Mongolei, angehende Fachfrau für Gastronomie, sowie der zukünftige Hotelfachmann Quoc Tuan Tran und der Koch in spe Tuan Nghia Hoang, beide aus Vietnam, können sich sehr gut verständigen. „Da hilft es sicher auch, dass alle unsere Mitarbeitenden die Möglichkeit haben, hier im Haus ein kleines Personalapartment zu mieten“, spricht Gottschlich ein weiteres Problem von vielen Unternehmen an, die Azubis suchen. „So ist der Kontakt unter allen Nationalitäten bei uns im Haus eng und wir können unsere Azubis besser betreuen“, sagt er. Die Abteilungsleiter und er selbst kümmern sich um weitere Förderungen der Neuankömmlinge und stehen als Vertrauenspersonen zur Verfügung. Vermittlungsagenturen sollten für Unternehmen generell auch Ansprechpartner sein bei der Suche nach einer passenden Unterkunft für Azubis in Deutschland und Tipps geben für den Kontakt mit verschiedenen Ämtern, ergänzt Gottschlich.
Übernahme vorbereiten
Die Willkommenslotsin Anke Leufgen musste Marcus Gottschlich zwar nicht bei der Klärung rechtlicher Rahmenbedingungen oder der Rekrutierung der Azubis unterstützen. Doch die IHK-Mitarbeiterin kommt jetzt wieder ins Spiel. „Drei der vier Azubis, die im Sommer ihren Abschluss machen, möchten danach weiter in Deutschland arbeiten und Herr Gottschlich will sie gerne übernehmen“. Leufgen unterstützt das Hotel Krautkrämer dabei, den jungen Fachkräften möglichst schnell eine Anschlussperspektive zu ermöglichen und hilft bei der Bearbeitung der notwendigen Formulare. „Das Unternehmen sollte darauf achten, dass seine Azubis frühzeitig einen neuen Aufenthaltstitel bei der Ausländerbehörde beantragen“, erklärt Leufgen den entsprechenden Paragrafen 18a des Aufenthaltsgesetzes. Und dass er der Behörde auch eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit vorlegen muss, erfuhr Marcus Gottschlich ebenfalls rechtzeitig von Anke Leufgen.
Der Hoteldirektor setzt weiterhin auf Auszubildende und junge Fachkräfte aus dem außereuropäischen Ausland. „Sie haben eine hohe Motivation“, betont Gottschlich . Er fühlt sich durch die IHK gut informiert: „Frau Leufgen hat mir einige hilfreiche Tipps bei der Einstellung und Übernahme der Azubis gegeben“, sagt er. Die Zusammenarbeit geht sicher weiter. „Im Moment bekommen wir mehrere Anfragen aus Usbekistan“, sieht Gottschlich weitere Perspektiven für Nachwuchsfachkräfte aus Drittstaaten.
IHK-Ansprechpartner:

Dr. André Böing

Anke Leufgen

Tim Lukas

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Redaktion Wirtschaftsspiegel