Unternehmen mit Geschichte

„Maracujas wachsen nun mal nicht im Münsterland“

Josef Heinrich Horstmöllers Lieblingsplatz im Alten Gasthaus Leve ist der große runde Tisch zwischen Theke und Fenster. „Ich bin am liebsten da, wo man das Leben mitbekommt“, sagt der Gastwirt, der das altehrwürdige Restaurant in dritter Generation führt. (Von Mareike Scharmacher-Wellmann)
Die Wurzeln des Betriebs reichen zurück bis ins Jahr 1607. In diesem Jahr wird es 416 Jahre alt, gehört zu den zehn ältesten Unternehmen im Münsterland und der Emscher-Lippe-Region. Im Interview mit Wirtschaftsspiegel-Redakteurin Mareike Scharmacher-Wellmann, spricht er über den Fachkräftemangel, Rohstoffpreise und seinen Wunsch, dass wieder mehr Lebensmittel in der Region hergestellt werden.
Wirtschaftsspiegel: Herr Horstmöller, was wissen Sie über die Geschichte des Alten Gasthauses Leve?
Josef Heinrich Horstmöller: Ein genaues Gründungsdatum haben wir nicht. Wir wissen aber, dass es 1607 bestand, lange vor dem Westfälischen Frieden von 1648. Es hieß damals nur anders, nämlich „In die drei Könige“. Irgendwann wurde es in „Im Kardinal“ umbenannt. Und dann kurz nach 1800 hat die Familie Leve aus Warendorf das Gasthaus übernommen und „Gasthaus Leve“ genannt. Mein Großvater hat es 1936 gepachtet und dann gekauft. Er hat es in „Altes Gasthaus Leve“ umbenannt. Im Zweiten Weltkrieg ist es vollkommen zerstört worden. Mein Großvater hat alles wieder aufgebaut und die Antiquitäten, die Sie sehen, gekauft. Ich leite das Alte Gasthaus Leve nun in dritter Generation. Und mit etwas Glück bleibt es in Familienhand: Mein Neffe hat eine Ausbildung zum Koch gemacht. Er arbeitet derzeit in Berlin und ich hoffe, er hat irgendwann Spaß, das hier weiterzumachen.

Wirtschaftsspiegel: Die größte Herausforderung der Gegenwart – vor welcher standen Sie?
Horstmöller: Wie bei allen Betrieben ist es aktuell die Mitarbeitersuche. Wir haben tolle Mitarbeiter, teilweise schon seit vielen, vielen Jahren. Aber bald gehen einige in den Ruhestand und die zu ersetzen, ist jetzt unsere neue Herausforderung. Unser Rezept: Wir versuchen, gut zu bezahlen und gut zu behandeln, damit wir ein gutes Arbeitsklima haben und die Mitarbeiter hierbleiben. Wir könnten morgen fünf bis sechs Leute einstellen. Eine andere Sache sind im Augenblick die galoppierenden Rohstoffpreise – vor allem beim Gemüse.  
Wirtschaftsspiegel: Und wie soll die Zukunft aussehen?
Horstmöller: Ich wünsche mir, dass die Leute weiterhin Spaß an unserer Art von Gastronomie haben. Vom Arbeiter und Studenten bis zum Oberbürgermeister und Bischof: Wir haben ein ganz breites Gästeportfolio und sind stolz darauf. Und ich würde mir wünschen, dass die steigenden Transportkosten die lokale Produktion stärken. Was wir eben lokal zu einer tollen Qualität bekommen können, das nehmen wir auch: Milch beziehen wir vor allem von Große Kintrup aus Münster, Kartoffeln aus Münster von Greiwing, Spargel kommt vom Hof Narup aus Greven. Bei Säften wird es schwierig: Maracujas zum Beispiel wachsen nun mal nicht im Münsterland.
Das Alte Gasthaus Leve (1607) ist das älteste Restaurant in Nord-Westfalen. Heinrich Josef Horstmöller leitet es in dritter Generation. Er beschäftigt über 60 Mitarbeiter in Voll- und Teilzeit. In seinem Betrieb gibt es rund 200 Plätze. An guten Tagen kommen 400 bis 500 Gäste. Ein gern gesehener Gast ist übrigens Oliver Korittke, der den Steuerprüfer Ekki Talkötter in der Fernsehserie „Wilsberg“ spielt.