Zu spät gibt’s nicht: Jetzt noch Azubis gewinnen

Viele Unternehmen haben kurz Beginn des neuen Ausbildungsjahres unbesetzte Plätze – und viele Jugendliche suchen noch. IHK-Expertin Maike Breuer erklärt im Interview, warum sich der Einsatz auch jetzt noch lohnt, wie Betriebe schnell sichtbar werden und warum der 1. August kein Enddatum ist.
Ist es realistisch, jetzt noch passende Auszubildende zu finden?
Maike Breuer: Ja! Aber man muss als Betrieb sichtbar sein. Wir haben Kandidaten, die letzte Woche ihr Abi-Zeugnis bekommen haben, dann noch mit den Eltern gesprochen haben und nun doch nicht studieren wollen. Die suchen jetzt einen Ausbildungsplatz. Und es gibt Jugendliche, die bis jetzt keinen Ausbildungsplatz gefunden haben.
Was bedeutet „sichtbar sein“?
Breuer: Unternehmen sollten jetzt alle Kanäle nutzen: die IHK ansprechen, bei der Agentur für Arbeit inserieren, beim Arbeitgeberservice nachfragen, eigene Social-Media-Kanäle nutzen – und vor allem die eigene Belegschaft nutzen. Das persönliche Netzwerk ist oft Gold wert.
Wie lassen sich junge Leute erreichen?
Breuer: Über die Praktikumswoche, die während der kompletten Sommerferien läuft. Unternehmen können die verfügbaren Tagespraktika in eine Online-Plattform eintragen. Die Jugendlichen finden ganz schnell das passende Unternehmen, das passende Praktikum. Viele Jugendliche nutzen das, um sich zwischen Studium und Ausbildung zu orientieren. Häufig haben Betriebe ihre Praktikumsangebote nicht mal auf ihrer Webseite. Das ist verschenktes Potenzial.
Viele glauben: Wenn der 1. August vergangen ist, ist es zu spät für den Ausbildungsstart. Stimmt das?
Breuer: Nein, das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Die Ausbildungsverträge werden auch später eingetragen. Verpasste Inhalte aus der Berufsschule lassen sich nacharbeiten.
Wie kann ein späterer Ausbildungsstart gut gelingen?
Breuer: Mit einem Realschulabschluss, Fachabitur oder Abitur kann man die Ausbildung um ein halbes bis ganzes Jahr verkürzen. Wenn die Ausbildung erst zum 1. Dezember beginnt, ist das kein Drama – solange der Vertrag nicht vor den Prüfungen endet.
Welche Unterstützung bietet die IHK bei der Azubi-Suche?
Breuer: Bei der Passgenauen Besetzung beraten wir Unternehmen jeder Größe – zur Stellenausschreibung, zu den Anforderungen und zur Zielgruppenansprache. Ich habe mich immer gefragt, warum es für eine kaufmännische Ausbildung im Büromanagement zwingend Abitur braucht.
Heißt das: Unternehmen sollten ihre Erwartungen prüfen?
Breuer: Genau. Viele sollten sich fragen: Was brauche ich wirklich für diesen Beruf? Ich hatte kürzlich einen Großhändler, der in der Anzeige „Fachabitur, Abitur“ forderte. Am Ende war klar: Es kommt vor allem auf Zuverlässigkeit, Teamfähigkeit und Kommunikationsstärke an.
Ihr Fazit?
Breuer: Unternehmen sollten offen bleiben – auch nach dem offiziellen Start des Ausbildungsjahres. Es gibt sie noch, die Kandidaten und Kandidaten, die in den Betrieb passen. Man muss nur aktiv werden und sichtbar bleiben. Wir sind dabei gerne Türöffner für Betriebe.