Praxis & Ratgeber

„Tue Gutes und rede darüber“

Wo Hotel- und Gastronomiebetriebe ansetzen können, um Prozesse zu digitalisieren, Ressourcen zu sparen und die Umwelt zu schonen, erklärt Transformationscoach Anna-Lena Krannich im Gespräch mit dem Wirtschaftsspiegel.
Wirtschaftsspiegel: Warum sollte sich das Gastgewerbe mit Nachhaltigkeit beschäftigen?
Anna-Lena Krannich: Eine nachhaltige Wirtschaftsweise wird für Hotel- und Gastronomiebetriebe immer mehr zur essenziellen Grundlage, um sich zukunftsfest aufzustellen und die eigene Position am Markt zu stärken. Durch Berücksichtigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Aspekte lassen sich nicht nur Umweltbelastungen verringern und das Klima schützen, sondern vor allem auch aktuellen Herausforderungen wie steigenden Betriebskosten, dem Personalmangel oder veränderten Gästebedürfnissen begegnen.
Mittlerweile geben zum Beispiel rund acht Millionen Menschen in Deutschland an, sich vegetarisch zu ernähren. Das ist jeder zehnte und damit potenziell eine wichtige Zielgruppe. Es befinden sich aber nicht nur Ernährungstrends im Wandel, sondern vor allem auch rechtliche Rahmenbedingungen. Ich denke da zum Beispiel an die Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit von Großunternehmen, die sich mittelbar auch auf kleinere gastgewerbliche Betriebe auswirken können.
Wirtschaftsspiegel: Welche Rolle spielt Digitalisierung für Nachhaltigkeit?
Krannich: Digitalisierung kann massiv dabei unterstützen, nachhaltig zu wirtschaften. Sie ermöglicht es, Ressourcen wie Energie, Wasser, Mitarbeitende und Lebensmittel effizient einzusetzen. Eine digitalisierte Erfassung der Verbräuche ermöglicht Ihnen, eine klare Vorstellung davon zu gewinnen, welches System Sie zu welchem Zeitpunkt wie viel kostet. Digitalisierung macht Verbräuche greifbar und zeigt damit konkrete Verbesserungspotenziale auf. So erzielen Sie den doppelten Effekt, dass Sie auf der einen Seite wirtschaftlicher werden und auf der anderen Seite Ressourcen schonen.
Wirtschaftsspiegel: Wo genau können Gastgeberinnen und Gastgeber ansetzen, um ihren Betrieb nachhaltiger aufzustellen?
Krannich: Durch den Einsatz von neuen Technologien lassen sich zum Beispiel Dokumentationspflichten, die Überwachung von Kühltemperaturen oder die Abwicklung von Reservierungen spürbar vereinfachen. Auch die Personalplanung lässt sich mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz automatisieren. Dadurch sparen Beschäftigte wertvolle Zeit, die sie dem Gast widmen können.
Porträt einer glücklichen Frau, die am Eingang ihres Geschäfts steht und ein digitales Tablet hält.
© Rido/AdobeStock
Beleuchtung, Heizung und Kühlanlagen sind große Energieverbraucher. Durch die Umstellung auf erneuerbare Energie, zum Beispiel durch die Installation von PV-Anlagen, den Einsatz von LED-Beleuchtung oder Bewegungssensoren in Fluren, Bädern oder Gemeinschaftsräumen lässt sich viel bewegen.
Im Hinblick auf Küche, Wäscherei und Sanitäranlagen kann Wasser durch moderne Armaturen, Wassersparprogramme und die Wiederverwendung von Regenwasser gespart werden. Gleiches gilt für in die Dusche integrierte Timer. Gäste bekommen dadurch ein direktes Feedback zu ihrem Verbrauch, das zur Selbstreflexion anregt und die Eigenverantwortung fördert.
Wirtschaftsspiegel: Können Sie uns weitere Beispiele nennen?
Krannich: Der Einkauf von regionalen und saisonalen Produkten sowie ein möglichst vegetarisches Angebot an Speisen reduziert CO2-Emissionen. Gleichzeitig können Lebensmittelabfälle durch sorgfältige Planung und Resteverwertung minimiert werden. Hier ist Kreativität in der Küche gefragt.
Recycling, Vermeidung von Einwegplastik und die Einführung von Mehrwegsystemen tragen zu einer deutlichen Abfallreduktion bei. Die Zusammenarbeit mit regionalen Bauerhöfen und Lieferanten führt zu kürzeren Transportwegen.
Für mit am wichtigsten halte ich allerdings die Kommunikation. Frei nach dem Motto „tue Gutes und rede darüber“ sollten Hotel- und Gastronomiebetriebe ihre Bemühungen um eine möglichst nachhaltige Wirtschaftsweise sowohl nach innen gegenüber den Mitarbeitenden als auch nach außen gegenüber den Gästen kommunizieren. Eine Möglichkeit sind zum Beispiel anerkannte Zertifizierungen, die die Glaubwürdigkeit erhöhen.
Wirtschaftsspiegel: Wie kann die praktische Umsetzung im eigenen Unternehmen gelingen?
Krannich: Erst einmal zählt natürlich jeder Schritt, den man tut. Je strukturierter man an die Sache aber herangeht, desto besser Wir empfehlen deshalb, ein Unternehmensleitbild zu erstellen, in dem die wichtigsten Ziele und Maßnahmen transparent festgehalten werden. Ein solches Leitbild bietet Orientierung, macht den Erfolg der gewählten Maßnahmen messbar und kann sowohl nach innen als auch nach außen wirken. Bei der Erstellung sollten die Mitarbeitenden einbezogen werden, um sie für die Thematik zu gewinnen und von praktischen Tipps aus ihrem Arbeitsalltag profitieren zu können.
Anschließend gilt es, schrittweise in die Umsetzung zu gehen und sich gerade am Anfang nicht zu überfordern. Darüber hinaus empfiehlt es sich, Netzwerke zu knüpfen und sich mit anderen Unternehmen aus der Branche auszutauschen, um auf dem Laufenden zu bleiben und von den Erfahrungen anderer zu profitieren.
Wirtschaftsspiegel: Wie können die Coaches Unternehmen bei der Transformation unterstützen?
Krannich: Unser Coaching-Angebot bietet allen gastgewerblichen Betrieben in Nordrhein-Westfalen – unabhängig von einer Mitgliedschaft im Dehoga – eine kostenfreie und neutrale Beratung zu den Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Ziel ist, individuell auf die Bedürfnisse jedes Unternehmens einzugehen und die bestmöglichen Maßnahmen für eine erfolgreiche Transformation zu identifizieren. Besonders im Gastgewerbe, das durch seine kleinteilige Struktur gekennzeichnet ist, gibt es keine universelle Lösung.
Wir sind Teil eines Netzwerks, wodurch wir andauernd über aktuelle Entwicklungen informiert sind. Das ist wichtig, da die Branche regelmäßig vor neuen Herausforderungen steht. Wir verstehen uns als unterstützende Instanz, die nicht nur informiert, sondern auch praxisorientierte Lösungen bietet, um gastgewerbliche Betriebe in Nordrhein-Westfalen auf ihrem Transformationsweg nachhaltig zu begleiten.