Zauberwort Zusammenhalt

Werbegemeinschaft Kirchhellen, ortsansässige Vereine und Stadtverwaltung Bottrop machen gemeinsam vor, wie sich die Kosten für die Sicherheit eines Events drastisch senken lassen. Hier bringt Eigeninitiative vieles in Bewegung – vor allem schwere Fahrzeuge, die Seitenstraßen blockieren.
Lebkuchenherz mit der Aufschrift
© Milbradt/IHK
Dorffest, Maifest, Bauernolympiade, Schützen- und Brezelfest, Wintertreff: Wer die Feste gern feiert, wie sie fallen, wird im Bottroper Stadtbezirk Kirchhellen gut versorgt – auch, wenn nicht alle Formate jährlich stattfinden. Ein Dorffest ist ja nur eine Zusammenkunft im kleinen Kreis, an ein paar Ständen und ohne Bedarf an Sicherheitsmaßnahmen? Bitte nicht täuschen lassen von den rustikalen Titeln! Tausende, ja Zehntausende zieht es hin zur Kirchhellener Feierkultur. Dabei ist es fast egal, unter welchem Motto der Ort gerade das Fass aufmacht. „Das Maifest war die erste Veranstaltung unter verschärften Sicherheitsanforderungen und somit eine Prüfung für die kommenden Konzepte“, sagt Katharina Bellendorf, Marketingverantwortliche beim Familienbetrieb Autohaus Bellendorf und Vorstandsvorsitzende der Werbegemeinschaft Kirchhellen. Hier haben die Akteure gezeigt, was möglich ist – mit Motivation und Kommunikation, mit Konsens und Kooperation. Weil das Ordnungsamt die Veranstaltung in die moderate Sicherheitskategorie „grün“ eingestuft hatte, durften schwere Fahrzeuge der Privatwirtschaft, vor allem Lkw und Traktoren, für die Kommune in die Bresche springen und in den Zufahrtsstraßen als Barrieren eingesetzt werden.

Augen auf beim Areal

Dieses Konzept hat Zukunft, zumal das Areal des kommenden Dorffestes 2026 leichter zu managen ist. „An drei Seiten des Johann-Breuker-Platzes stehen ohnehin Häuser, die zentrale Zufahrt ist bereits mit versenkbaren Pollern abgesichert, und die weiteren Zugänge können wir, wie schon beim vergangenen Dorffest, unter anderem mit Kühlwagen und Pkw schließen“, beschreibt Vorstandskollegin Valerie Heisterkamp, Inhaberin der Modeboutique Life & style, die Situation. Ein Schutzwall auf Rädern nach Kirchhellener Art bietet auch die geforderte Flexibilität: Die Fahrzeuge können in Sekundenschnelle wegbewegt werden, wenn Feuerwehr, Polizei oder Rettungsdienst sofort die Veranstaltungszone erreichen müssen. „So ein Konzept auf die Beine zu stellen, das passiert natürlich nicht von selbst, da kommt es auf Eigeninitiative an“, betont Bellendorf. Heisterkamp sieht es genauso: „Wir sind hier in Kirchhellen gut miteinander vernetzt, vieles lässt sich schnell und gut regeln, weil wir uns kennen“, erklärt sie. Natürlich sei viel Zeit zu investieren. Gespräche seien zu führen, Menschen zu überzeugen, etwa aus Stadtverwaltung und Sponsorenkreis. Zudem hätten Betriebe aus der Werbegemeinschaft Kirchhellen das Maifest mit Beiträgen unterstützt, die über den monatlichen Mitgliedsbeitrag deutlich hinausgehen. „Wir machen das alles freiwillig, weil wir denken, dass wir es dem Dorf schuldig sind“, sagt Heisterkamp.

Katharina Bellendorf und Valerie Heisterkamp
Katharina Bellendorf (l.) und Valerie Heisterkamp, Vorstandsvorsitzende der Werbegemeinschaft Kirchhellen, sind im Stadtteil gut vernetzt. Das hilft ihnen enorm bei der Planung von Veranstaltungen – denn hier unterstützen viele, um die Termine sicherer zu machen. © Heider Design/Chrost/IHK
Wir-Gefühl stärken

Für Bellendorf und Heisterkamp steht der kommerzielle Erfolg der Veranstaltungstage nicht an erster Stelle. Sie verfolgen langfristigere Ziele: Die Vorstandsvorsitzenden der Werbegemeinschaft wollen das Wir-Gefühl aller Akteure am Ort noch weiter stärken, und zwar nicht nur mit den Events. „Wir verfolgen grundsätzlich den Ansatz, alle Interessengruppen, von der Landwirtschaft bis zu den Sportvereinen, noch mehr in den Austausch zu bringen“, sagt Heisterkamp. Zudem soll die Gemeinde als Wirtschaftsstandort in der überregionalen Wahrnehmung weiter etabliert werden. „Fast alle Aussteller auf dem Maifest 2025 waren örtliche Anbieter aus Einzelhandel, Landwirtschaft und Gastronomie“, berichtet Bellendorf. „In Kirchhellen und Umgebung gibt es so viele tolle Angebote, die werden wir auch auf dem Dorffest 2026 zeigen“, ergänzt Heisterkamp. Mit regionalen Produkten auf dem Johann-Breuker-Platz zu punkten, dazu der verkaufsoffene Sonntag: Das komme gut an bei den Sponsoren und werde dem Standort so viel kommerziellen Erfolg der nachhaltigen Art bringen, dass sich der Aufwand für die Sicherheitsmaßnahmen lohne.

Erfolgsfaktor Kommunikation

Die beiden Geschäftsfrauen haben einen Tipp für alle, die dem Kirchhellener Beispiel folgen und ein Sicherheitskonzept für das Innenstadt-Event weitgehend in privatwirtschaftlicher Eigenleistung realisieren wollen: Gute Kommunikation mit allen Beteiligten sei der Erfolgsfaktor Nummer eins. So habe beispielsweise die Stadt Bottrop bereits früh die Grundrisspläne zum Maifest erhalten. Die Kommune wiederum habe alle relevanten Informationen sofort geteilt und sei jederzeit ein verlässlicher Ansprechpartner gewesen. Die Erfahrungswerte, die in Kirchhellen gesammelt werden, kommen schließlich auch der ganzen Stadt zugute. „Unsere Meinung wird gehört in der Verwaltung“, berichtet Bellendorf, die gemeinsam mit Heisterkamp alles in Bewegung setzen will, damit dieser Ort weiterhin festlich Flagge zeigen kann. „Wir fänden es sehr schade, wenn diese Tradition durch die Gefahr von Terroranschlägen beendet werden würde“, sagt Heisterkamp.