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Wirtschaftsspiegel
Nr. 6713734
8 minLesezeit
Titelthema 3/2025 - Sicher feiern
Sicher feiern
von Dominik Dopheide
Weil für die Gefahrenabwehr im öffentlichen Raum neue Maßstäbe gelten, sind die Kosten für die Sicherheit vieler Veranstaltungen massiv angestiegen. Innenstadt-Experten raten, Event-Pläne nicht vorschnell einzustampfen und die Kooperationskultur weiter aufzubauen.
„Wir verstehen alle, warum es leider notwendig ist, Innenstadtveranstaltungen sicherer zu machen“, betont Jens von Lengerke, Abteilungsleiter Handel und Dienstleistungen bei der IHK Nord Westfalen. Jetzt komme es darauf an, die Balance zwischen den möglichen Maßnahmen und der Finanzierung zu finden, damit sich vor dem Hintergrund der ohnehin steigenden Preise die Events für Gewerbevereine und Gewerbetreibende rechnen. „Zumindest die schwarze Null sollte herauskommen“, sagt von Lengerke und verweist auf den lohnenden langfristigen Gewinn einer attraktiven Innenstadt-Veranstaltung: den Imagegewinn für den ganzen Wirtschaftsstandort. Können und sollen wir diese Feste trotz der stark angestiegenen Kosten überhaupt noch machen? Diese Frage sei oft von Handel und Gastronomie an ihn herangetragen worden, berichtet von Lengerke. Seine Antwort lautet: „Jetzt erst recht, denn wir dürfen uns das gemeinsame Erlebnis Innenstadtveranstaltung nicht kaputtmachen lassen, weil die Finanzierung schwieriger geworden ist.“ Jetzt seien kluge Kooperationen zwischen den Kommunen und den Veranstaltern gefragt. Wie wichtig ist uns das Event, was wollen wir investieren? Diese Frage müsse jede Kommune von Fall zu Fall selbst beantworten. Schließlich liegt eine attraktive Veranstaltungskultur nicht nur im Interesse des ansässigen Handels: „Es geht darum, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in ihrer Kommune wohlfühlen – das ist ein Standortfaktor“, macht von Lengerke deutlich.
„Dann haben wir gesehen, dass das Konzept funktioniert und angenommen wird“, sagt Heitmann. Mit rund 250 000 lag die Besucherzahl im Frühjahr auf dem üblichen Level. Angestiegen sind natürlich die Kosten für die Sicherheitsvorkehrungen. Heitmann sagt nur so viel: „Müssten wir Schausteller das stemmen, wie vielerorts der Fall, gäbe es keinen Send mehr.“
Kostenfaktor Seitenstraße
Sicherheitsauflagen nicht finanzierbar: Aus diesem Grund hat die Aktions- und Werbegemeinschaft Hammer Straße e.V. in diesem Jahr das überregional bekannte Hammer Straßenfest nach 38 Ausgaben abgesagt. Das Event gilt als längste Flaniermeile Westfalens, und genau hier liegt das Problem: Es hätten viele Seitenstraßen abgesperrt werden müssen, mit zertifiziertem Material – mobile Poller, die innerhalb von Sekunden umzulegen sind, damit Feuerwehr und Rettungswagen im Notfall passieren können. „Diese Poller sind mit komplexer Elektronik gefüllt, können nur mit Sattelschlepper transportiert und von speziell qualifizierten Fachkräften mit einem Kran aufgestellt werden“, erklärt Andreas Wissing, Geschäftsführer der Aloys Wissing KG und Vorsitzender der Aktions- und Werbegemeinschaft.
Ein Dienstleister hatte ihm als Kostenvoranschlag eine fulminante Summe präsentiert: rund 52 000 Euro. Zum Vergleich: Im Vorjahr durfte die Meile noch mit privaten Lkw dichtgemacht werden, 8 500 Euro fielen für Sicherheitsmaßnahmen an. Rund 10 000 Euro hätte die Aktions- und Werbegemeinschaft in Eigenleistung beisteuern können. „Da bei einem solchen Straßenfest aber vielleicht 6 000 Euro übrig bleiben, hätte das nicht gereicht“, sagt Wissing. Ihm ist bewusst, dass die Kaufmannschaft auch mit der Absage einen Verlust verbucht: „Das Fest ist ja ein Aushängeschild und hat das Image und das Wir-Gefühl des ganzen Quartiers gestärkt“, erklärt er. Wissing hat den Eindruck, dass sich nicht nur die Anwohnerschaft eine Fortsetzung des Hammer-Straßen-Festes wünscht. Immerhin hat das Event in Vorjahren jeweils bis zu 200 000 Besucher angelockt. „Es wäre natürlich schön, wenn uns die Stadt Münster helfen würde, 2026 wieder ein Straßenfest auf die Beine zu stellen“, sagt Wissing und ergänzt: „Wir müssen aber das Konzept etwas ändern“. Sein Vorschlag: Verlagerung in Richtung Südpark, denn das Areal sei ansprechend und zugleich besser abzusichern.
Die relevanten Akteure frühzeitig zusammenzubringen: Das gehört zum Job von Christoph Uphaus: „Ich helfe dabei, Informationsflüsse zwischen Einzelhändlern und Gastronomen, Stadtmarketing, Ordnungsamt oder Veranstaltern zu organisieren und mögliche Konflikte im Vorfeld der Veranstaltung zu moderieren“, erklärt der City-Manager der Stadt Dorsten. Dort ist in der Regel das Stadtmarketing für die Organisation und Realisation von Innenstadt-Events zuständig.
Uphaus motiviert die Unternehmen, sich mit Aktionen oder verlängerten Öffnungszeiten in das geplante Event einzubringen, und unterstützt bei logistischen Fragen – beispielsweise zur Besucherlenkung und Fluchtwegplanung. Das Sicherheitskonzept ist für ihn zu einem zentralen Thema der Veranstaltungsvorbereitung geworden. „Die Behörden legen den Fokus auf Gefahrenabwehr, der Handel wünscht sich möglichst zugängliche, lebendige Flächen, und die Besucherinnen und Besucher möchten ein entspanntes und sicheres Erlebnis“, beschreibt er die Interessen, die in Einklang zu bringen sind. Uphaus hilft mit seiner Moderationsarbeit, tragfähige Kompromisse zu finden. Die nämlich seien nicht nur möglich, sondern unerlässlich, damit Veranstaltungen lebendig bleiben und gleichzeitig die Sicherheitsanforderungen erfüllt werden. „Frühzeitig miteinander ins Gespräch kommen und Verständnis für die jeweils andere Position entwickeln“, so lautet die grundlegende Empfehlung des City-Managers. Die Zeiten, in denen Innenstadt-Events innerhalb weniger Wochen geplant werden konnten, seien vorbei. „Die Erstellung und Prüfung von Sicherheitskonzepten ist inzwischen ein zeitintensiver Prozess, der sorgfältige Detailarbeit erfordert, deshalb sollten die Abstimmungen mit Polizei, Feuerwehr, Ordnungsamt und weiteren Fachstellen mindestens ein halbes Jahr im Voraus beginnen“, betont er. Mit Transparenz, Geduld und dem Willen, pragmatische Wege zu gehen, sei dann in der Regel eine gemeinsame Lösung zu finden. Uphaus verweist darauf, dass Einzelhandel und Gastronomie selbst viel beitragen können zum Sicherheitsgefühl – unter anderem mit der Teilnahme an Absprachen, mit aufmerksamem Personal, klaren Kommunikationswegen und Unterstützung der Besucherlenkung. Der City-Manager verweist zudem auf die wachsende Bedeutung der Digitalisierung: Besucherzählungen in Echtzeit, digitale Lagepläne, mobile Kommunikation zwischen Einsatzkräften sowie die schnelle Information der Besucher über Apps und Social Media könnten helfen, die Herausforderungen effizienter zu meistern. Uphaus geht davon aus, dass die Sicherheitsanforderungen noch weiter steigen werden. „Dennoch dürfen wir unsere Offenheit und Lebensfreude nicht verlieren“, fordert er und fügt an: „Ich bin überzeugt, dass sich Sicherheit und eine lebendige Stadtfest-Kultur auch in Zukunft miteinander vereinbaren lassen – mit kluger Planung, enger Zusammenarbeit und einem guten Blick für das Machbare.“