„Lebensfreude braucht auch Sicherheit“
Sicherheit kennt kein Preisschild, findet NRW-Innenminister Herbert Reul. Wie das Land NRW hier investiert und welche Verantwortung er bei den Kommunen sieht, erläutert der CDU-Politiker im Interview.
Für NRW-Innenminister Herbert Reul ist Sicherheit „eines der höchsten Güter, die wir haben“.
Herbert Reul: Welche Sicherheitsmaßnahmen der Send in Münster braucht, kann keine Behörde in Düsseldorf vorgeben. Die Kommunen können die Lage am besten einschätzen. Das heißt, die Verantwortung liegt vor Ort. Deshalb planen die Kommunen die Veranstaltungen gemeinsam mit der örtlichen Polizei, dem Ordnungsamt und weiteren Stellen. Das Land unterstützt mit einem Orientierungsrahmen, fördert den Austausch zwischen Behörden, bietet Schulungen an und sorgt dafür, dass landesweit die Standards einheitlich sind.
Sind die Kosten für Polizeieinsätze auf Volksfesten in den letzten zehn Jahren gestiegen?
Reul: Polizeieinsätze bekommen kein Preisschild. Es ist Aufgabe des Staates, für Sicherheit zu sorgen. Wenn wir damit anfangen, müssen wir auch Martinsumzüge und Jahrmärkte in Rechnung stellen. Aber ja natürlich, Einsätze auf Volksfesten brauchen heute mehr Ressourcen und fordern unsere Sicherheitsbehörden mehr als noch vor ein paar Jahren.
Gibt es Sicherheitsmaßnahmen, die Sie für übertrieben halten?
Reul: Sicherheit in ein Kosten-Nutzen-Verhältnis zu setzen, halte ich für unangebracht. Sicherheit ist eines der höchsten Güter, die wir haben. Das muss uns viel wert sein. Wir wollen sicher sein und uns sicher fühlen. Wir dürfen aber zugleich nicht in Aktionismus verfallen, sondern müssen Maßnahmen umsetzen, die durchdacht sind. Ob auch nichts passiert wäre, wenn es diese eine Wegeleitung nicht gegeben hätte, ist Kaffeesatzleserei.
Sie sagten einmal sinngemäß, wir dürften uns das gesellschaftliche Leben nicht von der Angst vor Anschlägen kaputtmachen lassen. Gleichzeitig werden Sicherheitszonen, Zugangskontrollen und Polizeipräsenz immer sichtbarer. Gelingt der Spagat zwischen Sicherheit und Lebensfreude?
Reul: Ja, ich denke schon. Ob Karneval oder Schützenfest – die Menschen in Nordrhein-Westfalen lassen sich nicht einschüchtern. Sie feiern, sie gehen raus, sie genießen das Leben. Und genau das dürfen wir uns von niemandem nehmen lassen. Klar, absolute Sicherheit gibt es nicht. Aber wir tun alles, um Risiken kleinzuhalten. Sicherheitszonen oder Zugangskontrollen sollen niemanden ärgern – sie schützen unsere Freiheit. Denn Lebensfreude braucht auch Sicherheit.
Welche langfristige Strategie verfolgt Ihr Ministerium, um sowohl die objektive Sicherheit zu stärken als auch das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger zu erhalten?
Reul: Wir stärken unsere Sicherheitsbehörden konsequent. Der Verfassungsschutz hat neue rechtliche Mittel bekommen, um gegen Extremisten vorzugehen. Für die Polizei bauen wir gerade ein modernes Rechenzentrum mit KI-Infrastruktur. Das wird landesweit eine große Unterstützung sein. KI hilft uns schon heute, zum Beispiel im Kampf gegen Kinderpornografie und bei der Früherkennung von Radikalisierung in sozialen Medien. Und wir investieren auch personell. In den letzten Jahren haben wir jährlich rund 3000 neue Polizeianwärterinnen und -anwärter eingestellt. Damit kommen mehr neue Polizisten nach als in Pension gehen. Klar ist: Sicherheit braucht moderne Technik, klare Regeln und engagierte Menschen.
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Redaktion Wirtschaftsspiegel