IHK-Jahresbericht 2022

Außenwirtschaft

Russland-Sanktionen 

Das Jahr 2022 stand ganz im Zeichen des Russland-Ukraine-Konflikts und den daraus resultierenden Sanktionsmaßnahmen. Im Laufe des Jahres wurden die bereits seit Krim-Annexion im Jahr 2014 erlassenen Sanktionsmaßnahmen der EU gegenüber Russland insgesamt achtmal verschärft. Dies hatte einen enormen Informations- und Beratungsbedarf der heimischen Wirtschaft zur Folge. Ein von der IHK-Organisation entwickeltes Prüfschema konnte den Prüfprozess für betroffene Unternehmen wesentlich übersichtlicher gestalten.  

Außenwirtschaftsdokumente 

Anfang August legte eine Cyberattacke sämtlich IT-Systeme der IHKs in Deutschland lahm. Besonders davon betroffen war die elektronische Ausstellung von Außenhandelsdokumenten (Ursprungszeugnisse und Bescheinigungen). Die IHK Nord Westfalen stellte bis zum Zeitpunkt des Angriffs knapp 90 Prozent aller Außenwirtschaftsdokumente elektronisch aus. Es gelang jedoch, die analoge Antragstellung wieder vollständig zu aktivieren, sodass trotz fehlender analoger Formulare ein Antragsstau vermieden werden konnte. Seit November funktioniert das elektronische Antragssystem für Ursprungszeugnisse und Bescheinigungen wieder einwandfrei, sodass die digitale Beantragung nun wieder Standard ist. Insgesamt wurden von der IHK Nord Westfalen 38.800 Außenwirtschaftsdokumente im Jahr 2022 bescheinigt.  

Carnet ATA 

Waren durch die Corona-Pandemie die Messeteilnahmen und sonstige Reisetätigkeiten der Unternehmen fast zum Erliegen gekommen, konnte man im Jahr 2022 eine Trendwende erkennen. Knapp 500 Carnet ATA, sogenannte „Zollpassierscheinhefte“ stellte die IHK Nord Westfalen für Ihre Mitgliedsunternehmen aus. Berufsausrüstungen, Messegut und Warenmuster im Wert von mehr als 21 Millionen Euro gelangten auf Grund der Bürgenkette des Carnet ATA abgabenfrei ins Nicht-EU-Ausland und wieder zurück. Erstmaliger Spitzenreiter im Länderranking war durch den Brexit Großbritannien.  

Außenwirtschaftspositionen | Internationale Wettbewerbsfähigkeit durch Dialog sichern

Die IHK Nord Westfalen sieht die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region gefährdet und fordert deshalb, dass wirtschaftspolitische Entscheidungen zukünftig „nur im Dialog mit der Wirtschaft“ getroffen werden. Diese Forderung steht über den neuen Positionen zur Außenwirtschaft, die erstmals die Vollversammlung der IHK am 24. November in Münster verabschiedet hat. 
Neben der gefährdeten Wettbewerbsfähigkeit auf Grund hoher Energiekosten kritisieren die Unternehmen unter anderem die „veraltete Infrastruktur“ und langwierige Genehmigungsverfahren. Zudem werde die Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht und die Durchsetzung von EU-Vorschriften in den einzelnen Mitgliedsstaaten „höchst unterschiedlich“ gehandhabt.  
Insgesamt umfassen die IHK-Positionen zur Außenwirtschaft 26 konkrete Forderungen verteilt auf fünf Themenfelder, deren Spektrum von der Wettbewerbsfähigkeit über Bürokratie, den EU-Binnenmarkt und Lieferketten bis hin zum Protektionismus reichen.

Länderschwerpunkt-Aktivitäten 

Als Schwerpunktkammer in Nordrhein-Westfalen für Großbritannien und Irland (gemeinsam mit der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld), die nordischen Länder Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden, die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie für Singapur hat die IHK Nord Westfalen im Jahr 2022 zahlreiche marktbezogene Webinare, Ländersprechstunden und andere Veranstaltungen zu den Schwerpunkten veranstaltet. Eine eigene Reihe mit länderspezifischen Wirtschaftsinformationen im Wirtschaftsspiegel wurde etabliert, die auch im nächsten Jahr weitergeführt wird. Auf der IHK-Webseite sind nun ebenfalls Informationen zu den Länderschwerpunkten verfügbar. 

Empfang von internationalen Delegationen in Nord-Westfalen 

Ein Resultat der Intensivierung von internationalen Beziehungen ist das gestiegene Interesse an der Region Nord-Westfalen und ihren Themenschwerpunkten, wie z. B. Energie(-speicherung) oder Nachhaltigkeit. So konnte die IHK Nord Westfalen im Laufe des Jahres 2022 Delegationen aus Schweden, den Niederlanden, Norwegen, Singapur und den USA in der Region begrüßen und diese in den Austausch mit der regionalen Wirtschaft bringen. 

Delegationsreisen und Unternehmensreisen 

Nachdem die eigentlich für das Jahr 2021 geplante Unternehmensreise nach Singapur unter dem Titel „Nachhaltige und innovative Lösungen für Singapur“ pandemiebedingt auf das Jahr 2022 verschoben werden musste, konnte die IHK Nord Westfalen Ende August eine achtköpfige Delegation aus Nordrhein-Westfalen in das südostasiatische Land begleiten. Die Reise war eine geförderte Maßnahme der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landes NRW.Global Business. Die IHK Nord Westfalen fungierte als Fachkoordinatorin. 

Niederlande-Aktivitäten weiter ausgebaut 

Basierend auf dem im Jahre 2021 unterzeichnete Memorandum of Understanding zwischen den regionalen Entwicklungsagenturen Oost-NL und Twente Board und der IHK Nord Westfalen wurde die Zusammenarbeit mit den Niederlanden auch 2022 weiter intensiviert.  
So wurde im April eine 30-köpfige niederländische Delegation in Münster empfangen, bei der sich alles rund um das Thema Batterieforschung drehte. Ziel des Termins war es, Unternehmen, Hochschulen und Institutionen aus den nahegelegenen Niederlanden für das Projekt Batterieforschungsfabrik zu begeistern und Themen für eine Zusammenarbeit zu identifizieren.   
Als Grenzlandkammer für die Niederlande organisierte die IHK Nord Westfalen zudem eine zweitägige Delegationsreise in die östlichen Niederlande. Auf dem Programm bei der „Smart Factory Field Lab Tour“ standen Besuche bei erstklassigen High-Tech Unternehmen, Open Innovation Hubs und Field Labs aus den Bereichen Smart Industry, Industrie 4.0, KI sowie Robotics. Knapp 20 Teilnehmer erhielten praxisnahe Einblicke in die open innovation Kultur der Niederländer.  
Wie deutsche und niederländische Unternehmen die Energiesysteme der Zukunft nutzen können, um Herausforderungen wie die aktuelle Energiekrise zu bewältigen, war im Dezember Thema beim Deutsch-Niederländischen Wirtschaftsdialog in Münster. Knapp 40 Teilnehmende aus Nord-Westfalen und der Ostniederlande diskutierten mögliche Lösungen für eine sichere Energieversorgung. 
Im Rahmen der Zusammenarbeit mit der DNHK präsentierte sich die IHK auch beim Duitslandtag, der mit über 800 Besuchern in Amersfoort stattfand. 

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz 

Das zum 01.01.2023 in Kraft tretende Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten verpflichtet Firmen zur Einhaltung von menschenrechtlichen und umweltbezogenen Regelungen in ihrer unternehmerischen Aktivität. Am 21. November 2022 fand hierzu eine Informationsveranstaltung für mittelbar und unmittelbar betroffene Unternehmen am Flughafen Münster/Osnabrück statt. Es wurden einerseits die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie mit dem Gesetz verbundene Rechte und Pflichten beleuchtet, andererseits wurde die mit dem Gesetz geforderte Berichterstattung ausführlich betrachtet. Teilnehmende konnten praxisbezogene Fragen stellen.