Außenwirtschaft

Außenwirtschaft allgemeiner Trend

Die Unternehmen im Münsterland und der Emscher-Lippe-Region sind stark in den Welthandel eingebunden und profitieren von dieser internationalen Vernetzung. Allerdings haben die vergangenen Jahre neue Risiken dieser starken Vernetzung offenbart. Die Abhängigkeiten der Regionen in Bezug auf strategisch wichtige Güter, der fortschreitende Protektionismus in der Welt sowie die zunehmenden geopolitischen Spannungen ließen beim Auslandsgeschäft der Unternehmen der Region Nord Westfalen keine zusätzliche Dynamik aufkommen.

Außenwirtschaftsdokumente und Carnet A.T.A.

Der Trend wird auch in den Zahlen der von der IHK ausgestellten Außenwirtschaftsdokumenten deutlich. 33.070 Ursprungszeugnisse und sonstige Außenwirtschaftsbescheinigungen wurden von der IHK ausgestellt. Damit bewegt man sich auf ähnlichem Niveau wie im Jahr 2024, wobei ein leichter Rückgang zu verzeichnen ist. Die Türkei hat wie auch im Jahr 2023 den größten Anteil an bescheinigten Dokumenten insgesamt. Gefolgt von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Wieder einmal mehr als 500 Carnet ATA, sogenannte „Zollpassierscheinhefte“ stellte die IHK Nord Westfalen für Ihre Mitgliedsunternehmen aus. Berufsausrüstungen, Messegut und Warenmuster im Wert von rund 20 Millionen Euro gelangten auf Grund der Bürgenkette des Carnet ATA abgabenfrei ins Nicht-EU-Ausland und wieder zurück. Betrachtet man die Situation im Vergleich zum Vor-Corona-Stand, stellt man fest, dass die IHK Nord Westfalen seit 2019, u. a. bedingt durch den Brexit, im Durchschnitt rund 100 Carnets pro Jahr mehr ausgestellt hat. Die Unternehmen in der Region Nord-Westfalen haben ergo eine weitgehend gleichbleibende Anzahl an Auslandsreisen, bei denen ein Carnet ATA notwendig ist. Wieder Spitzenreiter im Länderranking war das Vereinigte Königreich, gefolgt von der Schweiz und den USA.

Umsetzung politischer Vorgaben

Russland-Sanktionen

Auch 2024 stand wieder einmal ganz im Zeichen des Russland-Ukraine-Konflikts und den daraus resultierenden Sanktionsmaßnahmen. Das Sanktionspaket der EU wurde Im Laufe des Jahres dreimal verschärft. Besonderes Augenmerk der Anpassungen lag auf den sogenannte Umgehungsausfuhren. Somit waren 2024 erstmals auch Unternehmen von den Russland Sanktionen betroffen, die gar keine direkten Ein- bzw. Ausfuhren nach Russland oder Belarus vorgenommen hatten.

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz / EU-Lieferkettenrichtlinie

Laut Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) müssen seit 01.01.2024 nun auch Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken in ihrer gesamten Wertschöpfungskette identifizieren, überwachen und vermeiden.
Die IHK hat auch im Jahr 2024 Fragen von verpflichteten und nicht verpflichteten Unternehmen zum deutschen Lieferkettengesetz beantwortet. In Veranstaltungen wurden die LkSG-Sorgfaltspflichten erläutert, Neuerungen und Updates wurden auf den Themenseiten zusammengefasst und über die IHK-Kanäle kommuniziert.
Am 25. Juli 2024 trat die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) in Kraft. Bis Mitte 2026 haben die EU-Mitgliedsstaaten nun Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Das bedeutet, dass das deutsche LkSG bis dahin noch einmal gemäß den EU-Vorgaben angepasst werden wird. Für deutsche Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und einem Umsatz von mindestens 450 Millionen Euro heißt dies, dass sie sich auf strengere und umfassendere Anforderungen einstellen müssen, die über die bisherigen Regelungen des LkSG hinausgehen.

CBAM

Unternehmen, die emissionsintensive Waren, wie Stahl- oder Aluminiumprodukte, in die EU einführen, sind waren auch 2024 verpflichtet einen quartalsmäßigen Bericht einzureichen, der u.a. die Menge des bei der Produktion entstandenen CO2-Ausstosses beinhaltete. Neu war in diesem Jahr, dass ab dem 3. Quartal bei der Meldung nur noch reale Emissionswerte verwendet werden durften. Eine Hürde, die viele Unternehmen vor große Probleme stellte, da diese Werte nur in Einzelfällen von den Vorlieferanten zu beschaffen waren.

EUDR - EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten

Dieser Rechtsakt, bereits 2023 in Kraft getreten, ist Teil und Schlüsselelement des Green Deal der EU und soll sicherstellen, dass alle Produkte, die auf den EU-Markt gelangen, dort verkauft, oder aus der EU exportiert werden, entwaldungsfrei sind.
Kurz vor Jahresende fiel schließlich die Entscheidung der EU-Institutionen, die Umsetzung der EUDR um 12 Monate zu verschieben, sodass das neue Anwendungsdatum nun der 30. Dezember 2025 (für Kleinst- und Kleinunternehmen der 30. Juni 2026) ist. Diese Verschiebung soll den betroffenen Unternehmen mehr Zeit für die Vorbereitung auf die neuen Anforderungen geben. Die IHK Nord Westfalen unterstützt auch 2025 die regionalen Unternehmen dabei, sich auf die neuen Sorgfaltspflichten einzustellen.

Gremienarbeit

Außenwirtschaftsausschuss

Angesichts der großen Bedeutung des internationalen Geschäfts hatte die Vollversammlung der IHK schon vor mehr als dreißig Jahren beschlossen, einen Außenwirtschaftsausschuss einzurichten. Ziele des Ausschusses sind u.a. die Beratung der Vollversammlung in Fragen der internationalen Geschäftstätigkeit. Der Ausschuss ist auch erster Ansprechpartner für Anfragen an die IHK zu Lage und Einschätzung, z. B. bei Anfragen von Ministerien, DIHK, etc.
Der Ausschuss hat derzeit knapp 40 Mitglieder, die persönlich von der Vollversammlung der IHK berufen worden sind. Da der bisherige Vorsitzende Dr. Friedrich-Hans Grandin, Geschäftsführer der HUESKER Synthetic GmbH, der das Gremium seit 2017 geleitet hatte, sein Amt zur Verfügung stellte, war eine Neuwahl erforderlich. Im Rahmen seiner turnusmäßigen Sitzung im Mai wählten die Mitglieder Saredin Seine, Geschäftsführer der Albert Seine GmbH, zu ihrem neuen Vorsitzenden. Das Amt der Stellvertreterin übernahm Beatrix Brandt, August Friedberg GmbH von Ralph Weidling, WEICON GmbH & Co. KG.

Exportclub

Der Exportclub der IHK Nord Westfalen bietet Unternehmensvertretern ein Forum, in dem sie Erfahrungen austauschen und sich über aktuelle Entwicklungen in der Außenwirtschaft informieren können.
Die Mitglieder des Exportclubs trafen sich 2024 zwei Mal. In den Sitzungen am 14. Mai und am 14. November wurden neben aktuellen Zoll- und Außenwirtschaftsthemen über den Digitalen Produktpass, die Russland-Sanktionen, die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD), die Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR), den CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) sowie Chancen und Risiken von KI im Bereich des Zolls diskutiert.

ERFA-Kreis Zoll

Die Zollexperten der größten Unternehmen des IHK Bezirks Nord Westfalen trafen sich im Februar zum alljährlichen Erfahrungsaustausch. Neben den Verschärfungen der Russlandsanktionen standen die Themen CBAM, die EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten sowie die Genehmigungsvorbehalte bei Ausfuhren von Teillieferungen auf der Tagesordnung und wurden lebhaft diskutiert.

Arbeitskreis Internationalisierung

Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung tauschen sich einmal im Quartal über Veranstaltungen, Projekte und aktuelle Themen mit internationalem Bezug aus. Ziel dabei ist es, gemeinsam Strategien zu entwickeln und Synergien zu schaffen sowie Initiativen und Projekte für die Region zur Förderung der Zusammenarbeit mit internationalen Partnern zu koordinieren und weiterzuentwickeln. Diese Ziele tragen dazu bei, die Internationalisierung in verschiedenen Bereichen voranzutreiben und die Zusammenarbeit zwischen den Sektoren zu stärken.

AG Foreign Direct Investments (FDI)

Die IHK Nord Westfalen arbeitet gemeinsam mit dem Münsterland e.V., den Kreiswirtschaftsförderungen im Münsterland und der Bezirksregierung Münster an einer besseren Aufstellung des Münsterlandes im Bereich der Foreign Direct Investments. Seit 2 Jahren finden hierzu enge Abstimmungen mit der Landesebene statt. Im Kern wurden interne und externe Abstimmungsprozesse rund um das FDI-Anfrage geprüft und verbessert, Flächenbestände erhoben und abgestimmt. Darüber hinaus wurde eine zentrale Kontaktstelle beim Münsterland e.V. eingerichtet und eine Taskforce für Prioritäre Anfragen ins Leben gerufen.
Ziel der AG ist es, die Region Münsterland im Wettbewerb mit anderen Regionen (auch in NRW) zu verbessern.

Länderschwerpunkt-Aktivitäten

Als Schwerpunktkammer in Nordrhein-Westfalen für Großbritannien und Irland (gemeinsam mit der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld), die nordischen Länder Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden, die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie für Singapur hat die IHK Nord Westfalen auch im Jahr 2024 zahlreiche marktbezogene Webinare, Ländersprechstunden und andere Veranstaltungen zu ihren Schwerpunkten veranstaltet.

Stage von Dlyal Harris (AHK Singapur) bei der IHK

Im Februar 2024 durfte die IHK Nord Westfalen Frau Dlyal Harris, stellvertretende Leiterin der Abteilung Commercial Consulting and Services bei der Singaporean-German Chamber of Industry and Commerce / AHK Singapur für drei Wochen in Nord-Westfalen willkommen heißen. Vom 5. bis 23. Februar erhielt Harris Einblicke in die Aufgaben der Abteilung International bei einer Industrie- und Handelskammer und beriet im Rahmen von Unternehmensbesuchen Interessierte über den Markt in Singapur.

IHK-Geschäftsbereichsleiter Sebastian van Deel bei der AHK Singapur

Im Juli und August 2024 verbrachte Geschäftsbereichsleiter Sebastian van Deel drei Wochen in Singapur, um eine Stage bei der dort ansässigen Auslandshandelskammer zu absolvieren und das IHK-Netzwerk in dem zentralen Knotenpunkt Südostasiens zu erweitern. Im Rahmen dessen fanden verschiedene Aktivitäten und Treffen mit privaten und staatlichen Akteuren statt. Wichtige Themen waren dabei Maschinenbau, Cyber Security, GreenTech, MedTech, die Startup-Szene und Batterietechnologie.
Während des Aufenthalts besuchte van Deel ebenso viele der in Singapur aktiven nord-westfälischen Unternehmen, u. a. Evonik, Hengst und Flender.

Niederlande-Aktivitäten weiter ausgebaut – Offizieller Start von TECH.LAND

Seit 2021 arbeiten die Regionen Ost-Niederlande und Nord-Westfalen erfolgreich zusammen, was im April 2024 zur Gründung des grenzüberschreitenden Programms TECH.LAND führte, das Innovation und Technologie durch gemeinsame Ressourcen und Expertise fördert. TECH.LAND fokussiert sich auf Themen wie Energie, Kreislaufwirtschaft, Advanced Manufacturing und MedTech und verfolgt das Ziel, globale Wettbewerbsfähigkeit und Zusammenarbeit in Europa zu stärken.
Seit dem offiziellen Start von TECH.LAND am 16. April 2024 hat sich die Plattform zu einem pulsierenden Innovationszentrum entwickelt, das grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Region fördert. Die Cluster sind nun operativ, Ökosysteme und Menschen verbinden sich und die Unterstützung für Innovationen nimmt stetig zu.
Zu den Höhepunkten des Jahres gehörten der offizielle Launch von TECH.LAND in Münster, das erste Teamtreffen in Enschede, the Battle of Powers im Chemiepark, der Duitslandtag in Amersfoort, das Business Breakfast im Medica und der Business Dialogue im UKM.
Diese und viele andere erfolgreiche Veranstaltungen haben den Grundstein für noch größere Erfolge in der Zukunft gelegt. TECH.LAND hat seinen Bekanntheitsgrad auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene erheblich gesteigert.

Empfang internationaler Delegationen in Nord-Westfalen

Auch 2024 besteht weiterhin großes Interesse an der Region, insbesondere im Bereich Energie (Batterie und Wasserstoff). Mit Besuchen von internationalen Delegationen, u. a. aus Estland, Finnland, Irland, Singapur, Tansania, Türkei und der Ukraine war auch 2024 geprägt durch ein hohes internationales Interesse an der Region Nord-Westfalen.

Delegationsreisen und Unternehmensreisen

NRW-Unternehmensreise nach Estland zum Thema Cybersecurity

Im Juni 2024 wurde die Unternehmensreise „Best Practice: Cybersecurity-Lösungen in Estland“ in Kooperation mit der IHK Bonn/Rhein-Sieg und der IHK Mittleres Ruhrgebiet erfolgreich organisiert. Die 11 Teilnehmenden erhielten tiefgehende Einblicke in die fortschrittliche digitale Sicherheitslandschaft Estlands und nutzten die Gelegenheit, Kooperationen aufzubauen sowie aktuelle Trends, Entwicklungen und praxisorientierte Anwendungen von Cybersicherheitskonzepten und -lösungen in estnischen Unternehmen kennenzulernen.

Sonstige Veranstaltungen

Business Breakfast Ukraine

Beim „Business Breakfast Ukraine“ im März berichteten Experten vor rund 35 Teilnehmenden über die aktuelle wirtschaftliche Lage in der Ukraine und gaben praktische Tipps zu relevanten Themen wie Finanzierung und Zollabwicklung. Unternehmer schilderten, wie trotz Herausforderungen erfolgreiche Geschäftsbeziehungen mit der Ukraine fortgeführt werden können, während die Generalkonsulin Iryna Shum die Veranstaltung mit Einblicken in die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eröffnete.