Arbeitsrecht

Arbeitszeugnis

Rechtsgrundlagen, Grundsätze

Rechtsgrundlage für die Erteilung eines Arbeitszeugnisses ist für Arbeitnehmer § 109 GewO (Gewerbeordnung). Neben den Arbeitnehmern haben grundsätzlich auch arbeitnehmerähnliche Personen wie Heimarbeiter und freie Mitarbeiter einen Zeugnisanspruch. Bei Leiharbeitnehmern richtet sich der Zeugnisanspruch gegen den Verleiher.
Der Zeugnisanspruch entsteht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses; allerdings kann der Arbeitgeber ihn erst erfüllen, wenn der Arbeitnehmer sein Wahlrecht zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Zeugnis ausgeübt hat (s. unter 2.).
Unter Umständen muss das Zeugnis zum Zweck der Stellensuche auch schon vor Ende des Arbeitsverhältnisses ausgestellt werden; insoweit kann es dann ggf. als „Zwischenzeugnis“ bezeichnet werden.
In Berufsausbildungsverhältnissen ist ein einfaches Zeugnis auch ohne Verlangen zu erteilen; dies gilt auch für Praktikanten und Volontäre §§ 16, 26 BBiG.

Zeugnisarten

Man unterscheidet zwischen dem einfachen Zeugnis, in dem lediglich die persönlichen Daten des Arbeitnehmers sowie die Art und Dauer der Beschäftigung vollständig und genau angegeben sind, und dem qualifizierten Zeugnis. Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis enthält zusätzlich zu den Angaben eines einfachen Zeugnisses Ausführungen über die Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers. Während die Aussagen zu Art und Dauer der Tätigkeit lediglich darstellend sind, erfolgt durch die Angaben zu Leistung und Verhalten eine Bewertung des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer kann zwischen der Erteilung eines einfachen und eines qualifizierten Zeugnisses wählen.
Abweichende Anforderungen gelten in Berufsausbildungsverhältnissen für die Erteilung eines einfachen Zeugnisses: Das Zeugnis muss Angaben enthalten über Art, Dauer und Ziel der Berufsausbildung sowie über die erworbenen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten der Auszubildenden. 

Inhalt

Das qualifizierte Arbeitszeugnis soll Aufschluss über die während des Arbeitsverhältnisses unter Beweis gestellten Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse geben sowie Angaben über die berufliche Entwicklung des Arbeitnehmers enthalten. Es soll belegen, in welchem Aufgabengebiet der Arbeitnehmer eingesetzt gewesen und mit welchen Tätigkeiten er betraut worden ist, wie er sein erlerntes Wissen in der Praxis umgesetzt und ob er sich in der Position bewährt hat. Der Arbeitgeber hat dabei sowohl die Wahrheitspflicht als auch die Verpflichtung zu beachten, das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unnötig zu erschweren (wohlwollendes Zeugnis).
Kein Arbeitgeber ist jedoch verpflichtet, einen schlechten Arbeitnehmer besser zu beurteilen, als er tatsächlich ist. Unwahre Zeugnisse können Schadensersatzansprüche zum Beispiel des neuen Arbeitgebers gegenüber dem Zeugnisersteller auslösen. Der Arbeitgeber ist aber nicht verpflichtet, Formulierungsvorschläge oder -wünsche des Arbeitnehmers zu übernehmen, wenn diese nicht rechtlich geboten sind. Bei berechtigtem Korrekturverlangen ist das Zeugnis unter dem Datum des geänderten Zeugnisses zu erteilen. 

Zeugnissprache

Die Verpflichtung sowohl ein wohlwollendes Zeugnis auszustellen, als auch der Wahrheitspflicht zu genügen, stehen in einem gewissen Spannungsverhältnis zueinander. Daher hat sich eine eigene Zeugnissprache gebildet, die beiden Verpflichtungen gerecht werden soll.
Der Arbeitnehmer hat ein Recht darauf, dass ihm der Arbeitgeber ein in allen seinen Aussagen eindeutiges und klar formuliertes Zeugnis ausstellt. Es darf nicht der Eindruck entstehen, der ausstellende Arbeitgeber distanziere sich vom buchstäblichen Wortlaut seiner Erklärung. Aus diesem Grunde darf ein Zeugnis nicht in sich widersprüchlich sein. Ebenso wenig ist die Verwendung von verschlüsselten oder doppelbödigen Zeugnisformulierungen erlaubt, die wohlwollender klingen, als sie gemeint sind.
Der Arbeitgeber ist zwar bei der Ausstellung des Zeugnisses grundsätzlich in seiner Ausdrucksweise frei, er sollte sich aber der in der Praxis allgemein angewandten Zeugnissprache bedienen und bei der Beurteilung des Arbeitnehmers den allgemein üblichen Maßstab anlegen.
Das Zeugnis muss eine zusammenfassende Beurteilung des Leistung erhalten. Diese muss dem gesamten Inhalt des Zeugnisses entsprechen. Für die Beurteilung der Leistung haben sich feste Formulierungen eingebürgert, die mit einer Notenskala vergleichbar sind:
sehr gut:
...stets/jederzeit/immer zu unserer vollsten Zufriedenheit...
gut:
...zu unserer vollsten Zufriedenheit...
...stets zu unserer vollen Zufriedenheit...
befriedigend:
...zu unserer vollen Zufriedenheit...
ausreichend:
...zu unserer Zufriedenheit...
mangelhaft:
...insgesamt zu unserer Zufriedenheit...
...eine im Großen und Ganzen zufriedenstellende Erledigung...
Kommt es zum Streit über die Frage, ob der Arbeitnehmer Anspruch auf ein besseres Zeugnis hat, stellt sich die Frage nach der Beweislast. Streben Arbeitnehmer eine bessere als durchschnittliche Bewertung an, müssen sie die hierfür erforderlichen Tatsachen darlegen und beweisen. Der Arbeitgeber muss demgegenüber eine unterdurchschnittliche Bewertung rechtfertigen. Dabei gilt die Bewertung „zur vollen Zufriedenheit“, also befriedigend, als durchschnittliche Note. Meint der Arbeitnehmer, Anspruch auf eine bessere Bewertung zu haben, muss er gegebenenfalls klagen und im Gerichtsverfahren entsprechende Leistungen darlegen und gegebenenfalls auch beweisen. Dies gilt nach Einschätzung des BAG auch, wenn gute oder sehr gute Bewertungen in einer bestimmten Branche üblich sind.

Gliederung

Bei der Ausstellung eines qualifizierten Zeugnisses gibt es nicht nur eine Zeugnissprache, sondern auch eine gebräuchliche Gliederung, die sich inzwischen weitgehend standardisiert hat. Ein qualifiziertes Zeugnis enthält üblicherweise die folgenden Elemente:
Überschrift:
(Arbeits-)Zeugnis/Zwischen-, Ausbildungs-, Praktikantenzeugnis
Eingangsformel:
Personalien, Dauer des Arbeitsverhältnisses
Aufgabenbeschreibung:
Tätigkeitsbeschreibung, hierarchische Position, Kompetenzen, Verantwortung
Leistungsbeurteilung:
Arbeitsbereitschaft (Motivation), Arbeitsbefähigung, Arbeitsweise, Arbeitserfolg, Führungsleistung (bei Vorgesetzten)
Verhaltensbeurteilung:
Verhalten zu Kollegen, Vorgesetzten und Dritten (Kunden, Lieferanten und so weiter (usw.))
Schlussabsatz:
Dankes-/Wunschformel, Zukunftswünsche, Ausstellungsort, -datum, Unterschrift
Das BAG hat entschieden, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Aufnahme einer solchen „Dankes- und Wunschformel“ in das Zeugnis hat. Widerspricht die im konkreten Fall gewählte Formel dem sonstigen Zeugnisinhalt, besteht nur ein Anspruch auf Streichung.

Äußere Form

Das Zeugnis muss auf Geschäftspapier erteilt werden, wenn der Arbeitgeber Geschäftsbögen besitzt und diese im Geschäftsverkehr verwendet. Das Anschriftenfeld ist freizulassen. Das Zeugnis sauber und ordentlich in einheitlicher Maschinenschrift ohne handschriftliche Zusätze, Streichungen usw. geschrieben sein und Ort und Datum der Ausstellung enthalten. Es ist vom Arbeitgeber, mindestens aber von einem Vorgesetzten des Arbeitnehmers, eigenhändig mit dokumentenechtem Stift zu unterschreiben. Das Zeugnis darf keine Risse, Flecken oder ähnliches aufweisen. Es darf zur Versendung in einem Geschäftsumschlag gefaltet werden, wenn es kopierfähig ist und die Knicke im Zeugnisbigen sich nicht auf den Kopien abzeichnen, zum Beispiel durch Schwärzungen. Entspricht das Zeugnis nicht den dargestellten Grundsätzen, kann der Arbeitnehmer die Ausstellung eines neuen Zeugnisses verlangen.
Der Arbeitgeber erfüllt den Zeugnisanspruch des Arbeitnehmers regelmäßig nicht dadurch, dass er den Arbeitnehmer in einer an ein Schulzeugnis angelehnten Darstellungsform beurteilt. Es ist ein Fließtext erforderlich, um die zur Erreichung des Zeugniszwecks erforderlichen individuellen Hervorhebungen und Differenzierungen in der Beurteilung herauszustellen.

Verjährung des Zeugnisanspruchs

Auf die Erteilung des Zeugnisses besteht kein dauerhafter Anspruch. Der Anspruch kann durch arbeits- oder tarifvertragliche Ausschlussfristen begrenzt sein. Die gesetzliche Verjährungsfrist für den Zeugnisanspruch beträgt nach § 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) drei Jahre. Da die Verjährungsfrist erst mit dem Schluss des Jahres zu laufen beginnt, in dem der Arbeitnehmer ausscheidet, verjährt der Anspruch mit Ablauf des dritten vollen Kalenderjahres nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
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