Strategiepapier „Zukunft Handel“
Viele Unternehmerinnen und Unternehmer engagieren sich oft ehrenamtlich – als Prüfer, Ausbilder, in Schlichtungsstellen, als Handelsrichter, in Gewerbevereinen, Verbänden, Fachgremien oder Expertengruppen.
Die Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen begleitet die Handelsunternehmen von der Gründung und Ansiedlung über die Betriebsentwicklung, das Tagesgeschäft bis zur möglichen Internationalisierung – und das auch in schweren Zeiten.
Die demografische Entwicklung, die Digitalisierung und nicht zuletzt Corona werden den steten Strukturwandel im Handel stark beschleunigen. Im Rahmen unserer Handelsstrategie wollen wir dazu beitragen, dass Nord-Westfalen ein starker Wirtschaftsstandort bleibt, an dem Handelsunternehmen innovativ und smart aufgestellt sind, die Branche zukunftsfähig qualifizierte Fachkräfte vorfindet und sie in einem fairen Wettbewerbsfeld agieren kann.
1. Handelsstandort - Integrierte Handelsstandorte stärken
Die Innenstadt und Stadtteilzentren sind gesellschaftliche Mittelpunkte einer Stadt. Diese Rolle erfüllen sie aber nur, wenn sie gleichzeitig Mittelpunkt des Handels sind. Ein starker Einzelhandel in starken Zentren fördert das urbane Leben und ist dadurch ein wichtiger Wirtschafts- und Standortfaktor.
Gerade der innerstädtische Einzelhandel steht vor großen Herausforderungen. Kunden wandern ins Internet ab oder sie bevorzugen das Einkaufszentrum auf der „grünen Wiese“. Nur Betriebe, die sich eindeutig positionieren, werden in diesem Wettbewerb bestehen. Sie benötigen ein klares Profil hinsichtlich Sortiment und Service, Größe, Nähe zum Kunden und Atmosphäre.
Darüber hinaus müssen Städte gut erreichbar sein und eine hohe Aufenthaltsqualität bieten. Der Einkauf in der eigenen Stadt muss ein positives Erlebnis für die Kunden sein. Dies kann durch spannende Pop-up-Stores oder auch handelsferne Nachnutzung von Leerständen geschehen - wie Cafés mit Lesebereichen, Kinderbetreuung oder zusätzliche Serviceangebote.
Um die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, braucht es umfassende Einzelhandels- und Zentrenkonzepte – die sinnvollerweise mit den Nachbarkommunen abgestimmt werden, auch um ruinöse Flächenwettbewerbe zu vermeiden. Kommunale Verwaltung und Politik müssen hier Prioritäten setzen: Sie binden IHK, Stadtmarketing, Werbegemeinschaften, Immobilien- und Standortgemeinschaften sowie das Citymanagement mit ein.
Die gemeinsam entwickelten Konzepte zielen auch darauf, Leerstände zu vermeiden. Ein Grund für solche Leerstände ist häufig die schwierige Suche nach Unternehmensnachfolgern. Dabei hilft die IHK Nord Westfalen. Zum Beispiel können Unternehmer kostenfrei und anonym auf der nexxt-change-Unternehmensbörse nach externen Nachfolgern suchen. Die IHK unterstützt bei der Eintragung von Übergabe- und Übernahmewünschen, gibt Tipps für textliche Formulierungen und begleitet abgebende Unternehmer und externe Nachfolgekandidaten bei der Kontaktanbahnung. Denn die IHK kennt - über den eigenen Nachfolger Club - immer rund 150 geeignete Nachfolgekandidaten aus allen Branchen, die ein Unternehmen kaufen und führen wollen.
Für den Erhalt lebendiger Innenstädte sind gute Erreichbarkeit mit Fahrrad, zu Fuß, Pkw, ÖPNV oder innovativen Verkehrsmitteln sowie eine ausreichende Anzahl nah angesiedelter Rad-/Pkw-Stellplätze unerlässlich.
Dr. Hugo Schulze Hobbeling
Viktor GmbH
Dülmen
Die Experten der IHK begleiten abgebende Unternehmer – inklusive Finanzierung und Förderprogramme - und sind bei Bedarf während des gesamten Prozesses diskret im Hintergrund aktiv.
Die IHK Nord Westfalen bietet:
• Politikberatung im Interesse des Handels
• Frequenzzählungen in Mittelzentren und gewerblicher Mietpreisspiegel
• Begleitung von Einzelhandelskonzepten
• „Heimat shoppen“ zum Wert des Handels vor Ort
• Stellungnahmen zu Einzelhandelsprojekten
• „nexxt-change-Unternehmensbörse“
• Politikberatung im Interesse des Handels
• Frequenzzählungen in Mittelzentren und gewerblicher Mietpreisspiegel
• Begleitung von Einzelhandelskonzepten
• „Heimat shoppen“ zum Wert des Handels vor Ort
• Stellungnahmen zu Einzelhandelsprojekten
• „nexxt-change-Unternehmensbörse“
2. Smarter Handel - Handel digital aufladen
Der Handel durchläuft einen tiefgehenden digitalen Wandel. Das bringt bewährte Geschäftsmodelle ins Wanken, eröffnet aber auch neue Chancen. Das Internet wird zum digitalen Schaufenster. Mit dem Onlineshop tritt der stationäre Einzelhandel schon lange in den Wettbewerb mit globalen Plattformen wie Amazon oder Alibaba. Online-Marktplätze ermöglichen vor allem kleineren Händlern den Zugang zu neuen Kundengruppen, weit über die eigene Stadt oder Region hinaus.
Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz kommt die richtige Ware auf die richtige Fläche - wir können das Bauchgefühl durch faktenbasierte Daten ersetzen – auch als Mittelständler.
Christoph Berger
Modehaus ebbers e.K.
Warendorf
Längst ist den Händlern aus der Praxis klar, dass das Offline- mit dem Online-Geschäft nahtlos vernetzt sein muss. Denn „Showrooming“ wie „Webrooming“ liegen im Trend – das heißt, der Kunde informiert sich im Geschäft und kauft dann online oder umgekehrt: er informiert sich im Internet und kauft anschließend in einem stationären Geschäft.
Über soziale Medien wie Facebook und Instagram oder Messenger-Dienste wie WhatsApp kommt der Handel in Kontakt zum Kunden. Der digitale Wandel geht aber noch viel tiefer. Schlagworte wie Künstliche Intelligenz (KI), Virtual Reality oder vernetzte Geschäfte sind auch im Handel zu hören. Mit Big Data lernen Händler ihre Kunden zudem besser kennen und verstehen.
Die neuen Möglichkeiten sorgen für Aufbruchstimmung, aber auch für Verunsicherung. Den Trend zum smarten Handel zu ignorieren, kann sich aber kein Einzelhändler leisten. Wer im Netz nicht sichtbar ist, wird sich auf Dauer kaum halten können.
Doch wie gelingt der Einstieg in die digitale Welt – und wie kann sich ein stationärer Einzelhändler dort auf Dauer behaupten? Wie lassen sich Daten nicht nur sammeln, sondern auch richtig analysieren und sinnvoll einsetzen? Wie wird Online-Marketing zum Schlüssel, um im weltweiten Netz gefunden zu werden? Und was ist darüber hinaus die passende Shoplösung und die richtige Vertriebsstrategie?
Wir alle denken heute Digitalisierung im Einzelhandel falsch. Für die meisten ist es nicht die Frage, ob man der nächste Amazon werden kann. Es geht vielmehr darum, dem Kunden zusätzlich zum stationären Geschäft Online als Service anzubieten. So kann man in seiner Region zusätzlich zehn bis 30 Prozent seiner Umsätze digital abwickeln und daraus lernen, wie das Digitalgeschäft funktioniert – sei es E-Commcere oder demnächst auch Social Commerce.
Marcus Diekmann
ROSE Bikes GmbH
Bocholt
Ein Patentrezept für die richtige E-Commerce-Strategie gibt es nicht. Jeder Einzelhändler kennt seine Produkte, seine Kunden und seine Wettbewerber am besten und richtet darauf seine Maßnahmen aus. Unzweifelhaft ist aber, dass der Einsatz von neuen Technologien und Geschäftsprozessen gezielte Schulung und Weiterbildung erfordert. Die IHK Nord Westfalen hilft dem Handel dabei, die Chancen des digitalen Wandels zu erkennen und zu nutzen.
Die IHK Nord Westfalen bietet:
• gezielte Schulungen und Weiterbildungen zum Einsatz neuer Technologien und Geschäftsprozesse
• E-Commerce-Leitfaden „Go digital“ mit Checklisten für Homepage und Onlineshop
• Veranstaltungsreihe „IHK vor Ort - Digital“
• Online-Seminare zum smarten Handel und zu den Chancen von Künstlicher Intelligenz
• DIGI[x] Plattform für digitale Angebote und DL
• gezielte Schulungen und Weiterbildungen zum Einsatz neuer Technologien und Geschäftsprozesse
• E-Commerce-Leitfaden „Go digital“ mit Checklisten für Homepage und Onlineshop
• Veranstaltungsreihe „IHK vor Ort - Digital“
• Online-Seminare zum smarten Handel und zu den Chancen von Künstlicher Intelligenz
• DIGI[x] Plattform für digitale Angebote und DL
3. Fachkräfte - Fachkräfte für den Handel sichern
Der Handel braucht gut ausgebildete Fachkräfte. Kunden sind besser informiert denn je, deshalb steigen die Erwartungen an Warenkenntnis, Service und kompetente Beratung. Die Tätigkeit im Einzelhandel wird dadurch anspruchsvoller, aber auch spannender und begehrter: Immerhin knapp 60.000 Ausbildungsverträge werden jährlich in den Berufen Verkäuferin und Verkäufer sowie Kauffrau und Kaufmann im Einzelhandel abgeschlossen. Im IHK-Bezirk werden dabei auch hochaktuelle Themenfelder bedient, wie etwa mit der Zusatzqualifikation „Naturkost“, die den Trend zu mehr Nachhaltigkeit abbildet.
Ich engagiere mich als Prüfer für die Berufsausbildung, um die Qualität der Ausbildung auf einem hohen Niveau zu erhalten. Für die Zukunft des Handels ist es wichtig, gut ausgebildete Mitarbeiter zu haben.
Karsten Hürter
Hürter Zweirad GmbH
Münster
Auch die Kauffrau und der Kaufmann im E-Commerce entwickelt sich seit seiner Einführung in 2018 zur Erfolgsgeschichte und wird mittlerweile im gesamten IHK-Bezirk beschult. Die hohe Qualität der Ausbildung sichert die IHK durch ihre Prüfer: Viele Fach- und Führungskräfte aus der Praxis engagieren sich in den Prüfungsausschüssen.
Besonders wichtig ist die Berufsorientierung in den Schulen. Um ein realistisches Bild von Ausbildung zu vermitteln, hat die IHK deshalb das Projekt „Ausbildungsbotschafter“ ins Leben gerufen. Azubis aus dem zweiten und dritten Ausbildungsjahr besuchen Schulen und berichten lebendig und authentisch über ihre abwechslungsreiche Arbeit. In der „Partnerschaft Schule-Betrieb“ bringt die IHK Schulen und Unternehmen zusammen. Diese vereinbaren eine langfristige und nachhaltige Kooperation. Dazu gehören gemeinsame Projekte, beispielsweise Bewerbungstrainings, Praxistage für Lehrerinnen und Lehrer oder Betriebspraktika für Schülerinnen und Schüler. Den Betrieben bietet sich hierbei die Chance, künftige Azubis frühzeitig kennenzulernen.
Ich bilde aus, weil wir gute Fachkräfte im Betrieb brauchen. Das IHK-Projekt Partnerschaft Schule-Betrieb hilft mir, mit den jungen Menschen frühzeitig in Kontakt zu kommen.
Ralf Kramer
Rewe Kramer GmbH & Co EH oHG
Recklinghausen
Auch beim IHK-Azubi-Speed-Dating kommen Unternehmer und Schüler ins Gespräch. In Corona-Zeiten finden dabei die Kontakte vor allem digital, per E-Mail, Telefon oder Video-Chat statt.
Die IHK Nord Westfalen bietet:
• Modernisierung von Ausbildungsberufen
• Prüfungsausschüsse zur Sicherung der hohen Ausbildungsqualität
• Partnerschaft Schule-Betrieb
• Ausbildungsbotschafter
• IHK-Azubi-Speed-Dating
• Modernisierung von Ausbildungsberufen
• Prüfungsausschüsse zur Sicherung der hohen Ausbildungsqualität
• Partnerschaft Schule-Betrieb
• Ausbildungsbotschafter
• IHK-Azubi-Speed-Dating
4. Fairer Wettbewerb - Wettbewerb fair gestalten
Ärger und Streit gibt es auch im Geschäftsleben. Die IHK agiert als Schlichter und setzt sich aktiv für fairen Wettbewerb ein. Darüber hinaus bringt sie durch Stellungnahmen zu Gesetzgebungsverfahren die Interessen der Unternehmer ein.
Beispiele dafür sind die 2020 in Kraft getretenen Änderungen im Urheberrecht sowie das geplante Unternehmensstrafrecht. Auch zum neuen Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs hat die IHK-Organisation Stellung bezogen. Ziel sind schlanke und unbürokratische Regelungen im Interesse der Wirtschaft.
Regeln gelten auch im Internet. Die IHK informiert ihre Mitgliedsunternehmen über die rechtlichen Anforderungen, die das Telemediengesetz und das Fernabsatzrecht stellen. Verstöße, oft aus Nachlässigkeit begangen, führen häufig zu Abmahnungen. Diese sind grundsätzlich ein sinnvolles Mittel, Verletzungen des Wettbewerbsrechts auch ohne staatlichen Eingriff zu regeln, werden aber auch missbräuchlich eingesetzt. Die IHK berät, wie mit einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung umzugehen ist. Sie warnt vor missbräuchlichen Serienabmahnungen und verschiedenen Varianten des Adressbuchschwindels.
Die freundliche Atmosphäre bietet einen vertraulichen Rahmen, in dem eine Einigung sehr schnell ermöglicht wird. Hier werden Rechtsfragen sehr partnerschaftlich geklärt. Der eventuell anfallende gütliche Ausgleich ist unschlagbar günstig im Vergleich zu den Aufwendungen, die bei Gerichtsverfahren anfallen.
Ingeborg Molitor
Weinhandlung Molitor GmbH
Recklinghausen
Um wettbewerbsrechtliche Streitfälle unter Unternehmern gütlich beizulegen, ist bei der IHK eine Einigungsstelle eingerichtet. Das spart gegenüber einem Verfahren vor Gericht Zeit und Kosten. In vertraulichen, nicht-öffentlichen Verhandlungen werden Ansprüche auf Grundlage des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb geklärt. Besetzt wird eine Einigungsstelle mit einem Vorsitzenden mit der Befähigung zum Richteramt und zwei sachverständigen Gewerbetreibenden als Beisitzern.
Hohe Akzeptanz haben die Urteile, die die Kammern für Handelssachen fällen. Das liegt auch an den ehrenamtlichen Handelsrichtern, für deren Ernennung die IHK Vorschläge macht. Sie lassen kaufmännischen Sachverstand aus der Unternehmenspraxis in die Rechtsprechung einfließen. Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter nehmen an den mündlichen Verhandlungen und Beratungen mit den gleichen Rechten teil wie hauptberufliche Richter.
Weiter fortsetzen wird die IHK ihren Einsatz für die unbürokratische Genehmigung einer begrenzten Zahl von verkaufsoffenen Sonntagen im Jahr. Damit der stationäre Einzelhandel die Möglichkeit hat, seine Sortimente zu besonderen Anlässen einer großen Besucherschar überregional zu präsentieren.
Die IHK Nord Westfalen bietet:
• Einrichtung und Organisation von Einigungsstellen
• Beratung zum Umgang mit Abmahnungen und Adressbuchschwindel
• Vorschläge für die Ernennung von Kaufleuten zu ehrenamtlichen Handelsrichtern
• Einbringen von Expertise und Unternehmensinteressen in Gesetzgebungsverfahren
• Stellungnahmen zur Genehmigung von verkaufsoffenen Sonntagen
• Einrichtung und Organisation von Einigungsstellen
• Beratung zum Umgang mit Abmahnungen und Adressbuchschwindel
• Vorschläge für die Ernennung von Kaufleuten zu ehrenamtlichen Handelsrichtern
• Einbringen von Expertise und Unternehmensinteressen in Gesetzgebungsverfahren
• Stellungnahmen zur Genehmigung von verkaufsoffenen Sonntagen
Das Positionspapier wurde im November 2020 durch die Vollversammlung der IHK beschlossen.