Prüfungsordnung Bewachungsgewerbe

Die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen hat am 21. November 2019 auf Grund von §§ 1 und 4 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. Dezember 1956 (BGBI. I S. 920), das zuletzt durch Artikel 93 des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBI. I S. 626) geändert worden ist, in Verbindung mit §§ 32, 34a Gewerbeordnung (GewO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBI. I S. 202), die zuletzt durch Artikel 5 Absatz 11 des Gesetzes vom 21. Juni 2019 (BGBI. I S. 846) geändert worden ist und der §§ 9 ff., § 11 Absatz 8 der Bewachungsverordnung (BewachV) in der Fassung vom 3. Mai 2019 (BGBI. I S. 692), folgende Prüfungsordnung beschlossen:

§ 1 Sachkundeprüfung

Der Nachweis der Sachkunde gem. § 34a GewO i. V. m. § 9 BewachV kann durch eine Prüfung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen erbracht werden. Zweck der Sachkundeprüfung ist der Nachweis, dass die in diesen Bereichen tätigen Personen die für die eigenverantwortliche Wahrnehmung der Bewachungsaufgaben erforderlichen Kenntnisse über die dafür notwenigen rechtlichen Vorschriften und fachbezogenen Pflichten und Befugnisse sowie deren praktische Anwendung erworben haben.

§ 2 Zuständigkeit

Die Abnahme der Sachkundeprüfung erfolgt durch die Industrie- und Handelskammern. Die Sachkundeprüfung kann bei jeder Industrie- und Handelskammer abgelegt werden, die diese Prüfung anbietet.

§ 3 Errichtung, Zusammensetzung und Berufung von Prüfungsausschüssen

(1) Die Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen, im Folgenden IHK genannt, errichtet einen oder mehrere Prüfungsausschüsse für die Sachkundeprüfung.
(2) Die IHK beruft die Mitglieder des Prüfungsausschusses für die Dauer von längstens fünf Jahren.
(3) Die Mitglieder des Prüfungsausschusses müssen für die Prüfungsgebiete sachkundig und für die Mitwirkung im Prüfungswesen geeignet sein.
(4) Der Prüfungsausschuss besteht aus mindestens drei Mitgliedern.
(5) Der Prüfungsausschuss einigt sich vor Beginn des mündlichen Prüfungsteils auf einen Vorsitzenden. Sollte keine Einigkeit erzielt werden, bestimmt die IHK den Vorsitzenden.
(6) Der Prüfungsausschuss prüft mit drei Mitgliedern. Er beschließt mit der Mehrheit der Stimmen; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
(7) Die §§ 83, 84, 86 und 89 VwVfG finden entsprechende Anwendung. Bei der Sachkundeprüfung darf nicht mitwirken, wer Angehöriger des Prüfungsteilnehmers nach § 20 Abs. 5 VwVfG ist.
(8) Die Mitglieder des Prüfungsausschusses sind ehrenamtlich tätig. Für bare Auslagen, Zeitversäumnis und sonstigen Aufwand wird eine angemessene Entschädigung gezahlt, deren Höhe und Umfang sich nach der Entschädigungsregelung der IHK Nord Westfalen in der jeweilig geltenden Fassung richtet.
(9) Die Mitglieder des Prüfungsausschusses können nach Anhörung des Betroffenen aus wichtigem Grund abberufen werden.

§ 4 Prüfungstermine und Anmeldung zur Prüfung

(1) Die IHK bestimmt Ort und Zeitpunkt der Prüfung sowie die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses und gibt die Prüfungstermine und Anmeldefristen in geeigneter Form rechtzeitig bekannt. Werden die Anmeldefrist oder die Prüfungskapazität überschritten, kann die IHK die Zulassung zu diesem Prüfungstermin verweigern.
(2) Die Anmeldung erfolgt über das von der IHK vorgegebene digitale Anmeldeportal.
(3) Die Entscheidung über den Prüfungstag, den Prüfungsort und den Prüfungsablauf sind dem Prüfungsteilnehmer rechtzeitig mitzuteilen.

§ 5 Nichtöffentlichkeit der Prüfung und Verschwiegenheit

(1) Die Prüfung ist nicht öffentlich.
(2) Im mündlichen Teil der Prüfung können jedoch anwesend sein:
  1. beauftragte Vertreter der Aufsichtsbehörden,
  2. Mitglieder eines anderen Prüfungsausschusses für die Sachkundeprüfung im Bewachungsgewerbe,
  3. Vertreter der Industrie- und Handelskammern,
  4. Personen, die beauftragt sind, die Qualität der Prüfung zu kontrollieren, und
  5. Personen, die in einen Prüfungsausschuss berufen werden sollen.
Diese Personen dürfen nicht in die laufende Prüfung eingreifen oder in die Beratung über das Prüfungsergebnis einbezogen werden.
(3) Unbeschadet bestehender Informationspflichten, insbesondere gegenüber der IHK, haben die Mitglieder des Prüfungsausschusses und sonstige mit der Prüfung befasste Personen über alle Prüfungsvorgänge Verschwiegenheit gegenüber Dritten zu wahren

§ 6 Belehrung, Befangenheit

(1) Zu Beginn des jeweiligen Prüfungsteils wird die Identität der Prüfungsteilnehmer festgestellt. Die Prüfungsteilnehmer sind nach Bekanntgabe der Prüfer zu befragen, ob sie von ihrem Recht zur Ablehnung eines Prüfers wegen Besorgnis der Befangenheit gemäß §§ 20 und 21 VwVfG Gebrauch machen wollen.
(2) Für Mitglieder des Prüfungsausschusses gilt entsprechend § 20 Absatz 4 VwVfG.
(3) Liegt ein Grund vor, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Ausübung des Prüfungsamtes zu rechtfertigen, oder wird von einem Prüfungsteilnehmer das Vorliegen eines solchen Grundes behauptet, so hat die betroffene Person dies der IHK mitzuteilen, während der Prüfung dem Prüfungsausschuss.
(4) Über einen Befangenheitsantrag entscheiden die Prüfer des Prüfungsausschusses ohne Mitwirkung des betroffenen Prüfers. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Richtet sich der Ablehnungsantrag gegen den Vorsitzenden, so ist mindestens eine Zweidrittelmehrheit der anderen Prüfer erforderlich. Wird einem Befangenheitsantrag stattgegeben, so soll der Prüfungsteilnehmer zum nächsten Prüfungstermin eingeladen werden, sofern der ausgeschlossene Prüfer nicht sogleich durch einen anderen Prüfer ersetzt oder der Prüfungsteilnehmer einem anderen Prüfungsausschuss zugeteilt werden kann. Besteht die Besorgnis der Befangenheit bei allen Prüfungsausschussmitgliedern, so hat die IHK zu entscheiden.

§ 7 Täuschungshandlungen und Ordnungsverstöße

(1) Unternimmt es ein Prüfungsteilnehmer, das Prüfungsergebnis durch Täuschung oder Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel zu beeinflussen oder leistet er Beihilfe zu einer Täuschung oder einem Täuschungsversuch, liegt eine Täuschungshandlung vor.
(2) Wird während der Prüfung festgestellt, dass ein Prüfungsteilnehmer eine Täuschungshandlung begeht oder einen entsprechenden Verdacht hervorruft, ist der Sachverhalt von der Aufsichtsführung festzustellen und zu protokollieren. Der Prüfungsteilnehmer setzt die Prüfung vorbehaltlich der Entscheidung des Prüfungsausschusses über die Täuschungshandlung fort.
(3) Liegt eine Täuschungshandlung vor, wird die Prüfung für nicht bestanden erklärt.
(4) Behindert ein Prüfungsteilnehmer durch sein Verhalten die Prüfung so, dass die Prüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden kann, ist er von der Teilnahme auszuschließen. Die Entscheidung hierüber kann von der Aufsicht getroffen werden. Die endgültige Entscheidung über die Folgen für den Prüfungsteilnehmer hat der Prüfungsausschuss unverzüglich zu treffen. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Vor Entscheidungen des Prüfungsausschusses nach den Absätzen 3 und 4 ist der Prüfungsteilnehmer zu hören.

§ 8 Rücktritt, Nichtteilnahme

(1) Der Prüfungsteilnehmer kann nach erfolgter Anmeldung vor Beginn der Prüfung (bei schriftlichen Prüfungen vor Bekanntgabe der Prüfungsaufgaben) durch schriftliche oder elektronische Erklärung zurücktreten. In diesem Fall gilt die Prüfung als nicht abgelegt.
(2) Erfolgt der Rücktritt nach Beginn der Prüfung oder nimmt der Prüfungsteilnehmer an der Prüfung nicht teil, ohne dass ein wichtiger Grund vorliegt, so gilt die Prüfung als nicht bestanden.
(3) Der wichtige Grund ist unverzüglich, spätestens aber innerhalb einer Woche nach der Prüfung, mitzuteilen und nachzuweisen. Im Krankheitsfall ist die Vorlage eines ärztlichen Attestes erforderlich.
(4) Über das Vorliegen eines wichtigen Grundes entscheidet die IHK.

§ 9 Durchführung und Gliederung der Sachkundeprüfung

(1) Die Prüfungssprache ist deutsch.
(2) Die Sachkundeprüfung besteht gemäß § 11 Abs. 1 BewachV aus einem schriftlichen und einem mündlichen Prüfungsteil.
(3) Der schriftliche Prüfungsteil kann entweder auf Papier oder in elektronischer Form (PCoder Tablet-Prüfung) durchgeführt werden. Der schriftliche Prüfungsteil kann im Antwort-Wahl-Verfahren durchgeführt werden. Die IHK bestimmt das Verfahren.
(4) Der schriftliche Prüfungsteil dauert 120 Minuten. Der mündliche Prüfungsteil soll pro Prüfungsteilnehmer etwa 15 Minuten dauern. In dem mündlichen Prüfungsteil können bis zu fünf Prüfungsteilnehmer gleichzeitig geprüft werden.
(5) Die IHK regelt die Aufsichtsführung bei dem schriftlichen Prüfungsteil.
(6) Gegenstand des schriftlichen Prüfungsteils sind die in § 7 i. V. m. Anlage 2 BewachV festgelegten Prüfungsgebiete. Gegenstand des mündlichen Prüfungsteils sind die in § 9 Abs. 2 i. V. m. § 7 und Anlage 2 BewachV aufgeführten Gebiete mit dem Schwerpunkt der in § 7 Nummer 1 und 6 BewachV genannten Gebiete. Der Prüfungsausschuss ist gehalten, die überregional erstellten Prüfungsaufgaben zu übernehmen.
(7) Zum mündlichen Prüfungsteil wird nur zugelassen, wer den schriftlichen Prüfungsteil bestanden hat und sich innerhalb von zwei Jahren, beginnend ab dem Bestehen des schriftlichen Prüfungsteils, zum mündlichen Prüfungsteil anmeldet und diesen ablegt. Der mündliche Prüfungsteil kann innerhalb der zwei Jahre beliebig oft wiederholt werden.
(8) Bei der Durchführung der Prüfung sollen die besonderen Verhältnisse behinderter Menschen berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere für die Dauer der Prüfung, die Zulassung von Hilfsmitteln und die Inanspruchnahme von Hilfeleistungen Dritter wie Gebärdendolmetscher für hörbehinderte Menschen. Die Art der Behinderung ist mit der Anmeldung zur Prüfung nachzuweisen.

§ 10 Gegenstand und Dauer der spezifischen Sachkundeprüfung

(1) Gegenstand der spezifischen Sachkundeprüfung sind die Sachgebiete gemäß § 7 BewachV, die aufgrund der Feststellung gemäß § 13c Abs. 2 GewO ergänzend zu prüfen sind.
(2) Abweichend von § 9 Abs. 4 richtet sich in diesem Fall die Dauer des schriftlichen Prüfungsteils nach der Anzahl der Fragen in den Sachgebieten, die zu prüfen sind, im Verhältnis zu der Gesamtzahl der Prüfungsfragen nach Abs. 4 Satz 1.

§ 11 Ergebnisbewertung der Sachkundeprüfung

(1) Der schriftliche und der mündliche Prüfungsteil ist mit Punkten zu bewerten.
(2) Der schriftliche Prüfungsteil ist bestanden, wenn die Leistungen mindestens mit ausrechend bewertet wurden. Dies ist der Fall, wenn der Prüfungsteilnehmer mindestens 50 Prozent der zu vergebenden Gesamtpunkte erzielt hat.
(3) Der mündliche Prüfungsteil ist bestanden, wenn die Leistungen mindestens mit ausreichend bewertet wurden. Dies ist der Fall, wenn mindestens 50 Prozent der zur vergebenden Gesamtpunkte für die mündliche Prüfung erreicht wurde.
(4) Die Prüfung ist insgesamt bestanden, wenn der Prüfungsteilnehmer beide Prüfungsteile bestanden hat.

§ 12 Ergebnisbewertung der spezifischen Sachkundeprüfung

(1) Der schriftliche Prüfungsteil ist bestanden, wenn die Leistungen mindestens mit ausrechend bewertet wurde. Dies ist der Fall, wenn der Prüfungsteilnehmer in den geprüften Bereichen jeweils mindestens 50 Prozent der erreichbaren Punkte erzielt.
(2) Der mündliche Prüfungsteil ist bestanden, wenn die Leistungen mindestens mit ausrechend bewertet wurden. Dies ist der Fall, wenn der Prüfungsteilnehmer mindestens 50 Prozent der erreichbaren Punkte erzielt hat.
(3) Die Prüfung ist insgesamt bestanden, wenn der Prüfungsteilnehmer die aufgrund der Feststellung gem. § 13c Abs. 2 GewO zu ergänzenden Prüfungsteile bestanden hat.

§ 13 Feststellung und Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses

(1) Die prüfenden Mitglieder des Prüfungsausschusses stellen am Tag der praktischen Prüfung das Ergebnis der einzelnen Prüfungsleistungen und das Gesamtergebnis fest. Soweit eine Prüfung in elektronischer Form (PC- oder Tablet-Prüfung) durchgeführt wird, kann die Beurteilung und Bewertung der Prüfungsleistungen maschinell erfolgen. Die Ergebnisse sind in diesem Fall vom Prüfungsausschuss zu übernehmen.
(2) Das Ergebnis des schriftlichen Prüfungsteils ist dem Prüfungsteilnehmer als vorläufiges Ergebnis mitzuteilen. Die Bestätigung des Ergebnisses des schriftlichen Prüfungsteils und das Ergebnis des mündlichen Prüfungsteils sind nach Abschluss der Beratungen über den mündlichen Prüfungsteil mitzuteilen.
(3) Wurde der schriftliche oder der mündliche Prüfungsteil nicht bestanden, erhält der Prüfungsteilnehmer darüber einen Bescheid in Textform, in dem auf die Möglichkeit einer Wiederholungsprüfung hinzuweisen ist.
(4) Prüfungsteilnehmern, die den schriftlichen und mündlichen Prüfungsteil bestanden haben, wird eine Bescheinigung nach Anlage 3 der BewachV ausgestellt.
(5) Prüfungsteilnehmern, die die spezifische Sachkundeprüfung nach § 13c Abs. 2 GewO bestanden haben, wird hierüber eine Bescheinigung ausgestellt.

§ 14 Prüfungswiederholung

Die Prüfung darf wiederholt werden.

§ 15 Niederschrift

Über die Prüfung ist eine Niederschrift zu fertigen, aus der die einzelnen Prüfungsergebnisse, besondere Vorkommnisse oder sonst auffällige Feststellungen zu entnehmen sind. Sie ist von dem protokollierenden Mitglied des Prüfungsausschusses zu unterzeichnen.

§ 16 Aufbewahrungsfristen

(1) Nach Abschluss der Prüfung ist das Ergebnis der Prüfung sechzig Jahre aufzubewahren. Die schriftlichen Prüfungsarbeiten sind ein Jahr, die Niederschriften gem. § 15 zehn Jahre aufzubewahren. Weitere Prüfungsunterlagen sind, soweit vorhanden, ein Jahr aufzubewahren.
(2) Der Ablauf der vorgenannten Fristen wird durch das Einlegen eines Rechtsmittels gehemmt.
(3) Die Aufbewahrung kann auch elektronisch erfolgen.

§ 17 Rechtsbehelfsbelehrung

Entscheidungen sind bei ihrer Bekanntgabe in Textform an den Prüfungsteilnehmer mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.

§ 18 Inkrafttreten

Diese Prüfungsordnung tritt am Tag der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Gleichzeitig tritt die bisherige Prüfungsordnung außer Kraft.
Münster, 21. November 2019
Der Präsident gez. Dr. Benedikt Hüffer
Der Hauptgeschäftsführer gez. Dr. Fritz Jaeckel
Veröffentlicht im Bundesanzeiger am 11.03.2020