Ausbildung

Novellierung des Berufsbildungsgesetzes

Mit der Modernisierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) gibt es in der Ausbildung seit dem 1. Januar 2020 einige Neuerungen: der Bachelor Professional, die Mindestvergütung für Auszubildende, eine einheitliche Regelung zur Freistellung für den Berufsschulunterricht und Erleichterungen im Prüfungsbereich. Hier können Sie sich über die wichtigsten Neuerungen informieren.

Seit wann gelten die Regeln und für wen?

Die neuen Regeln gelten seit dem 1. Januar 2020 für alle Auszubildenden. Allein bei der Mindestausbildungsvergütung kommt es auf das Vertragsdatum (Vertragsabschluss) an.

Mindestausbildungsvergütung

Die neue Mindestausbildungsvergütung gilt erstmals für Ausbildungsverhältnisse mit Vertragsabschluss ab dem 1. Januar 2020. Für Auszubildende, deren Ausbildung vor dem 1.1.2020 begonnen hat, gilt die Mindestausbildungsvergütung nicht.

Die Höhe ist geregelt bis zum Jahr 2023. Danach passt sich ihre Höhe ab 2024 jährlich an die durchschnittliche Entwicklung aller Ausbildungsvergütungen an und wird durch Bundesministerium für Bildung und Forschung jeweils im November des entsprechenden Vorjahres bekannt gegeben.
Wichtig: Wenn der Arbeitgeber tarifgebunden ist, gilt die tarifvertraglich festgesetzte Höhe der Ausbildungsvergütung (§ 17 Abs. 3 BBiG). Tarifverträge haben Vorrang vor der Mindestausbildungsvergütung.

Ist der Ausbildungsbetrieb nicht tarifgebunden, darf er den branchenüblichen Tarif um höchstens 20 Prozent unterschreiten, jedoch nicht unter die Mindestausbildungsvergütung.

Beispiel:
Die tarifliche Ausbildungsvergütung für das 1. Ausbildungsjahr beträgt 1.000 Euro. Ist der Arbeitgeber nicht tarifgebunden, darf er maximal 20 Prozent weniger Ausbildungsvergütung zahlen. Er muss also mindestens 800 Euro Vergütung zahlen und kann sich nicht auf die niedrigere Mindestvergütung berufen.

Wie hoch ist die Mindestausbildungsvergütung?

Die Höhe der Mindestausbildungsvergütung hängt davon ab, in welchem Kalenderjahr die Ausbildung beginnt:

Jahr
1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr 4. Jahr
2020
515,00
607,70
695,25
721,00
2021
550,00
649,00
742,50
770,00
2022
585,00
690,30
789,75
819,00
2023
620,00
731,60
837,00
868,00
Was ändert sich mit der Gesetzesnovelle für die Ausbildungsvergütung? Ein Erklärfilm bringt die wichtigsten Neuerungen verständlich auf den Punkt.
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Freistellung für die Berufsschule

Nach § 15 BBiG sind Auszubildende für den Berufsschulunterricht freizustellen. Der Berufsschulbesuch ersetzt dann insoweit die betriebliche Ausbildungszeit. Die bisher geltende Unterscheidung zwischen minderjährigen und volljährigen Auszubildenden bei der Freistellung für den Berufsschulunterricht besteht seit dem 1.1.2020 nicht mehr. Für beide Gruppen gilt die gleichlautende Regelung, die sich für Minderjährige aus § 9 JArbSchG, für Erwachsene aus dem neu geschaffenen § 15 BBiG ergibt.

Beschäftigung vor Berufsschulbeginn

Auszubildende dürfen vor einem vor 9 Uhr beginnenden Berufsschulunterricht nicht beschäftigt werden.

Beschäftigung nach Berufsschulende

Erwachsene und Jugendliche sind an Berufsschultagen mit mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens je 45 Minuten, einmal in der Woche freizustellen. Der Berufsschulbesuch ist mit der durchschnittlichen täglichen Ausbildungszeit anzurechnen.
Beispiel:
Die betriebliche Ausbildungszeit beträgt Montag bis Donnerstag jeweils 7 h 30, freitags nur 6 Stunden. Die durchschnittliche tägliche Ausbildungszeit beträgt daher 7 h 12 min. Der Auszubildende muss freitags zur Berufsschule, diese dauert 6 Unterrichtsstunden à 45 Minuten. Der Berufsschulbesuch ist mit 7 h 12 anzurechnen, auch wenn die betriebliche Ausbildungszeit am Freitag “nur” 6 Stunden beträgt. Der Auszubildende hat an den anderen Tagen einen Freistellungsanspruch von insgesamt 1 h 12 min.
Der zweite Berufsschultag in der Woche wird mit der tatsächlichen Unterrichtszeit plus Pausen angerechnet.
Beispiel:
Der Berufsschulbesuch dauert 5 Unterrichtsstunden à 45 Minuten. Er beginnt um 8 Uhr und endet um 12:25 (= 4:25 h). Die Berufsschulzeit ist damit mit 4:25 h auf die Ausbildungszeit anzurechnen.
Sind in einer Woche zwei Berufsschultage mit jeweils mehr als 5 Unterrichtsstunden, ist der Auszubildende verpflichtet, an einem der beiden Tage wieder in den Betrieb zurückzukehren - an welchem der beiden Tage, bestimmt der Ausbildungsbetrieb.
In Berufsschulwochen mit einem planmäßigen Blockunterricht von mindestens 25 Stunden (an mindestens fünf Tagen) muss der Auszubildende, unter Anrechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Ausbildungszeit, freigestellt werden. Eine Beschäftigung des Auszubildenden in dieser Woche ist damit grundsätzlich ausgeschlossen.
Für Auszubildende unter 18 Jahren ist nach § 9 Jugendarbeitsschutzgesetz zu beachten, dass die bisherige pauschale Anrechnung von Berufsschultagen mit 8 Stunden und von Blockbeschulung mit 40 Stunden nicht mehr erfolgt. Auch für Minderjährige ist an Berufsschultagen mit mehr als fünf Unterrichtsstunden, einmal in der Woche, die durchschnittliche tägliche Ausbildungszeit und in Berufsschulwochen mit mindestens 25 Stunden Blockunterricht an mindestens fünf Tagen, die durchschnittliche wöchentliche Ausbildungszeit anzurechnen.

Freistellung vor der Abschlussprüfung

An dem Arbeitstag, der der schriftlichen Abschlussprüfung unmittelbar vorangeht, haben Auszubildende einen Anspruch auf einen freien Tag (§ 15 Absatz 1). Die Anrechnung erfolgt mit der durchschnittlichen täglichen Ausbildungszeit.
Wenn sich die Abschlussprüfung nach der Ausbildungsordnung in zwei zeitlich auseinander fallende Teile gliedert, können Auszubildende einen Anspruch auf insgesamt zwei freie Tage haben, jeweils vor der schriftlichen Prüfung im ersten Teil der Abschlussprüfung und vor der schriftlichen Prüfung im zweiten Teil. Voraussetzung ist jedoch, dass der jeweilige Prüfungsteil eine eigenständige schriftliche Prüfung enthält. Wenn der jeweiligen schriftlichen Prüfung kein Arbeitstag unmittelbar vorangeht (z. B. bei Prüfungsbeginn an einem Montag, Feiertag oder Berufsschule), besteht kein Freistellungsanspruch.

Erweiterte Möglichkeiten der Teilzeitberufsausbildung

Wer den betrieblichen Teil seiner Ausbildung in Teilzeit absolvieren möchte, musste dafür bislang einen besonderen Grund nachweisen. Das ist seit dem 1. Januar 2020 nicht mehr erforderlich.
Das Einverständnis des Ausbildungsbetriebes vorausgesetzt, kann die Ausbildung teilweise oder komplett mit verringerter Stundenzahl durchgeführt werden. Ein Anspruch auf Teilzeitausbildung besteht jedoch nicht. Und: Die Kürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit darf 50 Prozent einer Vollzeitausbildung nicht übersteigen (§ 7a Absatz 1 Satz 3 BBiG).
Die Dauer der Ausbildung verlängert sich entsprechend, höchstens jedoch bis zum Anderthalbfachen der regulären Ausbildungsdauer. Das bedeutet: Bei einer regulär dreijährigen Ausbildung darf die Teilzeitvariante maximal 4,5 Jahre in Anspruch nehmen.
Beispiel:
Die tägliche Ausbildungszeit dauert statt 8 Stunden nur 4 Stunden. Sie wird also täglich um 50 % gekürzt. Dementsprechend ist die Gesamtausbildungszeit von 3 Jahren um 50 %, also eineinhalb Jahre zu verlängern, so dass die Teilzeitausbildung insgesamt viereinhalb Jahre dauert. Die Ausbildungsvergütung kann dann ebenfalls um maximal 50 % gesenkt werden. Hierdurch kann die Mindestausbildungsvergütung zulässigerweise unterschritten wird.
Die Berufsschule ist an eine im Ausbildungsvertrag vereinbarte Teilzeit nicht gebunden. Die Einbeziehung der Berufsschulzeiten in das Modell muss deshalb zwischen Betrieb, Auszubildenden und Berufsschule abgestimmt werden.
Die Höhe der Ausbildungsvergütung kann entsprechend der prozentualen Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit gekürzt werden.
Was ändert sich mit der Gesetzesnovelle für die Teilzeitausbildung? Im Film sowie im Flyer (PDF) erfahren Sie die Details.
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Neue Abschlussbezeichnungen

Zur Stärkung der höherqualifizierenden Berufsbildung werden die in der Ordnungspraxis des Bundes bereits entwickelten und vom Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) empfohlenen drei beruflichen Fortbildungsstufen unmittelbar im BBiG verankert.
In der höheren Berufsbildung werden die Bezeichnungen „Bachelor Professional“ für die Meister und Fachwirte und der „Master Professional“ für die IHK-Betriebswirte und Berufspädagogen eingeführt. Die Gleichwertigkeit von beruflicher Fortbildung und Studium wird dadurch verdeutlicht.
Hinweis: Damit die neuen Abschlussbezeichnungen zukünftig auf den Prüfungszeugnissen der IHK ausgegeben werden dürfen, muss der Verordnungsgeber (insbesondere Bundesministerien) zunächst die Fortbildungsordnungen anpassen. Die neuen Abschlussbezeichnungen müssen dafür zwischen den Sozialpartnern gemeinsam vereinbart werden. In der Regel werden die neuen Bezeichnungen nur für Prüfungen nach Anpassung der Fortbildungsordnungen gelten, soweit dort nichts Anderes festgelegt wird.

Für Absolventen, die eine Fortbildungsprüfung bereits erfolgreich abgeschlossen haben, ist eine „Umschreibung“ der erworbenen Abschlussbezeichnung auf die neue Abschlussbezeichnung im Zeugnis nach derzeitiger Rechtslage nicht möglich.

Fachliteratur

Nach der bisherigen Bestimmung hatten Ausbildende den Auszubildenden kostenlos die Ausbildungsmittel wie Werkzeuge und Werkstoffe zur Verfügung zu stellen, die zur Berufsausbildung und zum Ablegen von Zwischen- und Abschlussprüfungen, auch soweit solche nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses stattfinden, erforderlich sind. Diese Aufzählung wird nun auf die notwendige Fachliteratur ausgedehnt (§ 14 Absatz 1 BBiG).

Fachliteratur gehört damit, wie Werkzeuge und Werkstoffe, zu den Ausbildungsmitteln, die der Ausbildungsbetrieb dem Auszubildenden kostenlos zur Verfügung stellen muss. Schulbücher sowie Hefte oder Taschenrechner für den Berufsschulunterricht gehören ausdrücklich nicht dazu.
Weitere Informationen zum novellierten Berufsbildungsgesetz (BBiG) finden Sie beim DIHK sowie beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Dort sind auch die wichtigsten Fragen und Antworten zur Gesetzesnovelle zusammengefasst.