Statt verstecken, Begeisterung wecken!

Demografischer Wandel, Ausbildungsrückgang, Fachkräftemangel: Der Arbeitgebermarkt steht vor großen Herausforderungen. Über Soziale Medien können sich Unternehmen bei potenziellen Nachwuchskräften präsentieren. Wie das geht, zeigte ein Seminar des IHK-Projekts INA.
Die Herausforderungen, mit denen sich der Arbeitgebermarkt konfrontiert sieht, sind nach Einschätzung der IHK Nord Westfalen mittlerweile in beinahe allen Unternehmen und Betrieben spürbar. Viele Unternehmen haben zunehmend Schwierigkeiten, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. „Wer jetzt nicht im Bewerbermarkt untergehen möchte, sollte aktiv auf junge Menschen zugehen. Ausbildungsmessen, Betriebsbesichtigungen oder ein Tag der offenen Tür bilden gute Möglichkeiten, sich als Unternehmen bei potenziellen Nachwuchskräften vorzustellen,“ rät Carsten Taudt, Leiter des IHK-Geschäftsbereichs Bildung und Fachkräftesicherung. Doch wie erreicht man Jugendliche, die nicht aktiv nach Ausbildungsplätzen suchen?
Über Soziale Medien, lautete die klare Ansage von Jubin Honarfar und Genevieve Wiehe. Der Unternehmensgründer der Karriereplattform „whatchado“ und die Social-Media-Expertin gaben in einem Seminar des IHK-Projekts INA Unternehmerinnen und Unternehmern Tipps zu Social-Media-Recruiting. Mit INA, Kurzform für „Impulse zur Nachwuchsakquise“, unterstützt die IHK Nord Westfalen vorrangig kleine und mittlere Unternehmen bei Ausbildungsmarketing, Azubi-Recruiting sowie Fachkräftebindung und bietet dazu regelmäßig Seminare und telefonische Beratung an.

Wie tickt Gen Z?

„Unternehmen ohne digitalen Auftritt, lösen heutzutage kein Interesse mehr aus,“ stellte Honarfar vor rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern fest. Die tägliche Internetnutzung bei den 14- bis 29-Jährigen lag 2021, laut einer von ARD und ZDF durchgeführten Onlinestudie, bei 99 Prozent. 73 Prozent dieser Altersgruppe nutzten täglich oder wöchentlich Instagram. Die Kommunikationsweise und der Konsum von Content hat sich grundlegend geändert, erklärte der Österreicher mit persischen Wurzeln. Insbesondere bei der Generation Z, also jungen Menschen, die ungefähr zwischen den Jahren 1995 und 2010 geboren sind und komplett mit digitalen Technologien, wie Internet oder Smartphones, aufgewachsen sind. „Man muss anders auf diese Zielgruppe zugehen. Unternehmen, die sich auf Social Media in Szene setzen, können die Aufmerksamkeit dieser Zielgruppe auf sich ziehen und Vertrauen erzeugen“, stellte Honarfar die Vorteile eines eigenen Social-Media-Kanals heraus.

Mit Videos die Reichweite erhöhen

142 Minuten am Tag schauten sich 14- bis 29-Jährige 2021 Videos im Internet an. Auch das hat die Onlinestudie von ARD und ZDF ergeben. „Bewegtbild hat einen unglaublichen Einfluss und eine unglaubliche Strahlkraft,“ betonte Honarfar. Vor allem sogenannte Instagram-Reels, also Hochkant-Videos von maximal 60 Sekunden Länge, haben eine hohe Reichweite, ergänzte Wiehe. Wenn die Videos Begeisterung und Emotionen beim Zuschauer erzeugen, bleiben sie eher im Gedächtnis. Gut eignen sich dafür Geschichten, zum Beispiel von Mitarbeitenden oder Azubis aus dem Unternehmen.
Eine beliebte Methode, die laut Honarfar und Wiehe schon seit zehn Jahren funktioniert, sind sogenannte Channel-Takeover. Dabei übernimmt ein Mitarbeiter oder ein Azubi den Unternehmenskanal für einen Tag und gibt Einblicke in seinen Arbeits- oder Ausbildungsalltag. Im Fall von Instagram handelt es sich hierbei meist um 15- bis 30-sekündige Video-Sequenzen, die als Stories auf dem Unternehmenskanal hochgeladen werden. Die Stories verschwinden nach 24 Stunden, können aber als Highlight-Stories auf dem Kanal gespeichert und weiterhin angeschaut werden. „Man muss nicht immer was Neues erfinden, wenn auch Bestehendes funktioniert,“ betont der Unternehmer und Experte für Social-Media-Recruiting. Der Vorteil: Die Videos sind nicht nur schnell und kostengünstig mit dem eigenen Smartphone produziert, sondern ermöglichen dem Zuschauer auch authentische und glaubwürdige Einblicke ins Unternehmen. „Gerade für Azubis gehören die sozialen Medien fest in den Alltag und sie wissen, wie man dort kommuniziert und was ihre Altersgenossen interessiert,“ erklärte Honarfar. Auf diese Weise entstehe eine Kommunikation auf Augenhöhe.

Eigene Azubis mitnehmen und motivieren

Doch was tun, wenn sich der Azubi nicht vor die Kamera stellen möchte, wollte eine Teilnehmerin wissen. „Aufklären,“ so die Empfehlung des Österreichers. „Erklären Sie, warum gerade Azubi-Videos für das Unternehmen wichtig sind und sprechen Sie über die Sorgen und Ängste Ihrer Nachwuchskräfte.“ Meist stelle sich dann heraus, dass die Azubis nicht aufgrund fehlender Motivation, sondern aufgrund von Unsicherheiten nicht vor die Kamera wollten. Ein weiterer Tipp: „Versuchen Sie mit Ihrem Content auch Eltern mitzunehmen. Eltern spielen eine wichtige Rolle bei der Berufsorientierung ihrer Kinder,“ so Honarfar. Daher sei es wichtig, auch diese wichtige Zielgruppe vom Unternehmen zu begeistern.
Unternehmen, die einen Instagram-Kanal für die Nachwuchsakquise nutzen wollen, sollten die zu investierende Zeit nicht unterschätzen. Es sollte von vornherein feststehen, welche Abteilung im Unternehmen den Kanal betreut und welche Zielgruppe über den Kanal erreicht werden soll, machte Wiehe zusätzlich deutlich. „Social Media ist kein Mitmachmarketing, sondern erfordert regelmäßige Profilpflege und Redaktionsplanung,“ so die abschließenden Worte der Social-Media und Online-Marketing-Managerin.