Industrie kann Energiewende mitgestalten

IHK-Ausschuss fordert Umdenken und Verlässlichkeit

Kreis Steinfurt/Hopsten. – Ein Umdenken bei der Energiewende fordert der IHK-Regionalausschuss für den Kreis Steinfurt von der Bundesregierung. „In ihrer jetzigen Form ist sie für viele Betriebe schlicht nicht mehr stemmbar“, erklärte Gustav Deiters bei der Sitzung in Hopsten. „Steigende Kosten und fehlende Planungssicherheit gefährden Investitionen und damit den Wirtschaftsstandort Deutschland“, warnte der IHK-Vizepräsident und Ausschussvorsitzende. Die Unternehmen unterstützten die Klimaziele. Die notwendige Transformation, um diese Ziele zu erreichen, müsse für sie aber wirtschaftlich sein. Dafür bräuchten die Unternehmen verlässliche Rahmenbedingungen und damit Planungssicherheit, so Deiters, der auch Vorsitzender der Geschäftsführung von Crespel & Deiters in Ibbenbüren ist.
IHK-Präsident Lars Baumgürtel erläuterte im Jagdhotel Feldmann, wie das Energiesystem zukunftsfähig werden kann. „Energieträgerkopplung und Flexibilität auf der Abnehmerseite sind zentrale Bausteine, um die Energiewende wirtschaftlich tragfähig zu gestalten.“ Unter Energiekopplung versteht der Geschäftsführer von ZINQ aus Gelsenkirchen, dass beispielsweise Prozesswärme für die Produktion flexibel erzeugt wird – mit Strom, Gas oder Wasserstoff, je nachdem, was gerade verfügbar und bezahlbar ist. „Das neue Konzept muss einfacher sein als das bisherige, auf Innovation und Wettbewerb setzen und einen Politikrahmen schaffen, der Wirtschaftsbelange und Klimaschutz verbindet.“
Flankiert wurde die Diskussion durch die Ergebnisse einer aktuellen Studie der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Dr. Eckhard Göske, Abteilungsleiter Industrie der IHK Nord Westfalen, stellte den sogenannten „Plan B“ vor. Nicht nur besonders energieintensive Branchen stünden bei der derzeitigen Ausgestaltung der Energiewende massiv unter Druck. „Hohe Energiekosten und regulatorische Unsicherheiten bremsen Investitionen und Transformation“, stellte er fest. Die DIHK fordere deshalb einen realistischen, technologieoffenen Ansatz, der Marktmechanismen stärke, internationale Wettbewerbsbedingungen berücksichtige und Planungssicherheit schaffe. „Die Zweifel insbesondere in der Industrie, ob die Energieversorgung langfristig und zu wettbewerbsfähigen Preisen gesichert ist, müssen ausgeräumt werden“, unterstrich Göske. In einigen Branchen drohe eine Verlagerung der Produktion, für andere seien hohe Energiekosten sogar existenzgefährdend.
Steffen von Glahn, Vorsitzender des IHK-Industrieausschusses und Mit-Geschäftsführer von Crespel & Deiters, schilderte die Situation eines energieintensiven Betriebs aus der Region. „Die Industrie kann die Energiewende wesentlich mitgestalten – aber nur, wenn sie einbezogen wird“, unterstrich er. Auch er sprach Energieträgerkopplung, flexible Prozesswärmeanlagen und dezentrale Stabilitätspuffer als Technologien an, um Versorgungssicherheit und Effizienz zu erhöhen. „Gerade die energieintensive Industrie kann ein wesentlicher Teil der Energiewende sein und dazu beitragen, die Gesamtkosten zu senken“, erläuterte er. Die Industrie könne nämlich kurzfristig Strom entnehmen, wenn zu viel vorhanden ist, und einspeisen, wenn zu wenig da ist. „Dies ist deutlich effizienter als autarke Stromerzeugungsanlagen“, zeigte er sich überzeugt. Einige Voraussetzungen dafür sah er schon erfüllt, es müssten allerdings vor allem Netzanschlusskapazitäten an den Produktionsstandorten erhöht werden. Kein Weg führe zudem daran vorbei, die Anschlusskosten – insbesondere den von den Netzbetreibern verlangten Baukostenzuschuss – als gesellschaftlichen Beitrag auf die allgemeinen Netzkosten umzulegen.

Über den IHK-Regionalausschuss

Der IHK-Regionalausschuss für den Kreis Steinfurt mit rund 50 ehrenamtlich tätigen Unternehmerinnen und Unternehmern bildet die Stimme der gewerblichen Wirtschaft im Kreis Steinfurt. Das Gremium befasst sich mit Themen und Projekten im Kreis, die Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Zudem berät der Regionalausschuss die Vollversammlung, das Präsidium und die Geschäftsführung der IHK Nord Westfalen.