Verkehrspolitik

Keine Abbindung der Gäubahn ohne Alternative

IHK Nordschwarzwald kritisiert Pläne, die Gäubahn während des Baus des Pfaffensteigtunnels in Stuttgart-Vaihingen enden zu lassen und damit tausende Touristen und Pendler zum täglichen Umsteigen zu zwingen.

Verkehrs- und klimapolitisch kurzsichtig

Martin Keppler, ehemaliger Hauptgeschäftsführer der IHK Nordschwarzwald: "Wir haben mit dem Nordschwarzwald einen hochverdichteten Wirtschaftsraum mit zahlreichen Global Playern aus dem produzierenden Mittelstand und gleichzeitig eine der bedeutendsten Tourismusregionen in Deutschland - was wir brauchen, ist ein reibungsloser öffentlicher Nahverkehr als nachhaltiger Zugang zur Region für Fachkräfte, Touristen und Güter. Eine Abbindung der Gäubahn vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof wäre verkehrs- und klimapolitisch schlicht kurzsichtig."
Für die Wirtschaft in der Region Nordschwarzwald ist eine attraktive Gäubahn von großer Bedeutung. Mit ihrem leistungsstarken Ausbau soll es zukünftig schneller von Stuttgart nach Zürich gehen, mit besseren Anschlüssen entlang der gesamten Strecke und mehr Kapazitäten für den Schienenpersonen- und Schienengüterverkehr. Die umstiegsfreie Anbindung der Region an den Fernverkehr ist nicht nur ein wichtiger Bestandteil des Deutschlandtaktes, sondern für alle Branchen ein zentraler Standortfaktor - vom starken, mittelständisch geprägten produzierenden Gewerbe bis hin zum Tourismus, der mit seiner nachhaltigen Ausrichtung Reisende aus der ganzen Welt anzieht.
Die IHK Nordschwarzwald begrüßt deshalb die Planungen für den Bau des "Pfaffensteigtunnels", der im Rahmen von Stuttgart 21 zukünftig den Anschluss der Gäubahn an den Stuttgarter Hauptbahnhof über den Bahnhof Stuttgart-Flughafen und damit an den Fernverkehr in alle Richtungen gewährleisten wird. Der Bau des Tunnels entspricht den Versprechen beim Beschluss für das Bahngroßprojekt Stuttgart 21 und ist für den Deutschlandtakt wichtige Voraussetzung. Ein durchgängig zweigleisiger Ausbau der Gäubahn ist eine unabdingbare Zukunftsinvestition, denn Strecken, die nicht elektrifiziert oder teilweise eingleisig sind, haben im internationalen Schienennetz eklatante Nachteile.
Gerade deshalb stehen die Planungen, die Gäubahn während des Tunnelbaus bis zur geplanten Fertigstellung im Jahr 2035 in Stuttgart-Vaihingen enden zu lassen oder eingleisig ab Horb über Tübingen zu führen, aus Sicht der regionalen Wirtschaft in krassem Gegensatz zu dem Ziel, Schienengüterverkehr attraktiver zu machen und umweltfreundliche Mobilität zu fördern.

Eingleisige Streckenabschnitte und mittelbare Verzögerungen durch unterbrochenen Personenverkehr sind in inakzeptabel

In Horb am Neckar ist ein großes Kombiterminal für Container entstanden, um den internationalen Güterverkehr zentral von der Straße auf die Schiene zu bringen. Eingleisige Streckenabschnitte und mittelbare Verzögerungen durch unterbrochenen Personenverkehr sind in diesem Zusammenhang inakzeptabel.
Zudem wirbt insbesondere der produzierende Mittelstand erfolgreich um pendelnde Fachkräfte. Sollte die Gäubahn tatsächlich vom Großraum Stuttgart abgehängt sein, hätte das katastrophale Auswirkungen auf die Anwerbung von Fachkräften für die Region. Ein anschauliches Beispiel dafür ist der Campus Schwarzwald in Freudenstadt, der in einem Masterstudiengang der Universität Stuttgart junge Fachkräfte mit zahlreichen "World Champions" des Maschinenbaus vernetzt - genauso wie die Duale Hochschule Baden-Württemberg, die mit dem Campus in Horb und dessen Partnerunternehmen erfolgreich überregional Fachkräfte anzieht.
Für Wirtschaftsregion Nordschwarzwald ist vor diesem Hintergrund weder eine Abbindung in Stuttgart-Vaihingen noch ein langer Umweg über Tübingen eine ernstzunehmende Option.