Unternehmertestament ist unabdingbar

Erbfolgeplanung - Lieber jetzt als später regeln


Dr. Hans Flick, Flick Gocke Schaumburg
Jeder Unternehmer plant die Entwicklung seines Unternehmens, seinen Absatz, seine Investitionen und die Finanzierung mittel- sowie langfristig. Die Erbfolge wird jedoch meist außer Acht gelassen. Dabei müsste sie unverzichtbarer Bestandteil der Unternehmensplanung sein.
Ein Erbfall kann das Unternehmen gleich mehrfach treffen. Nicht nur fällt beim Tode des Unternehmers die bisherige unternehmerische Triebkraft weg und muss kurzfristig möglichst gleichwertig ersetzt werden. Dem Unternehmen wird bei fehlender Voraussicht Kapital entzogen, weil weichende Erben abgefunden werden müssen und Zugewinn- und Pflichtteilsansprüche sowie Erbschaftssteuer häufig nicht aus dem Privatvermögen abgedeckt werden können. Erbstreitigkeiten schaffen Unsicherheit und binden Kräfte im Unternehmen. Die Banken überprüfen skeptisch ihr Engagement. Kunden und Belegschaft schauen interessiert darauf, wie der Unternehmer diese letzte Herausforderung gemeistert hat. Die Mitgesellschafter wittern die Chance, ihre Position im Unternehmen zu verbessern.

Absturz der Finanzplanung

Dieser Kapitalentzug und diese Unsicherheit beeinflussten die Finanzplanung massiv und stellen die Planungsziele insgesamt in Frage. Trotzdem fehlt die Erbfolgeplanung in den meisten Unternehmen und noch öfter mangelt es an einer langfristigen Unternehmensplanung. Das ist deshalb so unverständlich, weil eine rechtzeitige Erbfolgeplanung, die auch permanent fortgeschrieben wird, erfahrungsgemäß in der Lage ist, die mit dem Erbfall typischerweise eintretenden Risiken und Liquiditätsverluste zu kanalisieren und kalkulierbar zu machen. Eine frühzeitig geregelte Erbfolge ist insofern ein Muss für den erfolgreichen Unternehmer und den weitsichtigen Familienvater.

Testamentsphobie

Woher kommt es nun, dass trotzdem in vielen Unternehmen eine Erbfolgeplanung fehlt oder nicht à jour ist? Es ist die menschliche Angst vor dem Tode, die eine Befassung mit diesem nicht zu leugnenden Hauptproblem verdrängt. Woody Allen hat gesagt, er selbst habe keine Angst vor seinem Tod, er wolle nur nicht dabei sein, wenn es geschieht. Die Ausreden sind vielfältig. Bedrängt münden sie in der Gegenfrage: Hat das nicht Zeit bis nach unserem Tod? Die Ausrede erscheint sogar plausibel, da Rechtslage bei der Erbschaftsteuer immer wieder unklar ist. Auf eine Neufassung folgt regelmäßig die Verfassungsklage einer Gruppe, die sich wiederum benachteiligt sieht. Dennoch ist eine Vorbereitung auf das sich regelmäßig ändernde Erbschaftsteuerrecht notwendig, um handlungsfähig zu sein.

Quadratur des Kreises

Die Nachfolgeplanung des Unternehmers ist keine Sache, die man mal soeben an einem Samstagmorgen bei einem juristischen Rotarierfreund erledigen kann. Sie beschränkt sich nicht auf eine erbschaftsteuerliche Minimierung, sondern tangiert oft auch einkommensteuerliche Gewinnrealisierungsgefahren. Sie wird zusätzlich von unternehmerischen Aspekten mitbestimmt, hat gesellschaftsvertragliche Vorfragen und menschlich-psychologische Probleme und wird dann in erbrechtliche Formen gegossen, die im Großen und Ganzen jede Gestaltung erlauben, aber doch auch gewisse rechtliche Grenzen haben.
Planungshorizonte
Als Planungshorizonte für die Erbfolgeplanung drängen sich neben den normalen Planungszeiträumen an:
  1. noch heute – morgen tot (Unfalltod)
    Ein Soforttestament sollte die erkannten gröbsten Fehler der bestehenden Rechtslage beseitigen: Insbesondere bei fehlendem Testament und bei sonstigen Lösungen, die zu Erbengemeinschaften führen, ist dieses die Herstellung der Handlungsfähigkeit durch Berufung eines namentlich benannten Testamentsvollstreckers. Bankvollmachten über den Tod hinaus sind erforderlich, um die sofortige Handlungsfähigkeit zu sichern. Ein Zettel mit dem Namen eines Geschäftsführer-Nachfolgers gehört in den Safe.
  2. Zehnjahreszeitraum
    Für die Planung ist ein Zehnjahreszeitraum in verschiedener Hinsicht von Bedeutung: Erbschaftsteuerlich erneuern sich nach zehn Jahren die Freibeträge und es fängt die Progression neu an von unten zu laufen. Liegen bei einer Vollschenkung ohne Nießbrauch an Kinder diese zehn Jahre zurück, zählen sie bei den anderweitigen Pflichtteilsansprüchen nicht mehr mit.
  3. Statistische Lebenserwartung
    Sie ist als theoretischer Endpunkt für jede Erbfolgeplanung notwendig.
  4. Erbauseinandersetzung
    Sie sollte in die Planung mit einbezogen werden, insbesondere wegen der latenten Einkommensteuer.

Planungsunterlagen

Der Dispositionsrahmen für eine unternehmerische Erbfolgeregelung wird teilweise durch externe Umstände vorgegeben.
  1. Der Gesellschaftsvertrag enthält oft eine Erbklausel, die bestimmt, wer Gesellschafter werden kann; bei Verstoß dagegen droht Buchwertabfindung. Er bestimmt auch, ob eine Vertretung in der Gesellschafterversammlung auch durch den Nießbraucher oder Testamentsvollstrecker möglich sein kann. Gegebenenfalls ist der Vertrag zu ändern.
  2. Bindungen
    1. Der Erblasser kann durch Testamente seiner Eltern oder auch durch Erbverträge oder gemeinschaftliche Ehegattentestamente gebunden sein.
    2. Eheverträge können Zugewinnansprüche auslösen und beeinflussen die Erb- und Pflichtteilsquote.
    3. Schenkungsverträge sollten Anrechnungsklauseln enthalten und bei jüngeren Kindern die Vermögenssorge regeln. In ihnen sollten auch Eventualverläufe geregelt werden, wie Vorversterben des Beschenkten oder dessen Verabschiedung vom Unternehmen.
    4. Erb- und Pflichtteilsverzichte können Pflichtteilsansprüche verhindern oder erweitern.
Planungsziele
Der Erblasser sollte seine Planungsziele in der Reihenfolge festlegen:
  1. Bestand des Unternehmens
  2. Gerechte Teilung bei Berücksichtigung von besonderen persönlichen Schieflagen (zum Beispiel behindertes Kind)
  3. Einheitliche Entscheidungsgewalt im Unternehmen
  4. Streitunterdrückung
  5. Sicherung der Aktualität (Testaments-TÜV alle drei Jahre)
  6. Vermeidung des Generationenkonflikts
  7. Verteilung der Familienerbstücke (interne Versteigerung)

Planungsvarianten

Eine sorgfältige Erbfolgeplanung wird auch Varianten auffangen, etwa wenn Kinder vor den Eltern versterben oder der Nachfolger die Brocken vorzeitig hinschmeißt oder aber auch, wenn der Tod die statistische Reihenfolge nicht einhält, die Ehefrau oder der Testamentsvollstrecker vor dem Erblasser versterben. Er wird schwer lösbare Sondersachverhalte wie Scheidung oder Auslandsbezug ansprechen.