175 Jahre IHK Niederbayern

Erster Weltkrieg und Notstand

Der erste Weltkrieg brach 1914 aus und dies hatte natürlich erhebliche Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft und die Handelskammer.  So war auch die Kammer an der Organisation der Kriegswirtschaft beteiligt.
Aus Sitzungsprotokollen geht hervor, dass sie sich mit Fragen der Rohstoffbeschaffung und Bewirtschaftung zu befassen hatte, ebenso mit der Festsetzung von Tarifen für den Güterverkehr oder den Verkaufszeiten. Je länger der Krieg dauerte, desto öfter versuchte die Kammer durch Gutachten und Eingaben wichtige Arbeitskräfte vor dem Kriegsdienst zu bewahren, sowie Betriebe und deren Produkte für zivile Aufgaben zu erhalten. 
Unter Vermittlung der Handels- und Handwerkskammern wurden während der Kriegsjahre kleinere Firmen und Werkstätten zu Arbeitsgemeinschaften, Einkaufs- und Produktionsgenossenschaften zusammengeschlossen, um die Produktivität zu steigern. Generell gilt aber, dass die meisten niederbayerischen Betriebe nicht als kriegswichtig galten, da sie keine Fahrzeuge, Motoren oder Waffen produzierten. Deshalb profitierten sie nicht vom Krieg, sondern nahmen vielmehr an der Beschränkung der Arbeitskräfte und Produktionsmittel, aber auch am Verlust der Exportmärkte, erheblichen Schäden.
Nach dem ersten Weltkrieg wurde die wirtschaftliche Lage in Niederbayern noch prekärer. Die Importe überwogen jetzt bei weitem, die Konjunktur in Niederbayern brach ein, die Arbeitslosigkeit stieg über die Jahre enorm. Im Bezirk Passau lag sie 1932 bei 33,8 Prozent. Der Bayerische Wald galt gar als Notstandsgebiet und vielerorts war Hunger an der Tagesordnung. Die Handelskammer wies wiederholt darauf hin. So schrieb die Kammer 1931 an die zuständigen staatlichen Stellen: „Das Bayerische Ostgrenzgebiet ist wirtschaftlich auf das äußerste gefährdet! Industrie und Gewerbe, das Rückgrat der wirtschaftlichen und nationalen Widerstandskraft, drohen zu erliegen. (…) Rasche Hilfe ist not, um die dräuenden Gefahren zu bannen.“
Die dramatische wirtschaftliche Misslage bereitete den Boden für eine politische Radikalisierung im Land – an deren Ende die dunkelste Epoche der deutschen Geschichte stehen sollte.